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Oberlausitzer Pönfall

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Oberlausitzer Pönfall
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Bautzen Görlitz Kamenz
Lauban Löbau Zittau

Als Oberlausitzer Pönfall wird die vom böhmischen König Ferdinand I. im Sommer 1547 vorgenommene Bestrafung der zum Oberlausitzer Sechsstädtebund gehörenden Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau bezeichnet.

Anlass

Der Pönfall steht im engen Zusammenhang mit dem Schmalkaldischen Krieg und dem Aufstand der böhmischen Stände in den Jahren 1546/47. Als Ferdinand I. seinem Bruder Kaiser Karl V. gegen die im Schmalkaldischen Bund vereinten protestantischen Fürsten und Städte zu Hilfe kam, forderte er auch von den Ständen der böhmischen Kronländer Militärhilfe gegen die Protestanten. Die überwiegend evangelischen bzw. utraquistischen Stände Böhmens und der Oberlausitz wollten jedoch nicht gegen ihre Glaubensgenossen zu Felde ziehen und in Böhmen leistete man dem König offenen Widerstand. In der Oberlausitz dagegen verhielten sich Adel und Städte 1546 abwartend, man zog die Verhandlungen mit Ferdinand I. in die Länge und hoffte auf diese Weise, der Beteiligung am Krieg doch noch entgehen zu können. Dabei verhandelten Land und Städte jeweils getrennt mit dem König. Anfang 1547 gab es keine Ausflüchte mehr und die beiden Stände bewilligten die Stellung von Truppen. Die Städte rüsteten für zwei Monate ein Kontingent von Söldnern aus, das sich in Sachsen mit der Armee der habsburgischen Brüder vereinigte. Als die zwei Monate um waren, zog die Truppe der Städte am 23. April 1547, also unmittelbar vor der Entscheidungsschlacht bei Mühlberg aus dem Heerlager ab. Ein königlicher Befehl, die Kriegsknechte weiterhin zu besolden, hatte die Räte der Oberlausitzer Städte zu spät erreicht. Von Ferdinand wurde der Abzug als Ungehorsam wider seine königliche Majestät ausgelegt.

Der Pönfall

Nachdem das kaiserliche Heer die Protestanten besiegt hatte und Ferdinand den Aufstand der Böhmen mit seinem Einzug in Prag im Juli 1547 beenden konnte, ging der böhmische König an die Bestrafung seiner untreuen Untertanen. Am 8. August wurden auch die Vertreter der Oberlausitzer Städte Bautzen, Görlitz, Zittau, Lauban, Löbau und Kamenz (der gesamte Rat und je zehn Geschworene aus jeder der städtischen Gemeinden) zum 1. September zur Verantwortung nach Prag vorgeladen.

Die Anklageschrift enthielt eine Vielzahl von Vergehen, derer die Städte beschuldigt wurden. Neben der problematischen Geschichte mit den Truppen wurde ihnen auch die Verletzung der Oberlausitzer Verfassung zum Schaden des Königs und die Missachtung der königlichen Befehle, Religionssachen betreffend, angekreidet. Die Sammlung der Anklagen war in wesentlichen Teilen von Vertretern des Oberlausitzer Adels lanciert worden, die darin eine Möglichkeit sahen, den mit ihnen verfeindeten Städten zu schaden. Besonders der Amtshauptmann des Görlitzer Kreises Ulrich von Nostitz, ein Katholik, fand bei Ferdinand ein offenes Ohr für seine Beschuldigungen.

Der König hatte im Juli 1547 zur Aburteilung der böhmischen Aufständischen ein Sondergericht gebildet, das vor allem mit Adeligen aus den Nebenländern der Krone Böhmen besetzt war. Somit saßen auch die Feinde der Städte aus dem Oberlausitzer Adel mit über die Kommunen zu Gericht. Die von den Städten ausgearbeitete Rechtfertigung wurde in Prag gar nicht angehört. Nach einem kurzen Prozess wurde das harte Urteil gesprochen:

  • Verlust aller Stadtprivilegien, darunter der Entzug der städtischen Gerichtsbarkeit und der freien Ratswahl
  • Abtretung aller städtischen Landgüter an die königliche Kammer
  • Ablieferung aller Waffen
  • Einführung einer ewigen Biersteuer
  • ein Strafgeld in Höhe von 100.000 Gulden.

