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Als Straftheorien werden Ansätze in Strafrechtswissenschaft und Rechtsphilosophie bezeichnet die sich mit der Legitimati

Generalprävention

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Als Straftheorien werden Ansätze in Strafrechtswissenschaft und Rechtsphilosophie bezeichnet, die sich mit der Legitimation sowie mit Sinn und Zweck (staatlichen) Strafens beschäftigen. Fundamentale Überlegungen zur Legitimation der Strafe wurden zunächst in der Rechtsphilosophie des 18. und 19. Jahrhunderts, insbesondere von Cesare Beccaria, Immanuel Kant und Georg Wilhelm Friedrich Hegel sowie in der Strafrechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts von Paul Johann Anselm von Feuerbach und Franz von Liszt aufgestellt. Dabei hat sich eine Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Straftheorien herausgebildet: Absolute Straftheorien (begründet von Kant und Hegel) betrachten ausschließlich die Tat und ihre bereits eingetretenen Konsequenzen für das Opfer („gestraft wird, weil gefehlt wurde“; Vergeltungsgedanke) und blicken somit in die Vergangenheit. Relative Straftheorien betrachten zukünftige Entwicklungen aufgrund der Auferlegung einer Strafe („gestraft wird, damit nicht nochmals gefehlt werde“; Präventionsgedanke). Sie werden in generalpräventive (Abschreckung der Allgemeinheit durch Strafandrohung und Bestrafung) und spezialpräventive (Besserung des Täters durch die Strafe bzw. Sicherung vor dem Täter durch die Strafe) Varianten unterteilt. Schon Cesare Beccarias straftheoretische Ausführungen enthalten Überlegungen zu beiden Varianten relativer Strafbegründung. Die Theorie der Generalprävention wurde durch Feuerbach näher begründet, die Theorie der Spezialprävention wurde prominent durch Franz von Liszt ausgebaut.

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Begründung: Zu viele Aussagen sind unbelegt, zu viele Formulierungen muten laienhaft an. MfG --Andrea (Diskussion) 10:10, 23. Jul. 2021 (CEST)

Die heute in der Strafrechtswissenschaft vertretenen Straftheorien nehmen auf diese grundlegenden Ansätze Bezug und entwickeln sie weiter. Hierbei hat sich in der deutschen Lehre und Rechtsprechung weitgehend eine auf beide Ansätze zurückgehende "Vereinigungstheorie" durchgesetzt. Das geltende deutsche Strafrecht hat bestimmte Aspekte dieser Diskussionen in positives Recht überführt. Der Gesetzgeber formuliert dabei z. B. in den einschlägigen Gesetzen des Strafvollzugs (deutsche Strafvollzugsgesetze) oder in § 2 JGG mit der Strafe bezweckte Ziele und nimmt in Vorschriften zur Strafzumessung darauf Bezug (siehe § 46 deutsches StGB „Schuld des Täters“ und Verteidigung der Rechtsordnung).

Von den strafrechtlichen Straftheorien sind die Kriminalitätstheorien der Kriminologie zu unterscheiden. Diese beschäftigen sich mit gesellschaftlichen und individuellen Ursachen kriminellen Verhaltens. Ein Zusammenhang besteht jedoch insofern, als dass zumindest die relativen Straftheorien auch darauf abzielen, Ursachen, die mutmaßlich für die Tatbegehung mitverantwortlich waren, durch die Strafe bzw. deren Vollstreckung für die Zukunft zu vermeiden. Von kriminologischer Seite aus kann wiederum erforscht werden, inwiefern diese Versuche des Strafjustizsystems, durch Strafen spezialpräventiv auf den Täter bzw. generalpräventiv auf die Gesellschaft einzuwirken, erfolgreich sind.

Absolute Straftheorien der Gerechtigkeit

Absolute Straftheorien (auch: Gerechtigkeitstheorien) betrachten Strafe losgelöst von kriminal- oder gesellschaftspolitischen Zweckerwägungen (lat.: absolutus = losgelöst) als Instrument zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit. Sie begreifen Strafe als Ausgleich dafür, dass der Täter durch den Verstoß gegen eine Strafnorm Unrecht verübt hat, sind also repressiv orientiert. Die Kernaussage der absoluten Theorien wird vielfach mit der von Seneca entwickelten Formel punitur, quia peccatum est („Bestraft wird, weil gesündigt wurde.“) zusammengefasst.

Absolute Straftheorien existieren in unterschiedlichen Ausprägungen; man unterscheidet vor allem die Vergeltungs- und die Sühnetheorie, wobei zwischen den einzelnen Theorien auch im Schrifttum teilweise nicht klar differenziert wird.

Die Sühnetheorie

Nach der Sühnetheorie gibt Strafe dem Täter die Möglichkeit, sich durch Buße wieder mit der Rechtsordnung zu versöhnen. An dieser Theorie wird vielfach kritisiert, dass Sühne Freiwilligkeit voraussetzt, die jedoch bei einer vom Staat aufgezwungenen Strafe nicht existiert.

Die Vergeltungstheorie

Die Vergeltungstheorie, die maßgeblich durch Immanuel Kant und Georg Wilhelm Friedrich Hegel geprägt wurde, begreift Strafe demgegenüber als Vergeltung für das vom Täter verübte Unrecht. Strafe habe die Funktion, den Rechtsbruch und die Schuld des Täters auszugleichen. Zu diesem Zweck erhält der Täter eine Strafe, deren Dauer und Härte mit der Tat vergleichbar ist. Unterschiedlicher Auffassung waren Kant und Hegel darüber, ob sich auch die Art der Strafe an der Straftat orientiert. Kant orientierte sich stark am Talionsprinzip und ging davon aus, dass die Strafe auch ihrer Art nach der Tat entsprechen muss (Auge um Auge). Hegel forderte demgegenüber lediglich eine Wertgleichheit von Strafe und Tat und verlangte eine Restaurierung des Rechts durch eine „Negation der Negation“.

Als Vorteil dieser Theorie gilt der Umstand, dass sie die Höhe der Strafe anhand der begangenen Tat bemisst. Dies kann richterliche Willkür, wie etwa die Statuierung eines Exempels, verhindern und wirkt somit auch freiheitsbewahrend. Bei Tatschuldausgleich kann nunmehr auch das Ausmaß der persönlichen Schuld mitberücksichtigt werden.

Kritisiert wird an der absoluten Straftheorie, dass sie versucht, eine metaphysische Gerechtigkeitsvorstellung zu verwirklichen, deren Konzept in Frage gestellt werden kann. Diesem Konzept steht entgegen, dass viele heutige Staaten die Legitimation ihrer Gewalt von den Bürgern und nicht von Gott ableiten. Die absolute Straftheorie hat dabei Auswirkungen, die nicht dem Interesse des Einzelnen entsprechen:

  • Die absolute Straftheorie fordert auch dann eine Strafe, wenn diese gesellschaftlich nicht notwendig ist. So vertrat etwa Kant die Ansicht, dass – auch wenn der Staat und die Gesellschaft sich auflösten – noch „der letzte im Gefängnis befindliche Mörder vorher hingerichtet werden [müsste], damit jedermann das widerfahre, was seine Taten wert sind, und die Blutschuld nicht auf dem Volke hafte, das auf diese Bestrafung nicht gedrungen hat“.
  • Die Verfolgung der Vergeltungstheorie kann in der Praxis zu sozial unerwünschten Folgen führen, wie etwa Sozialisationsschäden, die oft Ursache für die Verübung von Verbrechen sind. Die Gesellschaft würde somit vor Verbrechen unter Umständen nicht stärker, sondern eventuell sogar weniger geschützt.
  • Das Schuldprinzip beruht auf der Unterstellung der bisher nicht bewiesenen Willensfreiheit des Menschen und gründet auf der Behauptung, der Täter hätte im Willen anders handeln können, schwerste Sanktionen. Auch folgt aus dem Prinzip der Eigenverantwortung nicht die staatliche Zwangsstrafe, sondern die freiwillige Übernahme einer Buße.
  • Ob es sich um eine Wiederholungstat handelt, hat keinen Einfluss auf das Strafmaß, da jede Tat individuell und nach dem Talionsprinzip vergolten wird.
  • Manche Taten lassen sich nicht vergelten (z. B. Brandstiftung oder Massenmord).

Darüber hinaus wird kritisiert, eine bloße Vergeltungsfunktion genüge nicht zur Rechtfertigung von Strafe. Sie vernachlässige, dass die Funktion des Strafrechts im Schutz von Rechtsgütern besteht. Auch sei das Strafrecht nicht dazu berufen, absolute Gerechtigkeit zu gewährleisten.

