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Jüdischer Friedhof

Ein jüdischer Friedhof (hebräisch בית-עלמין bzw. בית-עולם, Aussprache [beɪt ʌl'mɪn] bzw. [ ], dt. „Haus der Ewigkeit“ nach Kohelet 12,5 EU oder בית קברות [ ], „Haus der Gräber“) ist ein Friedhof mit Besonderheiten, die sich aus den Gesetzen des Judentums ergeben. So ist die Erdbestattung vorgeschrieben. Die dauerhafte Totenruhe gilt als verbindlich und steht einer begrenzten Ruhefrist entgegen. Die Trauernden legen statt Blumen in der Regel Steine auf den Grabstein. Mit Bezug zu seinem lebensbejahenden Charakter und der Erwartung der Auferstehung wird der jüdische Friedhof auch Beit HaChayim „Haus des Lebens“, Beit Olam „Ewiges Haus“ oder auch Beit Tow „Gutes Haus“ genannt.
Es gibt, mit seltenen Ausnahmen (siehe z. B. das Grab von Rosa Welt-Straus im Jüdischen Friedhof Veyrier), nur Einzelgräber und keine Gemeinschaftsgräber auf jüdischen Friedhöfen. Grabsteine sind nach Osten ausgerichtet, ebenso wie die Toten, deren Füße nach Osten (nach Jerusalem) zeigen, damit nach der Auferstehung die Reise in Richtung Jerusalem gleich anfangen kann.
Geschichte
Als der älteste jüdische Friedhof Europas mit einem Grabstein von 1058/1059 gilt der Heilige Sand in Worms. Während die Aschkenasim (deutschstämmige und osteuropäische Juden) aufrechte Steine an ihre Gräber stellten, bestatteten die Sephardim (portugiesische und spanische Juden) ihre Toten unter flachliegenden Grabplatten oder Zeltgräbern. In Mittel- und Osteuropa sind überwiegend aschkenasische Bestattungsarten verbreitet. Vereinzelt finden sich dort auch jüdische Friedhöfe, die außer einem aschkenasischen Teil auch einen sephardischen Teil beinhalten wie zum Beispiel der Jüdische Friedhof in Hamburg-Altona. Anfangs wurden die Toten nach Jerusalem ausgerichtet, diese Tradition wird seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr durchgesetzt.
Insbesondere wurden die Grabsteine (Mazevot) ab der Zeit der Haskala nicht nur in hebräischer Sprache beschriftet, sondern auch in der jeweiligen Landessprache. Letzteres geschah in der Regel auf der Rückseite des Grabsteins. Eine weitere Besonderheit bestand darin, dass auf der hebräisch beschrifteten Seite des Grabsteins nicht nur der Name des Toten selbst genannt wurde, sondern auch der Name seines Vaters. Dies stellt heute für die genealogische Forschung einen unschätzbaren Wert dar. In der Zeit der Haskala wurden in Anlehnung an die christliche Tradition Familiengräber mit aufwändiger gestalteten Grabsteinen und sogar Mausoleen für Familien errichtet.
In der Vergangenheit kam es manchmal vor, dass auf jüdischen Friedhöfen freilaufende Esel gehalten wurden. Da gläubige Juden die Erstgeburt eines Esels, im Gegensatz zu anderen Nutztieren, auslösen müssen, wenn sie von diesem Esel später einen eigenen Nutzen zu haben beabsichtigen, müssen sie für das Tier rechtzeitig eine Abgabe entrichten. Jedoch wurde dies manchmal versäumt, deshalb durfte der Esel für keine Arbeit beigezogen werden und verbrachte sein Leben auf dem Friedhof.
Unter den Bedingungen extremer Armut, unter denen viele jüdische Gemeinden des Maghreb in der Vergangenheit lebten, war Prostitution häufig. Jüdische Friedhöfe hatten in den betroffenen Gemeinden deshalb getrennte Bereiche für verstorbene Frauen, die diesem Gewerbe nachgegangen waren.
