Ludwig Schläfli 15 Januar 1814 in Grasswil heute zu Seeberg Kanton Bern 20 März 1895 in Bern war ein Schweizer Mathemati
Ludwig Schläfli

Ludwig Schläfli (* 15. Januar 1814 in Grasswil, heute zu Seeberg, Kanton Bern; † 20. März 1895 in Bern) war ein Schweizer Mathematiker, der sich mit Geometrie und Funktionentheorie beschäftigte. Er spielte eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung des Begriffs der Dimension, welcher unter anderem eine entscheidende Rolle in der Physik spielt. Obwohl seine Ideen heute in jedem Grundstudium in Mathematik behandelt werden, ist Schläfli selbst unter Mathematikern eher unbekannt.
Leben
Schläfli verbrachte den grössten Teil seines Lebens in der Schweiz. Er kam in Grasswil, dem Heimatort seiner Mutter, zur Welt. Kurz darauf zog seine Familie zum nahen Burgdorf, wo sein Vater als Geschäftsmann arbeitete. Ludwig sollte in die Fussstapfen seines Vaters treten, allerdings war er nicht für die praktische Arbeit gemacht.
Auf Grund seiner mathematischen Begabung bekam er 1829 die Möglichkeit, das Gymnasium in Bern zu besuchen. Zu jener Zeit lernte er bereits die Differentialrechnung aus Abraham Gotthelf Kästners Mathematische Anfangsgründe der Analysis des Unendlichen (1761). 1831 begab er sich an die Akademie in Bern, um sich weiter fortzubilden. 1834 wurde aus der Akademie die neue Universität Bern, an der er das Studium der Theologie aufnahm.
Lehre
Nach seinem Abschluss 1836 wurde er zum Lehrer in Thun ernannt. Dieser Beschäftigung ging er bis 1847 nach, wobei er seine Freizeit mit dem Studium der Mathematik und Botanik verbrachte und einmal wöchentlich die Universität in Bern besuchte, um weiter Theologie zu studieren.
Das Jahr 1843 markiert einen Wendepunkt in Schläflis Leben. Schläfli hatte einen Besuch in Berlin geplant, um mit der dortigen mathematischen Gemeinschaft Bekanntschaft zu machen, insbesondere mit Jakob Steiner, einem bekannten Schweizer Mathematiker. Aber unerwarteterweise kam Steiner nach Bern und traf auf Schläfli. Steiner war nicht nur beeindruckt von Schläflis mathematischem Wissen, sondern auch von seinen ausgezeichneten Sprachkenntnissen in Italienisch und Französisch.
Steiner schlug Schläfli vor, seine Berliner Kollegen Carl Gustav Jacob Jacobi, Peter Gustav Lejeune Dirichlet, Karl Wilhelm Borchardt und Steiner selber als Dolmetscher auf der bevorstehenden Reise nach Italien zu unterstützen. Steiner pries diese Idee seinen Freunden in der folgenden Art an (was ein Hinweis darauf ist, dass Schläfli etwas unbeholfen in alltäglichen Angelegenheiten war):
«[…] während er den Berliner Freunden den neugeworbenen Reisegefährten durch die Worte anpries, der sei ein ländlicher Mathematiker bei Bern, für die Welt ein Esel, aber Sprachen lerne er wie ein Kinderspiel, den wollten sie als Dolmetscher mit sich nehmen.»
Schläfli begleitete sie nach Italien und profitierte stark von der Reise. Während des mehr als sechsmonatigen Aufenthalts in Italien übersetzte Schläfli sogar einige Werke der anderen Mathematiker ins Italienische.
Späteres Leben
Schläfli blieb mit Steiner bis 1856 in Kontakt. Die Perspektiven, die ihm eröffnet wurden, ermutigten ihn, sich 1847 für eine Stelle an der Universität Bern zu bewerben. Er wurde 1848 zum Privatdozenten ernannt, 1853 zum ausserordentlichen Professor und 1872 schliesslich zum ordentlichen Professor. Im Jahre 1873 wählte die Preußische Akademie der Wissenschaften Schläfli zum Correspondenten ihrer physikalisch-mathematischen Klasse.
