Als Reichsuniversität Straßburg bezeichnet man die Universität Straßburg während der NS Herrschaft in Straßburg also von
Reichsuniversität Straßburg

Als Reichsuniversität Straßburg bezeichnet man die Universität Straßburg während der NS-Herrschaft in Straßburg, also von November 1941 bis November/Dezember 1944. Jedoch trug auch die Kaiser-Wilhelm-Universität Straßburg den Beinamen „Reichsuniversität“, da sie zentral vom Reichskanzleramt verwaltet wurde. Mit dem Namen sollte einerseits eine Kontinuität zu ihr hergestellt werden. Zum anderen sollte Straßburg Zentrum der Westforschung werden. Diese sollte helfen, die westlichen Nachbarn an die neue europäische Ordnung zu binden und für die unter deutscher Führung entstehende Völkergemeinschaft zu gewinnen.
Die Reichsuniversität Straßburg wurde im Herbst 1944 bei der Befreiung des Elsass durch die Franzosen nach Tübingen verlegt und durch die alte französische Universität ersetzt.
Anfänge
Die Kaiser-Wilhelm-Universität in Straßburg wurde 1919 geschlossen und als Université de Strasbourg als französische Universität wieder gegründet. Sie wurde nach Kriegsausbruch Anfang September 1939 nach Clermont-Ferrand evakuiert und dort mit Lehr- und Forschungsbetrieb unter gleichem Namen weitergeführt.
Hitler verkündete die Neugründung einer deutschen Universität in Straßburg bei einem Besuch im Juni 1940 eher beiläufig, ohne sich zuvor mit den zuständigen Staats- und Parteistellen abzustimmen. Nach dem Waffenstillstand zwischen Frankreich und Deutschland im Juni 1940 und der deutschen Besetzung Frankreichs wurde eine Zivilverwaltung für das Elsass eingerichtet. Der Chef der Zivilverwaltung im Elsass, Robert Wagner ließ schon ab Juli 1940 Entwürfe und Planungen zur Gründung einer Universität in Straßburg erstellen, für die er die Zivilverwaltung im Elsass als eigen- und alleinverantwortliche Instanz betrachtete, nachdem diese direkt der Verantwortung Hitlers unterstellt worden war. In dieser Sache beanspruchten jedoch auch andere Stellen und Ministerien die Kompetenz und Verantwortung, besonders das Reichswissenschaftsministerium. Im Kompetenzstreit mit Wagner wurde ihm im April 1941 die Zuständigkeit für die werdende Reichsuniversität zugesprochen. Das Ministerium übernahm daraufhin auch die Finanzierung.
Eröffnung
Für die Eliteuniversität waren vom Reichswissenschaftsministerium wie vom Chef der Zivilverwaltung 112 Professorenstellen geplant, was eine Bewerberflut nach sich zog. Zahlreiche Verwaltungs- und Parteidienststellen versuchten die Besetzung zu beeinflussen. Tatsächlich wurden nie alle Planstellen besetzt und konnten es auch bereits kriegsbedingt nicht mehr. Zu Beginn des Jahres 1942 z. B. lehrten nur 53 ordentliche und 11 außerordentliche Professoren an der Reichsuniversität, zum Wintersemester 1942/1943 zählt das entsprechende Personal- und Vorlesungsverzeichnis 56 ordentliche und 20 außerordentliche Professoren zum universitären Lehrkörper.
Die Reichsuniversität Straßburg wurde mit einem Festakt am 23. November 1941 im Lichthof des Universitätshauptgebäudes eröffnet. Zugegen waren Reichserziehungsminister Bernhard Rust, Reichsstatthalter Robert Wagner, Staatsminister Otto Meissner, zahlreiche Vertreter aus Partei, Wehrmacht und Staat und die Rektoren aller deutschen Hochschulen.
Der Rektor Karl Schmidt sah für die Universität durch Lage und Tradition besondere Aufgaben; sie solle helfen, „auf geistigem Gebiete den Westen von der inneren neuen Ordnung zu überzeugen und ihn für Europa zu gewinnen“. Rust forderte die Lehrenden und Lernenden auf, „in das Erbe der kämpfenden Geschlechter mit den Waffen des Geistes einzutreten und für eine Erneuerung kämpferischen, nur der Wahrheit verschworenen Forschergeistes eines erwachten Europas zu wirken“. „Verdiente Männer aus dem Elsaß und dem Altreich“ wurden zu Ehrenbürgern der Reichsuniversität ernannt.