Es wurden Jüdische Friedhöfe im Nationalsozialismus in großer Anzahl verwüstet.
Besonderheiten
Auf einem jüdischen Friedhof befindet sich ein Taharahaus zur Totenwaschung. Weil im Tode alle Menschen gleich sind, finden sich bis Mitte des 18. Jahrhunderts gleichförmige Grabsteine. Erst mit der Haskala, der fortschreitenden jüdischen Emanzipation und Assimilation, beginnen die Juden, ebenso prunkvolle Grabstätten zu errichten, wie es auch von christlichen Friedhöfen dieser Zeit bekannt ist.
„Einer der fundamentalsten israelitischen Glaubensgrundsätze, die Unantastbarkeit der Totenruhe, führte dazu, dass Gräber und Grabmale über Jahrhunderte erhalten bleiben, dass die jüdischen Friedhöfe über Generationen hinweg ‚wachsen‘, während auf anderen Friedhöfen immer wieder – nach Ablauf von Ruhefristen – einzelne Gräber oder ganze Grabfelder geräumt werden […]“
Das jüdische Grab wird von den Gemeinden nicht eingeebnet und der Stein bleibt bestehen. Bei Platzmangel legt man eine Schicht Erde über ein Grab und bestattet einen Toten über dem anderen. Eindrucksvoll ist dies beim Alten Jüdischen Friedhof in Prag zu sehen. Dies hängt mit dem jüdischen Glauben an die Auferstehung der Toten zusammen.
Eine Besonderheit auf vielen jüdischen Friedhöfen sind die Paargräber: Da die Totenruhe nicht gestört werden darf, erhält der später gestorbene Ehepartner eine eigene Grabstätte mit eigener Mazewa neben seinem vorverstorbenen Gatten.
Blumenschmuck ist in der jüdischen Tradition nicht üblich, stattdessen werden kleine Steine auf die Grabplatten gelegt. Die Gräber lässt man mit Efeu und Gras überwachsen. Nach dem Besuch des Friedhofs wäscht man sich die Hände. In Deutschland sind die jüdischen Friedhöfe in der Regel am Schabbat geschlossen. Die Halacha gestattet es nicht, am Schabbat Tote zu begraben oder dort tätig zu sein.
Auch nichtjüdische Männer werden gebeten, aus Achtung vor den jüdischen Bräuchen auf einem jüdischen Friedhof ihren Kopf zu bedecken.
(siehe auch: Jüdische Bestattung)
Verbandsfriedhof
Der Friedhof ist in der Regel Eigentum der jüdischen Gemeinde. Hingegen befindet sich ein Verbandsfriedhof in der Trägerschaft mehrerer Kehillot (Gemeinden). Der Zusammenschluss zu einem Friedhofsverband machte die gemeinsame Finanzierung eines Friedhofs möglich. Das betraf sowohl die Neuanlage als auch die anfallenden Kosten für den Unterhalt des Friedhofs. Jüdische Gemeinden oder jüdische Familien, die sich nicht in den Verbandsfriedhof eingekauft hatten, konnten zwar auch ihre Toten dort bestatten, mussten aber oftmals höhere Gebühren entrichten.
Einer der größten und ältesten erhaltenen jüdischen Verbandsfriedhöfe Deutschlands ist der Jüdische Friedhof in Heinsheim bei Bad Rappenau im Kraichgau, Baden-Württemberg.
Große jüdische Friedhöfe in Europa
Da Fläche und Gräberanzahl sich nicht entsprechen, ist bei Friedhöfen eine Ordnung nach Größe schwierig. So ist der Friedhof Ohlsdorf der größte Mitteleuropas nach Fläche, der Wiener Zentralfriedhof und seiner jüdischen Abteilung aber der größere nach der Grabanzahl 80.000, wobei 6000 im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Den größten jüdischen Friedhof in Südosteuropa hatte Thessaloniki mit angeblich 500.000 Gräbern. Er wurde nach dem Balkanfeldzug (1941) in Zusammenarbeit von Wehrmacht und griechischen Behörden zerstört.