Schläflis Lehrtätigkeit dauerte bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1891. Bis zu seinem Tod 1895 widmete er sich dem Studium des Sanskrit und der Übersetzung der hinduistischen Schrift Rigveda ins Deutsche. 1860 erhielt er von der Universität Bern den Ehrendoktortitel.
Höhere Dimensionen
Schläfli ist einer der drei Begründer der mehrdimensionalen Geometrie zusammen mit Arthur Cayley und Bernhard Riemann. Um 1850 war das allgemeine Konzept der euklidischen Räume noch nicht entwickelt – aber lineare Gleichungen in Variablen wurden bereits gut verstanden. In den 1840er Jahren entwickelte William Rowan Hamilton seine Quaternionen und John Thomas Graves und Cayley die Oktaven. Diese beiden Systeme arbeiteten mit einer Basis von vier bzw. acht Elementen und legten eine Interpretation analog zu den kartesischen Koordinaten des dreidimensionalen Raums nahe.
Von 1850 bis 1852 arbeitete Schläfli an seinem Hauptwerk Theorie der vielfachen Kontinuität, in dem er das Studium der linearen Geometrie des -dimensionalen Raums begründete. Er definierte auch die -dimensionale Sphäre und berechnete ihr Volumen. Er beschloss, sein Werk zu publizieren, und sandte es der Akademie in Wien zu, aber es wurde aufgrund seines Umfangs abgelehnt. Ein zweiter Versuch in Berlin endete mit demselben Ergebnis. Schliesslich wurde Schläfli 1854 gebeten, eine kürzere Version zu schreiben, was er aber nicht tat. Steiner versuchte ihm dabei zu helfen, das Werk in Crelles Journal zu veröffentlichen. Aber aus unbekannten Gründen kam auch dies nicht zustande. Teile des Werkes wurden 1860 von Cayley auf Englisch veröffentlicht. Die erste Veröffentlichung der gesamten Schrift erfolgte erst 1901 nach Schläflis Tod. Die erste Rezension des Buches erschien 1904 im niederländischen Mathematikjournal Nieuw Archief voor de Wiskunde und wurde vom niederländischen Mathematiker Pieter Hendrik Schoute verfasst.
Ein Auszug aus der Einleitung zur Theorie der vielfachen Kontinuität:
«Anzeige einer Abhandlung über die Theorie der vielfachen Kontinuität
Die Abhandlung, die ich hier der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vorzulegen die Ehre habe, enthält einen Versuch, einen neuen Zweig der Analysis zu begründen und zu bearbeiten, welcher, gleichsam eine analytische Geometrie von Dimensionen, diejenigen der Ebene und des Raumes als spezielle Fälle für in sich enthielte. Ich nenne denselben Theorie der vielfachen Kontinuität überhaupt in demselben Sinne, wie man zum Beispiel die Geometrie des Raumes eine Theorie der dreifachen Kontinuität nennen kann. Wie in dieser eine Gruppe von Werten der drei Koordinaten einen Punkt bestimmt, so soll in jener eine Gruppe gegebener Werte der Variabeln eine Lösung bestimmen. Ich gebrauche diesen Ausdruck, weil man bei einer oder mehreren Gleichungen mit vielen Variabeln jede genügende Gruppe von Werten auch so nennt; das Ungewöhnliche der Benennung liegt nur darin, daß ich sie auch noch beibehalte, wenn gar keine Gleichung zwischen den Variabeln gegeben ist. In diesem Falle nenne ich die Gesamtheit aller Lösungen die -fache Totalität; sind hingegen Gleichungen gegeben, so heißt bzw. die Gesamtheit ihrer Lösungen -faches, -faches, -faches, […] Kontinuum. Aus der Vorstellung der allseitigen Kontinuität der in einer Totalität enthaltenen Lösungen entwickelt sich diejenige der Unabhängigkeit ihrer gegenseitigen Lage von dem System der gebrauchten Variabeln, insofern durch Transformation neue Variabeln an ihre Stelle treten können. Diese Unabhängigkeit spricht sich aus in der Unveränderlichkeit dessen, was ich den Abstand zweier gegebener Lösungen (), () nenne und im einfachsten Fall durch
definiere, indem ich gleichzeitig das System der Variabeln ein orthogonales heiße, […]»
Schläfli fasste Punkte im -dimensionalen Raum zuerst als Lösungen von linearen Gleichungen auf, um dann den brillanten Gedankengang auszuführen, ein System ohne Gleichungen zu betrachten, um dadurch alle möglichen Punkte des (wie wir es heute nennen würden) zu erhalten. Er verbreitete dieses Konzept in den Artikeln, die er in den 1850er und 1860er Jahren publizierte, und es entwickelte sich schnell. 1867 begann er einen Artikel mit den Worten Wir betrachten den Raum der -Tupel von Punkten. […]. Dies deutet nicht nur darauf hin, dass er die Theorie in den Griff bekommen hatte, sondern auch, dass sein Publikum keine langen Erklärungen mehr nötig hatte.
