Harald Jäger 27 April 1943 in Bautzen war bis 1990 stellvertretender Leiter der DDR Grenzübergangsstelle Bornholmer Stra
Harald Jäger

Harald Jäger (* 27. April 1943 in Bautzen) war bis 1990 stellvertretender Leiter der DDR-Grenzübergangsstelle Bornholmer Straße (GÜSt Bornholmer Straße) in Ost-Berlin im Dienstgrad eines Oberstleutnants der Passkontrolleinheit (PKE), die dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unterstellt war. Am 9. November 1989 ließ er als diensthabender Leiter am Grenzübergang Bornholmer Straße befehlswidrig die Kontrollen einstellen. Er gilt daher als der Mann, der faktisch die Berliner Mauer öffnete.
Ausbildung und Beruf
Harald Jäger wuchs in Bautzen auf und absolvierte nach seiner Schulzeit eine Ausbildung zum Ofensetzer. 1961 meldete er sich freiwillig zur damaligen Deutschen Grenzpolizei (später: Grenztruppen der DDR der NVA). 1964 trat er in die Dienste des MfS und arbeitete bis zur politischen Wende in der PKE. Dort waren hauptamtliche Mitarbeiter des MfS tätig; sie versahen ihren Dienst jedoch aus Tarnungsgründen in regulären Dienstuniformen der Grenztruppen.
Von 1976 bis 1979 absolvierte Jäger ein Studium an der Juristischen Hochschule des MfS in Potsdam. Seine Abschlussarbeit zum Diplom-Juristen legte er 1981 im Rang eines Majors vor. Sie trug den Titel Die Bildung der Spezialistentruppen „Sicherheit und Terrorabwehr“ in den Grenzzollämtern der Zollverwaltung der DDR als Voraussetzung zur zielgerichteten und differenzierten Einbeziehung der Angehörigen der Zollverwaltung der DDR in das System der Terrorabwehr an den Grenzübergangsstellen der DDR.
Grenzöffnung
Jäger war am Abend des 9. November 1989 im Grenzübergang Bornholmer Straße diensthabender Leiter. Während seiner Pause gegen 20 Uhr sah er im Fernsehen die Pressekonferenz, auf der Günter Schabowski die neue Reiseregelung verkündete. Er versuchte sofort, telefonisch Näheres über diese Regelung zu erfahren. Sein Vorgesetzter, Oberst Rudi Ziegenhorn († 1990), machte jedoch deutlich, dass die alten Regelungen weiter gelten.
Kurze Zeit später versammelten sich die ersten Menschen vor dem Übergang. Um 21:30 Uhr brachte der Radiosender RIAS die ersten Reportagen von offenen Grenzübergängen, die zu diesem Zeitpunkt allerdings noch geschlossen waren. Aufgrund des immer größer werdenden Menschenandrangs wurde die Situation am Grenzübergang zunehmend unkontrollierbar. Jäger löste daraufhin (ohne dazu befugt zu sein) Alarm aus. Sein Vorgesetzter befahl daraufhin, diejenigen DDR-Bürger ausreisen zu lassen, die sich am lautesten äußerten. Es wurde nach Anweisung von Ziegenhorn der Personalausweis der Ausreisenden kontrolliert und ungültig gestempelt, die DDR-Bürger als Inhaber dieser Ausweise damit ausgebürgert (Ventillösung). Als im Laufe des Abends jedoch Bürger von ihrem ersten Kurzbesuch aus West-Berlin wieder zurückkehrten, setzte er die erhaltene Anweisung nicht um und ließ sie wieder einreisen.