In Deutschland hatten Berlin, Breslau und Königsberg i. Pr. die größten jüdischen Gemeinden. Unter den erhaltenen Friedhöfen ist der Jüdische Friedhof Berlin-Weißensee der größte in Europa. Auf einer Fläche von 42 Hektar liegen etwa 115.000 Gräber. Auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Breslau verteilen sich 12.000 Gräber auf 5 ha, auf dem Neuen 20.000 Gräber auf 7 ha. Für Königsberg fehlen Zahlenangaben.
In Osteuropa folgt der Neue Jüdische Friedhof Łódź mit 40 ha dicht auf Weißensee; er hat 180.000 Gräber. Der jüdische Friedhof in Warschau ist nach der Grabanzahl der größte erhaltene jüdische Friedhof in Europa. Auf einer Fläche von 33 ha liegen über 200.000 Grabstätten mit Grabsteinen, außerdem Massengräber von ermordeten Bewohnern des Warschauer Ghettos aus der Zeit der deutschen Okkupation.
In der Ukraine rangiert der Jüdische Friedhof Czernowitz mit 14,2 ha und 50.000 Gräbern weit vor denen in Lwiw (Lemberg) und Brody. Von den drei Jüdischen Friedhöfen in Lwiw ist nur einer erhalten. Der zerstörte Friedhof in Brody mit 6000 Grabsteinen wurde nach dem Krieg durch ein Stadion überbaut. Der Alte Jüdische Friedhof in Prag ist zwar sehr bekannt, aber der kleinste der bekannten jüdischen Friedhöfe. Auf einem knappen Hektar befinden sich 12.000 Grabstätten, in denen schätzungsweise 100.000 Menschen begraben liegen.
In Nordosteuropa war Vilnius ein Zentrum des Judentums. Von den drei Jüdischen Friedhöfen in Vilnius ist ebenfalls nur einer erhalten; er birgt 6500 Gräber.
Symbole auf Grabsteinen
- Levitenkanne auch mit Hand in ausgießender Geste: Grabstein eines Leviten, der die Hände des Priesters wäscht
- Segnende Priesterhände: Grab eines Kohen, der den Priestersegen spricht
- drei- oder neunarmiger Leuchter Chanukka-Leuchter mit abgebrochenen Kerzen: oft ein Frauengrab
- Löwe, der einen Stapel Bücher stützt
- eine gespreizte Hand zeigt, dass der Verstorbene ein Kohen (Priester) und somit ein Nachkomme des Hohepriesters Aharon war
- gebrochener Baumstamm bzw. Baumstamm mit abgebrochener Krone: steht oft für den Tod eines jungen Menschen
- Davidstern
- Hand, die eine Münze in eine Truhe wirft: Zedaka-Kiste.
- Vogelpaar: steht für ein Frauengrab
- Stammbäume: möglicherweise Rückkehrer zum Judentum
Siehe auch
- Liste jüdischer Friedhöfe in Deutschland
- Liste jüdischer Friedhöfe in Österreich
- Liste jüdischer Friedhöfe in der Schweiz
- Schändung jüdischer Friedhöfe
Literatur
- Thomas Blisniewski: Wandlungen der jüdischen Sepulkralkultur im 19. Jahrhundert. In: Claudia Denk, John Ziesemer (Hrsg.): Der bürgerliche Tod. Städtische Bestattungskultur von der Aufklärung bis zum frühen 20. Jahrhundert. Internationale Fachtagung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Nationalmuseum München, 11.–13. November 2005. (= ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees. 44). Regensburg 2007, S. 14–23.
- Tina Walzer: Jüdische Friedhöfe in den europäischen Ländern. Rahmenbedingungen und Zustandsbilder. In: David: Jüdische Kulturzeitschrift. Heft 82, 2009, S. 9. (davidkultur.at ( vom 4. April 2015 im Internet Archive))
- Falk Wiesemann: Sepulcra judaica: Bibliographie zu jüdischen Friedhöfen und zu Sterben, Begräbnis und Trauer bei den Juden von der Zeit des Hellenismus bis zur Gegenwart. Klartext Verlagsgesellschaft, Essen 2004, ISBN 3-89861-422-0.