Relative Straftheorien

Die relative Straftheorie (lat.: relatus = bezogen auf) hingegen ist präventiv orientiert und dient der Verhinderung künftiger Straftaten. Hiernach legitimiert sich Strafe dadurch, dass sie die Begehung künftiger Straftaten verhindern kann (punitur, ne peccetur). Sie unterteilt sich in Generalprävention und Spezialprävention (auch: Individualprävention).

Generalprävention

Die Generalprävention zielt auf den Schutz der Allgemeinheit ab. Sie unterteilt sich weiter in positive und negative Generalprävention:

  • positiv: Die positive Generalprävention soll das Vertrauen der Gesellschaft in die Rechtsordnung stärken. Dabei lassen sich drei unterschiedliche, ineinander übergehende Ziele und Wirkungen herausarbeiten: die Einübung der Rechtstreue als Lerneffekt; der Vertrauenseffekt, der sich ergibt, wenn der Bürger sieht, dass das Recht sich durchsetzt; und der Befriedigungseffekt, der sich einstellt, wenn sich das allgemeine Rechtsbewusstsein auf Grund der Sanktion beruhigt und den Konflikt mit dem Täter als erledigt ansieht.
  • negativ: Die negative Generalprävention soll die Gesellschaft von der Begehung einer Tat abschrecken, indem ins Bewusstsein gerufen wird, welche Strafen folgen können (Anselm von Feuerbach).
    • Kritik: Das Abstellen auf generalpräventive Zwecke hat zwar den Vorteil, dass andere Menschen in der Tat von der Begehung von Unrecht abgehalten werden können, allerdings darf nicht übersehen werden, dass viele Straftaten trotz der dem Täter bekannten Strafandrohung aus einem spontanen Entschluss heraus und ohne vernünftige Abwägung hinsichtlich der Folgen begangen werden. Auch noch so hohe Strafandrohungen führen nicht dazu, dass künftig keine Straftaten mehr begangen werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es das teils als Ausdruck der Menschenwürde verstandene Schuldprinzip verbietet, einen Täter mit schuldunangemessenen Strafen zu belegen, nur um Abschreckungseffekte bei der Bevölkerung zu erzielen.

Spezialprävention

Die Spezialprävention zielt im Gegensatz zur Generalprävention nicht auf die Allgemeinheit, sondern vornehmlich auf die Person des Täters selbst ab. Diese Sichtweise wurde maßgeblich von Franz von Liszt geprägt. Vorrangiges Ziel der Spezialprävention ist es, den Täter durch die Strafsanktion zu bessern, ihn also zu resozialisieren. Wo dies als nicht möglich erscheint – von Liszt hatte hier sogenannte „unverbesserliche Gewohnheitstäter“ vor Augen –, sind Straftäter schlimmstenfalls unschädlich zu machen.

Meinungsstand

Die meisten Verfasser der juristischen Lehrbücher folgen dem Bundesverfassungsgericht und mit ihm der dreifaltigen Vereinigungstheorie.

Die Vereinigungstheorien unterscheiden sich ansonsten je nach persönlicher Schwerpunktsetzung (Franz von Liszt, Claus Roxin, Eberhard Schmidhäuser, Wolfgang Naucke etc.).

Eine einflussreiche Variante der Vereinigungstheorie bietet Roxin mit seiner vorrangig präventiv ausgerichteten Vereinigungstheorie. Er versucht die weitgehend anerkannte Antinomie aufzulösen, dass die drei Strafzwecke gelegentlich zu widersprüchlichen Forderungen führen. So sind etwa die „Auschwitzmörder“ voll resozialisiert. Darauf wird gelegentlich der Einwand gegründet, dass deshalb eine Vereinigungstheorie nicht haltbar sei. Roxin trennt deshalb nach Gesetz, Urteil und Vollzug auf.

Diese rechtfertigen sich durch ihre jeweiligen präventiven Wirkungen:

  • die Strafdrohung des Gesetzes durch ihre negativ generalpräventive Wirkung (Abschreckung)
  • die Strafverhängung im Urteil durch:
    • ihre positiv generalpräventive (alle 3 Aspekte, vor allem Befriedigungsfunktion),
    • ihre negativ generalpräventive (Glaubhaftmachung der Strafdrohung), sowie
    • ihre positiv spezialpräventive (Strafmaß orientiert sich falls möglich an Resozialisierungsgesichtspunkten)
  • und der Strafvollzug durch die spezialpräventive Wirkung (Resozialisierung)

In der deutschen Rechtsprechung zeigt sich im Rahmen der Strafzumessung in Anwendung des § 46 StGB eine Vereinigung dieser Theorien, und zwar als vorrangig vergeltende Vereinigungstheorie: So wird an § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB die Vergeltungstheorie als Grundlage der Strafe festgemacht. Danach ist in anderer Weise zu differenzieren: Die Schuld bildet „die Grundlage für die Zumessung der Strafe“. Der Schuldidee gebührt danach also der Vorrang, jedenfalls für die Strafzumessung. Nach Satz 2 desselben Paragraphen ist auch der Aspekt der positiven Spezialprävention zu berücksichtigen. § 47 Abs. 1 StGB stellt für den Ausnahmefall der Verhängung kurzer Freiheitsstrafen auch auf generalpräventive Wirkungen ab. Die Ableitung des Vergeltungsprinzips aus § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB wird wiederum von Roxin kritisch hinterfragt. Nur zur Bestimmung der Obergrenze will er die Schuld heranziehen.

Aufgrund der oben benannten Nachteile werden absolute Straftheorien heute von erheblichen Teilen der Lehre abgelehnt, und nur Restelemente wie der Schuldbegriff verwendet. Die unterschiedlichen Lehrmeinungen, die häufig auch den Gedanken der „Integrationsprävention“ verwenden, drängen dabei den Aspekt der Strafgerechtigkeit zumindest zurück und sehen das Strafrecht vor allem als gesellschaftliche Aufgabe. Das Schuldprinzip verfügt jedoch über Verfassungsrang (nulla poena sine culpa). Deshalb entfernen sich zumindest diejenigen Straftheorien vom geltenden Recht, die das Schuldprinzip nicht nur weit ausdehnen, etwa mithilfe eines „sozialen“ Schuldbegriffs, sondern die Schuld ausdrücklich durch eine soziale Zurechnung ersetzen. Sie bieten dann eigenständige „Strafphilosophien“.

An die Rechtsphilosophie Hegels und dessen Grundgedanken der wechselseitigen Anerkennung lehnen sich andererseits mit unterschiedlichen Eigenheiten Kurt Seelmann, Michael Köhler, Felix Herzog, Ernst Amadeus Wolff, Rainer Zaczyk, Frauke Rostalski und Günther Jakobs an. So erklärt Köhler etwa, mit Hegel müsse der Täter unter sein eigenes Recht subsumiert werden. Nur so beruhe Strafe auf der Anerkennung des Täters als Rechtssubjekt. Somit werde der Täter durch Schuldspruch und Strafe, wie Hegel es formuliert hat „geehrt“.

Günther Jakobs entwickelt zudem den viel diskutierten Begriff des Feindstrafrechts.

Sicht des deutschen Bundesverfassungsgerichts

Vereinigungstheorie

Die so genannte Vereinigungstheorie, samt der Kritik an ihren Elementen, greift das Bundesverfassungsgericht 1977 als maßgeblichen gesellschaftlichen Konsens auf und stützt sich dabei auf die damalige deutsche Strafrechtswissenschaft. In seiner von ihm selbst auch immer wieder zitierten Leitentscheidung betont das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 45, 187 ff. [253 f.]) zunächst in Kurzform: „Schuldausgleich, Prävention, Resozialisierung des Täters, Sühne und Vergeltung für begangenes Unrecht werden als Aspekte einer angemessenen Strafsanktion bezeichnet“.

