Die Abschließung Japans jap 鎖国 sakoku wörtlich Landesabschließung gilt als Schlüsselbegriff für die Außenpolitik des Tok
Abschließung Japans

Die Abschließung Japans (jap. 鎖国, sakoku, wörtlich „Landesabschließung“) gilt als Schlüsselbegriff für die Außenpolitik des Tokugawa-Shōgunates von den 1630er Jahren bis zur erzwungenen Öffnung des Landes durch Matthew Calbraith Perry im Jahre 1853.
Einschränkung der Beziehungen zum Ausland
Seit den 1580er Jahren erließen die japanischen Machthaber wiederholt Edikte, welche die Aktivitäten der im Land agierenden Portugiesen und Spanier, von den Einheimischen „Südbarbaren“ (Nambanjin) genannt, mehr oder minder einschränkten. Lange waren dies nur Ad-hoc-Reaktionen auf Zwischenfälle, die oft keine praktischen Auswirkungen hatten. Doch mit den Jahrzehnten verschärfte sich deren Tendenz. Zwischen 1633 und 1639 ergingen schließlich mehrere Erlasse, die den „Südbarbaren“ die Einreise nach Japan und Japanern, die länger als 5 Jahre im Ausland lebten (und dort möglicherweise zum Christentum konvertiert waren), die Rückkehr verwehrten. Nach 1635 galt ein grundsätzliches Aus- und Einreiseverbot für Japaner. Im Hintergrund dieser Maßnahmen findet sich unter anderem der nur mit großer Mühe niedergeschlagene Shimabara-Aufstand der überwiegend christlichen Landbevölkerung von Shimabara und Amakusa im Jahre 1639, aber auch das Bestreben, den lukrativen Überseehandel der Lehnsherren im Westen des Landes zu unterbinden, die dem noch jungen Regime der Tokugawa gefährlich werden konnten.
Seit 1639 verblieb nach der Ausweisung der letzten Spanier und Portugiesen nur noch die Niederländische Ostindien-Kompanie (Verenigde Oostindische Compagnie, VOC) als europäischer Handelspartner. Durch das Ausbleiben der portugiesischen Schiffe brach die wirtschaftliche Basis der reichsunmittelbaren Domäne Nagasaki zusammen, weshalb die Niederländer 1640 gezwungen wurden, ihre Niederlassung von Hirado, wo der lokale Fürst Matsura ihnen freie Hand gewährt hatte, auf die künstliche Insel Dejima / Deshima im Hafen von Nagasaki zu verlegen. Diese Faktorei wurde so zur einzigen legalen Quelle für Waren und Informationen aus dem westlichen Ausland. Die dort eingesetzten japanischen „Holland-Dolmetscher“ (oranda tsūji) sprachen noch viele Jahrzehnte lang vorwiegend portugiesisch; mit der Systematisierung ihrer Ausbildung und Laufbahn entwickelten sich ihre niederländischen Sprachkenntnisse.
Durch den Einfluss fähiger Faktoreiärzte wie Caspar Schamberger, Engelbert Kaempfer, Carl Peter Thunberg oder Philipp Franz von Siebold und gebildeter Faktoreileiter (opperhoofden) wie Andreas Cleyer, Isaac Titsingh, oder Hendrik Doeff wurde Dejima zum Einfallstor für westliche Wissenschaft und Technik. Neben den Handelswaren gelangten Instrumente aller Art, Bücher, Modelle, Arzneimittel, Ölgemälde, Karten, Globen und andere Objekte als sogenannte Raritäten ins Land; sie stimulierten das Interesse der Empfänger und führten nach und nach zu dem, was seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Rangaku (Hollandkunde) genannt wird. Im 17. Jahrhundert hatte japanisches Silber und Gold eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Geldwirtschaft Ostasiens. Nach dem Rückgang der Edelmetallexporte dominierte Kupfer (in Stabform), das ebenfalls zur Münzprägung genutzt wurde. Kostbare japanische Lackarbeiten, Porzellane und andere Objekte zierten Schlösser und Häuser wohlhabender Europäer. Bis in das 18. Jahrhundert hatte Japan auch eine wichtige Rolle in der Vermittlung der Akupunktur und Moxibustion in den Westen. In Japan raffinierter Gambir war als Terra japonica in jeder europäischen Apotheke erhältlich.