Es kamen immer mehr Menschen, der Druck stieg weiter an und Jäger befürchtete, dass Ausreisewillige auch an die Waffen seiner Mitarbeiter kommen könnten, die diese bei sich trugen. Unter dem Druck der Massen und aufgrund der fehlenden Unterstützung durch seine Vorgesetzten sah Jäger nur einen Ausweg. Er befahl gegen 23:30 Uhr (es wird auch die Zeit 23:07 Uhr genannt), die Grenze am Übergang Bornholmer Straße zu öffnen. Jäger sagte in der ARD-Fernsehdokumentation Schabowskis Zettel vom 2. November 2009 darüber:
„Das alles zusammengenommen war dann das Motiv des Handelns, so dass ich gesagt habe, jetzt reicht mir’s. Jetzt entscheidst du’s auf eigene Faust […] Hab angewiesen, alle ausreisen zu lassen […] lass alle ausreisen …“
Über diesen Grenzübergang gelangten zwischen 23:30 und 0:15 Uhr schätzungsweise 20.000 Menschen nach West-Berlin. Jäger selbst zog sich nach Öffnung der Grenzanlagen erst einmal in einen ruhigen Raum zurück. Jäger dazu in der ARD-Fernsehdokumentation:
„Ich bin dann in die ehemalige, alte BRD-Abfertigungsstelle gegangen, da bin ich ja schließlich groß geworden, […] und wollte meinen Tränen freien Lauf lassen […] ich musste mit mir selbst erst mal allein sein […] es war das Schrecklichste, das Schrecklichste und Schönste, das ich erlebt hatte […] aber ich hatte Pech gehabt, in der Baracke stand schon ein anderer, ein Hauptmann, der geweint hatte […]“
Nach der Friedlichen Revolution
1990 wurde Harald Jäger im Zuge der Auflösung des MfS entlassen. Nach fast zwei Jahren Arbeitslosigkeit hatte er mehrere kurzfristige Jobs. Er arbeitete zeitweise in einem eigenen Zeitungsladen, dann in einem privaten Wachschutzunternehmen im Maßregelvollzug in der Karl-Bonhoeffer-Klinik in Berlin-Reinickendorf. Als dort durch sein Buch seine MfS-Tätigkeit bekannt wurde, wurde er zu einem Heizkraftwerk in Berlin-Rummelsburg versetzt, wo er bis zur Rente tätig war.
Jäger lebt seit 2006 in Werneuchen. Er ist verheiratet, hat zwei Töchter und einen Sohn.
Verfilmung
Im nicht ganz faktengetreuen Fernsehfilm Bornholmer Straße aus dem Jahr 2014 wird Jäger von Charly Hübner als Oberstleutnant Harald Schäfer verkörpert. Er entstand nach Motiven des Buches Der Mann, der die Mauer öffnete des Publizisten Gerhard Haase-Hindenberg.
Im Film Einmal Ku’damm und zurück erlangte der Grenzübergang Bornholmer Straße Berühmtheit durch die Verhaftung des Chefkochs der Schweizer Botschaft, Peter Gross. Harald Jäger, damals Oberstleutnant, bekam den Befehl vom MfS, das Auto zu kontrollieren und eine Verhaftung vorzunehmen, da die Vermutung bestand, dass sich im Kofferraum eine weibliche Person befinden könnte.
Literatur
- Gerhard Haase-Hindenberg: Der Mann der die Mauer öffnete. Warum Oberstleutnant Harald Jäger den Befehl verweigerte und damit Weltgeschichte schrieb. Heyne Verlag, München 2008, ISBN 978-3-453-62025-4.
- Ein Mann, ein Ort – und nun ein Buch. Der Grenzbeamte Harald Jäger hat die Mauer als Erster geöffnet. ( vom 5. November 2009 im Internet Archive) (Der Tagesspiegel, 24. März 2007).
- GÜSt meldet dem OLZ – Wie ein Berliner Stasi-Offizier die Maueröffnung provozierte. (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. August 2007).
Einzelnachweise
- GÜSt meldet dem OLZ/Wie ein Berliner Stasi-Offizier die Maueröffnung provozierte. In: FAZ, 13. August 2007
- Barbara Supp: „Die machen uns fertig“. In: Der Spiegel. 3. November 1996, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 16. Juli 2024]).