Bis zur Bezahlung der enormen Summe, wovon 40.000 Gulden auf Görlitz fielen, jeweils 20.000 auf Bautzen und Zittau, 10.000 auf Lauban und jeweils 5.000 auf Löbau und Kamenz, wurden die knapp hundert nach Prag gereisten Bürgermeister, Räte und Geschworenen ins Gefängnis gesteckt. Unter den nach Prag abgesandten nennenswert sind:

  • Jakob Rösler (Bürgermeister in Görlitz)
  • Franz Schneider
  • Franz Lindner
  • Peter Skorler
  • Michael Schmidt
  • Friedrich Weigand
  • Hans Feuerbach
  • Conrad Nesen
  • Nikolaus Dornspach
  • Urban Seger (Bürgermeister in Zittau)
  • Christoph Pfeil (Bürgermeister in Bautzen)
  • Johann Stühler (Bürgermeister in Löbau)
  • Urban Zeidler (Bürgermeister in Lauban)
  • Andreas Günther (Bürgermeister in Kamenz)

Wenige davon, beispielsweise Schneider und Lindner, kamen in ein besseres Gefängnis auf dem Schloss. Da sich die gefangenen Zittauer und Bautzener Ratsherren dem Strafmaß widersetzten, wurden sie „in eine Art von Kloake“ mit üblem Gestank verschleppt, Am 9. September wurde Bestrafung von den Gefangenen unterschrieben. Am 10. September wurden zwei Vertreter jeder der sechs Städte nach Hause geschickt, um das Strafmaß zu verkünden. Die anderen Gefangenen wurden jedoch nicht entlassen, erhielten aber am 11. September „ein nicht viel leidlicheres Gefängnis“ auf dem Schloss. Die nach Hause Reisenden waren (soweit bekannt): Franz Göritz und Valentin Locke (Bautzen), Urban Zeidler und Paul Heer (Lauban), Johann Stühler und Hans Heintze (Löbau) Franz Schneider und Michael Schmidt (Görlitz), Andreas Günther (Kamenz). Die zwei Görlitzer Gesandten Schneider und Schmidt, die durchgehend mit den Gefangenen im Briefkontakt standen, zogen „von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf“ und schrieben „überall hin“, um die immense Strafsumme aufzutreiben. Insbesondere die reichsten Bürger, darunter Joachim Frenzel, Kaspar Berndt, Jakob Emmerich und Heinrich Scheußlich, weigerten sich überhaupt etwas beizutragen. Der Görlitzer Rat, der die höchste Strafe der sechs Städte zu bezahlen hatte, wurde wie schon mehrmals zuvor auch von Juden (über 2.000 Gulden Kanzleikosten) entlastet. Kurz vor der Freilassung der Gefangenen am 12. Oktober 1547 lieh Sigmund Morgenrot dem Rat am 7. oder 8. Oktober 300 Taler.

Die Religionsfrage hat bei der Urteilsbegründung keine Rolle mehr gespielt. Die Bestrafung der Städte geschah also nicht aus religiösen Gründen. In die kirchliche Ordnung der protestantischen Kommunen griff der katholische Habsburger nicht ein.

Die Summe der Strafen bedeutete eigentlich, dass die Oberlausitzer Städte die Würde eines freien Standes verloren hatten und deshalb auch nicht mehr landtagsfähig waren. So jedenfalls war es den meisten böhmischen Städten ergangen, die ähnlich harte Maßnahmen des Königs zu erdulden hatten.

Mit der Durchführung der Strafmaßnahmen wurden königliche Kommissare beauftragt, die zum großen Teil aus dem Oberlausitzer Adel stammten und unter Führung des Ulrich von Nostitz standen. Von diesen wurden neue Räte eingesetzt; das Amt des Stadtrichters übernahmen nun Angehörige des Adels.