1808 erzwang sich ein britisches Kriegsschiff im Hafen von Nagasaki die Verproviantierung.
Europäer, die auf eigene Faust nach Japan einzureisen versuchten, mussten mit Todesstrafe oder lebenslanger Inhaftierung rechnen. Einer der wenigen, denen die Anlandung gelang, war im Jahr 1708 der italienische Jesuit Giovanni Battista Sidotti. Er wurde inhaftiert und starb 1714 im Alter von 46 Jahren.
Europäische und japanische Wahrnehmung
Auf die Europäer wirkten diese Maßnahmen wie eine Abschottung Japans von der Außenwelt. Engelbert Kaempfer verteidigte sie in einem 1712 gedruckten Aufsatz als zwar nicht wünschenswerte, doch legitime Reaktion auf das aggressive Eindringen Portugals im 16. und frühen 17. Jh. Während der Aufklärungszeit wurde über diese Auffassung in Europa heftig und kontrovers diskutiert. Katholische Autoren ließen nach der Vertreibung der Missionare an dieser Politik kein gutes Haar. Aber auch die Aufklärer betonten den Austausch mit der Welt als unabdingbare Voraussetzung für den Fortschritt des Landes und der Menschheit.
In Japan erfuhr man von Kaempfers Einschätzung erst spät. Kaempfers Abhandlung war im Anhang der niederländischen Ausgabe seines berühmten Japanbuchs ins Land gelangt. 1801 übertrug dann der Dolmetscher Shizuki Tadao Kaempfers Text ins Japanische und komprimierte den langen, nahezu unübersetzbaren Titel auf das von ihm erdachte Wort sakoku-ron (Abhandlung zur Landesabschließung). Auf diesem Weg wurde Kaempfer zum Vater eines Schlüsselbegriffs späterer Beschreibungen der Edo-Zeit. Shizukis Übersetzung stieß auf Interesse, seine Übersetzung wurde vielfach kopiert, die 1850 erschienene Druckausgabe jedoch sofort verboten. Bis zur Öffnung des Landes hatte Shizukis Text keine direkte Wirkung auf die Entscheidungsträger in Edo.
Während der Meiji-Zeit gab es in der neu etablierten Geschichtswissenschaft wie auch in der Gesellschaft allgemein lebhafte Diskussionen über die Beurteilung der vorangehenden Edo-Zeit, besonders zur Frage, ob diese für Japan vorteilhaft oder schädlich war (sontoku ron). In dieser Phase wurde der Terminus sakoku weit verbreitet. Er setzte sich allerdings in der japanischen Geschichtsschreibung erst Anfang des 20. Jahrhunderts durch und floss über die Schulbücher ins allgemeine Geschichtsbild Japans ein. Im 17. und 18. Jh. traf Kaempfers Schilderung nur in Teilen auf die tatsächliche Lage in Japan zu. Mit zunehmendem Interesse auf russischer, englischer und amerikanischer Seite an einer Öffnung des Landes schlugen japanische Politiker jedoch Anfang des 19. Jahrhunderts eine bewusst isolationistische politische Linie ein. 1825 erging der Befehl, die Anlandung ausländischer Schiffe mit Gewalt zu verhindern. Er wurde allerdings nur ein einziges Mal, im Jahre 1838, praktiziert und nach dem Opium-Krieg 1842 wieder aufgehoben.