- Herbert Liedel, Helmut Dolhopf: Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe. Stürtz, Würzburg 1985, ISBN 3-8003-0251-9.
- Alfred Udo Theobald (Hrsg.): Der jüdische Friedhof. Zeuge der Geschichte – Zeugnis der Kultur. Badenia, Karlsruhe 1984, ISBN 3-7617-0228-0.
- Rudolf Klein: Metropolitan Jewish Cemeteries of the 19th and 20th Centuries in Central and Eastern Europe. A Comparative Study. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2018, ISBN 978-3-7319-0752-7.
- Ulrich Knufinke: Bauwerke jüdischer Friedhöfe in Deutschland. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2007, ISBN 978-3-86568-206-2.
- Claudia Theune, Tina Walzer (Hrsg.): Jüdische Friedhöfe – Kultstätte, Erinnerungsort, Denkmal. Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2011, ISBN 978-3-205-78477-7.
- Ulrich Grun: Der „Judenhagen“ in Rüthen: „wichtiger als eine Synagoge“. In: Kreis Soest (Hrsg.): Kalender des Kreises Soest, Soest 2003, ZDB-ID 619151-4, S. 76 ff.
- Marcel-Th. und Klaus Jacobs: Haus der Ewigkeit. Jüdische Friedhöfe im mitteleuropäischen Kulturraum. Hentrich & Hentrich, Berlin/Leipzig 2022, ISBN 978-3-95565-515-0.
Weblinks
- Digitale Edition von mehr als 22.000 jüdischen Grabinschriften
- Jüdische Friedhöfe bei alemannia-judaica
- Gräber von Persönlichkeiten & Friedhöfe weltweit
- Spurensuche – Jüdische Friedhöfe in Deutschland – Eine Einführung für Schüler und Lehrer.
- Jüdische Friedhöfe in Bayern (Haus der Bayerischen Geschichte)
Einzelnachweise
- Dr Rosa Welt Straus in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 27. Juni 2023.
- Marianne Enigl: Geschichtsbücher aus Stein – Auf jüdischen Friedhöfen in Europa ist jüdisches Leben nahezu ablesbar. Sephardische Grabstätten erhalten heute zunehmend Aufmerksamkeit. In: Yves Kugelmann (Hrsg.): Aufbau. Nr. 2/85. JM Jüdische Medien, Zürich April 2019, S. 28–30.
- Simon Philip de Vries: Jüdische Riten und Symbole (= rororo. Band 18758). 11. Auflage. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2010, ISBN 978-3-499-18758-2, S. 213.
- Georges Bensoussan: Juifs en pays arabes – Le grand déracinement, 1850–1975. In: Denis Maraval (Hrsg.): Collection Texto. 2. Auflage. Éditions Tallandier, Paris 2021, ISBN 979-1-02105090-7, S. 178.
- Alfred Udo Theobald: Der jüdische Friedhof. Karlsruhe 1984.
- Jüdische Friedhöfe Wien, abgerufen am 1. Mai 2016 ( vom 22. August 2016 im Internet Archive)
- Wassilis Aswestopoulos: Zehn Millionen für 500.000 Gräber. In: Jüdische Allgemeine. 14. April 2011.
- Bericht über eine Historiker-Tagung in Thessaloniki zur jüdischen Geschichte der Stadt mit Zahlenangaben ( vom 27. September 2013 im Internet Archive)
- Aus dem Gedächtnis verschwunden. Der vergessene jüdische Friedhof von Thessaloniki (Deutschlandfunk, 2010) ( vom 4. März 2016 im Internet Archive)
- Stiftung Jüdische Monumente in Lodz ( vom 20. April 2009 im Internet Archive)
- Friedhof Brody Deutschlandradio, 2012.