Polytope
In der Theorie der vielfachen Kontinuität definiert Schläfli sogenannte Polyschemas, welche heutzutage Polytope genannt werden. Sie sind die mehrdimensionalen Analoga der Polygone und Polyeder. Er entwickelte deren Theorien und fand unter anderem die mehrdimensionale Variante des Eulerschen Polyedersatzes. Er bestimmte auch die regulären Polytope, d. h. die -dimensionalen Verwandten der regulären Polygone und der Platonischen Körper. Es stellte sich heraus, dass es deren sechs im vierdimensionalen Raum und drei in allen höher dimensionalen Räumen gibt.
Obwohl Schläfli in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ziemlich bekannt bei seinen Kollegen, im Speziellen für seine Beiträge zur komplexen Analysis, war, bekam sein frühes geometrisches Werk lange Zeit keine grosse Aufmerksamkeit. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befasste sich Pieter Hendrik Schoute zusammen mit Alicia Boole Stott mit Polytopen. Sie bewies Schläflis Resultat über reguläre Polytope noch einmal, allerdings nur für den vierdimensionalen Raum, und entdeckte danach Schläflis Buch. Später studierte Willem Abraham Wijthoff semi-reguläre Polytope. Seine Arbeit wurde von H. S. M. Coxeter, John Horton Conway und anderen fortgesetzt. Es gibt immer noch viele ungelöste Probleme in diesem Bereich, der auf der Arbeit von Ludwig Schläfli gründet.
Trivia
- Das Schläfli-Symbol ist nach Ludwig Schläfli benannt.
- Ludwig Schläfli sollte wie sein Vater Geschäftsmann werden. Aber er machte die denkbar schlechtesten Geschäfte, da er nicht begreifen konnte, dass man einen Gegenstand teurer verkaufte, als dass man ihn einkaufte.
- Schläfli machte ein theologisches Staatsexamen und war (nach einigen Komplikationen mit der Probepredigt) im Berner Verzeichnis der zum Pfarramt berechtigten Personen zu finden. Er hat aber ein solches wohl nie innegehabt.
- In der Bibliothek Exakte Wissenschaften der Universität Bern erinnert der Schriftzug vom Schweizer Künstlerpaar Hannes und Petruschka Vogel Three quarks for Muster Mark, Einstein und Schläfli (1993) an Schläflis Tätigkeit in Bern.
Literatur
- Ludwig Schläfli: Theorie der vielfachen Kontinuität. Hrsg.: H. J. Graf. Zürcher und Furrer, Zürich 1901 (Historical Math Monographs ( vom 2. Januar 2016 im Internet Archive). Cornell University. – Erster Druck von Schläflis Hauptwerk, rund 50 Jahre nach seiner Entstehung, im Auftrag der Denkschriften-Kommission der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft).
- Ludwig Schläfli, Gesammelte Abhandlungen. 3 Bände, Birkhäuser 1950, 1953, 1956.
- Johann Jakob Burckhardt: Schläfli, Ludwig. In: Charles Coulston Gillispie (Hrsg.): Dictionary of Scientific Biography. Band 12: Ibn Rushd – Jean-Servais Stas. Charles Scribner’s Sons, New York 1975, S. 170–173 (englisch).
- Johann Jakob Burckhardt: Ludwig Schläfli. In: Elemente der Mathematik. Beiheft 4, 1948 (Digitalisat bei E-Periodica).
- Moritz Cantor: Schläfli, Ludwig. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 29–31.
- Abraham Gotthelf Kästner: Mathematische Anfangsgründe der Analysis des Unendlichen. Göttingen, 1761 (Bemerkung: Das ist der dritte Band von Kästners Mathematische Anfangsgründe. uni-goettingen.de).