Anschließend fügt es mit Blick auf die (zu entschärfende damalige) lebenslange Freiheitsstrafe an (BVerfGE 45, 187 ff. [254–259]):

„Wenn es oberstes Ziel des Strafens ist, die Gesellschaft vor sozialschädlichem Verhalten zu bewahren und die elementaren Werte des Gemeinschaftslebens zu schützen (‚allgemeine Generalprävention‘), so muß bei der hier erforderlichen Gesamtbetrachtung zunächst von dem Wert des verletzten Rechtsguts und dem Maß der Sozialschädlichkeit der Verletzungshandlung – auch im Vergleich mit anderen unter Strafe gestellten Handlungen – ausgegangen werden. Das Leben jedes einzelnen Menschen gehört zu den höchsten Rechtsgütern. Die Pflicht des Staates, es zu schützen, ergibt sich bereits unmittelbar aus Art. 2 II 1 GG. Sie folgt darüber hinaus aus der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 1 I 2 GG. […]

Die negativen Gesichtspunkte lassen sich herkömmlicherweise mit dem Begriff der Abschreckung anderer umschreiben, die in Gefahr sind, ähnliche Straftaten zu begehen (‚spezielle Generalprävention‘) […] Auch die allgemeinen empirischen Untersuchungen zur Abschreckungsproblematik sind […] hinsichtlich ihrer methodischen Zuverlässigkeit, Verallgemeinerungsfähigkeit und damit Aussagefähigkeit mit Vorbehalten zu versehen.

[…] Der positive Aspekt der Generalprävention wird gemeinhin in der Erhaltung und Stärkung des Vertrauens in die Bestandskraft und Durchsetzungskraft der Rechtsordnung gesehen […]. Es gehört zu den Aufgaben der Strafe, das Recht gegenüber dem vom Täter begangenen Unrecht durchzusetzen, um die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung vor der Rechtsgemeinschaft zu erweisen und so die Rechtstreue der Bevölkerung zu stärken. Zwar gibt es auch hierzu bisher keine fundierten Effizienzuntersuchungen. Wahrscheinlich lassen sich bei der schwersten Tötungskriminalität verbrechensmindernde Wirkungen aus einer bestimmten Strafandrohung oder Strafpraxis überhaupt nicht meßbar nachweisen. Hingegen gibt es hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür, daß die Androhung und Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe für den Rang von Bedeutung sind, den das allgemeine Rechtsbewußtsein dem menschlichen Leben beimißt.

[…] In der Höhe der angedrohten Strafe bringt der Gesetzgeber sein Unwerturteil über die mit Strafe bedrohte Tat zum Ausdruck. Durch dieses Unwerturteil trägt er wesentlich zur Bewußtseinsbildung in der Bevölkerung bei. Gerade eine so schwerwiegende Strafe wie die lebenslange Freiheitsstrafe ist besonders geeignet, im Bewußtsein der Bevölkerung die Erkenntnis zu festigen, daß das menschliche Leben ein besonders wertvolles und unersetzliches Rechtsgut ist, das besonderen Schutz und allgemeine Achtung und Anerkennung verdient. Durch die Bildung dieses Bewußtseins wird in der Bevölkerung ganz allgemein die Hemmung erhöht, menschliches Leben zu gefährden, insbesondere aber vorsätzlich zu vernichten.

[…] Es ist jedoch eine nach dem gegenwärtigen Stand der kriminologischen Forschung offene Frage, ob auch eine 30-jährige oder 25-jährige oder gar nur 20-jährige Freiheitsstrafe eine ausreichende generalpräventive Wirkung zu erzielen vermöchte. Bei dieser Sachlage hält sich der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit, wenn er sich nicht nur auf die negativen Gesichtspunkte der Generalprävention … beschränkt, sondern auch den dargelegten Wirkungen der lebenslangen Freiheitsstrafe für das allgemeine Rechtsbewußtsein Bedeutung beimißt, die von der Androhung einer zeitigen Freiheitsstrafe nicht ausgehen würden.

[…] Der Strafzweck der negativen Spezialprävention durch Sicherung vor dem einzelnen Täter kann durch dessen Verwahrung auf Lebenszeit vollkommen erreicht werden. Ob aber der lebenslange Vollzug der Freiheitsstrafe aus Sicherheitsgründen auch notwendig ist, hängt von der Rückfallgefahr ab. […]

Die Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe widerspricht bei Berücksichtigung der bisherigen Gnadenpraxis und der gebotenen Verrechtlichung des Strafaussetzungsverfahrens nicht dem verfassungsrechtlich fundierten Resozialisierungsgedanken (positive Spezialprävention). Der zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Mörder hat grundsätzlich die Chance, nach Verbüßung einer gewissen Strafzeit wieder in die Freiheit zu gelangen. Auch für ihn wirkt sich das im Strafvollzugsgesetz gesicherte Resozialisierungsziel positiv aus. Dadurch wird sichergestellt, daß er bei einer späteren Entlassung noch lebenstüchtig und wieder eingliederungsfähig ist. Lediglich bei Tätern, die für die Allgemeinheit gefährlich bleiben, kann das Resozialisierungsziel des Strafvollzugs nicht zum Tragen kommen. Das beruht aber nicht auf der Verurteilung zu lebenslanger Strafe, sondern auf den besonderen persönlichen Verhältnissen des betreffenden Verurteilten, die eine erfolgversprechende Resozialisierung auf Dauer ausschließen.

[…] Was schließlich die Strafzwecke des Schuldausgleichs und der Sühne betrifft, so entspricht es dem bestehenden System der Strafsanktionen, daß der Mord wegen seines extremen Unrechts und Schuldgehalts auch mit einer außergewöhnlich hohen Strafe geahndet wird. Diese Strafe steht ferner mit der allgemeinen Gerechtigkeitserwartung im Einklang. Folgerichtig hat der Gesetzgeber für die Vernichtung menschlichen Lebens in der besonders verwerflichen Form des Mordes die höchste ihm zur Verfügung stehende Strafe angedroht.

[…] Die Sühnefunktion der Strafe ist zwar in einer Zeit, in der der Gedanke der ‚defense sociale‘ immer mehr in den Vordergrund gestellt wird, lebhaft umstritten. Hält der Gesetzgeber die Sühne weiterhin für einen legitimen Strafzweck, so kann er sich davon leiten lassen, daß der Straftäter mit der Vernichtung eines menschlichen Lebens durch Mord schwerste Schuld auf sich geladen hat und seine Wiedereingliederung in die Rechtsgemeinschaft eine Schuldverarbeitung voraussetzt, die auch durch eine sehr lange Freiheitsstrafe mit der Chance vorzeitiger Entlassung ermöglicht wird.“

Schuld und Sühne

Im Lissabon-Urteil erklärt das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 123, 267 Absatz-Nr. 350) zudem:

„Auf dem Gebiet der Strafrechtspflege bestimmt Art. 1 Abs. 1 GG die Auffassung vom Wesen der Strafe und das Verhältnis von Schuld und Sühne (vgl. BVerfGE 95, 96, 140). Der Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt, hat seine Grundlage damit in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 57, 250, 275; 80, 367, 378; 90, 145, 173). Das Schuldprinzip gehört zu der wegen Art. 79 Abs. 3 GG unverfügbaren Verfassungsidentität, die auch vor Eingriffen durch die supranational ausgeübte öffentliche Gewalt geschützt ist.“

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das enge Strafverständnis nicht das Sonderrecht der – rein präventiven – „Maßregeln der Besserung und Sicherung“ mit erfasst, zu welchem auch die allein auf die fortdauernde Gefährlichkeit ausgerichtet Sicherungsverwahrung gehört, obgleich das Strafgesetzbuch selbst diese so genannte „zweite Spur“ der Sanktionen regelt (§§ 61 ff StGB).

EU-Europa und der deutsche Sonderweg

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 123, 267=NJW 2009, 2267 ff., 2274 Absatz-Nr. 253 und 2287 Absatz-Nr. 355 ff) verweist im Lissabon-Urteil für die Strafrechtspflege und für die tragende Bedeutung des Sühne- und Schuldprinzips auf die Subsidiaritätsklausel (des Art. 5 Abs. 2 EGV; Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon EUV-Lissabon) und erklärt (in Absatz-Nr. 253) „Die Strafrechtspflege ist, sowohl was die Voraussetzungen der Strafbarkeit als auch was die Vorstellungen von einem fairen, angemessenen Strafverfahren anlangt, von kulturellen, historisch gewachsenen, auch sprachlich geprägten Vorverständnissen und von den im deliberativen Prozess sich bildenden Alternativen abhängig, die die jeweilige öffentliche Meinung bewegen (…). Die diesbezüglichen Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede zwischen den europäischen Nationen belegt die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu den Garantien im Strafverfahren (…). Die Pönalisierung sozialen Verhaltens ist aber nur eingeschränkt aus europaweit geteilten Werten und sittlichen Prämissen normativ ableitbar. Die Entscheidung über strafwürdiges Verhalten, über den Rang von Rechtsgütern und den Sinn und das Maß der Strafandrohung ist vielmehr in besonderem Maße dem demokratischen Entscheidungsprozess überantwortet (vgl. BVerfGE 120, 224, 241 f.). Eine Übertragung von Hoheitsrechten über die intergouvernementale Zusammenarbeit hinaus darf in diesem grundrechtsbedeutsamen Bereich nur für bestimmte grenzüberschreitende Sachverhalte unter restriktiven Voraussetzungen zu einer Harmonisierung führen; dabei müssen grundsätzlich substantielle mitgliedstaatliche Handlungsfreiräume erhalten bleiben.“

Frankreich, Italien

Diese beiden romanischen Länder betonen ihre politische Staatsraison und setzen auf die Idee von der Sozialverteidigung – „défense sociale“ (Marc Ancel, vgl. auch Michel Foucault) beziehungsweise „difesa sociale“ (Grammatica) – und legen weniger Gewicht auf das Schuldprinzip.