Die Folgen für die Städte und ihre Überwindung

Unmittelbare Folgen des Pönfalls waren akuter Geldmangel wegen der Aufbringung der Strafe, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, weil die Gerichte nicht mehr funktionierten, die städtischen Büttel keine Waffen mehr hatten und die per Zwang eingesetzten Räte sich oft genug als Versager herausstellten, die unter normalen Umständen nie in die Stadtregierungen berufen worden wären. Auch die Versorgungslage in den Städten wurde kritisch. Weil sie ihre Landgüter verloren hatten, mussten Lebensmittel viel teurer eingekauft werden. Selbst die Güter kirchlicher Stiftungen waren betroffen, so dass auch die Armen und Kranken nicht mehr auf die übliche Weise unterhalten werden konnten. Unruhen waren zu befürchten.

Die Verwaltung der zu Gunsten der königlichen Kammer eingezogenen Landgüter funktionierte nicht zufriedenstellend. Die eingesetzten Kommissare erwiesen sich als unfähig und in Einzelfällen auch als korrupt, so dass die königliche Kammer kaum Einnahmen aus dem neuen Besitz verbuchen konnte. Angesichts der eigenen Finanznöte war Ferdinand I. gezwungen, die Güter schnell zu Geld zu machen. Die meisten wurden unter Wert verkauft, manche sogar an Parteigänger des Königs verschenkt.

Die Vormacht der Städte über den Adel wurde zwar durch den Pönfall ein für alle Mal gebrochen, die für alle Beteiligten wenig befriedigende Situation in der Oberlausitz barg jedoch den Keim für einen Wiederaufstieg der Städte im politischen Gefüge des Markgraftums.

Nach der Überwindung des ersten Schocks bemühten sich die Führungen der Städte intensiv darum, die verlorenen Positionen zurückzugewinnen, und auch der König sah ein, dass ihm die entstandene Unordnung auf Dauer keine Vorteile brachte. Schritt für Schritt kauften die Städte zumeist auf Kredit ihre Landgüter zurück; mit unausgesetzten Bitten bestürmten sie den König und die Prager Statthalterei unter Erzherzog Ferdinand wegen der Rückgabe ihrer Privilegien, die sie auch nach und nach erhielten, wenngleich für viele der Urkunden eine hohe Gebühr an die böhmische Hofkanzlei entrichtet werden musste. Gegenüber den kleineren und ärmeren Städten, zum Beispiel Löbau, erwies sich König Ferdinand gnädig, indem er ihnen Besitzungen teilweise kostenlos zurückgab. Bis 1560 hatten die Städte die Niedergerichte und die freie Ratskür wiedergewonnen. Schon vorher waren sie wieder in alter Weise auf den Landtagen vertreten. (Anhand der überlieferten Quellen lässt sich nicht entscheiden, ob sie ganz davon ausgeschlossen gewesen waren; ausdrücklich verboten wurde ihnen die Teilnahme im Urteil des Pönfalls jedenfalls nicht.)

Mit der an alle Adeligen und freien Städte der Oberlausitz im Jahr 1562 hatten die Kommunen in fast allen Dingen den Zustand vor dem Pönfall erreicht. Nur die Gerichtsgewalt über Teile des Adels und dessen Untertanen blieb ihnen für immer versagt. Dafür war das Verhältnis zur Ritterschaft nun weit weniger angespannt als vor 1547. Das hatte auch mit den veränderten politischen Konstellationen um 1560 zu tun. Zum einen vereinigten sich beide Stände in der Opposition gegen den königlichen Landvogt Christoph von Dohna, der sein Amt nicht verfassungsgemäß verwaltete, zum anderen war man sich in der Religionspolitik einig, denn auch im Adel gab es gut ein Jahrzehnt nach dem Pönfall keine profilierten Vertreter des Katholizismus mehr. Adel und Städte bemühten sich nun geschlossen um die landesrechtliche Anerkennung der lutherischen Konfession.

Die hohen Strafgelder und die Kosten für den Rückkauf der Güter und Privilegien hatten der städtischen Wirtschaft enorme Mittel entzogen, so dass die Ökonomien der Kommunen noch Jahrzehnte später deutlich geschwächt waren, zumal von den Räten für die Abtragung der Schulden bis in die 1580er Jahre hinein höhere Steuern eingetrieben werden mussten.