Faktisch handelte es sich bei der Landesabschließung um eine im frühneuzeitlichen Ostasien keineswegs ungewöhnliche selektive Landesöffnung. Nach der Bedrohung des Seehandels im westlichen Pazifikraum durch Piraten und westliche Mächte im 16. Jahrhundert schränkten Japan und Korea den Überseehandel fast gleichzeitig ein, und auch China öffnete nur den Hafen Kanton für europäische Seefahrer.
Außenhandel
Auch zwischen Japan und China gab es keine offiziellen Handelsbeziehungen. Die in Nagasaki einlaufenden Dschunken wurden von chinesischen Kaufleuten und südostasiatischen Hafenstädten in privater Initiative betrieben. Die Schiffsbesatzungen wurden während ihres Aufenthaltes in einem abgeschlossenen Chinesen-Viertel (Tōjinyashiki) einquartiert. Der Handel mit Europa lief über die Niederländer auf Dejima ab. Das Lehen (han) Tsushima- handelte über eine Niederlassung (wakan, kor. waekwan) nahe dem koreanischen Hafen Busan mit Korea. Das Lehen Satsuma, das 1609 mehrere Inseln des Königreiches Ryūkyū annektiert hatte, unterhielt über den pro forma unabhängig verbliebenen Teil weiterhin indirekte Handelsbeziehungen mit China und Südostasien. Das Lehen auf der Südwestspitze der Insel Ezo trieb Handel mit den nicht zu Japan gehörenden Ainu-Stämmen und über diese indirekt mit Nordostasien.
Die Sicherung der Küsten des Archipels wurde den angrenzenden Lehen überlassen, zu direkten Eingriffen der Regierung kam es nur bei besonderen Zwischenfällen. Schmuggel und heimlicher Tauschhandel auf See waren, soweit man das aus den Quellen erkennen kann, besonders im Raum um Kyushu weit verbreitet. Auch in Nagasaki wurden die Verbote ungeachtet aller Strafandrohungen unablässig ignoriert. Auf diplomatischer Ebene gab es im Japan des 17. und 18. Jahrhunderts wenig Aktivitäten. Zum Regierungsantritt eines neuen Shōgun schickte der koreanische Königshof eine Gesandtschaft nach Edo. Die japanische Seite interpretierte das, dem chinesischen Vorbild folgend, als Huldigungsreise, während die Koreaner ihre Unternehmung als Inspektionsreise verstanden. Bei den Hofreisen der Niederländer handelte es sich bis zur Übernahme der Ostindien-Kompanie durch den niederländischen Staat eigentlich nur um Beziehungen einer Aktiengesellschaft zu Japan. Doch behandelte man die nach Edo ziehenden Leiter (opperhoofden) der Niederlassung Dejima als Quasi-Gesandte. Der Status der gelegentlich in Edo eintreffenden Vertreter des Königreiches Ryūkyū wie auch der Ainu reichte indes nicht einmal für den Zutritt zum Audienzsaal.
In den 1630er-Jahren befanden sich rund 3.000 Japaner im Ausland, mehrheitlich um den Außenhandel des Landes abzuwickeln.
Korea und Japan tauschten häufig Schiffbrüchige aus, die an ihre Küsten verschlagen worden waren. Die Abwicklung dieser Probleme gehörte zu den Aufgaben des Gouverneurs von Nagasaki und des Lehens Tsushima, das die Übergabe über die japanische Niederlassung in Busan abwickelte. Seit Ende des 18. Jahrhunderts fand ein solcher Austausch auch mit Russland und anderen europäischen Ländern statt.