USA, England

Der US-Philosoph Joel Feinberg entwickelt, seiner vorherrschenden Rechtskultur entsprechend, einen liberalistischen Ansatz. Auch die ebenso einflussreichen Rechtsphilosophen John Rawls und H. L. A. Hart werden mit ihren Begründungen von „punishment“ als Liberalisten eingeordnet.

Siehe auch

  • Poena naturalis
  • Talion

Literatur

  • Axel Montenbruck: Deutsche Straftheorie I -IV, Lehrbuch in vier Teilen. 4. überarbeitete und erheblich erweiterte Auflage. Freie Universität Berlin, Berlin 2020, ISBN 978-3-96110-242-6; refubium.fu-berlin.de (PDF; 5,7 MB)
  • Tatjana Hörnle: Straftheorien. 2. Auflage. Mohr-Siebeck, Tübingen 2017, ISBN 978-3-16-155578-7.
  • Claus Roxin: Strafrecht Allgemeiner Teil. Band I: Grundlagen. Der Aufbau der Verbrechenslehre. 4. Auflage. C. H. Beck, München 2006, S. 64–104. – 5. Auflage. Von Claus Roxin und Luís Greco. C. H. Beck, München 2020, S. 118–176.
  • Norbert Kühne, M. Gewicke-Schopmann, H. Harder-Kühne: Psychologie für Fachschulen und Fachoberschulen. 8. Auflage. Bildungsverlag EINS, Troisdorf 2006, ISBN 3-427-04150-6, S. 51 f.
  • Hanna Weyrich: Straftheorien und Rechtswirklichkeit. Mohr Siebeck, Tübingen 2021, ISBN 978-3-16-159836-4, S. 88. 
  • Lukas Cerny: Eine kurze Geschichte der Strafe. Ein historisch-kritischer Beitrag zur Straftheorie (= Studien und Beiträge zum Strafrecht, Bd. 42). Mohr Siebeck, Tübingen 2024, ISBN 978-3-16-162626-5.

sowie auch:

  • Peter-Alexis Albrecht: Kriminologie. 4. Auflage. Beck, München 2010.
  • Peter Zihlmann: Macht Strafe Sinn? Zürich 2002.
  • Helmut Ortner: Freiheit statt Strafe. Originalausgabe. Frankfurt am Main 1981.
  • Rolf Schmidt: Strafrecht Allgemeiner Teil. 22. Auflage 2021
  • Axel Montenbruck: Zivilreligion. Eine Rechtsphilosophie II. Grundelemente: Versöhnung und Mediation, Strafe und Geständnis, Gerechtigkeit und Humanität aus juristischen Perspektiven. 3. erheblich erweiterte Auflage. Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin, Berlin 2011, fu-berlin.de (PDF)
  • Bernd-Dieter Meier: Strafrechtliche Sanktionen. 5. Auflage. Springer Fachbuch, 2019, ISBN 978-3-662-59441-4.

Weblinks

  • Heribert Ostendorf: Vom Sinn und Zweck des Strafens. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.)
  • Tatjana Hörnle: Straftheorien. In: IVR (Deutsche Sektion) und Deutsche Gesellschaft für Philosophie (Hrsg.): Enzyklopädie zur Rechtsphilosophie.
  • Hugo Adam Bedau, Erin Kelly, Edward N. Zalta (Hrsg.): Punishment. The Stanford Encyclopedia of Philosophy, Spring 2010 Edition.
  • J. Wilhelm: Grundlagen staatlichen Strafens – die Straftheorien. (PDF; 246 kB)
  • Maximilian Gaßner, Jens M. Strömer: Das heimliche Verschwinden der Appellfunktion des Straftatbestandes und die unheimliche Kriminalisierung des Bürgers.

Einzelnachweise

  1. Hanna Weyrich: Straftheorien und Rechtswirklichkeit. Mohr Siebeck, Tübingen 2021, ISBN 978-3-16-159836-4, S. 88. 
  2. Kai Ambos, Christian Steiner: Vom Sinn des Strafens auf innerstaatlicher und supranationaler Ebene, in: Juristische Schulung 2001, S. 9 (11). Hans-Heinrich Jescheck, Thomas Weigend: Lehrbuch des Strafrechts: Allgemeiner Teil. 5. Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 1996, ISBN 3-428-08348-2, S. 66. 
  3. Frank Saliger: Strafgesetzbuch: StGB. In: Urs Kindhäuser (Hrsg.): NomosKommentar. 6. Auflage. NOMOS, 2023, ISBN 978-3-8487-7123-3, StGB vor § 1 Randnummer 104. 
  4. Immanuel Kant: Metaphysik der Sitten, Erster Teil, II. Teil, 1. Abschnitt, Allgemeine Anmerkung E.
  5. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse. Johannes Hoffmeister (Hrsg.). 1995, §§ 99 ff. Hegels Sicht betonend: Michael Köhler: Strafrecht, Allgemeiner Teil. 1977, § 3 Rn 3 ff
  6. Zitiert in: Heribert Ostendorf, Vom Sinn und Zweck des Strafens. Website der Bundeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 5. November 2012
  7. Claus Roxin: Strafrecht Allgemeiner Teil. Band I. § 3 Rn. 9, siehe Literatur
  8. MK-StGB/Radtke, Vor § 38 Rn. 33.
  9. Hans-Ludwig Schreiber: Widersprüche und Brüche in heutigen Strafkonzeptionen. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, 1982, 984, S. 279 (281).
  10. Dr. Volker Erb: Münchener Kommentar zum StGB. Hrsg.: Dr. Volker Erb. 5. Auflage. C.H.Beck, München 2024, Einleitung Randnummer 67-72. 
  11. BGH, Urteil vom 29.01.1992 - 2 StR 427/91
  12. Walter Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, zweite Auflage, Berlin, Heidelberg und New York 2001, S. 36 ff.
  13. Dr. Volker Erb: Münchener Kommentar zum StGB. Hrsg.: Dr. Volker Erb. 5. Auflage. C.H.BECK, München 2024, Einleitung Randnummer 60-66. 
  14. BVerfGE 45, 187, 253 ff.
  15. Siehe unter anderem: Johannes Wessels, Werner Beulke: Strafrecht Allgemeiner Teil. 41. Auflage. 2011, Randnummer 12 a. Urs Kindhäuser: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 5. Auflage. 2011, § 2 III (Randnummer 16: „Rechtsprechung“ und „große Teile der Lehre“ verträten die Vereinigungstheorie). Rudolf Rengier: Strafrecht, Allgemeiner Teil. 3. Auflage. 2011, § 3 II.
  16. Claus Roxin: Strafrecht Allgemeiner Teil. Band I, § 3 Rn.8, siehe Literatur
  17. Überblick bei: Jens Christian Müller-Tuckfeld: Integrationsprävention, Studien zu einer Theorie der gesellschaftlichen Funktion des Strafrechts. 1998 (Reihe: Frankfurter kriminalwissenschaftliche Studien, 403 S.)
  18. Generalpräventiv und statt auf Schuld auf die soziale Zurechnung im Sinne einer „Zuständigkeit“ setzend: Günther Jakobs: Strafrecht, Allgemeiner Teil. Die Grundlagen und die Zurechnungslehre. 2. Auflage. 1991, 1/4 ff.
  19. Michael Köhler: Strafrecht Allgemeiner Teil,. 1997, 37 f, 49; unter Hinweis auf Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts. 1821, § 199. Zusammenfassend Axel Montenbruck: Strafrechtsphilosophie (1995–2010): Vergeltung, Strafzeit, Sündenbock, Menschenrechtsstrafe, Naturrecht. 2. erweiterte Auflage. Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin, Berlin, 2010, Randnummer 374 ff.; fu-berlin.de
  20. Georg Freund, Frauke Rostalski: Strafrecht Allgemeiner Teil. 3. Auflage. Springer Verlag, 2019, ISBN 978-3-662-59029-4, S. 16. 
  21. BVerfG, Urteil vom 21. Juni 1977, Az. 1 BvL 14/76 – Lebenslange Freiheitsstrafe.
  22. Dazu: Gerhard Seher: Liberalismus und Strafe. Zur Strafrechtsphilosophie von Joel Feinberg. In: Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft, Heft 135, Berlin 2000.
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Autor: www.NiNa.Az