Siehe auch: Straßburger SC-Kameradschaften
Organisation
Gliederung
Die Reichsuniversität Straßburg wurde – wie geplant – mit vier Fakultäten ausgestattet.
- Naturwissenschaftliche Fakultät, Dekan Georg Niemeier
- Philosophische Fakultät, Dekan Ernst Anrich (Wintersemester 1941/1942 – Wintersemester 1942/1943), Hubert Schrade (ab Sommersemester 1943)
- Medizinische Fakultät, Dekan Johannes Stein
- Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Dekan Friedrich Schaffstein
Rektor
Von 1941 bis zur Eroberung von Straßburg durch die Alliierten im November 1944 war der Augenheilkundler Karl Schmidt Rektor der Reichsuniversität. Er war von 1936 bis 1939 bereits Rektor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn gewesen. Der nationalsozialistische Rechtsgelehrte Georg Dahm fungierte bis 1944 als sein Prorektor.
Lehrer
An dieser Universität lehrten unter anderem der Kernphysiker Rudolf Fleischmann, der Theoretische Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker, der Experimentalphysiker Wolfgang Finkelnburg, die Chemiker Walter und Ida Noddack, der Geologe Otto Rudolph Wilckens (1876–1943), der Mineraloge Friedrich Karl Drescher-Kaden, die Staatsrechtler Ernst Rudolf Huber und Herbert Krüger, die Historiker Ernst Anrich, Günther Franz, Hermann Heimpel sowie als Assistent Hermann Löffler (1962–1973 Professor an der PH Heidelberg), der Kunsthistoriker Hubert Schrade, der Psychologe Hans Bender, der für seine Fleckfieberversuche an Häftlingen im KZ Natzweiler-Struthof bekannte Bakteriologe Eugen Haagen, der für seine Giftgasversuche an Häftlingen gleichenorts bekannte Internist Otto Bickenbach und der für Kampfstoffversuche an Menschen und die Ermordung von KZ-Häftlingen für die geplante „Straßburger Schädelsammlung“ berüchtigte Anatom August Hirt. Die Personalakten der Reichsuniversität Straßburg wurden 1962 vom Bundesarchiv langfristig an das Bundesverwaltungsamt ausgeliehen und gelten seit 1984 als verloren.
Ende und Verlagerung
Im August/September 1944 wurden erhebliche Mengen an Büchern und wissenschaftliche Geräten der Universität sowie die Sachausstattung aller naturwissenschaftlichen und teilweise der medizinischen Institute nach Tübingen und andere Orte in Süddeutschland verlagert. Ende September 1944 wurden bei einem alliierten Luftangriff auf Straßburg die Versorgungsleitungen der Universitätsgebäude teilweise zerstört und nachfolgend Vorbereitungen zur Errichtung einer Außenstelle der Reichsuniversität Straßburg in Tübingen eingeleitet. Französische wie amerikanische Truppen rückten überraschend am 23. November 1944 in Straßburg ein, wobei die Universitätsangehörigen größtenteils flüchteten und damit der Universitätsbetrieb endgültig zum Erliegen kam. Offiziell wurde die Reichsuniversität erst am 18. Dezember 1944 auf Anordnung des Reichwissenschaftsministeriums nach Tübingen verlegt und nahm dort in sehr kleinem Umfang den Vorlesungsbetrieb wieder auf. Tübingen selber wurde am 19. April 1945 von französischem Militär besetzt; Ende Mai wurden den in Tübingen verbliebenen Angehörigen der Reichsuniversität gekündigt und verlagerte Bibliotheksbestände und Sachausstattung der Reichsuniversität von französischer Seite nach Straßburg abtransportiert – zugunsten der Université de Strasbourg.
Literatur
- Christian Baechler, François Igersheim, Pierre Racine: Les „Reichsuniversitäten“ de Strasbourg et Poznan et les résistances universitaires, 1941–1944. Presses universitaires de Strasbourg, Strasbourg 2005, ISBN 2-86820-268-3.