Kritische Revision
Nach der Etablierung des Terminus sakoku in den Schulbüchern während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzte sich die Vorstellung einer „Abschließung“ des Landes sowohl im japanischen Selbstbildnis als auch im Japanbild vieler ausländischer Geschichtswissenschaftler fest. Mit den Fortschritten in der Erforschung der japanischen „Randgebiete“ Ezo (heute Hokkaidō), Ryūkyū und Tsushima kamen jedoch während der 1970er Jahre erste Zweifel an diesem Konzept auf, das seit den 1990er Jahren kräftig umgearbeitet wird. Zumindest unter Historikern ist heute das Konzept der „vier Öffnungen“ (四の口, yotsu no kuchi, wörtl. vier Münder) – Matsumae, Tsushima, Nagasaki, Satsuma/Ryūkyū – weitgehend akzeptiert. Anstelle der Bezeichnung sakoku findet daneben der aus dem Chinesischen übernommene Begriff kaikin (海禁, „maritimer Abschluss“) mehr und mehr Verbreitung – auch, um auf die Ähnlichkeiten zur damaligen Außenpolitik Chinas und Koreas hinzuweisen.
Literatur
- Michael S. Laver: The Sakoku Edicts and the Politics of Tokugawa Hegemony. Cambria Press, 2011, ISBN 978-1-60497-738-7.
- Akihide Oshima: Sakoku to iu Gensetsu. Minerva Publisher, Kyoto 2009 (Originaltitel: 大島明秀「鎖国」という言説: ケンペル著・志筑忠雄訳『鎖国論』の受容史」ミネルヴァ書房.).
- Noel Perrin: Keine Feuerwaffen mehr. Japans Rückkehr zum Schwert 1543–1879. Klett-Cotta, Stuttgart 1996, ISBN 3-608-91718-7.
- Ronald P. Toby: State and Diplomacy in Early Modern Japan. Princeton University Press, Princeton 1984.
- Reinhard Zöllner: Verschlossen wider Wissen – Was Japan von Kaempfer über sich lernte. In: Sabine Klocke-Daffa, Jürgen Scheffler, Gisela Wilbertz (Hrsg.): Engelbert Kaempfer (1651–1716) und die kulturelle Begegnung zwischen Europa und Asien (= Lippische Studien). Band 18. Lemgo 2003.
Siehe auch
- Isolationismus
Einzelnachweise
- In der japanischen und westlichen Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts wurden diese Edikte als „Landesabschließungsedikte“ (鎖国令, sakoku-rei) vorgestellt. Der Terminus sakoku findet sich auf keinem Dokument des 17. Jahrhunderts. Er entstand erst im Jahre 1801.
- Kobata, Atsushi: Production and Uses of Gold and Silver in Sixteenth- and Seventeenth-Century Japan. In: The Economic History Review. New Series, 18:2, 1965, S. 245–266.
- Michel, Wolfgang: Japanese Acupuncture and Moxibustion in Europe from the 16th to 18th Centuries. In: Journal of the Japan Society of Acupuncture and Moxibustion (JJSAM), Vol. 61 (2011), No. 2, pp. 42–55 (150–163).
- Michel, Wolfgang: Medizin, Heilmittel und Pflanzenkunde im euro-japanischen Kulturaustausch des 17. Jahrhunderts. HORIN - Vergleichende Studien zur japanischen Kultur. No. 16, 2009, S. 19–34.
- John Darwin: Der imperiale Traum. Die Globalgeschichte grosser Reiche 1400-2000. Campus, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-593-39142-7, S. 212.
- Engelbert Kaempfer: Amoenitatum exoticarum politico-physico-medicarum fasciculi 5. Meyer, Lemgo 1712, S. 478–502 (Regnum Japoniae optima ratione, ab egressu civium, & exterarum gentium ingressu & communione, clausum).
- Peter Kapitza: Engelbert Kaempfer und die europäische Aufklärung. Dem Andenken des Lemgoer Reisenden aus Anlaß seines 350. Geburtstags am 16. September 2001. Iudicum Verlag, München, ISBN 3-89129-991-5.
- Engelbert Kaempfer: De beschryving van Japan. 1729 und 1733.
- Kurosawa Okinamaro: Ijin kyōfu-den. 1850 (黒沢翁満『異人恐怖伝』嘉永3年).