Veröffentlichungsdatum: 07 Jul 2025 / 00:13

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Als Straftheorien werden Ansatze in Strafrechtswissenschaft und Rechtsphilosophie bezeichnet die sich mit der Legitimation sowie mit Sinn und Zweck staatlichen Strafens beschaftigen Fundamentale Uberlegungen zur Legitimation der Strafe wurden zunachst in der Rechtsphilosophie des 18 und 19 Jahrhunderts insbesondere von Cesare Beccaria Immanuel Kant und Georg Wilhelm Friedrich Hegel sowie in der Strafrechtswissenschaft des 19 Jahrhunderts von Paul Johann Anselm von Feuerbach und Franz von Liszt aufgestellt Dabei hat sich eine Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Straftheorien herausgebildet Absolute Straftheorien begrundet von Kant und Hegel betrachten ausschliesslich die Tat und ihre bereits eingetretenen Konsequenzen fur das Opfer gestraft wird weil gefehlt wurde Vergeltungsgedanke und blicken somit in die Vergangenheit Relative Straftheorien betrachten zukunftige Entwicklungen aufgrund der Auferlegung einer Strafe gestraft wird damit nicht nochmals gefehlt werde Praventionsgedanke Sie werden in generalpraventive Abschreckung der Allgemeinheit durch Strafandrohung und Bestrafung und spezialpraventive Besserung des Taters durch die Strafe bzw Sicherung vor dem Tater durch die Strafe Varianten unterteilt Schon Cesare Beccarias straftheoretische Ausfuhrungen enthalten Uberlegungen zu beiden Varianten relativer Strafbegrundung Die Theorie der Generalpravention wurde durch Feuerbach naher begrundet die Theorie der Spezialpravention wurde prominent durch Franz von Liszt ausgebaut Beteilige dich an der Diskussion Dieser Artikel wurde wegen formaler oder sachlicher Mangel in der Qualitatssicherung Recht der Redaktion Recht zur Verbesserung eingetragen Dies geschieht um die Qualitat von Artikeln aus dem Themengebiet Recht auf ein akzeptables Niveau zu bringen Hilf mit die inhaltlichen Mangel dieses Artikels zu beseitigen und beteilige dich an der Diskussion Begrundung Zu viele Aussagen sind unbelegt zu viele Formulierungen muten laienhaft an MfG Andrea Diskussion 10 10 23 Jul 2021 CEST Die heute in der Strafrechtswissenschaft vertretenen Straftheorien nehmen auf diese grundlegenden Ansatze Bezug und entwickeln sie weiter Hierbei hat sich in der deutschen Lehre und Rechtsprechung weitgehend eine auf beide Ansatze zuruckgehende Vereinigungstheorie durchgesetzt Das geltende deutsche Strafrecht hat bestimmte Aspekte dieser Diskussionen in positives Recht uberfuhrt Der Gesetzgeber formuliert dabei z B in den einschlagigen Gesetzen des Strafvollzugs deutsche Strafvollzugsgesetze oder in 2 JGG mit der Strafe bezweckte Ziele und nimmt in Vorschriften zur Strafzumessung darauf Bezug siehe 46 deutsches StGB Schuld des Taters und Verteidigung der Rechtsordnung Von den strafrechtlichen Straftheorien sind die Kriminalitatstheorien der Kriminologie zu unterscheiden Diese beschaftigen sich mit gesellschaftlichen und individuellen Ursachen kriminellen Verhaltens Ein Zusammenhang besteht jedoch insofern als dass zumindest die relativen Straftheorien auch darauf abzielen Ursachen die mutmasslich fur die Tatbegehung mitverantwortlich waren durch die Strafe bzw deren Vollstreckung fur die Zukunft zu vermeiden Von kriminologischer Seite aus kann wiederum erforscht werden inwiefern diese Versuche des Strafjustizsystems durch Strafen spezialpraventiv auf den Tater bzw generalpraventiv auf die Gesellschaft einzuwirken erfolgreich sind Absolute Straftheorien der GerechtigkeitAbsolute Straftheorien auch Gerechtigkeitstheorien betrachten Strafe losgelost von kriminal oder gesellschaftspolitischen Zweckerwagungen lat absolutus losgelost als Instrument zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit Sie begreifen Strafe als Ausgleich dafur dass der Tater durch den Verstoss gegen eine Strafnorm Unrecht verubt hat sind also repressiv orientiert Die Kernaussage der absoluten Theorien wird vielfach mit der von Seneca entwickelten Formel punitur quia peccatum est Bestraft wird weil gesundigt wurde zusammengefasst Absolute Straftheorien existieren in unterschiedlichen Auspragungen man unterscheidet vor allem die Vergeltungs und die Suhnetheorie wobei zwischen den einzelnen Theorien auch im Schrifttum teilweise nicht klar differenziert wird Die Suhnetheorie Nach der Suhnetheorie gibt Strafe dem Tater die Moglichkeit sich durch Busse wieder mit der Rechtsordnung zu versohnen An dieser Theorie wird vielfach kritisiert dass Suhne Freiwilligkeit voraussetzt die jedoch bei einer vom Staat aufgezwungenen Strafe nicht existiert Die Vergeltungstheorie Die Vergeltungstheorie die massgeblich durch Immanuel Kant und Georg Wilhelm Friedrich Hegel gepragt wurde begreift Strafe demgegenuber als Vergeltung fur das vom Tater verubte Unrecht Strafe habe die Funktion den Rechtsbruch und die Schuld des Taters auszugleichen Zu diesem Zweck erhalt der Tater eine Strafe deren Dauer und Harte mit der Tat vergleichbar ist Unterschiedlicher Auffassung waren Kant und Hegel daruber ob sich auch die Art der Strafe an der Straftat orientiert Kant orientierte sich stark am Talionsprinzip und ging davon aus dass die Strafe auch ihrer Art nach der Tat entsprechen muss Auge um Auge Hegel forderte demgegenuber lediglich eine Wertgleichheit von Strafe und Tat und verlangte eine Restaurierung des Rechts durch eine Negation der Negation Als Vorteil dieser Theorie gilt der Umstand dass sie die Hohe der Strafe anhand der begangenen Tat bemisst Dies kann richterliche Willkur wie etwa die Statuierung eines Exempels verhindern und wirkt somit auch freiheitsbewahrend Bei Tatschuldausgleich kann nunmehr auch das Ausmass der personlichen Schuld mitberucksichtigt werden Kritisiert wird an der absoluten Straftheorie dass sie versucht eine metaphysische Gerechtigkeitsvorstellung zu verwirklichen deren Konzept in Frage gestellt werden kann Diesem Konzept steht entgegen dass viele heutige Staaten die Legitimation ihrer Gewalt von den Burgern und nicht von Gott ableiten Die absolute Straftheorie hat dabei Auswirkungen die nicht dem Interesse des Einzelnen entsprechen Die absolute Straftheorie fordert auch dann eine Strafe wenn diese gesellschaftlich nicht notwendig ist So vertrat etwa Kant die Ansicht dass auch wenn der Staat und die Gesellschaft sich auflosten noch der letzte im Gefangnis befindliche Morder vorher hingerichtet werden musste damit jedermann das widerfahre was seine Taten wert sind und die Blutschuld nicht auf dem Volke hafte das auf diese Bestrafung nicht gedrungen hat Die Verfolgung der Vergeltungstheorie kann in der Praxis zu sozial unerwunschten Folgen fuhren wie etwa Sozialisationsschaden die oft Ursache fur die Verubung von Verbrechen sind Die Gesellschaft wurde somit vor Verbrechen unter Umstanden nicht starker sondern eventuell sogar weniger geschutzt Das Schuldprinzip beruht auf der Unterstellung der bisher nicht bewiesenen Willensfreiheit des Menschen und grundet auf der Behauptung der Tater hatte im Willen anders handeln konnen schwerste Sanktionen Auch folgt aus dem Prinzip der Eigenverantwortung nicht die staatliche Zwangsstrafe sondern die freiwillige Ubernahme einer Busse Ob es sich um eine Wiederholungstat handelt hat keinen