- Michael Grüttner: Talar und Hakenkreuz. Die Universitäten im Dritten Reich, C.H.Beck, München 2024, ISBN 978 3 406 81342 9, S. 262–280.
- Frank-Rutger Hausmann: Hans Bender (1907–1991) und das „Institut für Psychologie und Klinische Psychologie“ an der Reichsuniversität Straßburg. 1941–1944. Ergon-Verlag, Würzburg 2006, ISBN 3-89913-530-X (Grenzüberschreitungen 4).
- Frank-Rutger Hausmann: Wissenschaftsplanung und Wissenschaftslenkung an der Reichsuniversität Straßburg. In: Noyan Dinckal, Christof Dipper, Detlev Mares (Hrsg.): Selbstmobilisierung der Wissenschaft. Technische Hochschulen im „Dritten Reich“. Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-23285-7, S. 187–230.
- Herwig Schäfer: Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversität Straßburg 1941–1944 (=Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts, Bd. 23). Mohr Siebeck, Tübingen 1999, ISBN 3-16-147097-4 (Rezension).
- Joachim Lerchenmüller: Das Ende der Reichsuniversität Straßburg in Tübingen. In: Bausteine zur Tübinger Universitätsgeschichte 10, 2005, S. 115–174.
- Joachim Lerchenmüller: Die Reichsuniversität Straßburg. [Sicherheitsdienst] SD-Wissenschaftspolitik und wissenschaftliche Karrieren vor und nach 1945. In Karen Bayer (Hg.): Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit. Franz Steiner, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08175-5.
- Patrick Wechsler: La Faculté de Médecine de la „Reichsuniversität Strassburg“ (1941–1945) à l’heure nationale-socialiste. Dissertation, Faculté de Médecine, Université Louis Pasteur, Strasbourg 1991 (Volltext).
- Teresa Wróblewska: Die Reichsuniversitäten Posen, Prag und Strassburg als Modelle nationalsozialistischer Hochschulen in den von Deutschland besetzten Gebieten. Marszalek, Toruń 2000, ISBN 83-7174-674-1 (Rezension).
- Jost-Dietrich Busch: Juristische Wege zwischen Straßburg und Kiel, Hamburg, Göttingen. Vor- und Nachwirkungen der Reichsuniversität Straßburg 1941–1944. Zeitschrift für Öffentliches Recht in Norddeutschland 2005, S. 150–152.
- Alexander Pinwinkler: Der Arzt als «Führer der Volksgesundheit?» Wolfgang Lehmann (1905–1980) und das Institut für Rassenbiologie an der Reichsuniversität Straßburg, in: Revue d´Allemagne et des Pays de Langue Allemande 43 (2011), S. 401–417.
- Thomas Mohnike: Eine im Raum verankerte Wissenschaft? Aspekte einer Geschichte der „Abteilung Germanenkunde und Skandinavistik“ der Reichsuniversität Straßburg. In: NordeuropaForum 2010/1, S. 63–85.
- Rainer Möhler: Litteris et patriae – zweimal deutsche Universität Straßburg zwischen Wissenschaft und Germanisierung (1872–1918 und 1941–1944). In: Armin Heinen, Dietmar Hüser (Hrsg.): Tour de France. Eine historische Rundreise Festschrift für Rainer Hudemann (= Schriftenreihe des Deutsch-Französischen Historikerkomitees, Bd. 4). Steiner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-515-09234-0, S. 157–169.
- Rainer Möhler: Zweierlei Erinnerung an einem „Historischen Ort“ – das bedrückende Erbe der „Reichsuniversität Straßburg“ und die „Université de Strasbourg“ 1945 bis heute. In: Joachim Bauer, Stefan Gerber, Jürgen John, Gottfried Meinhold (Hrsg.): Ambivalente Orte der Erinnerung an deutschen Hochschulen (= Quellen und Beiträge zur Geschichte der Universität Jena, Bd. 13). Stuttgart 2016, ISBN 978-3-515-11573-5, S. 255–280.
