Die Übungspatrone ist ein Original Hörspiel von Otto Heinrich Kühner das 1950 beim SDR unter der Regie von Helmut Jedele
Die Übungspatrone

Die Übungspatrone ist ein Original-Hörspiel von Otto Heinrich Kühner, das 1950 beim SDR unter der Regie von Helmut Jedele erstgesendet wurde. Das Stück, das später noch von weiteren Rundfunkanstalten produziert wurde und sogar eine Verfilmung erfuhr, ist das meistgesendete des Autors und gehört zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Hörspielen der Nachkriegszeit. Es thematisiert anhand der Gewissenskonflikte der abkommandierten Soldaten eines Erschießungskommandos im Zweiten Weltkrieg „das Problem der Todesstrafe und […] des Mitläufertums“ (Kühner).
Das Hörspiel
Entstehung
Ein autobiografischer Einfluss auf die Entstehung des Hörspiels ist offensichtlich. Der als Sohn eines Pfarrers in einem südbadischen Bauerndorf aufgewachsene Kühner war nach dem Gymnasium von Anfang bis Ende des Zweiten Weltkriegs Soldat in der Wehrmacht; er befehligte zuletzt als Leutnant eine Kosakenschwadron und wurde schwer kriegsbeschädigt. Bereits in sowjetischer Kriegsgefangenschaft schrieb Kühner ein Tagebuch, das die Grundlage seines thematisch verwandten späteren Romanes Nikolskoje bildete.
Sein undatiertes Hörspiel Die Übungspatrone entstand vor 1950 und ist eine seiner ersten literarischen Arbeiten. Er verarbeitete darin seine Kriegserlebnisse, wie auch in mehreren späteren Werken. In dem Hörstück untersucht der junge Autor die Fragen nach Verantwortung, Schuld und Gewissen sowie Selbstbetrug der abkommandierten Angehörigen eines Erschießungskommandos („Scharfrichter“) bei der Tötung eines Delinquenten und versetzt sie in „eine extreme Situation“ (Die Zeit).
Inhalt, Form
Die zeitlich gegen Kriegsende angelegte Geschichte erzählt von einem zehnköpfigen Erschießungskommando, das einen Fahnenflüchtigen hinrichten soll. Eine sogenannte Übungspatrone hält die Gruppe von der Befehlsverweigerung aus Gewissensgründen ab: Keiner weiß, in wessen Waffe sich die nicht tödliche Platzpatrone verbirgt; so kann nach der gemeinsam durchgeführten Erschießung jeder annehmen, er habe sich nicht tötend an der Hinrichtung beteiligt.
Doch am Ende wird dieser „Gewissensbetrug“ (Heinz Schwitzke) durch ein überraschendes Ereignis unmöglich gemacht. Einer der Soldaten hatte aus Nervenschwäche nicht abgedrückt und dieses später seinen Vorgesetzten gemeldet. Da die Leiche des Getöteten neun glatte Herzschüsse aufwies, stand für die neun Schützen fest, dass sie alle mit scharfer Munition geschossen hatten.
Das Hörspiel beginnt formal mit den einen Großteil des Gesamttextes ausmachenden inneren Monologen der zur Erschießung Abkommandierten, die sich zunächst auf ihrem frühmorgendlichen Marsch zum Hinrichtungsplatz befinden (einer der Sprechenden hat dabei gleichzeitig die Funktion eines Erzählers). Nach der Ankunft vollzieht sich alles mit der Erschießung zusammenhängende Procedere im Gegensatz dazu in einer raschen ablaufenden Spielhandlung. Den Rückmarsch wiederum begleitende innere Monologe unterbricht schließlich der Kolonnennachbar des Erzählers, was die überraschende Schlusswende der Handlung einleitet.