- Ruth Kellerhals: Der Mathematiker Ludwig Schläfli. In: DMV Mitteilungen. 1996, Nr. 4, S. 35.
- Jürg Hüsler: Schläfli, Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 20 f. (Digitalisat).
- Urs Wüthrich: Das Genie, das Hausierer werden sollte. In: Berner Zeitung. 21. Juli 2014.
Weblinks
- John J. O’Connor, Edmund F. Robertson: Ludwig Schläfli. In: MacTutor History of Mathematics archive (englisch).
- Informationen zu vierdimensionalen Polytopen
- Erläuterungen zum Schläfli-Symbol
- Literatur von und über Ludwig Schläfli im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Erwin Neuenschwander: Schläfli, Ludwig. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Spektrum.de: Ein genialer Tölpel 1. September 2021
- Nachlass Ludwig Schläfli in der Datenbank HelveticArchives des Schweizerischen Literaturarchivs
- Ludwig Schläfli in der Datenbank zbMATH
Einzelnachweise
- Moritz Cantor: Schläfli, Ludwig. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 29–31.
- Personalnachrichten. In: Illustrirte Zeitung, 21. Juni 1873, S. 3 (online bei ANNO).
- Ludwig Schläfli im Mathematics Genealogy Project (englisch) abgerufen am 11. Februar 2025.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Schläfli, Ludwig |
ALTERNATIVNAMEN | Schlafli, Ludwig (englisch) |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Mathematiker |
GEBURTSDATUM | 15. Januar 1814 |
GEBURTSORT | Grasswil heute (Seeberg BE) |
STERBEDATUM | 20. März 1895 |
STERBEORT | Bern |
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
wikipedia, wiki, deutsches, deutschland, buch, bücher, bibliothek artikel lesen, herunterladen kostenlos kostenloser herunterladen, MP3, Video, MP4, 3GP, JPG, JPEG, GIF, PNG, Bild, Musik, Lied, Film, Buch, Spiel, Spiele, Mobiltelefon, Mobil, Telefon, android, ios, apple, samsung, iphone, xiomi, xiaomi, redmi, honor, oppo, nokia, sonya, mi, pc, web, computer, komputer, Informationen zu Ludwig Schläfli, Was ist Ludwig Schläfli? Was bedeutet Ludwig Schläfli?
Ludwig Schlafli 15 Januar 1814 in Grasswil heute zu Seeberg Kanton Bern 20 Marz 1895 in Bern war ein Schweizer Mathematiker der sich mit Geometrie und Funktionentheorie beschaftigte Er spielte eine Schlusselrolle bei der Entwicklung des Begriffs der Dimension welcher unter anderem eine entscheidende Rolle in der Physik spielt Obwohl seine Ideen heute in jedem Grundstudium in Mathematik behandelt werden ist Schlafli selbst unter Mathematikern eher unbekannt Ludwig SchlafliLebenSchlafli verbrachte den grossten Teil seines Lebens in der Schweiz Er kam in Grasswil dem Heimatort seiner Mutter zur Welt Kurz darauf zog seine Familie zum nahen Burgdorf wo sein Vater als Geschaftsmann arbeitete Ludwig sollte in die Fussstapfen seines Vaters treten allerdings war er nicht fur die praktische Arbeit gemacht Auf Grund seiner mathematischen Begabung bekam er 1829 die Moglichkeit das Gymnasium in Bern zu besuchen Zu jener Zeit lernte er bereits die Differentialrechnung aus Abraham Gotthelf Kastners Mathematische Anfangsgrunde der Analysis des Unendlichen 1761 1831 begab er sich an die Akademie in Bern um sich weiter fortzubilden 1834 wurde aus der Akademie die neue Universitat Bern an der er das Studium der Theologie aufnahm Lehre Nach seinem Abschluss 1836 wurde er zum Lehrer in Thun ernannt Dieser Beschaftigung ging er bis 1847 nach wobei er seine Freizeit mit dem Studium der Mathematik und Botanik verbrachte und einmal wochentlich die Universitat in Bern besuchte um weiter Theologie zu studieren Das Jahr 1843 markiert einen Wendepunkt in Schlaflis Leben Schlafli hatte einen Besuch in Berlin geplant um mit der dortigen mathematischen Gemeinschaft Bekanntschaft