- Nathanja Hüttenmeister, Rolf Verleger (Hrsg.): Haus der Ewigkeit. Der jüdische Friedhof Stockelsdorf. Solivagus-Verlag, Kiel 2019, ISBN 978-3-947064-05-2 (Seite?).
Autor: www.NiNa.Az
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Judenfriedhof ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Zum Gemalde von Jacob Isaacksz van Ruisdael siehe Der Judenfriedhof Ein judischer Friedhof hebraisch בית עלמין bzw בית עולם Aussprache beɪt ʌl mɪn bzw beɪt o lʌm dt Haus der Ewigkeit nach Kohelet 12 5 EU oder בית קברות beɪt kvʌ rot Haus der Graber ist ein Friedhof mit Besonderheiten die sich aus den Gesetzen des Judentums ergeben So ist die Erdbestattung vorgeschrieben Die dauerhafte Totenruhe gilt als verbindlich und steht einer begrenzten Ruhefrist entgegen Die Trauernden legen statt Blumen in der Regel Steine auf den Grabstein Mit Bezug zu seinem lebensbejahenden Charakter und der Erwartung der Auferstehung wird der judische Friedhof auch Beit HaChayim Haus des Lebens Beit Olam Ewiges Haus oder auch Beit Tow Gutes Haus genannt Judischer Friedhof auf dem Olberg in Jerusalem 2005 Es gibt mit seltenen Ausnahmen siehe z B das Grab von Rosa Welt Straus im Judischen Friedhof Veyrier nur Einzelgraber und keine Gemeinschaftsgraber auf judischen Friedhofen Grabsteine sind nach Osten ausgerichtet ebenso wie die Toten deren Fusse nach Osten nach Jerusalem zeigen damit nach der Auferstehung die Reise in Richtung Jerusalem gleich anfangen kann GeschichteAlter Judischer Friedhof Furth 1705 Als der alteste judische Friedhof Europas mit einem Grabstein von 1058 1059 gilt der Heilige Sand in Worms Wahrend die Aschkenasim deutschstammige und osteuropaische Juden aufrechte Steine an ihre Graber stellten bestatteten die Sephardim portugiesische und spanische Juden ihre Toten unter flachliegenden Grabplatten oder Zeltgrabern In Mittel und Osteuropa sind uberwiegend aschkenasische Bestattungsarten verbreitet Vereinzelt finden sich dort auch judische Friedhofe die ausser einem aschkenasischen Teil auch einen sephardischen Teil beinhalten wie zum Beispiel der Judische Friedhof in Hamburg Altona Anfangs wurden die Toten nach Jerusalem ausgerichtet diese Tradition wird seit dem 18 Jahrhundert nicht mehr durchgesetzt Insbesondere wurden die Grabsteine Mazevot ab der Zeit der Haskala nicht nur in hebraischer Sprache beschriftet sondern auch in der jeweiligen Landessprache Letzteres geschah in der Regel auf der Ruckseite des Grabsteins Eine weitere Besonderheit bestand darin dass auf der hebraisch beschrifteten Seite des Grabsteins nicht nur der Name des Toten selbst genannt wurde sondern auch der Name seines Vaters Dies stellt heute fur die genealogische Forschung einen unschatzbaren Wert dar In der Zeit der Haskala wurden in Anlehnung an die christliche Tradition Familiengraber mit aufwandiger gestalteten Grabsteinen und sogar Mausoleen fur Familien errichtet In der Vergangenheit kam es manchmal vor dass auf judischen Friedhofen freilaufende Esel gehalten wurden Da glaubige Juden die Erstgeburt eines Esels im Gegensatz zu anderen Nutztieren auslosen mussen wenn sie von diesem Esel spater einen eigenen Nutzen zu haben beabsichtigen mussen sie fur das Tier rechtzeitig eine Abgabe entrichten Jedoch wurde dies manchmal versaumt deshalb durfte der Esel fur keine Arbeit beigezogen werden und verbrachte