Kühner nennt als eigentliche Dramatik seines Hörstücks „Die Reproduktion des Seelischen im Unausgesprochenen“, die sich, „mittels des Funks hörbar gemacht, im Inneren, in den Gedanken der Menschen“ abspiele. Die Parabel der Übungspatrone sei seinem Autor zufolge unverkennbar: „Diese zehn Mann – das sind wir alle, und die Übungspatrone steht symbolisch für die Kompromisshaftigkeit des Menschen, aber auch für die unwahrhafte Konzession der Machthaber an das menschliche Gewissen.“
Veröffentlichungen
In gedruckter Form erschien Die Übungspatrone im Hörspielbuch III der Europäischen Verlagsanstalt (1952); später in einer Veröffentlichung des Autors beim Langen Müller Verlag (Mein Zimmer grenzt an Babylon, 1954). Eine Inszenierung des NDR von 1962 (Regie: Fritz Schröder-Jahn) erschien 1965 zur Erinnerung an den zu Tode gekommenen Schauspieler Klaus Kammer auf einer Schallplatte der Deutschen Grammophon Gesellschaft.
Produktionen im Einzelnen
Das ARD-Hörspielarchiv verzeichnet insgesamt fünf unterschiedliche Produktionen dieser Funknovelle zwischen 1950 und 1964, was auf ihren besonderen Erfolg in der Nachkriegszeit hinweist. Alle sind erhalten.
- 1950: Produktion: SDR – Regie: Helmut Jedele
- Sprecher: (Der Erzähler), (1. Soldat), (2. Soldat), Max Mairich (3. Soldat), (4. Soldat), (5. Soldat), Kurt Haars (Der Unteroffizier), (Der Offizier), Dieter Eppler (Der Delinquent), (Der Pfarrer) und andere
- 1954: Produktion: RIAS – Regie: Hanns Korngiebel
- Sprecher: Heinz Giese (Erzähler), Herbert Weissbach (1. Soldat), (2. Soldat), Reinhold Bernt (3. Soldat), (4. Soldat), Edgar Ott (5. Soldat), Erich Dunskus (Unteroffizier), Ottokar Runze (Offizier), Horst Gentzen (Delinquent), (Pfarrer) und andere
- 1962: Produktion: NDR – Regie: Fritz Schröder-Jahn
- Sprecher: Klaus Kammer (Erzähler), (Unteroffizier), Uwe Friedrichsen (Offizier), Volker Lechtenbrink (Delinquent), Klaus Höhne (Pfarrer), Willy Witte (Beamter), Reinhold Nietschmann (Arzt), Wolfgang Büttner (1. Soldat), Josef Dahmen (2. Soldat), Horst Michael Neutze (3. Soldat), Rolf Nagel (4. Soldat), Peter Striebeck (5. Soldat)
- 1964: Produktion: SR, Koproduzent: BR – Regie: Otto Kurth
- Sprecher: (Beamter), Thomas Braut (1. Soldat), Norbert Gastell (Unteroffizier), Willkit Greuèl (Sanitätsoffizier), Georg Kostya (2. Soldat), (3. Soldat), (4. Soldat), Helmut Peine (Nebenmann), Christian Rode (Leutnant), Heinz Schimmelpfennig (5. Soldat), Raoul Wolfgang Schnell (Erzähler)
- 1964: Produktion: BR – Regie: Walter Ohm
- Sprecher: Franz Messner (Erzähler), Gerd Baltus (1. Soldat), Fritz Straßner (2. Soldat), Eberhard Mondry (3. Soldat), Peter Lühr (4. Soldat), (5. Soldat), Hans Clarin (Nebenmann), Robert Graf (Leutnant), Bum Krüger (Unteroffizier) und andere
Wirkung
Das Hörspiel wurde u. a. mit Ernst Jacobi, Herbert Stass und Wolfgang Spier 1963/1964 durch den Sender Freies Berlin für das deutsche Fernsehen verfilmt (Regie: Hanns Korngiebel). Reclams Hörspielführer, ein früher Versuch Heinz Schwitzkes und Werner Klipperts der Bildung eines Hörspielkanons, berücksichtigt Kühners Übungspatrone 1969 neben einem weiteren Stück des Autors (Pastorale 67) mit einem Werkartikel. Hervorgehoben wird die Anzahl der Sendungen sowie die Herausgabe einer Schallplatte. Für Walther Killys Literaturlexikon markiert die „Parabel über den Konflikt von Gewissen und soldatischem Gehorsam“ 1990 dagegen allein den Beginn von Kühners eigenem Erfolg als Hörspielautor. Weitere Literatur- und Autorenlexika unterschlagen bisweilen sogar das radiophone Frühwerk zugunsten des übrigen Œuvres des Autors.