zu machen insbesondere mit Jakob Steiner einem bekannten Schweizer Mathematiker Aber unerwarteterweise kam Steiner nach Bern und traf auf Schlafli Steiner war nicht nur beeindruckt von Schlaflis mathematischem Wissen sondern auch von seinen ausgezeichneten Sprachkenntnissen in Italienisch und Franzosisch Steiner schlug Schlafli vor seine Berliner Kollegen Carl Gustav Jacob Jacobi Peter Gustav Lejeune Dirichlet Karl Wilhelm Borchardt und Steiner selber als Dolmetscher auf der bevorstehenden Reise nach Italien zu unterstutzen Steiner pries diese Idee seinen Freunden in der folgenden Art an was ein Hinweis darauf ist dass Schlafli etwas unbeholfen in alltaglichen Angelegenheiten war wahrend er den Berliner Freunden den neugeworbenen Reisegefahrten durch die Worte anpries der sei ein landlicher Mathematiker bei Bern fur die Welt ein Esel aber Sprachen lerne er wie ein Kinderspiel den wollten sie als Dolmetscher mit sich nehmen Schlafli begleitete sie nach Italien und profitierte stark von der Reise Wahrend des mehr als sechsmonatigen Aufenthalts in Italien ubersetzte Schlafli sogar einige Werke der anderen Mathematiker ins Italienische Spateres Leben Schlafli blieb mit Steiner bis 1856 in Kontakt Die Perspektiven die ihm eroffnet wurden ermutigten ihn sich 1847 fur eine Stelle an der Universitat Bern zu bewerben Er wurde 1848 zum Privatdozenten ernannt 1853 zum ausserordentlichen Professor und 1872 schliesslich zum ordentlichen Professor Im Jahre 1873 wahlte die Preussische Akademie der Wissenschaften Schlafli zum Correspondenten ihrer physikalisch mathematischen Klasse Schlaflis Lehrtatigkeit dauerte bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1891 Bis zu seinem Tod 1895 widmete er sich dem Studium des Sanskrit und der Ubersetzung der hinduistischen Schrift Rigveda ins Deutsche 1860 erhielt er von der Universitat Bern den Ehrendoktortitel Hohere DimensionenSchlafli ist einer der drei Begrunder der mehrdimensionalen Geometrie zusammen mit Arthur Cayley und Bernhard Riemann Um 1850 war das allgemeine Konzept der euklidischen Raume noch nicht entwickelt aber lineare Gleichungen in n displaystyle n Variablen wurden bereits gut verstanden In den 1840er Jahren entwickelte William Rowan Hamilton seine Quaternionen und John Thomas Graves und Cayley die Oktaven Diese beiden Systeme arbeiteten mit einer Basis von vier bzw acht Elementen und legten eine Interpretation analog zu den kartesischen Koordinaten des dreidimensionalen Raums nahe Von 1850 bis 1852 arbeitete Schlafli an seinem Hauptwerk Theorie der vielfachen Kontinuitat in dem er das Studium der linearen Geometrie des n displaystyle n dimensionalen Raums begrundete Er definierte auch die n displaystyle n dimensionale Sphare und berechnete ihr Volumen Er beschloss sein Werk zu publizieren und sandte es der Akademie in Wien zu aber es wurde aufgrund seines Umfangs abgelehnt Ein zweiter Versuch in Berlin endete mit demselben Ergebnis Schliesslich wurde Schlafli 1854 gebeten eine kurzere Version zu schreiben was er aber nicht tat Steiner versuchte ihm dabei zu helfen das Werk in Crelles Journal zu veroffentlichen Aber aus unbekannten Grunden kam auch dies nicht zustande Teile des Werkes wurden 1860 von Cayley auf Englisch veroffentlicht Die erste Veroffentlichung der gesamten Schrift erfolgte erst 1901 nach Schlaflis Tod Die erste Rezension des Buches erschien 1904 im niederlandischen Mathematikjournal Nieuw Archief voor de Wiskunde und wurde vom niederlandischen Mathematiker Pieter Hendrik Schoute verfasst Ein Auszug aus der Einleitung zur Theorie der vielfachen Kontinuitat Anzeige einer Abhandlung uber die Theorie der vielfachen Kontinuitat