Einfluss auf das Strafmass da jede Tat individuell und nach dem Talionsprinzip vergolten wird Manche Taten lassen sich nicht vergelten z B Brandstiftung oder Massenmord Daruber hinaus wird kritisiert eine blosse Vergeltungsfunktion genuge nicht zur Rechtfertigung von Strafe Sie vernachlassige dass die Funktion des Strafrechts im Schutz von Rechtsgutern besteht Auch sei das Strafrecht nicht dazu berufen absolute Gerechtigkeit zu gewahrleisten Relative StraftheorienDie relative Straftheorie lat relatus bezogen auf hingegen ist praventiv orientiert und dient der Verhinderung kunftiger Straftaten Hiernach legitimiert sich Strafe dadurch dass sie die Begehung kunftiger Straftaten verhindern kann punitur ne peccetur Sie unterteilt sich in Generalpravention und Spezialpravention auch Individualpravention Generalpravention Die Generalpravention zielt auf den Schutz der Allgemeinheit ab Sie unterteilt sich weiter in positive und negative Generalpravention positiv Die positive Generalpravention soll das Vertrauen der Gesellschaft in die Rechtsordnung starken Dabei lassen sich drei unterschiedliche ineinander ubergehende Ziele und Wirkungen herausarbeiten die Einubung der Rechtstreue als Lerneffekt der Vertrauenseffekt der sich ergibt wenn der Burger sieht dass das Recht sich durchsetzt und der Befriedigungseffekt der sich einstellt wenn sich das allgemeine Rechtsbewusstsein auf Grund der Sanktion beruhigt und den Konflikt mit dem Tater als erledigt ansieht negativ Die negative Generalpravention soll die Gesellschaft von der Begehung einer Tat abschrecken indem ins Bewusstsein gerufen wird welche Strafen folgen konnen Anselm von Feuerbach Kritik Das Abstellen auf generalpraventive Zwecke hat zwar den Vorteil dass andere Menschen in der Tat von der Begehung von Unrecht abgehalten werden konnen allerdings darf nicht ubersehen werden dass viele Straftaten trotz der dem Tater bekannten Strafandrohung aus einem spontanen Entschluss heraus und ohne vernunftige Abwagung hinsichtlich der Folgen begangen werden Auch noch so hohe Strafandrohungen fuhren nicht dazu dass kunftig keine Straftaten mehr begangen werden Daruber hinaus ist zu berucksichtigen dass es das teils als Ausdruck der Menschenwurde verstandene Schuldprinzip verbietet einen Tater mit schuldunangemessenen Strafen zu belegen nur um Abschreckungseffekte bei der Bevolkerung zu erzielen Spezialpravention Die Spezialpravention zielt im Gegensatz zur Generalpravention nicht auf die Allgemeinheit sondern vornehmlich auf die Person des Taters selbst ab Diese Sichtweise wurde massgeblich von Franz von Liszt gepragt Vorrangiges Ziel der Spezialpravention ist es den Tater durch die Strafsanktion zu bessern ihn also zu resozialisieren Wo dies als nicht moglich erscheint von Liszt hatte hier sogenannte unverbesserliche Gewohnheitstater vor Augen sind Straftater schlimmstenfalls unschadlich zu machen MeinungsstandDie meisten Verfasser der juristischen Lehrbucher folgen dem Bundesverfassungsgericht und mit ihm der dreifaltigen Vereinigungstheorie Die Vereinigungstheorien unterscheiden sich ansonsten je nach personlicher Schwerpunktsetzung Franz von Liszt Claus Roxin Eberhard Schmidhauser Wolfgang Naucke etc Eine einflussreiche Variante der Vereinigungstheorie bietet Roxin mit seiner vorrangig praventiv ausgerichteten Vereinigungstheorie Er versucht die weitgehend anerkannte Antinomie aufzulosen dass die drei Strafzwecke gelegentlich zu widerspruchlichen Forderungen fuhren So sind etwa die Auschwitzmorder voll resozialisiert Darauf wird gelegentlich der Einwand gegrundet dass deshalb eine Vereinigungstheorie nicht haltbar sei Roxin trennt deshalb nach Gesetz Urteil und Vollzug auf Diese rechtfertigen sich durch ihre jeweiligen praventiven Wirkungen die Strafdrohung des Gesetzes durch ihre negativ generalpraventive Wirkung Abschreckung die Strafverhangung im Urteil durch ihre positiv generalpraventive alle 3 Aspekte vor allem Befriedigungsfunktion ihre negativ generalpraventive Glaubhaftmachung der Strafdrohung sowie ihre positiv spezialpraventive Strafmass orientiert sich falls moglich an Resozialisierungsgesichtspunkten und der Strafvollzug durch die spezialpraventive Wirkung Resozialisierung In der deutschen Rechtsprechung zeigt sich im Rahmen der Strafzumessung in Anwendung des 46 StGB eine Vereinigung dieser Theorien und zwar als vorrangig vergeltende Vereinigungstheorie So wird an 46 Abs 1 Satz 1 StGB die Vergeltungstheorie als Grundlage der Strafe festgemacht Danach ist in anderer Weise zu differenzieren Die Schuld bildet die Grundlage fur die Zumessung der Strafe Der Schuldidee gebuhrt danach also der Vorrang jedenfalls fur die Strafzumessung Nach Satz 2 desselben Paragraphen ist auch der Aspekt der positiven Spezialpravention zu berucksichtigen 47 Abs 1 StGB stellt fur den Ausnahmefall der Verhangung kurzer Freiheitsstrafen auch auf generalpraventive Wirkungen ab Die Ableitung des Vergeltungsprinzips aus 46 Abs 1 Satz 1 StGB wird wiederum von Roxin kritisch hinterfragt Nur zur Bestimmung der Obergrenze will er die Schuld heranziehen Aufgrund der oben benannten Nachteile werden absolute Straftheorien heute von erheblichen Teilen der Lehre abgelehnt und nur Restelemente wie der Schuldbegriff verwendet Die unterschiedlichen Lehrmeinungen die haufig auch den Gedanken der Integrationspravention verwenden drangen dabei den Aspekt der Strafgerechtigkeit zumindest zuruck und sehen das Strafrecht vor allem als gesellschaftliche Aufgabe Das Schuldprinzip verfugt jedoch uber Verfassungsrang nulla poena sine culpa Deshalb entfernen sich zumindest diejenigen Straftheorien vom geltenden Recht die das Schuldprinzip nicht nur weit ausdehnen etwa mithilfe eines sozialen Schuldbegriffs sondern die Schuld ausdrucklich durch eine soziale Zurechnung ersetzen Sie bieten dann eigenstandige Strafphilosophien An die Rechtsphilosophie Hegels und dessen Grundgedanken der wechselseitigen Anerkennung lehnen sich andererseits mit unterschiedlichen Eigenheiten Kurt Seelmann Michael Kohler Felix Herzog Ernst Amadeus Wolff Rainer Zaczyk Frauke Rostalski und Gunther Jakobs an So erklart Kohler etwa mit Hegel musse der Tater unter sein eigenes Recht subsumiert werden Nur so beruhe Strafe auf der Anerkennung des Taters als Rechtssubjekt Somit werde der Tater durch Schuldspruch und Strafe wie Hegel es formuliert hat geehrt Gunther Jakobs entwickelt zudem den viel diskutierten Begriff des Feindstrafrechts Sicht des deutschen BundesverfassungsgerichtsVereinigungstheorie Die so genannte Vereinigungstheorie samt der Kritik an ihren Elementen greift das Bundesverfassungsgericht 1977 als massgeblichen gesellschaftlichen Konsens auf und stutzt sich dabei auf die damalige deutsche Strafrechtswissenschaft In seiner von ihm selbst auch immer wieder zitierten Leitentscheidung betont das Bundesverfassungsgericht BVerfGE 45 187 ff 253 f zunachst in Kurzform Schuldausgleich Pravention Resozialisierung des Taters Suhne und Vergeltung fur begangenes Unrecht werden als Aspekte einer angemessenen Strafsanktion bezeichnet Anschliessend fugt es mit Blick auf die zu entscharfende damalige lebenslange Freiheitsstrafe an BVerfGE 45 187 ff 254 259 Wenn es oberstes Ziel des Strafens ist die Gesellschaft vor