Einzelnachweise
- Vgl. Otto Heinrich Kühner: Einführungstext der Schallplattenausgabe. DG 43 064, Hamburg 1965.
- Heinz Schwitzke (Hrsg.): Reclams Hörspielführer. Reclam-Verlag, Stuttgart 1969, S. 363ff.
- Aus dem Bauerndorf Nimburg in die Literaturwelt, Artikel in der Badischen Zeitung vom 30. März 2009 (letzter Aufruf: 6. Mai 2009).
- Otto Heinrich Kühner. Literarische Werke ( vom 11. Dezember 2008 im Internet Archive), Auflistung bei der Stiftung Brückner-Kühner (letzter Aufruf: 6. Mai 2009).
- Kurzbericht in der Wochenzeitung Die Zeit, Nr. 28, 14. Juli 1955.
- Thomas Bräutigam: Hörspiel-Lexikon, 2005, S. 481
- Killy: Literatur Lexikon: Autoren und Werke deutscher Sprache, 1990, S. 73.
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Grundlage seines thematisch verwandten spateren Romanes Nikolskoje bildete Sein undatiertes Horspiel Die Ubungspatrone entstand vor 1950 und ist eine seiner ersten literarischen Arbeiten Er verarbeitete darin seine Kriegserlebnisse wie auch in mehreren spateren Werken In dem Horstuck untersucht der junge Autor die Fragen nach Verantwortung Schuld und Gewissen sowie Selbstbetrug der abkommandierten Angehorigen eines Erschiessungskommandos Scharfrichter bei der Totung eines Delinquenten und versetzt sie in eine extreme Situation Die Zeit Inhalt Form Kunstlerische Darstellung einer Hinrichtung durch ein Erschiessungskommando Die zeitlich gegen Kriegsende angelegte Geschichte erzahlt von einem zehnkopfigen Erschiessungskommando das einen Fahnenfluchtigen hinrichten soll Eine sogenannte Ubungspatrone halt die Gruppe von der Befehlsverweigerung aus Gewissensgrunden ab Keiner weiss in wessen Waffe sich die nicht todliche Platzpatrone verbirgt so kann nach der gemeinsam durchgefuhrten Erschiessung jeder annehmen er habe sich nicht totend an der Hinrichtung beteiligt Doch am Ende wird dieser Gewissensbetrug Heinz Schwitzke durch ein uberraschendes Ereignis unmoglich gemacht Einer der Soldaten hatte aus Nervenschwache nicht abgedruckt und dieses spater seinen Vorgesetzten gemeldet Da die Leiche des Getoteten neun glatte Herzschusse aufwies stand fur die neun Schutzen fest dass sie alle mit scharfer Munition geschossen hatten Das Horspiel beginnt formal mit den einen Grossteil des Gesamttextes ausmachenden inneren Monologen der zur Erschiessung Abkommandierten die sich zunachst auf ihrem fruhmorgendlichen Marsch zum Hinrichtungsplatz befinden einer der Sprechenden hat dabei gleichzeitig die Funktion eines Erzahlers Nach der Ankunft vollzieht sich alles mit der Erschiessung zusammenhangende Procedere im Gegensatz dazu in einer raschen ablaufenden Spielhandlung Den Ruckmarsch wiederum begleitende innere Monologe unterbricht schliesslich der Kolonnennachbar des Erzahlers was die uberraschende Schlusswende der Handlung einleitet Kuhner nennt als eigentliche Dramatik seines Horstucks Die Reproduktion des Seelischen im