Literatur

  • Hermann Baumgärtel: Geschichte des Pönfalls der Oberlausitzer Sechsstädte. Bautzen 1898. (Online)
  • Hanuš Härtel: Přinoški k tak mjenowanemu „Pönfallej“ hornjołužiskich šesćiměstow. (deutsch Beiträge zum so genannten „Pönfall“ der Oberlausitzer Sechsstädte.) In: Lětopis. Band 5/6, Bautzen 1958/59, S. 150–227 (sorbisch), ISSN 0943-2787.
  • Matthias Herrmann (Hrsg.): Pönfall der Oberlausitzer Sechsstädte. 1547–1997. Beiträge der Herbsttagung der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz e. V. in Zusammenwirken mit dem Kamenzer Geschichtsverein e. V. zum Thema „Pönfall der Oberlausitzer Sechsstädte und Reformation“ (= Kamenzer Beiträge, Band 2). Kamenzer Geschichtsverein, Kamenz 1999, ISBN 3-932890-03-5.
  • Matthias Herrmann: Der Pönfall der oberlausitzischen Sechsstädte und seine überregionale Einordnung. In: Joachim Bahlcke, Volker Dudeck (Hrsg.): Welt – Macht – Geist. Das Haus Habsburg und die Oberlausitz. Oettel, Görlitz und Zittau 2002, ISBN 3-932693-61-2, S. 97–110.
  • Theodor Neumann: Beiträge zur Geschichte des Schmalkaldischen Krieges, der Böhmischen Empörung von 1547, sowie des Pönfalles der Oberlausitzischen Sechsstädte in demselben Jahre. Görlitz 1848 (Digitalisat).
  • Friedrich Pietsch: Görlitz im Pönfall. In: Neues Lausitzisches Magazin. Band 111, Oettel, Görlitz und Zittau 1935, S. 51–141. (Online)
  • Friedrich Theodor Richter: Geschichte des Pönfalls der Oberlausitzischen Sechsstädte. In: Neues Lausitzisches Magazin. Band 13, 1835, S. 5–144 (Digitalisat).
  • Verlust der Stadtgüter beim Pönfalle 1547 und nochmaliger Wiedergewinn. In: Christian Adolf Pescheck: Handbuch der Geschichte von Zittau, Band 1. Zittau 1834. S. 273–281. (Online)
  • Ernst Friedrich Haupt: Wilhelm und Konrad, Brüder Nesen, Nikolaus von Dornspach u. Procopius Naso. Zittau 1843. S. 38 ff. (Online)

Einzelnachweise

  1. Ernst Friedrich Haupt: Wilhelm und Konrad, Brüder Nesen, Nikolaus von Dornspach u. Procopius Naso. Schöpf, 1843 (google.de [abgerufen am 16. August 2024]). 
  2. Neues Lausitzisches Magazin: herausgegeben von der Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften. Dreizehnter Band. Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften, 1835, S. 16–17 (google.de [abgerufen am 16. August 2024]). 
  3. Christian Adolph Pescheck: Handbuch der Geschichte von Zittau. J.D. Schopsischen, 1834, S. 273 (google.de [abgerufen am 18. August 2024]). 
  4. Theodor Neumann: Beiträge zur Geschichte des schmalkaldischen Krieges: der böhmischen Empörung von 1547, sowie des Pönfalles der oberlausitzischen Sechsstädte in demselben Jahre. [Dr.:] Heinze, 1848 (google.de [abgerufen am 18. August 2024]). 
  5. Paul Berkel: Geschichte der Stadt Lauban. Reipprich, 1896 (google.de [abgerufen am 16. August 2024]). 
  6. Biografie von Andreas Günther (1502-1570) - Sächsische Biografie | ISGV e. V. Abgerufen am 16. August 2024. 
  7. Neues lausitzisches Magazin. Band 13, 1835 (google.de [abgerufen am 18. August 2024]). 
  8. Theodor Neumann: Geschichte von Görlitz. Comm. Heyn, 1850, S. 333–334 (google.de [abgerufen am 21. Mai 2024]). 
  9. Reiner Groß: Martin Luther, 1483–1546: Dokumente seines Lebens und Wirkens. H. Böhlau, 1983, S. 296 (google.de [abgerufen am 3. August 2021]). 
  10. Friedrich Pietsch: Görlitz im Pönfall. In: Richard Jecht (Hrsg.): Neues Lausitzisches Magazin. Band 111, 1935, S. 104–105, 112–113, 136. 
Dieser Artikel wurde am 9. September 2004 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen.