- Hans-Hermann Hertle: Chronik des Mauerfalls, S. 163–166.
- Kerstin Decker: Ein Mann, ein Ort – und nun ein Buch. Der Grenzbeamte Harald Jäger hat die Mauer als Erster geöffnet. In: Der Tagesspiegel, 24. März 2007.
- 9. November 1989 – Das Protokoll eines historischen Versehens. ARD-Doku/Spiegel-TV-DVD Nr. 21
- Gerhard Haase-Hindenberg: Der Mann, der die Mauer öffnete. Wilhelm Heyne Verlag, München 2007, ISBN 978-3-453-62025-4, S. 202–20.
- Hans-Hermann Hertle: Chronik des Mauerfalls, S. 166–168.
- „Macht den Schlagbaum auf!“ In: Der Tagesspiegel, 8. November 2007
- „Ich habe nur das Menschliche getan“. Interview mit Harald Jäger. In: taz, 5. November 2014.
- Ulrike Posche: Der Held ist ein einsamer Jäger. In: stern 44/2014, 23. Oktober 2014, S. 72–75.
- Bornholmer Straße – Die unglaubliche, aber wahre Geschichte von Oberstleutnant Harald Schäfer ( vom 24. Juli 2018 im Internet Archive), ARD.de, abgerufen am 5. November 2014
Personendaten | |
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NAME | Jäger, Harald |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Stasi-Oberstleutnant, stellvertretender Leiter der Grenzübergangsstelle Bornholmer Straße |
GEBURTSDATUM | 27. April 1943 |
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Harald Jager 27 April 1943 in Bautzen war bis 1990 stellvertretender Leiter der DDR Grenzubergangsstelle Bornholmer Strasse GUSt Bornholmer Strasse in Ost Berlin im Dienstgrad eines Oberstleutnants der Passkontrolleinheit PKE die dem Ministerium fur Staatssicherheit MfS unterstellt war Am 9 November 1989 liess er als diensthabender Leiter am Grenzubergang Bornholmer Strasse befehlswidrig die Kontrollen einstellen Er gilt daher als der Mann der faktisch die Berliner Mauer offnete Harald Jager bei einer Veranstaltung der Liverpool University 2014Ausbildung und BerufHarald Jager wuchs in Bautzen auf und absolvierte nach seiner Schulzeit eine Ausbildung zum Ofensetzer 1961 meldete er sich freiwillig zur damaligen Deutschen Grenzpolizei spater Grenztruppen der DDR der NVA 1964 trat er in die Dienste des MfS und arbeitete bis zur politischen Wende in der PKE Dort waren hauptamtliche Mitarbeiter des MfS tatig sie versahen ihren Dienst jedoch aus Tarnungsgrunden in regularen Dienstuniformen der Grenztruppen Von 1976 bis 1979 absolvierte Jager ein Studium an der Juristischen Hochschule des MfS in Potsdam Seine Abschlussarbeit zum Diplom Juristen legte er 1981 im Rang eines Majors vor Sie trug den Titel Die Bildung der Spezialistentruppen Sicherheit und Terrorabwehr in den Grenzzollamtern der Zollverwaltung der DDR als Voraussetzung zur zielgerichteten und differenzierten Einbeziehung der Angehorigen der Zollverwaltung der DDR in das System der Terrorabwehr an den Grenzubergangsstellen der DDR GrenzoffnungJager war am Abend des 9 November 1989 im Grenzubergang Bornholmer Strasse diensthabender Leiter Wahrend seiner Pause gegen 20 Uhr sah er im Fernsehen die Pressekonferenz auf der Gunter Schabowski die neue Reiseregelung verkundete Er versuchte sofort telefonisch Naheres uber diese Regelung zu erfahren Sein Vorgesetzter Oberst Rudi Ziegenhorn 1990 machte jedoch deutlich dass die alten Regelungen weiter gelten Kurze Zeit spater versammelten sich die ersten Menschen vor dem Ubergang Um 21 30 Uhr brachte