Die Abhandlung die ich hier der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vorzulegen die Ehre habe enthalt einen Versuch einen neuen Zweig der Analysis zu begrunden und zu bearbeiten welcher gleichsam eine analytische Geometrie von n displaystyle n Dimensionen diejenigen der Ebene und des Raumes als spezielle Falle fur n 2 3 displaystyle n 2 3 in sich enthielte Ich nenne denselben Theorie der vielfachen Kontinuitat uberhaupt in demselben Sinne wie man zum Beispiel die Geometrie des Raumes eine Theorie der dreifachen Kontinuitat nennen kann Wie in dieser eine Gruppe von Werten der drei Koordinaten einen Punkt bestimmt so soll in jener eine Gruppe gegebener Werte der n displaystyle n Variabeln x y displaystyle x y ldots eine Losung bestimmen Ich gebrauche diesen Ausdruck weil man bei einer oder mehreren Gleichungen mit vielen Variabeln jede genugende Gruppe von Werten auch so nennt das Ungewohnliche der Benennung liegt nur darin dass ich sie auch noch beibehalte wenn gar keine Gleichung zwischen den Variabeln gegeben ist In diesem Falle nenne ich die Gesamtheit aller Losungen die n displaystyle n fache Totalitat sind hingegen 1 2 3 displaystyle 1 2 3 ldots Gleichungen gegeben so heisst bzw die Gesamtheit ihrer Losungen n 1 displaystyle n 1 faches n 2 displaystyle n 2 faches n 3 displaystyle n 3 faches Kontinuum Aus der Vorstellung der allseitigen Kontinuitat der in einer Totalitat enthaltenen Losungen entwickelt sich diejenige der Unabhangigkeit ihrer gegenseitigen Lage von dem System der gebrauchten Variabeln insofern durch Transformation neue Variabeln an ihre Stelle treten konnen Diese Unabhangigkeit spricht sich aus in der Unveranderlichkeit dessen was ich den Abstand zweier gegebener Losungen x y displaystyle x y ldots x y displaystyle x y ldots nenne und im einfachsten Fall durch x x 2 y y 2 displaystyle sqrt x x 2 y y 2 ldots definiere indem ich gleichzeitig das System der Variabeln ein orthogonales heisse Schlafli fasste Punkte im n displaystyle n dimensionalen Raum zuerst als Losungen von linearen Gleichungen auf um dann den brillanten Gedankengang auszufuhren ein System ohne Gleichungen zu betrachten um dadurch alle moglichen Punkte des Rn displaystyle mathbb R n wie wir es heute nennen wurden zu erhalten Er verbreitete dieses Konzept in den Artikeln die er in den 1850er und 1860er Jahren publizierte und es entwickelte sich schnell 1867 begann er einen Artikel mit den Worten Wir betrachten den Raum der n displaystyle n Tupel von Punkten Dies deutet nicht nur darauf hin dass er die Theorie in den Griff bekommen hatte sondern auch dass sein Publikum keine langen Erklarungen mehr notig hatte PolytopeIn der Theorie der vielfachen Kontinuitat definiert Schlafli sogenannte Polyschemas welche heutzutage Polytope genannt werden Sie sind die mehrdimensionalen Analoga der Polygone und Polyeder Er entwickelte deren Theorien und fand unter anderem die mehrdimensionale Variante des Eulerschen Polyedersatzes Er bestimmte auch die regularen Polytope d h die n displaystyle n dimensionalen Verwandten der regularen Polygone und der Platonischen Korper Es stellte sich heraus dass es deren sechs im vierdimensionalen Raum und drei in allen hoher dimensionalen Raumen gibt Obwohl Schlafli in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts ziemlich bekannt bei seinen Kollegen im Speziellen fur seine Beitrage zur komplexen Analysis war bekam sein fruhes geometrisches Werk lange Zeit keine grosse Aufmerksamkeit Zu Beginn des 20 Jahrhunderts befasste sich Pieter Hendrik Schoute zusammen mit Alicia Boole Stott mit Polytopen Sie bewies Schlaflis Resultat uber regulare Polytope noch einmal allerdings