sein Leben auf dem Friedhof Unter den Bedingungen extremer Armut unter denen viele judische Gemeinden des Maghreb in der Vergangenheit lebten war Prostitution haufig Judische Friedhofe hatten in den betroffenen Gemeinden deshalb getrennte Bereiche fur verstorbene Frauen die diesem Gewerbe nachgegangen waren Judischer Friedhof Heiliger Sand in WormsJudischer Friedhof in Czernowitz Es wurden Judische Friedhofe im Nationalsozialismus in grosser Anzahl verwustet BesonderheitenJudischer Friedhof in Kamienna Gora ehem Landeshut in Schlesien Auf einem judischen Friedhof befindet sich ein Taharahaus zur Totenwaschung Weil im Tode alle Menschen gleich sind finden sich bis Mitte des 18 Jahrhunderts gleichformige Grabsteine Erst mit der Haskala der fortschreitenden judischen Emanzipation und Assimilation beginnen die Juden ebenso prunkvolle Grabstatten zu errichten wie es auch von christlichen Friedhofen dieser Zeit bekannt ist Einer der fundamentalsten israelitischen Glaubensgrundsatze die Unantastbarkeit der Totenruhe fuhrte dazu dass Graber und Grabmale uber Jahrhunderte erhalten bleiben dass die judischen Friedhofe uber Generationen hinweg wachsen wahrend auf anderen Friedhofen immer wieder nach Ablauf von Ruhefristen einzelne Graber oder ganze Grabfelder geraumt werden aus dem Vorwort Der judische Friedhof Das judische Grab wird von den Gemeinden nicht eingeebnet und der Stein bleibt bestehen Bei Platzmangel legt man eine Schicht Erde uber ein Grab und bestattet einen Toten uber dem anderen Eindrucksvoll ist dies beim Alten Judischen Friedhof in Prag zu sehen Dies hangt mit dem judischen Glauben an die Auferstehung der Toten zusammen Eine Besonderheit auf vielen judischen Friedhofen sind die Paargraber Da die Totenruhe nicht gestort werden darf erhalt der spater gestorbene Ehepartner eine eigene Grabstatte mit eigener Mazewa neben seinem vorverstorbenen Gatten Blumenschmuck ist in der judischen Tradition nicht ublich stattdessen werden kleine Steine auf die Grabplatten gelegt Die Graber lasst man mit Efeu und Gras uberwachsen Nach dem Besuch des Friedhofs wascht man sich die Hande In Deutschland sind die judischen Friedhofe in der Regel am Schabbat geschlossen Die Halacha gestattet es nicht am Schabbat Tote zu begraben oder dort tatig zu sein Auch nichtjudische Manner werden gebeten aus Achtung vor den judischen Brauchen auf einem judischen Friedhof ihren Kopf zu bedecken siehe auch Judische Bestattung VerbandsfriedhofVerbandsfriedhof in Waibstadt Der Friedhof ist in der Regel Eigentum der judischen Gemeinde Hingegen befindet sich ein Verbandsfriedhof in der Tragerschaft mehrerer Kehillot Gemeinden Der Zusammenschluss zu einem Friedhofsverband machte die gemeinsame Finanzierung eines Friedhofs moglich Das betraf sowohl die Neuanlage als auch die anfallenden Kosten fur den Unterhalt des Friedhofs Judische Gemeinden oder judische Familien die sich nicht in den Verbandsfriedhof eingekauft hatten konnten zwar auch ihre Toten dort bestatten mussten aber oftmals hohere Gebuhren entrichten Einer der grossten und altesten erhaltenen judischen Verbandsfriedhofe Deutschlands ist der Judische Friedhof in Heinsheim bei Bad Rappenau im Kraichgau Baden Wurttemberg Grosse judische Friedhofe in EuropaDa Flache und Graberanzahl sich nicht entsprechen ist bei Friedhofen eine Ordnung nach