der Radiosender RIAS die ersten Reportagen von offenen Grenzubergangen die zu diesem Zeitpunkt allerdings noch geschlossen waren Aufgrund des immer grosser werdenden Menschenandrangs wurde die Situation am Grenzubergang zunehmend unkontrollierbar Jager loste daraufhin ohne dazu befugt zu sein Alarm aus Sein Vorgesetzter befahl daraufhin diejenigen DDR Burger ausreisen zu lassen die sich am lautesten ausserten Es wurde nach Anweisung von Ziegenhorn der Personalausweis der Ausreisenden kontrolliert und ungultig gestempelt die DDR Burger als Inhaber dieser Ausweise damit ausgeburgert Ventillosung Als im Laufe des Abends jedoch Burger von ihrem ersten Kurzbesuch aus West Berlin wieder zuruckkehrten setzte er die erhaltene Anweisung nicht um und liess sie wieder einreisen Es kamen immer mehr Menschen der Druck stieg weiter an und Jager befurchtete dass Ausreisewillige auch an die Waffen seiner Mitarbeiter kommen konnten die diese bei sich trugen Unter dem Druck der Massen und aufgrund der fehlenden Unterstutzung durch seine Vorgesetzten sah Jager nur einen Ausweg Er befahl gegen 23 30 Uhr es wird auch die Zeit 23 07 Uhr genannt die Grenze am Ubergang Bornholmer Strasse zu offnen Jager sagte in der ARD Fernsehdokumentation Schabowskis Zettel vom 2 November 2009 daruber Das alles zusammengenommen war dann das Motiv des Handelns so dass ich gesagt habe jetzt reicht mir s Jetzt entscheidst du s auf eigene Faust Hab angewiesen alle ausreisen zu lassen lass alle ausreisen Uber diesen Grenzubergang gelangten zwischen 23 30 und 0 15 Uhr schatzungsweise 20 000 Menschen nach West Berlin Jager selbst zog sich nach Offnung der Grenzanlagen erst einmal in einen ruhigen Raum zuruck Jager dazu in der ARD Fernsehdokumentation Ich bin dann in die ehemalige alte BRD Abfertigungsstelle gegangen da bin ich ja schliesslich gross geworden und wollte meinen Tranen freien Lauf lassen ich musste mit mir selbst erst mal allein sein es war das Schrecklichste das Schrecklichste und Schonste das ich erlebt hatte aber ich hatte Pech gehabt in der Baracke stand schon ein anderer ein Hauptmann der geweint hatte Nach der Friedlichen Revolution1990 wurde Harald Jager im Zuge der Auflosung des MfS entlassen Nach fast zwei Jahren Arbeitslosigkeit hatte er mehrere kurzfristige Jobs Er arbeitete zeitweise in einem eigenen Zeitungsladen dann in einem privaten Wachschutzunternehmen im Massregelvollzug in der Karl Bonhoeffer Klinik in Berlin Reinickendorf Als dort durch sein Buch seine MfS Tatigkeit bekannt wurde wurde er zu einem Heizkraftwerk in Berlin Rummelsburg versetzt wo er bis zur Rente tatig war Jager lebt seit 2006 in Werneuchen Er ist verheiratet hat zwei Tochter und einen Sohn VerfilmungIm nicht ganz faktengetreuen Fernsehfilm Bornholmer Strasse aus dem Jahr 2014 wird Jager von Charly Hubner als Oberstleutnant Harald Schafer verkorpert Er entstand nach Motiven des Buches Der Mann der die Mauer offnete des Publizisten Gerhard Haase Hindenberg Im 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133271269 lobid GND Explorer OGND AKS LCCN nr2007008108 VIAF 3657882 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Jager HaraldKURZBESCHREIBUNG deutscher Stasi Oberstleutnant stellvertretender Leiter der Grenzubergangsstelle Bornholmer StrasseGEBURTSDATUM 27 April 1943