Autor: www.NiNa.Az

Veröffentlichungsdatum: 19 Jul 2025 / 04:28

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Nebenlandern der Krone Bohmen besetzt war Somit sassen auch die Feinde der Stadte aus dem Oberlausitzer Adel mit uber die Kommunen zu Gericht Die von den Stadten ausgearbeitete Rechtfertigung wurde in Prag gar nicht angehort Nach einem kurzen Prozess wurde das harte Urteil gesprochen Verlust aller Stadtprivilegien darunter der Entzug der stadtischen Gerichtsbarkeit und der freien Ratswahl Abtretung aller stadtischen Landguter an die konigliche Kammer Ablieferung aller Waffen Einfuhrung einer ewigen Biersteuer ein Strafgeld in Hohe von 100 000 Gulden Bis zur Bezahlung der enormen Summe wovon 40 000 Gulden auf Gorlitz fielen jeweils 20 000 auf Bautzen und Zittau 10 000 auf Lauban und jeweils 5 000 auf Lobau und Kamenz wurden die knapp hundert nach Prag gereisten Burgermeister Rate und Geschworenen ins Gefangnis gesteckt Unter den nach Prag abgesandten nennenswert sind Jakob Rosler Burgermeister in Gorlitz Franz Schneider Franz Lindner Peter Skorler Michael Schmidt Friedrich Weigand Hans Feuerbach Conrad Nesen Nikolaus Dornspach Urban Seger Burgermeister in Zittau Christoph Pfeil Burgermeister in Bautzen Johann Stuhler Burgermeister in Lobau Urban Zeidler Burgermeister in Lauban Andreas Gunther Burgermeister in Kamenz Wenige davon beispielsweise Schneider und Lindner kamen in ein besseres Gefangnis auf dem Schloss Da sich die gefangenen Zittauer und Bautzener Ratsherren dem Strafmass widersetzten wurden sie in eine Art von Kloake mit ublem Gestank verschleppt Am 9 September wurde Bestrafung von den Gefangenen unterschrieben Am 10 September wurden zwei Vertreter jeder der sechs Stadte nach Hause geschickt um das Strafmass zu verkunden Die anderen Gefangenen wurden jedoch nicht entlassen erhielten aber am 11 September ein nicht viel leidlicheres Gefangnis auf dem Schloss Die nach Hause Reisenden waren soweit bekannt Franz Goritz und Valentin Locke Bautzen Urban Zeidler und Paul Heer Lauban Johann Stuhler und Hans Heintze Lobau Franz Schneider und Michael Schmidt Gorlitz Andreas Gunther Kamenz Die zwei Gorlitzer Gesandten Schneider und Schmidt die durchgehend mit den Gefangenen im Briefkontakt standen zogen von Haus zu Haus von Dorf zu Dorf und schrieben uberall hin um die immense Strafsumme aufzutreiben Insbesondere die reichsten Burger darunter Joachim Frenzel Kaspar Berndt Jakob Emmerich und Heinrich Scheusslich weigerten sich uberhaupt etwas beizutragen Der Gorlitzer Rat der die hochste Strafe der sechs Stadte zu bezahlen hatte wurde wie schon mehrmals zuvor auch von Juden uber 2 000 Gulden Kanzleikosten entlastet Kurz vor der Freilassung der Gefangenen am 12 Oktober 1547 lieh Sigmund Morgenrot dem Rat am 7 oder 8 Oktober 300 Taler Die Religionsfrage hat bei der Urteilsbegrundung keine Rolle mehr gespielt Die Bestrafung der Stadte geschah also nicht aus religiosen Grunden In die kirchliche Ordnung der protestantischen Kommunen griff der katholische Habsburger nicht ein Die Summe der Strafen bedeutete eigentlich dass die Oberlausitzer Stadte die Wurde eines freien Standes verloren hatten und deshalb auch nicht mehr landtagsfahig waren So jedenfalls war es den meisten bohmischen Stadten ergangen die ahnlich harte Massnahmen des Konigs zu erdulden hatten Mit der Durchfuhrung der Strafmassnahmen wurden konigliche Kommissare beauftragt die zum grossen Teil aus dem Oberlausitzer Adel stammten und unter Fuhrung des Ulrich von Nostitz standen Von diesen wurden neue Rate