- Oshima (2009).
- Toby (1984).
- L. M. Cullen: A History of Japan 1582-1941 - Internal and External Worlds. Cambridge, 2003, S. 33, doi:10.1017/CBO9780511606557
Autor: www.NiNa.Az
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Die Abschliessung Japans jap 鎖国 sakoku wortlich Landesabschliessung gilt als Schlusselbegriff fur die Aussenpolitik des Tokugawa Shōgunates von den 1630er Jahren bis zur erzwungenen Offnung des Landes durch Matthew Calbraith Perry im Jahre 1853 Einschrankung der Beziehungen zum AuslandSeit den 1580er Jahren erliessen die japanischen Machthaber wiederholt Edikte welche die Aktivitaten der im Land agierenden Portugiesen und Spanier von den Einheimischen Sudbarbaren Nambanjin genannt mehr oder minder einschrankten Lange waren dies nur Ad hoc Reaktionen auf Zwischenfalle die oft keine praktischen Auswirkungen hatten Doch mit den Jahrzehnten verscharfte sich deren Tendenz Zwischen 1633 und 1639 ergingen schliesslich mehrere Erlasse die den Sudbarbaren die Einreise nach Japan und Japanern die langer als 5 Jahre im Ausland lebten und dort moglicherweise zum Christentum konvertiert waren die Ruckkehr verwehrten Nach 1635 galt ein grundsatzliches Aus und Einreiseverbot fur Japaner Im Hintergrund dieser Massnahmen findet sich unter anderem der nur mit grosser Muhe niedergeschlagene Shimabara Aufstand der uberwiegend christlichen Landbevolkerung von Shimabara und Amakusa im Jahre 1639 aber auch das Bestreben den lukrativen Uberseehandel der Lehnsherren im Westen des Landes zu unterbinden die dem noch jungen Regime der Tokugawa gefahrlich werden konnten Seit 1639 verblieb nach der Ausweisung der letzten Spanier und Portugiesen nur noch die Niederlandische Ostindien Kompanie Verenigde Oostindische Compagnie VOC als europaischer Handelspartner Durch das Ausbleiben der portugiesischen Schiffe brach die wirtschaftliche Basis der reichsunmittelbaren Domane Nagasaki zusammen weshalb die Niederlander 1640 gezwungen wurden ihre Niederlassung von Hirado wo der lokale Furst Matsura ihnen freie Hand gewahrt hatte auf die kunstliche Insel Dejima Deshima im Hafen von Nagasaki zu verlegen Diese Faktorei wurde so zur einzigen legalen Quelle fur Waren und Informationen aus dem westlichen Ausland Die dort eingesetzten japanischen Holland Dolmetscher oranda tsuji sprachen noch viele Jahrzehnte lang vorwiegend portugiesisch mit der Systematisierung ihrer Ausbildung und Laufbahn entwickelten sich ihre niederlandischen Sprachkenntnisse Durch den Einfluss fahiger Faktoreiarzte wie Caspar Schamberger Engelbert Kaempfer Carl Peter Thunberg oder Philipp Franz von Siebold und gebildeter Faktoreileiter opperhoofden wie Andreas Cleyer Isaac Titsingh oder Hendrik Doeff wurde Dejima zum Einfallstor fur westliche Wissenschaft und Technik Neben den Handelswaren gelangten Instrumente aller Art Bucher Modelle Arzneimittel Olgemalde Karten Globen und andere Objekte als sogenannte Raritaten ins Land sie stimulierten das Interesse der Empfanger und fuhrten nach und nach zu dem was seit der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts Rangaku Hollandkunde genannt wird Im 17 Jahrhundert hatte japanisches Silber und Gold eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Geldwirtschaft