- Rainer Möhler: „Ce ne sont pas des collègues“. L’attitude de la Reichsuniversität Straßburg à l’égard de l’ Université de Strasbourg repliée à Clermont-Ferrand. In: Olivier Forcade (Hrsg.): Exils intérieurs. Les évacuations à la frontière franco-allemande (1939-1940). Paris 2017, ISBN 979-10-231-0573-5, S. 123–133.
- Rainer Möhler: Die Reichsuniversität Straßburg 1940-1944. Eine nationalsozialistische Musteruniversität zwischen Wissenschaft, Volkstumspolitik und Verbrechen (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B, Bd. 227). Kohlhammer, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-17-038098-1. (Volltext).
- Revue d’Allemagne et des pays de langue Allemande. Bd. 43, n° 3, juillet–septembre 2011, Schwerpunktheft: Une Université Nazie Sur Le Sol Francais (Eine Nazi-Universität auf französischem Boden). Nouvelles recherches (Neuere Forschungen) sur la Reichsuniversität de Strasbourg (1941–1944). Hg. Catherine Maurer, Beiträge deutsch oder französisch. ISSN 0035-0974 (Inhaltsverzeichnis).
Einzelnachweise
- s. Schreiben Werner Best (Verwaltungschef beim Militärbefehlshaber Frankreich) 8. Mai 1942 an DFG zitiert bei Joachim Lerchenmüller: Das Ende der Reichsuniversität Straßburg in Tübingen. In: Bausteine zur Tübinger Universitätsgeschichte Folge 10, Tübingen 2005, S. 116.
- Herwig Schäfer: Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversität Straßburg 1941–1944. Mohr Siebeck, Tübingen 1999. S. 17–18.
- Michael Grüttner: Talar und Hakenkreuz. Die Universitäten im Dritten Reich. C.H. Beck, München 2024, ISBN 978-3-406-81342-9, S. 273.
- Herwig Schäfer: Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversität Straßburg 1941–1944. Mohr Siebeck, Tübingen 1999, S. 30–31.
- Herwig Schäfer: Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversität Straßburg 1941–1944. S. 38, 43.
- Schäfer: Juristische Lehre, S. 41.
- Schäfer: Juristische Lehre, S. 59.
- Reichsuniversität Straßburg: Personal- und Vorlesungs-Verzeichnis Winter-Semester 1942/1943. Heitz & Co. Verlag, Straßburg 1942, S. 17–23.
- Wilhelm Röhl: Die Wiedereröffnung der Universität Straßburg. Straßburger Schwabenblatt, 2. Kriegsausgabe 1941/42, Nr. 119/120, S. 2–4.
- Herwig Schäfer: Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversität Straßburg 1941–1944, S. 35.
- Ralf Forsbach: Die medizinische Fakultät der Universität Bonn im „Dritten Reich“. Oldenbourg Verlag, München 2006, S. 266ff. (Dig.).
- Rektoratsreden
- Ausführlich zu diesem Verbrechen: Hans-Joachim Lang: Die Namen der Nummern. Wie es gelang, die 86 Opfer eines NS-Verbrechens zu identifizieren. Hoffmann & Campe, Hamburg 2004, ISBN 3-455-09464-3.
- Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich. Frankfurt am Main, ISBN 978-3-10-039310-4, S. 192.
- Herwig Schäfer: Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversität Straßburg 1941–1944, S. 240–243.