eingesetzt das Amt des Stadtrichters ubernahmen nun Angehorige des Adels Die Folgen fur die Stadte und ihre UberwindungUnmittelbare Folgen des Ponfalls waren akuter Geldmangel wegen der Aufbringung der Strafe eine Gefahrdung der offentlichen Ordnung weil die Gerichte nicht mehr funktionierten die stadtischen Buttel keine Waffen mehr hatten und die per Zwang eingesetzten Rate sich oft genug als Versager herausstellten die unter normalen Umstanden nie in die Stadtregierungen berufen worden waren Auch die Versorgungslage in den Stadten wurde kritisch Weil sie ihre Landguter verloren hatten mussten Lebensmittel viel teurer eingekauft werden Selbst die Guter kirchlicher Stiftungen waren betroffen so dass auch die Armen und Kranken nicht mehr auf die ubliche Weise unterhalten werden konnten Unruhen waren zu befurchten Die Verwaltung der zu Gunsten der koniglichen Kammer eingezogenen Landguter funktionierte nicht zufriedenstellend Die eingesetzten Kommissare erwiesen sich als unfahig und in Einzelfallen auch als korrupt so dass die konigliche Kammer kaum Einnahmen aus dem neuen Besitz verbuchen konnte Angesichts der eigenen Finanznote war Ferdinand I gezwungen die Guter schnell zu Geld zu machen Die meisten wurden unter Wert verkauft manche sogar an Parteiganger des Konigs verschenkt Die Vormacht der Stadte uber den Adel wurde zwar durch den Ponfall ein fur alle Mal gebrochen die fur alle Beteiligten wenig befriedigende Situation in der Oberlausitz barg jedoch den Keim fur einen Wiederaufstieg der Stadte im politischen Gefuge des Markgraftums Nach der Uberwindung des ersten Schocks bemuhten sich die Fuhrungen der Stadte intensiv darum die verlorenen Positionen zuruckzugewinnen und auch der Konig sah ein dass ihm die entstandene Unordnung auf Dauer keine Vorteile brachte Schritt fur Schritt kauften die Stadte zumeist auf Kredit ihre Landguter zuruck mit unausgesetzten Bitten besturmten sie den Konig und die Prager Statthalterei unter Erzherzog Ferdinand wegen der Ruckgabe ihrer Privilegien die sie auch nach und nach erhielten wenngleich fur viele der Urkunden eine hohe Gebuhr an die bohmische Hofkanzlei entrichtet werden musste Gegenuber den kleineren und armeren Stadten zum Beispiel Lobau erwies sich Konig Ferdinand gnadig indem er ihnen Besitzungen teilweise kostenlos zuruckgab Bis 1560 hatten die Stadte die Niedergerichte und die freie Ratskur wiedergewonnen Schon vorher waren sie wieder in alter Weise auf den Landtagen vertreten Anhand der uberlieferten Quellen lasst sich nicht entscheiden ob sie ganz davon ausgeschlossen gewesen waren ausdrucklich verboten wurde ihnen die Teilnahme im Urteil des Ponfalls jedenfalls nicht Mit der an alle Adeligen und freien Stadte der Oberlausitz im Jahr 1562 hatten die Kommunen in fast allen Dingen den Zustand vor dem Ponfall erreicht Nur die Gerichtsgewalt uber Teile des Adels und dessen Untertanen blieb ihnen fur immer versagt Dafur war das Verhaltnis zur Ritterschaft nun weit weniger angespannt als vor 1547 Das hatte auch mit den veranderten politischen Konstellationen um 1560 zu tun Zum einen vereinigten sich beide Stande in der Opposition gegen den koniglichen Landvogt Christoph von Dohna der sein Amt nicht verfassungsgemass verwaltete zum anderen war man sich in der Religionspolitik einig denn auch im Adel gab es gut ein Jahrzehnt nach dem Ponfall keine profilierten Vertreter des Katholizismus mehr Adel und Stadte bemuhten sich nun geschlossen um die landesrechtliche Anerkennung der lutherischen Konfession Die hohen Strafgelder und die