Ostasiens Nach dem Ruckgang der Edelmetallexporte dominierte Kupfer in Stabform das ebenfalls zur Munzpragung genutzt wurde Kostbare japanische Lackarbeiten Porzellane und andere Objekte zierten Schlosser und Hauser wohlhabender Europaer Bis in das 18 Jahrhundert hatte Japan auch eine wichtige Rolle in der Vermittlung der Akupunktur und Moxibustion in den Westen In Japan raffinierter Gambir war als Terra japonica in jeder europaischen Apotheke erhaltlich 1808 erzwang sich ein britisches Kriegsschiff im Hafen von Nagasaki die Verproviantierung Europaer die auf eigene Faust nach Japan einzureisen versuchten mussten mit Todesstrafe oder lebenslanger Inhaftierung rechnen Einer der wenigen denen die Anlandung gelang war im Jahr 1708 der italienische Jesuit Giovanni Battista Sidotti Er wurde inhaftiert und starb 1714 im Alter von 46 Jahren Europaische und japanische WahrnehmungDruckausgabe der Ubersetzung von Kaempfers Abhandlung zur japanischen Abschlusspolitik Kurosawa Okinamaro Ijinkyōfuden 1850 Vorwort Auf die Europaer wirkten diese Massnahmen wie eine Abschottung Japans von der Aussenwelt Engelbert Kaempfer verteidigte sie in einem 1712 gedruckten Aufsatz als zwar nicht wunschenswerte doch legitime Reaktion auf das aggressive Eindringen Portugals im 16 und fruhen 17 Jh Wahrend der Aufklarungszeit wurde uber diese Auffassung in Europa heftig und kontrovers diskutiert Katholische Autoren liessen nach der Vertreibung der Missionare an dieser Politik kein gutes Haar Aber auch die Aufklarer betonten den Austausch mit der Welt als unabdingbare Voraussetzung fur den Fortschritt des Landes und der Menschheit In Japan erfuhr man von Kaempfers Einschatzung erst spat Kaempfers Abhandlung war im Anhang der niederlandischen Ausgabe seines beruhmten Japanbuchs ins Land gelangt 1801 ubertrug dann der Dolmetscher Shizuki Tadao Kaempfers Text ins Japanische und komprimierte den langen nahezu unubersetzbaren Titel auf das von ihm erdachte Wort sakoku ron Abhandlung zur Landesabschliessung Auf diesem Weg wurde Kaempfer zum Vater eines Schlusselbegriffs spaterer Beschreibungen der Edo Zeit Shizukis Ubersetzung stiess auf Interesse seine Ubersetzung wurde vielfach kopiert die 1850 erschienene Druckausgabe jedoch sofort verboten Bis zur Offnung des Landes hatte Shizukis Text keine direkte Wirkung auf die Entscheidungstrager in Edo Wahrend der Meiji Zeit gab es in der neu etablierten Geschichtswissenschaft wie auch in der Gesellschaft allgemein lebhafte Diskussionen uber die Beurteilung der vorangehenden Edo Zeit besonders zur Frage ob diese fur Japan vorteilhaft oder schadlich war sontoku ron In dieser Phase wurde der Terminus sakoku weit verbreitet Er setzte sich allerdings in der japanischen Geschichtsschreibung erst Anfang des 20 Jahrhunderts durch und floss uber die Schulbucher ins allgemeine Geschichtsbild Japans ein Im 17 und 18 Jh traf Kaempfers Schilderung nur in Teilen auf die tatsachliche Lage in Japan zu Mit zunehmendem Interesse auf russischer englischer und amerikanischer Seite an einer Offnung des Landes schlugen japanische Politiker jedoch Anfang des 19 Jahrhunderts eine bewusst isolationistische politische Linie ein 1825 erging der Befehl die Anlandung auslandischer Schiffe mit Gewalt zu