sozialschadlichem Verhalten zu bewahren und die elementaren Werte des Gemeinschaftslebens zu schutzen allgemeine Generalpravention so muss bei der hier erforderlichen Gesamtbetrachtung zunachst von dem Wert des verletzten Rechtsguts und dem Mass der Sozialschadlichkeit der Verletzungshandlung auch im Vergleich mit anderen unter Strafe gestellten Handlungen ausgegangen werden Das Leben jedes einzelnen Menschen gehort zu den hochsten Rechtsgutern Die Pflicht des Staates es zu schutzen ergibt sich bereits unmittelbar aus Art 2 II 1 GG Sie folgt daruber hinaus aus der ausdrucklichen Vorschrift des Art 1 I 2 GG Die negativen Gesichtspunkte lassen sich herkommlicherweise mit dem Begriff der Abschreckung anderer umschreiben die in Gefahr sind ahnliche Straftaten zu begehen spezielle Generalpravention Auch die allgemeinen empirischen Untersuchungen zur Abschreckungsproblematik sind hinsichtlich ihrer methodischen Zuverlassigkeit Verallgemeinerungsfahigkeit und damit Aussagefahigkeit mit Vorbehalten zu versehen Der positive Aspekt der Generalpravention wird gemeinhin in der Erhaltung und Starkung des Vertrauens in die Bestandskraft und Durchsetzungskraft der Rechtsordnung gesehen Es gehort zu den Aufgaben der Strafe das Recht gegenuber dem vom Tater begangenen Unrecht durchzusetzen um die Unverbruchlichkeit der Rechtsordnung vor der Rechtsgemeinschaft zu erweisen und so die Rechtstreue der Bevolkerung zu starken Zwar gibt es auch hierzu bisher keine fundierten Effizienzuntersuchungen Wahrscheinlich lassen sich bei der schwersten Totungskriminalitat verbrechensmindernde Wirkungen aus einer bestimmten Strafandrohung oder Strafpraxis uberhaupt nicht messbar nachweisen Hingegen gibt es hinreichend sichere Anhaltspunkte dafur dass die Androhung und Verhangung der lebenslangen Freiheitsstrafe fur den Rang von Bedeutung sind den das allgemeine Rechtsbewusstsein dem menschlichen Leben beimisst In der Hohe der angedrohten Strafe bringt der Gesetzgeber sein Unwerturteil uber die mit Strafe bedrohte Tat zum Ausdruck Durch dieses Unwerturteil tragt er wesentlich zur Bewusstseinsbildung in der Bevolkerung bei Gerade eine so schwerwiegende Strafe wie die lebenslange Freiheitsstrafe ist besonders geeignet im Bewusstsein der Bevolkerung die Erkenntnis zu festigen dass das menschliche Leben ein besonders wertvolles und unersetzliches Rechtsgut ist das besonderen Schutz und allgemeine Achtung und Anerkennung verdient Durch die Bildung dieses Bewusstseins wird in der Bevolkerung ganz allgemein die Hemmung erhoht menschliches Leben zu gefahrden insbesondere aber vorsatzlich zu vernichten Es ist jedoch eine nach dem gegenwartigen Stand der kriminologischen Forschung offene Frage ob auch eine 30 jahrige oder 25 jahrige oder gar nur 20 jahrige Freiheitsstrafe eine ausreichende generalpraventive Wirkung zu erzielen vermochte Bei dieser Sachlage halt sich der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit wenn er sich nicht nur auf die negativen Gesichtspunkte der Generalpravention beschrankt sondern auch den dargelegten Wirkungen der lebenslangen Freiheitsstrafe fur das allgemeine Rechtsbewusstsein Bedeutung beimisst die von der Androhung einer zeitigen Freiheitsstrafe nicht ausgehen wurden Der Strafzweck der negativen Spezialpravention durch Sicherung vor dem einzelnen Tater kann durch dessen Verwahrung auf Lebenszeit vollkommen erreicht werden Ob aber der lebenslange Vollzug der Freiheitsstrafe aus Sicherheitsgrunden auch notwendig ist hangt von der Ruckfallgefahr ab Die Verhangung der lebenslangen Freiheitsstrafe widerspricht bei Berucksichtigung der bisherigen Gnadenpraxis und der gebotenen Verrechtlichung des Strafaussetzungsverfahrens nicht dem verfassungsrechtlich fundierten Resozialisierungsgedanken positive Spezialpravention Der zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Morder hat grundsatzlich die Chance nach Verbussung einer gewissen Strafzeit wieder in die Freiheit zu gelangen Auch fur ihn wirkt sich das im Strafvollzugsgesetz gesicherte Resozialisierungsziel positiv aus Dadurch wird sichergestellt dass er bei einer spateren Entlassung noch lebenstuchtig und wieder eingliederungsfahig ist Lediglich bei Tatern die fur die Allgemeinheit gefahrlich bleiben kann das Resozialisierungsziel des Strafvollzugs nicht zum Tragen kommen Das beruht aber nicht auf der Verurteilung zu lebenslanger Strafe sondern auf den besonderen personlichen Verhaltnissen des betreffenden Verurteilten die eine erfolgversprechende Resozialisierung auf Dauer ausschliessen Was schliesslich die Strafzwecke des Schuldausgleichs und der Suhne betrifft so entspricht es dem bestehenden System der Strafsanktionen dass der Mord wegen seines extremen Unrechts und Schuldgehalts auch mit einer aussergewohnlich hohen Strafe geahndet wird Diese Strafe steht ferner mit der allgemeinen Gerechtigkeitserwartung im Einklang Folgerichtig hat der Gesetzgeber fur die Vernichtung menschlichen Lebens in der besonders verwerflichen Form des Mordes die hochste ihm zur Verfugung stehende Strafe angedroht Die Suhnefunktion der Strafe ist zwar in einer Zeit in der der Gedanke der defense sociale immer mehr in den Vordergrund gestellt wird lebhaft umstritten Halt der Gesetzgeber die Suhne weiterhin fur einen legitimen Strafzweck so kann er sich davon leiten lassen dass der Straftater mit der Vernichtung eines menschlichen Lebens durch Mord schwerste Schuld auf sich geladen hat und seine Wiedereingliederung in die Rechtsgemeinschaft eine Schuldverarbeitung voraussetzt die auch durch eine sehr lange Freiheitsstrafe mit der Chance vorzeitiger Entlassung ermoglicht wird Schuld und Suhne Im Lissabon Urteil erklart das Bundesverfassungsgericht BVerfGE 123 267 Absatz Nr 350 zudem Auf dem Gebiet der Strafrechtspflege bestimmt Art 1 Abs 1 GG die Auffassung vom Wesen der Strafe und das Verhaltnis von Schuld und Suhne vgl BVerfGE 95 96 140 Der Grundsatz dass jede Strafe Schuld voraussetzt hat seine Grundlage damit in der Menschenwurdegarantie des Art 1 Abs 1 GG vgl BVerfGE 57 250 275 80 367 378 90 145 173 Das Schuldprinzip gehort zu der wegen Art 79 Abs 3 GG unverfugbaren Verfassungsidentitat die auch vor Eingriffen durch die supranational ausgeubte offentliche Gewalt geschutzt ist Allerdings ist darauf hinzuweisen dass das enge Strafverstandnis nicht das Sonderrecht der rein praventiven Massregeln der Besserung und Sicherung mit erfasst zu welchem auch die allein auf die fortdauernde Gefahrlichkeit ausgerichtet Sicherungsverwahrung gehort obgleich das Strafgesetzbuch selbst diese so genannte zweite Spur der Sanktionen regelt 61 ff StGB EU Europa und der deutsche SonderwegDas Bundesverfassungsgericht BVerfGE 123 267 NJW 2009 2267 ff 2274 Absatz Nr 253 und 2287 Absatz Nr 355 ff verweist im Lissabon Urteil fur die Strafrechtspflege und fur die tragende Bedeutung des Suhne und Schuldprinzips auf die Subsidiaritatsklausel des Art 5 Abs 2 EGV Art 5 Abs 1 Satz 2 und Abs 3 des Vertrags uber die Europaische Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon EUV Lissabon und erklart in Absatz Nr 253 Die Strafrechtspflege ist sowohl was die Voraussetzungen der Strafbarkeit als auch was die Vorstellungen von einem fairen angemessenen Strafverfahren anlangt von kulturellen