Grosse schwierig So ist der Friedhof Ohlsdorf der grosste Mitteleuropas nach Flache der Wiener Zentralfriedhof und seiner judischen Abteilung aber der grossere nach der Grabanzahl 80 000 wobei 6000 im Zweiten Weltkrieg zerstort wurden Den grossten judischen Friedhof in Sudosteuropa hatte Thessaloniki mit angeblich 500 000 Grabern Er wurde nach dem Balkanfeldzug 1941 in Zusammenarbeit von Wehrmacht und griechischen Behorden zerstort In Deutschland hatten Berlin Breslau und Konigsberg i Pr die grossten judischen Gemeinden Unter den erhaltenen Friedhofen ist der Judische Friedhof Berlin Weissensee der grosste in Europa Auf einer Flache von 42 Hektar liegen etwa 115 000 Graber Auf dem Alten Judischen Friedhof in Breslau verteilen sich 12 000 Graber auf 5 ha auf dem Neuen 20 000 Graber auf 7 ha Fur Konigsberg fehlen Zahlenangaben In Osteuropa folgt der Neue Judische Friedhof Lodz mit 40 ha dicht auf Weissensee er hat 180 000 Graber Der judische Friedhof in Warschau ist nach der Grabanzahl der grosste erhaltene judische Friedhof in Europa Auf einer Flache von 33 ha liegen uber 200 000 Grabstatten mit Grabsteinen ausserdem Massengraber von ermordeten Bewohnern des Warschauer Ghettos aus der Zeit der deutschen Okkupation In der Ukraine rangiert der Judische Friedhof Czernowitz mit 14 2 ha und 50 000 Grabern weit vor denen in Lwiw Lemberg und Brody Von den drei Judischen Friedhofen in Lwiw ist nur einer erhalten Der zerstorte Friedhof in Brody mit 6000 Grabsteinen wurde nach dem Krieg durch ein Stadion uberbaut Der Alte Judische Friedhof in Prag ist zwar sehr bekannt aber der kleinste der bekannten judischen Friedhofe Auf einem knappen Hektar befinden sich 12 000 Grabstatten in denen schatzungsweise 100 000 Menschen begraben liegen In Nordosteuropa war Vilnius ein Zentrum des Judentums Von den drei Judischen Friedhofen in Vilnius ist ebenfalls nur einer erhalten er birgt 6500 Graber Symbole auf GrabsteinenSiehe auch Mazewa Ikonographie und Liste von Abkurzungen auf judischen Grabsteinen Levitenkanne auch mit Hand in ausgiessender Geste Grabstein eines Leviten der die Hande des Priesters wascht Segnende Priesterhande Grab eines Kohen der den Priestersegen spricht drei oder neunarmiger Leuchter Chanukka Leuchter mit abgebrochenen Kerzen oft ein Frauengrab Lowe der einen Stapel Bucher stutzt eine gespreizte Hand zeigt dass der Verstorbene ein Kohen Priester und somit ein Nachkomme des Hohepriesters Aharon war gebrochener Baumstamm bzw Baumstamm mit abgebrochener Krone steht oft fur den Tod eines jungen Menschen Davidstern Hand die eine Munze in eine Truhe wirft Zedaka Kiste Vogelpaar steht fur ein Frauengrab Stammbaume moglicherweise Ruckkehrer zum JudentumSiehe auchListe judischer Friedhofe in Deutschland Liste judischer Friedhofe in Osterreich Liste judischer Friedhofe in der Schweiz Schandung judischer FriedhofeLiteraturThomas Blisniewski Wandlungen der judischen Sepulkralkultur im 19 Jahrhundert In Claudia Denk John Ziesemer Hrsg Der burgerliche Tod Stadtische Bestattungskultur von der Aufklarung bis zum fruhen 20 Jahrhundert Internationale Fachtagung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Nationalmuseum Munchen 11 13 November 2005 ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees 44 Regensburg 2007 S 14 23 Tina Walzer Judische Friedhofe in den europaischen