nur fur den vierdimensionalen Raum und entdeckte danach Schlaflis Buch Spater studierte Willem Abraham Wijthoff semi regulare Polytope Seine Arbeit wurde von H S M Coxeter John Horton Conway und anderen fortgesetzt Es gibt immer noch viele ungeloste Probleme in diesem Bereich der auf der Arbeit von Ludwig Schlafli grundet TriviaDas Schlafli Symbol p q r displaystyle left p q r dots right ist nach Ludwig Schlafli benannt Ludwig Schlafli sollte wie sein Vater Geschaftsmann werden Aber er machte die denkbar schlechtesten Geschafte da er nicht begreifen konnte dass man einen Gegenstand teurer verkaufte als dass man ihn einkaufte Schlafli machte ein theologisches Staatsexamen und war nach einigen Komplikationen mit der Probepredigt im Berner Verzeichnis der zum Pfarramt berechtigten Personen zu finden Er hat aber ein solches wohl nie innegehabt In der Bibliothek Exakte Wissenschaften der Universitat Bern erinnert der Schriftzug vom Schweizer Kunstlerpaar Hannes und Petruschka Vogel Three quarks for Muster Mark Einstein und Schlafli 1993 an Schlaflis Tatigkeit in Bern LiteraturLudwig Schlafli Theorie der vielfachen Kontinuitat Hrsg H J Graf Zurcher und Furrer Zurich 1901 Historical Math Monographs Memento vom 2 Januar 2016 im Internet Archive Cornell University Erster Druck von Schlaflis Hauptwerk rund 50 Jahre nach seiner Entstehung im Auftrag der Denkschriften Kommission der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft Ludwig Schlafli Gesammelte Abhandlungen 3 Bande Birkhauser 1950 1953 1956 Johann Jakob Burckhardt Schlafli Ludwig In Charles Coulston Gillispie Hrsg Dictionary of Scientific Biography Band 12 Ibn Rushd Jean Servais Stas Charles Scribner s Sons New York 1975 S 170 173 englisch Johann Jakob Burckhardt Ludwig Schlafli In Elemente der Mathematik Beiheft 4 1948 Digitalisat bei E Periodica Moritz Cantor Schlafli Ludwig In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 54 Duncker amp Humblot Leipzig 1908 S 29 31 Abraham Gotthelf Kastner Mathematische Anfangsgrunde der Analysis des Unendlichen Gottingen 1761 Bemerkung Das ist der dritte Band von Kastners Mathematische Anfangsgrunde uni goettingen de Ruth Kellerhals Der Mathematiker Ludwig Schlafli In DMV Mitteilungen 1996 Nr 4 S 35 Jurg Husler Schlafli Ludwig In Neue Deutsche Biographie NDB Band 23 Duncker amp Humblot Berlin 2007 ISBN 978 3 428 11204 3 S 20 f Digitalisat Urs Wuthrich Das Genie das Hausierer werden sollte In Berner Zeitung 21 Juli 2014 WeblinksJohn J O Connor Edmund F Robertson Ludwig Schlafli In MacTutor History of Mathematics archive englisch Informationen zu vierdimensionalen Polytopen Erlauterungen zum Schlafli Symbol Literatur von und uber Ludwig Schlafli im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Erwin Neuenschwander Schlafli Ludwig In Historisches Lexikon der Schweiz Spektrum de Ein genialer Tolpel 1 September 2021 Nachlass Ludwig Schlafli in der Datenbank HelveticArchives des Schweizerischen Literaturarchivs Ludwig Schlafli in der Datenbank zbMATHEinzelnachweiseMoritz Cantor Schlafli Ludwig In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 54 Duncker amp Humblot Leipzig 1908 S 29 31 Personalnachrichten In Illustrirte Zeitung 21 Juni 1873 S 3 online bei ANNO Ludwig Schlafli im Mathematics Genealogy Project englisch abgerufen am 11 Februar 2025 Normdaten Person GND 118795082 lobid GND Explorer OGND AKS LCCN no2001080371 VIAF 113316205 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Schlafli LudwigALTERNATIVNAMEN Schlafli Ludwig englisch KURZBESCHREIBUNG Schweizer MathematikerGEBURTSDATUM 15 Januar 1814GEBURTSORT Grasswil heute Seeberg BE STERBEDATUM 20 Marz 1895STERBEORT Bern