Kosten fur den Ruckkauf der Guter und Privilegien hatten der stadtischen Wirtschaft enorme Mittel entzogen so dass die Okonomien der Kommunen noch Jahrzehnte spater deutlich geschwacht waren zumal von den Raten fur die Abtragung der Schulden bis in die 1580er Jahre hinein hohere Steuern eingetrieben werden mussten LiteraturHermann Baumgartel Geschichte des Ponfalls der Oberlausitzer Sechsstadte Bautzen 1898 Online Hanus Hartel Prinoski k tak mjenowanemu Ponfallej hornjoluziskich sescimestow deutsch Beitrage zum so genannten Ponfall der Oberlausitzer Sechsstadte In Letopis Band 5 6 Bautzen 1958 59 S 150 227 sorbisch ISSN 0943 2787 Matthias Herrmann Hrsg Ponfall der Oberlausitzer Sechsstadte 1547 1997 Beitrage der Herbsttagung der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Gorlitz e V in Zusammenwirken mit dem Kamenzer Geschichtsverein e V zum Thema Ponfall der Oberlausitzer Sechsstadte und Reformation Kamenzer Beitrage Band 2 Kamenzer Geschichtsverein Kamenz 1999 ISBN 3 932890 03 5 Matthias Herrmann Der Ponfall der oberlausitzischen Sechsstadte und seine uberregionale Einordnung In Joachim Bahlcke Volker Dudeck Hrsg Welt Macht Geist Das Haus Habsburg und die Oberlausitz Oettel Gorlitz und Zittau 2002 ISBN 3 932693 61 2 S 97 110 Theodor Neumann Beitrage zur Geschichte des Schmalkaldischen Krieges der Bohmischen Emporung von 1547 sowie des Ponfalles der Oberlausitzischen Sechsstadte in demselben Jahre Gorlitz 1848 Digitalisat Friedrich Pietsch Gorlitz im Ponfall In Neues Lausitzisches Magazin Band 111 Oettel Gorlitz und Zittau 1935 S 51 141 Online Friedrich Theodor Richter Geschichte des Ponfalls der Oberlausitzischen Sechsstadte In Neues Lausitzisches Magazin Band 13 1835 S 5 144 Digitalisat Verlust der Stadtguter beim Ponfalle 1547 und nochmaliger Wiedergewinn In Christian Adolf Pescheck Handbuch der Geschichte von Zittau Band 1 Zittau 1834 S 273 281 Online Ernst Friedrich Haupt Wilhelm und Konrad Bruder Nesen Nikolaus von Dornspach u Procopius Naso Zittau 1843 S 38 ff Online EinzelnachweiseErnst Friedrich Haupt Wilhelm und Konrad Bruder Nesen Nikolaus von Dornspach u Procopius Naso Schopf 1843 google de abgerufen am 16 August 2024 Neues Lausitzisches Magazin herausgegeben von der Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften Dreizehnter Band Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften 1835 S 16 17 google de abgerufen am 16 August 2024 Christian Adolph Pescheck Handbuch der Geschichte von Zittau J D Schopsischen 1834 S 273 google de abgerufen am 18 August 2024 Theodor Neumann Beitrage zur Geschichte des schmalkaldischen Krieges der bohmischen Emporung von 1547 sowie des Ponfalles der oberlausitzischen Sechsstadte in demselben Jahre Dr Heinze 1848 google de abgerufen am 18 August 2024 Paul Berkel Geschichte der Stadt Lauban Reipprich 1896 google de abgerufen am 16 August 2024 Biografie von Andreas Gunther 1502 1570 Sachsische Biografie ISGV e V Abgerufen am 16 August 2024 Neues lausitzisches Magazin Band 13 1835 google de abgerufen am 18 August 2024 Theodor Neumann Geschichte von Gorlitz Comm Heyn 1850 S 333 334 google de abgerufen am 21 Mai 2024 Reiner Gross Martin Luther 1483 1546 Dokumente seines Lebens und Wirkens H Bohlau 1983 S 296 google de abgerufen am 3 August 2021 Friedrich Pietsch Gorlitz im Ponfall In Richard Jecht Hrsg Neues Lausitzisches Magazin Band 111 1935 S 104 105 112 113 136 Dieser Artikel wurde am 9 September 2004 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen

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