Autor: www.NiNa.Az
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Als Reichsuniversitat Strassburg bezeichnet man die Universitat Strassburg wahrend der NS Herrschaft in Strassburg also von November 1941 bis November Dezember 1944 Jedoch trug auch die Kaiser Wilhelm Universitat Strassburg den Beinamen Reichsuniversitat da sie zentral vom Reichskanzleramt verwaltet wurde Mit dem Namen sollte einerseits eine Kontinuitat zu ihr hergestellt werden Zum anderen sollte Strassburg Zentrum der Westforschung werden Diese sollte helfen die westlichen Nachbarn an die neue europaische Ordnung zu binden und fur die unter deutscher Fuhrung entstehende Volkergemeinschaft zu gewinnen Stempel des Germanistischen Seminars der Reichsuniversitat Strassburg Abteilung Germanenkunde und Skandinavistik Die Reichsuniversitat Strassburg wurde im Herbst 1944 bei der Befreiung des Elsass durch die Franzosen nach Tubingen verlegt und durch die alte franzosische Universitat ersetzt AnfangeDie Kaiser Wilhelm Universitat in Strassburg wurde 1919 geschlossen und als Universite de Strasbourg als franzosische Universitat wieder gegrundet Sie wurde nach Kriegsausbruch Anfang September 1939 nach Clermont Ferrand evakuiert und dort mit Lehr und Forschungsbetrieb unter gleichem Namen weitergefuhrt Hitler verkundete die Neugrundung einer deutschen Universitat in Strassburg bei einem Besuch im Juni 1940 eher beilaufig ohne sich zuvor mit den zustandigen Staats und Parteistellen abzustimmen Nach dem Waffenstillstand zwischen Frankreich und Deutschland im Juni 1940 und der deutschen Besetzung Frankreichs wurde eine Zivilverwaltung fur das Elsass eingerichtet Der Chef der Zivilverwaltung im Elsass Robert Wagner liess schon ab Juli 1940 Entwurfe und Planungen zur Grundung einer Universitat in Strassburg erstellen fur die er die Zivilverwaltung im Elsass als eigen und alleinverantwortliche Instanz betrachtete nachdem diese direkt der Verantwortung Hitlers unterstellt worden war In dieser Sache beanspruchten jedoch auch andere Stellen und Ministerien die Kompetenz und Verantwortung besonders das Reichswissenschaftsministerium Im Kompetenzstreit mit Wagner wurde ihm im April 1941 die Zustandigkeit fur die werdende Reichsuniversitat zugesprochen Das Ministerium ubernahm daraufhin auch die Finanzierung EroffnungFur die Eliteuniversitat waren vom Reichswissenschaftsministerium wie vom Chef der Zivilverwaltung 112 Professoren stellen geplant was eine Bewerberflut nach sich zog Zahlreiche Verwaltungs und Parteidienststellen versuchten die Besetzung zu beeinflussen Tatsachlich wurden nie alle Planstellen besetzt und konnten es auch bereits kriegsbedingt nicht mehr Zu Beginn des Jahres 1942 z B lehrten nur 53 ordentliche und 11 ausserordentliche Professoren an der Reichsuniversitat zum Wintersemester 1942 1943 zahlt das entsprechende Personal und Vorlesungsverzeichnis 56 ordentliche und 20 ausserordentliche Professoren zum universitaren Lehrkorper Die Reichsuniversitat Strassburg wurde mit einem Festakt am 23 November 1941 im Lichthof des Universitatshauptgebaudes eroffnet Zugegen waren Reichserziehungsminister Bernhard Rust Reichsstatthalter Robert Wagner Staatsminister Otto Meissner zahlreiche Vertreter aus Partei Wehrmacht und Staat und die Rektoren aller deutschen Hochschulen Der Rektor Karl Schmidt sah fur die Universitat durch Lage und Tradition besondere Aufgaben sie solle helfen auf geistigem Gebiete den Westen von der inneren neuen Ordnung zu uberzeugen und ihn fur Europa zu gewinnen Rust forderte die Lehrenden und Lernenden auf in das Erbe der kampfenden Geschlechter mit den Waffen des Geistes einzutreten und fur eine Erneuerung kampferischen nur der Wahrheit verschworenen Forschergeistes eines erwachten Europas zu wirken Verdiente Manner aus dem Elsass und dem