Unausgesprochenen die sich mittels des Funks horbar gemacht im Inneren in den Gedanken der Menschen abspiele Die Parabel der Ubungspatrone sei seinem Autor zufolge unverkennbar Diese zehn Mann das sind wir alle und die Ubungspatrone steht symbolisch fur die Kompromisshaftigkeit des Menschen aber auch fur die unwahrhafte Konzession der Machthaber an das menschliche Gewissen VeroffentlichungenIn gedruckter Form erschien Die Ubungspatrone im Horspielbuch III der Europaischen Verlagsanstalt 1952 spater in einer Veroffentlichung des Autors beim Langen Muller Verlag Mein Zimmer grenzt an Babylon 1954 Eine Inszenierung des NDR von 1962 Regie Fritz Schroder Jahn erschien 1965 zur Erinnerung an den zu Tode gekommenen Schauspieler Klaus Kammer auf einer Schallplatte der Deutschen Grammophon Gesellschaft Produktionen im EinzelnenDas ARD Horspielarchiv verzeichnet insgesamt funf unterschiedliche Produktionen dieser Funknovelle zwischen 1950 und 1964 was auf ihren besonderen Erfolg in der Nachkriegszeit hinweist Alle sind erhalten 1950 Produktion SDR Regie Helmut Jedele Sprecher Der Erzahler 1 Soldat 2 Soldat Max Mairich 3 Soldat 4 Soldat 5 Soldat Kurt Haars Der Unteroffizier Der Offizier Dieter Eppler Der Delinquent Der Pfarrer und andere 1954 Produktion RIAS Regie Hanns Korngiebel Sprecher Heinz Giese Erzahler Herbert Weissbach 1 Soldat 2 Soldat Reinhold Bernt 3 Soldat 4 Soldat Edgar Ott 5 Soldat Erich Dunskus Unteroffizier Ottokar Runze Offizier Horst Gentzen Delinquent Pfarrer und andere 1962 Produktion NDR Regie Fritz Schroder Jahn Sprecher Klaus Kammer Erzahler Unteroffizier Uwe Friedrichsen Offizier Volker Lechtenbrink Delinquent Klaus Hohne Pfarrer Willy Witte Beamter Reinhold Nietschmann Arzt Wolfgang Buttner 1 Soldat Josef Dahmen 2 Soldat Horst Michael Neutze 3 Soldat Rolf Nagel 4 Soldat Peter Striebeck 5 Soldat 1964 Produktion SR Koproduzent BR Regie Otto Kurth Sprecher Beamter Thomas Braut 1 Soldat Norbert Gastell Unteroffizier Willkit Greuel Sanitatsoffizier Georg Kostya 2 Soldat 3 Soldat 4 Soldat Helmut Peine Nebenmann Christian Rode Leutnant Heinz Schimmelpfennig 5 Soldat Raoul Wolfgang Schnell Erzahler 1964 Produktion BR Regie Walter Ohm Sprecher Franz Messner Erzahler Gerd Baltus 1 Soldat Fritz Strassner 2 Soldat Eberhard Mondry 3 Soldat Peter Luhr 4 Soldat 5 Soldat Hans Clarin Nebenmann Robert Graf Leutnant Bum Kruger Unteroffizier und andereWirkungDas Horspiel wurde u a mit Ernst Jacobi Herbert Stass und Wolfgang Spier 1963 1964 durch den Sender Freies Berlin fur das deutsche Fernsehen verfilmt Regie Hanns Korngiebel Reclams Horspielfuhrer ein fruher Versuch Heinz Schwitzkes und Werner Klipperts der Bildung eines Horspielkanons berucksichtigt Kuhners Ubungspatrone 1969 neben einem weiteren Stuck des Autors Pastorale 67 mit einem Werkartikel Hervorgehoben wird die Anzahl der Sendungen sowie 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