verhindern Er wurde allerdings nur ein einziges Mal im Jahre 1838 praktiziert und nach dem Opium Krieg 1842 wieder aufgehoben Eine chinesische Dschunke Holzblockdruck 1644 48 Faktisch handelte es sich bei der Landesabschliessung um eine im fruhneuzeitlichen Ostasien keineswegs ungewohnliche selektive Landesoffnung Nach der Bedrohung des Seehandels im westlichen Pazifikraum durch Piraten und westliche Machte im 16 Jahrhundert schrankten Japan und Korea den Uberseehandel fast gleichzeitig ein und auch China offnete nur den Hafen Kanton fur europaische Seefahrer AussenhandelAuch zwischen Japan und China gab es keine offiziellen Handelsbeziehungen Die in Nagasaki einlaufenden Dschunken wurden von chinesischen Kaufleuten und sudostasiatischen Hafenstadten in privater Initiative betrieben Die Schiffsbesatzungen wurden wahrend ihres Aufenthaltes in einem abgeschlossenen Chinesen Viertel Tōjinyashiki einquartiert Der Handel mit Europa lief uber die Niederlander auf Dejima ab Das Lehen han Tsushima handelte uber eine Niederlassung wakan kor waekwan nahe dem koreanischen Hafen Busan mit Korea Das Lehen Satsuma das 1609 mehrere Inseln des Konigreiches Ryukyu annektiert hatte unterhielt uber den pro forma unabhangig verbliebenen Teil weiterhin indirekte Handelsbeziehungen mit China und Sudostasien Das Lehen auf der Sudwestspitze der Insel Ezo trieb Handel mit den nicht zu Japan gehorenden Ainu Stammen und uber diese indirekt mit Nordostasien Die Sicherung der Kusten des Archipels wurde den angrenzenden Lehen uberlassen zu direkten Eingriffen der Regierung kam es nur bei besonderen Zwischenfallen Schmuggel und heimlicher Tauschhandel auf See waren soweit man das aus den Quellen erkennen kann besonders im Raum um Kyushu weit verbreitet Auch in Nagasaki wurden die Verbote ungeachtet aller Strafandrohungen unablassig ignoriert Auf diplomatischer Ebene gab es im Japan des 17 und 18 Jahrhunderts wenig Aktivitaten Zum Regierungsantritt eines neuen Shōgun schickte der koreanische Konigshof eine Gesandtschaft nach Edo Die japanische Seite interpretierte das dem chinesischen Vorbild folgend als Huldigungsreise wahrend die Koreaner ihre Unternehmung als Inspektionsreise verstanden Bei den Hofreisen der Niederlander handelte es sich bis zur Ubernahme der Ostindien Kompanie durch den niederlandischen Staat eigentlich nur um Beziehungen einer Aktiengesellschaft zu Japan Doch behandelte man die nach Edo ziehenden Leiter opperhoofden der Niederlassung Dejima als Quasi Gesandte Der Status der gelegentlich in Edo eintreffenden Vertreter des Konigreiches Ryukyu wie auch der Ainu reichte indes nicht einmal fur den Zutritt zum Audienzsaal In den 1630er Jahren befanden sich rund 3 000 Japaner im Ausland mehrheitlich um den Aussenhandel des Landes abzuwickeln Korea und Japan tauschten haufig Schiffbruchige aus die an ihre Kusten verschlagen worden waren Die Abwicklung dieser Probleme gehorte zu den Aufgaben des Gouverneurs von Nagasaki und des Lehens Tsushima das die Ubergabe uber die japanische Niederlassung in Busan abwickelte Seit Ende des 18 Jahrhunderts fand ein solcher Austausch auch mit Russland und anderen europaischen Landern statt Kritische RevisionNach der Etablierung des Terminus sakoku in den Schulbuchern