historisch gewachsenen auch sprachlich gepragten Vorverstandnissen und von den im deliberativen Prozess sich bildenden Alternativen abhangig die die jeweilige offentliche Meinung bewegen Die diesbezuglichen Gemeinsamkeiten aber auch die Unterschiede zwischen den europaischen Nationen belegt die einschlagige Rechtsprechung des Europaischen Gerichtshofes fur Menschenrechte zu den Garantien im Strafverfahren Die Ponalisierung sozialen Verhaltens ist aber nur eingeschrankt aus europaweit geteilten Werten und sittlichen Pramissen normativ ableitbar Die Entscheidung uber strafwurdiges Verhalten uber den Rang von Rechtsgutern und den Sinn und das Mass der Strafandrohung ist vielmehr in besonderem Masse dem demokratischen Entscheidungsprozess uberantwortet vgl BVerfGE 120 224 241 f Eine Ubertragung von Hoheitsrechten uber die intergouvernementale Zusammenarbeit hinaus darf in diesem grundrechtsbedeutsamen Bereich nur fur bestimmte grenzuberschreitende Sachverhalte unter restriktiven Voraussetzungen zu einer Harmonisierung fuhren dabei mussen grundsatzlich substantielle mitgliedstaatliche Handlungsfreiraume erhalten bleiben Frankreich ItalienDiese beiden romanischen Lander betonen ihre politische Staatsraison und setzen auf die Idee von der Sozialverteidigung defense sociale Marc Ancel vgl auch Michel Foucault beziehungsweise difesa sociale Grammatica und legen weniger Gewicht auf das Schuldprinzip USA EnglandDer US Philosoph Joel Feinberg entwickelt seiner vorherrschenden Rechtskultur entsprechend einen liberalistischen Ansatz Auch die ebenso einflussreichen Rechtsphilosophen John Rawls und H L A Hart werden mit ihren Begrundungen von punishment als Liberalisten eingeordnet Siehe auchPoena naturalis TalionLiteraturAxel Montenbruck Deutsche Straftheorie I IV Lehrbuch in vier Teilen 4 uberarbeitete und erheblich erweiterte Auflage Freie Universitat Berlin Berlin 2020 ISBN 978 3 96110 242 6 refubium fu berlin de PDF 5 7 MB Tatjana Hornle Straftheorien 2 Auflage Mohr Siebeck Tubingen 2017 ISBN 978 3 16 155578 7 Claus Roxin Strafrecht Allgemeiner Teil Band I Grundlagen Der Aufbau der Verbrechenslehre 4 Auflage C H Beck Munchen 2006 S 64 104 5 Auflage Von Claus Roxin und Luis Greco C H Beck Munchen 2020 S 118 176 Norbert Kuhne M Gewicke Schopmann H Harder Kuhne Psychologie fur Fachschulen und Fachoberschulen 8 Auflage Bildungsverlag EINS Troisdorf 2006 ISBN 3 427 04150 6 S 51 f Hanna Weyrich Straftheorien und Rechtswirklichkeit Mohr Siebeck Tubingen 2021 ISBN 978 3 16 159836 4 S 88 Lukas Cerny Eine kurze Geschichte der Strafe Ein historisch kritischer Beitrag zur Straftheorie Studien und Beitrage zum Strafrecht Bd 42 Mohr Siebeck Tubingen 2024 ISBN 978 3 16 162626 5 sowie auch Peter Alexis Albrecht Kriminologie 4 Auflage Beck Munchen 2010 Peter Zihlmann Macht Strafe Sinn Zurich 2002 Helmut Ortner Freiheit statt Strafe Originalausgabe Frankfurt am Main 1981 Rolf Schmidt Strafrecht Allgemeiner Teil 22 Auflage 2021 Axel Montenbruck Zivilreligion Eine Rechtsphilosophie II Grundelemente Versohnung und Mediation Strafe und Gestandnis Gerechtigkeit und Humanitat aus juristischen Perspektiven 3 erheblich erweiterte Auflage Universitatsbibliothek der Freien Universitat Berlin Berlin 2011 fu berlin de PDF Bernd Dieter Meier Strafrechtliche Sanktionen 5 Auflage Springer Fachbuch 2019 ISBN 978 3 662 59441 4 WeblinksHeribert Ostendorf Vom Sinn und Zweck des Strafens Bundeszentrale fur politische Bildung Hrsg Tatjana Hornle Straftheorien In IVR Deutsche Sektion und Deutsche Gesellschaft fur Philosophie Hrsg Enzyklopadie zur Rechtsphilosophie Hugo Adam Bedau Erin Kelly Edward N Zalta Hrsg Punishment The Stanford Encyclopedia of Philosophy Spring 2010 Edition J Wilhelm Grundlagen staatlichen Strafens die Straftheorien PDF 246 kB Maximilian Gassner Jens M Stromer Das heimliche Verschwinden der Appellfunktion des Straftatbestandes und die unheimliche Kriminalisierung des Burgers EinzelnachweiseHanna Weyrich Straftheorien und Rechtswirklichkeit Mohr Siebeck Tubingen 2021 ISBN 978 3 16 159836 4 S 88 Kai Ambos Christian Steiner Vom Sinn des Strafens auf innerstaatlicher und supranationaler Ebene in Juristische Schulung 2001 S 9 11 Hans Heinrich Jescheck Thomas Weigend Lehrbuch des Strafrechts Allgemeiner Teil 5 Auflage Duncker amp Humblot Berlin 1996 ISBN 3 428 08348 2 S 66 Frank Saliger Strafgesetzbuch StGB In Urs Kindhauser Hrsg NomosKommentar 6 Auflage NOMOS 2023 ISBN 978 3 8487 7123 3 StGB vor 1 Randnummer 104 Immanuel Kant Metaphysik der Sitten Erster Teil II Teil 1 Abschnitt Allgemeine Anmerkung E Georg Wilhelm Friedrich Hegel Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse Johannes Hoffmeister Hrsg 1995 99 ff Hegels Sicht betonend Michael Kohler Strafrecht Allgemeiner Teil 1977 3 Rn 3 ff Zitiert in Heribert Ostendorf Vom Sinn und Zweck des Strafens Website der Bundeszentrale fur politische Bildung Abgerufen am 5 November 2012 Claus Roxin Strafrecht Allgemeiner Teil Band I 3 Rn 9 siehe Literatur MK StGB Radtke Vor 38 Rn 33 Hans Ludwig Schreiber Widerspruche und Bruche in heutigen Strafkonzeptionen In Zeitschrift fur die gesamte Strafrechtswissenschaft 1982 984 S 279 281 Dr Volker Erb Munchener Kommentar zum StGB Hrsg Dr Volker Erb 5 Auflage C H Beck Munchen 2024 Einleitung Randnummer 67 72 BGH Urteil vom 29 01 1992 2 StR 427 91 Walter Gropp Strafrecht Allgemeiner Teil zweite Auflage Berlin Heidelberg und New York 2001 S 36 ff Dr Volker Erb Munchener Kommentar zum StGB Hrsg Dr Volker Erb 5 Auflage C H BECK Munchen 2024 Einleitung Randnummer 60 66 BVerfGE 45 187 253 ff Siehe unter anderem Johannes Wessels Werner Beulke Strafrecht Allgemeiner Teil 41 Auflage 2011 Randnummer 12 a Urs Kindhauser Strafrecht Allgemeiner Teil 5 Auflage 2011 2 III Randnummer 16 Rechtsprechung und grosse Teile der Lehre vertraten die Vereinigungstheorie Rudolf Rengier Strafrecht Allgemeiner Teil 3 Auflage 2011 3 II Claus Roxin Strafrecht Allgemeiner Teil Band I 3 Rn 8 siehe Literatur Uberblick bei Jens Christian Muller Tuckfeld Integrationspravention Studien zu einer Theorie der gesellschaftlichen Funktion des Strafrechts 1998 Reihe Frankfurter kriminalwissenschaftliche Studien 403 S Generalpraventiv und statt auf Schuld auf die soziale Zurechnung im Sinne einer Zustandigkeit setzend Gunther Jakobs Strafrecht Allgemeiner Teil Die Grundlagen und die Zurechnungslehre 2 Auflage 1991 1 4 ff Michael Kohler Strafrecht Allgemeiner Teil 1997 37 f 49 unter Hinweis auf Georg Wilhelm Friedrich Hegel Grundlinien der Philosophie des Rechts 1821 199 Zusammenfassend Axel Montenbruck Strafrechtsphilosophie 1995 2010 Vergeltung Strafzeit Sundenbock Menschenrechtsstrafe Naturrecht 2 erweiterte Auflage Universitatsbibliothek der Freien Universitat Berlin Berlin 2010 Randnummer 374 ff fu berlin de Georg Freund Frauke Rostalski Strafrecht Allgemeiner Teil 3 Auflage Springer Verlag 2019 ISBN 978 3 662 59029 4 S 16 BVerfG Urteil vom 21 Juni 1977 Az 1 BvL 14 76 Lebenslange Freiheitsstrafe Dazu Gerhard Seher Liberalismus und Strafe Zur Strafrechtsphilosophie von Joel Feinberg In Munsterische Beitrage zur Rechtswissenschaft Heft 135 Berlin 2000 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten

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