Altreich wurden zu Ehrenburgern der Reichsuniversitat ernannt Siehe auch Strassburger SC KameradschaftenOrganisationGliederung Die Reichsuniversitat Strassburg wurde wie geplant mit vier Fakultaten ausgestattet Naturwissenschaftliche Fakultat Dekan Georg Niemeier Philosophische Fakultat Dekan Ernst Anrich Wintersemester 1941 1942 Wintersemester 1942 1943 Hubert Schrade ab Sommersemester 1943 Medizinische Fakultat Dekan Johannes Stein Rechts und Staatswissenschaftliche Fakultat Dekan Friedrich SchaffsteinRektor Von 1941 bis zur Eroberung von Strassburg durch die Alliierten im November 1944 war der Augenheilkundler Karl Schmidt Rektor der Reichsuniversitat Er war von 1936 bis 1939 bereits Rektor der Rheinischen Friedrich Wilhelms Universitat Bonn gewesen Der nationalsozialistische Rechtsgelehrte Georg Dahm fungierte bis 1944 als sein Prorektor LehrerGedenktafel fur die Opfer von August Hirt am Institut fur Anatomieforschung An dieser Universitat lehrten unter anderem der Kernphysiker Rudolf Fleischmann der Theoretische Physiker Carl Friedrich von Weizsacker der Experimentalphysiker Wolfgang Finkelnburg die Chemiker Walter und Ida Noddack der Geologe Otto Rudolph Wilckens 1876 1943 der Mineraloge Friedrich Karl Drescher Kaden die Staatsrechtler Ernst Rudolf Huber und Herbert Kruger die Historiker Ernst Anrich Gunther Franz Hermann Heimpel sowie als Assistent Hermann Loffler 1962 1973 Professor an der PH Heidelberg der Kunsthistoriker Hubert Schrade der Psychologe Hans Bender der fur seine Fleckfieberversuche an Haftlingen im KZ Natzweiler Struthof bekannte Bakteriologe Eugen Haagen der fur seine Giftgasversuche an Haftlingen gleichenorts bekannte Internist Otto Bickenbach und der fur Kampfstoffversuche an Menschen und die Ermordung von KZ Haftlingen fur die geplante Strassburger Schadelsammlung beruchtigte Anatom August Hirt Die Personalakten der Reichsuniversitat Strassburg wurden 1962 vom Bundesarchiv langfristig an das Bundesverwaltungsamt ausgeliehen und gelten seit 1984 als verloren Ende und VerlagerungIm August September 1944 wurden erhebliche Mengen an Buchern und wissenschaftliche Geraten der Universitat sowie die Sachausstattung aller naturwissenschaftlichen und teilweise der medizinischen Institute nach Tubingen und andere Orte in Suddeutschland verlagert Ende September 1944 wurden bei einem alliierten Luftangriff auf Strassburg die Versorgungsleitungen der Universitatsgebaude teilweise zerstort und nachfolgend Vorbereitungen zur Errichtung einer Aussenstelle der Reichsuniversitat Strassburg in Tubingen eingeleitet Franzosische wie amerikanische Truppen ruckten uberraschend am 23 November 1944 in Strassburg ein wobei die Universitatsangehorigen grosstenteils fluchteten und damit der Universitatsbetrieb endgultig zum Erliegen kam Offiziell wurde die Reichsuniversitat erst am 18 Dezember 1944 auf Anordnung des Reichwissenschaftsministeriums nach Tubingen verlegt und nahm dort in sehr kleinem Umfang den Vorlesungsbetrieb wieder auf Tubingen selber wurde am 19 April 1945 von franzosischem Militar besetzt Ende Mai wurden den in Tubingen verbliebenen Angehorigen der Reichsuniversitat gekundigt und verlagerte Bibliotheksbestande und Sachausstattung der Reichsuniversitat von franzosischer Seite nach Strassburg abtransportiert zugunsten der Universite de Strasbourg LiteraturChristian Baechler Francois Igersheim Pierre Racine Les Reichsuniversitaten de Strasbourg et Poznan et les resistances universitaires 1941 1944 Presses universitaires de Strasbourg Strasbourg 2005 ISBN 2 86820 268 3 Michael Gruttner Talar und Hakenkreuz Die Universitaten im Dritten Reich C H Beck Munchen 2024 ISBN 978 3 406 81342 9 S 262 280 Frank Rutger Hausmann Hans Bender 1907 1991 und das Institut fur Psychologie und Klinische Psychologie an der Reichsuniversitat