Landern Rahmenbedingungen und Zustandsbilder In David Judische Kulturzeitschrift Heft 82 2009 S 9 davidkultur at Memento vom 4 April 2015 im Internet Archive Falk Wiesemann Sepulcra judaica Bibliographie zu judischen Friedhofen und zu Sterben Begrabnis und Trauer bei den Juden von der Zeit des Hellenismus bis zur Gegenwart Klartext Verlagsgesellschaft Essen 2004 ISBN 3 89861 422 0 Herbert Liedel Helmut Dolhopf Haus des Lebens Judische Friedhofe Sturtz Wurzburg 1985 ISBN 3 8003 0251 9 Alfred Udo Theobald Hrsg Der judische Friedhof Zeuge der Geschichte Zeugnis der Kultur Badenia Karlsruhe 1984 ISBN 3 7617 0228 0 Rudolf Klein Metropolitan Jewish Cemeteries of the 19th and 20th Centuries in Central and Eastern Europe A Comparative Study Michael Imhof Verlag Petersberg 2018 ISBN 978 3 7319 0752 7 Ulrich Knufinke Bauwerke judischer Friedhofe in Deutschland Michael Imhof Verlag Petersberg 2007 ISBN 978 3 86568 206 2 Claudia Theune Tina Walzer Hrsg Judische Friedhofe Kultstatte Erinnerungsort Denkmal Bohlau Verlag Wien Koln Weimar 2011 ISBN 978 3 205 78477 7 Ulrich Grun Der Judenhagen in Ruthen wichtiger als eine Synagoge In Kreis Soest Hrsg Kalender des Kreises Soest Soest 2003 ZDB ID 619151 4 S 76 ff Marcel Th und Klaus Jacobs Haus der Ewigkeit Judische Friedhofe im mitteleuropaischen Kulturraum Hentrich amp Hentrich Berlin Leipzig 2022 ISBN 978 3 95565 515 0 WeblinksCommons Judische Friedhofe Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Digitale Edition von mehr als 22 000 judischen Grabinschriften Judische Friedhofe bei alemannia judaica Graber von Personlichkeiten amp Friedhofe weltweit Spurensuche Judische Friedhofe in Deutschland Eine Einfuhrung fur Schuler und Lehrer Judische Friedhofe in Bayern Haus der Bayerischen Geschichte EinzelnachweiseDr Rosa Welt Straus in der Datenbank Find a Grave abgerufen am 27 Juni 2023 Marianne Enigl Geschichtsbucher aus Stein Auf judischen Friedhofen in Europa ist judisches Leben nahezu ablesbar Sephardische Grabstatten erhalten heute zunehmend Aufmerksamkeit In Yves Kugelmann Hrsg Aufbau Nr 2 85 JM Judische Medien Zurich April 2019 S 28 30 Simon Philip de Vries Judische Riten und Symbole rororo Band 18758 11 Auflage Rowohlt Verlag Reinbek bei Hamburg 2010 ISBN 978 3 499 18758 2 S 213 Georges Bensoussan Juifs en pays arabes Le grand deracinement 1850 1975 In Denis Maraval Hrsg Collection Texto 2 Auflage Editions Tallandier Paris 2021 ISBN 979 1 02105090 7 S 178 Alfred Udo Theobald Der judische Friedhof Karlsruhe 1984 Judische Friedhofe Wien abgerufen am 1 Mai 2016 Memento vom 22 August 2016 im Internet Archive Wassilis Aswestopoulos Zehn Millionen fur 500 000 Graber In Judische Allgemeine 14 April 2011 Bericht uber eine Historiker Tagung in Thessaloniki zur judischen Geschichte der Stadt mit Zahlenangaben Memento vom 27 September 2013 im Internet Archive Aus dem Gedachtnis verschwunden Der vergessene judische Friedhof von Thessaloniki Deutschlandfunk 2010 Memento vom 4 Marz 2016 im Internet Archive Stiftung Judische Monumente in Lodz Memento vom 20 April 2009 im Internet Archive Friedhof Brody Deutschlandradio 2012 Nathanja Huttenmeister Rolf Verleger Hrsg Haus der Ewigkeit Der judische Friedhof Stockelsdorf Solivagus Verlag Kiel 2019 ISBN 978 3 947064 05 2 Seite Normdaten Sachbegriff GND 4331943 9 GND Explorer lobid OGND AKS