wahrend der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts setzte sich die Vorstellung einer Abschliessung des Landes sowohl im japanischen Selbstbildnis als auch im Japanbild vieler auslandischer Geschichtswissenschaftler fest Mit den Fortschritten in der Erforschung der japanischen Randgebiete Ezo heute Hokkaidō Ryukyu und Tsushima kamen jedoch wahrend der 1970er Jahre erste Zweifel an diesem Konzept auf das seit den 1990er Jahren kraftig umgearbeitet wird Zumindest unter Historikern ist heute das Konzept der vier Offnungen 四の口 yotsu no kuchi wortl vier Munder Matsumae Tsushima Nagasaki Satsuma Ryukyu weitgehend akzeptiert Anstelle der Bezeichnung sakoku findet daneben der aus dem Chinesischen ubernommene Begriff kaikin 海禁 maritimer Abschluss mehr und mehr Verbreitung auch um auf die Ahnlichkeiten zur damaligen Aussenpolitik Chinas und Koreas hinzuweisen LiteraturMichael S Laver The Sakoku Edicts and the Politics of Tokugawa Hegemony Cambria Press 2011 ISBN 978 1 60497 738 7 Akihide Oshima Sakoku to iu Gensetsu Minerva Publisher Kyoto 2009 Originaltitel 大島明秀 鎖国 という言説 ケンペル著 志筑忠雄訳 鎖国論 の受容史 ミネルヴァ書房 Noel Perrin Keine Feuerwaffen mehr Japans Ruckkehr zum Schwert 1543 1879 Klett Cotta Stuttgart 1996 ISBN 3 608 91718 7 Ronald P Toby State and Diplomacy in Early Modern Japan Princeton University Press Princeton 1984 Reinhard Zollner Verschlossen wider Wissen Was Japan von Kaempfer uber sich lernte In Sabine Klocke Daffa Jurgen Scheffler Gisela Wilbertz Hrsg Engelbert Kaempfer 1651 1716 und die kulturelle Begegnung zwischen Europa und Asien Lippische Studien Band 18 Lemgo 2003 Siehe auchIsolationismusEinzelnachweiseIn der japanischen und westlichen Geschichtsschreibung des 20 Jahrhunderts wurden diese Edikte als Landesabschliessungsedikte 鎖国令 sakoku rei vorgestellt Der Terminus sakoku findet sich auf keinem Dokument des 17 Jahrhunderts Er entstand erst im Jahre 1801 Kobata Atsushi Production and Uses of Gold and Silver in Sixteenth and Seventeenth Century Japan In The Economic History Review New Series 18 2 1965 S 245 266 Michel Wolfgang Japanese Acupuncture and Moxibustion in Europe from the 16th to 18th Centuries In Journal of the Japan Society of Acupuncture and Moxibustion JJSAM Vol 61 2011 No 2 pp 42 55 150 163 Michel Wolfgang Medizin Heilmittel und Pflanzenkunde im euro japanischen Kulturaustausch des 17 Jahrhunderts HORIN Vergleichende Studien zur japanischen Kultur No 16 2009 S 19 34 John Darwin Der imperiale Traum Die Globalgeschichte grosser Reiche 1400 2000 Campus Frankfurt am Main 2010 ISBN 978 3 593 39142 7 S 212 Engelbert Kaempfer Amoenitatum exoticarum politico physico medicarum fasciculi 5 Meyer Lemgo 1712 S 478 502 Regnum Japoniae optima ratione ab egressu civium amp exterarum gentium ingressu amp communione clausum Peter Kapitza Engelbert Kaempfer und die europaische Aufklarung Dem Andenken des Lemgoer Reisenden aus Anlass seines 350 Geburtstags am 16 September 2001 Iudicum Verlag Munchen ISBN 3 89129 991 5 Engelbert Kaempfer De beschryving van Japan 1729 und 1733 Kurosawa Okinamaro Ijin kyōfu den 1850 黒沢翁満 異人恐怖伝 嘉永3年 Oshima 2009 Toby 1984 L M Cullen A History of Japan 1582 1941 Internal and External Worlds Cambridge 2003 S 33 doi 10 1017 CBO9780511606557