Strassburg 1941 1944 Ergon Verlag Wurzburg 2006 ISBN 3 89913 530 X Grenzuberschreitungen 4 Frank Rutger Hausmann Wissenschaftsplanung und Wissenschaftslenkung an der Reichsuniversitat Strassburg In Noyan Dinckal Christof Dipper Detlev Mares Hrsg Selbstmobilisierung der Wissenschaft Technische Hochschulen im Dritten Reich Darmstadt 2010 ISBN 978 3 534 23285 7 S 187 230 Herwig Schafer Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversitat Strassburg 1941 1944 Beitrage zur Rechtsgeschichte des 20 Jahrhunderts Bd 23 Mohr Siebeck Tubingen 1999 ISBN 3 16 147097 4 Rezension Joachim Lerchenmuller Das Ende der Reichsuniversitat Strassburg in Tubingen In Bausteine zur Tubinger Universitatsgeschichte 10 2005 S 115 174 Joachim Lerchenmuller Die Reichsuniversitat Strassburg Sicherheitsdienst SD Wissenschaftspolitik und wissenschaftliche Karrieren vor und nach 1945 In Karen Bayer Hg Universitaten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der fruhen Nachkriegszeit Franz Steiner Stuttgart 2004 ISBN 3 515 08175 5 Patrick Wechsler La Faculte de Medecine de la Reichsuniversitat Strassburg 1941 1945 a l heure nationale socialiste Dissertation Faculte de Medecine Universite Louis Pasteur Strasbourg 1991 Volltext Teresa Wroblewska Die Reichsuniversitaten Posen Prag und Strassburg als Modelle nationalsozialistischer Hochschulen in den von Deutschland besetzten Gebieten Marszalek Torun 2000 ISBN 83 7174 674 1 Rezension Jost Dietrich Busch Juristische Wege zwischen Strassburg und Kiel Hamburg Gottingen Vor und Nachwirkungen der Reichsuniversitat Strassburg 1941 1944 Zeitschrift fur Offentliches Recht in Norddeutschland 2005 S 150 152 Alexander Pinwinkler Der Arzt als Fuhrer der Volksgesundheit Wolfgang Lehmann 1905 1980 und das Institut fur Rassenbiologie an der Reichsuniversitat Strassburg in Revue d Allemagne et des Pays de Langue Allemande 43 2011 S 401 417 Thomas Mohnike Eine im Raum verankerte Wissenschaft Aspekte einer Geschichte der Abteilung Germanenkunde und Skandinavistik der Reichsuniversitat Strassburg In NordeuropaForum 2010 1 S 63 85 Rainer Mohler Litteris et patriae zweimal deutsche Universitat Strassburg zwischen Wissenschaft und Germanisierung 1872 1918 und 1941 1944 In Armin Heinen Dietmar Huser Hrsg Tour de France Eine historische Rundreise Festschrift fur Rainer Hudemann Schriftenreihe des Deutsch Franzosischen Historikerkomitees Bd 4 Steiner Stuttgart 2008 ISBN 978 3 515 09234 0 S 157 169 Rainer Mohler Zweierlei Erinnerung an einem Historischen Ort das bedruckende Erbe der Reichsuniversitat Strassburg und die Universite de Strasbourg 1945 bis heute In Joachim Bauer Stefan Gerber Jurgen John Gottfried Meinhold Hrsg Ambivalente Orte der Erinnerung an deutschen Hochschulen Quellen und Beitrage zur Geschichte der Universitat Jena Bd 13 Stuttgart 2016 ISBN 978 3 515 11573 5 S 255 280 Rainer Mohler Ce ne sont pas des collegues L attitude de la Reichsuniversitat Strassburg a l egard de l Universite de Strasbourg repliee a Clermont Ferrand In Olivier Forcade Hrsg Exils interieurs Les evacuations a la frontiere franco allemande 1939 1940 Paris 2017 ISBN 979 10 231 0573 5 S 123 133 Rainer Mohler Die Reichsuniversitat Strassburg 1940 1944 Eine nationalsozialistische Musteruniversitat zwischen Wissenschaft Volkstumspolitik und Verbrechen Veroffentlichungen der Kommission fur Geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg Reihe B Bd 227 Kohlhammer Stuttgart 2020 ISBN 978 3 17 038098 1 Volltext Revue d Allemagne et des pays de langue Allemande Bd 43 n 3 juillet septembre 2011 Schwerpunktheft Une Universite Nazie Sur Le Sol Francais Eine Nazi Universitat auf franzosischem Boden Nouvelles recherches Neuere Forschungen sur la Reichsuniversitat de Strasbourg 1941 1944 Hg Catherine Maurer Beitrage deutsch oder franzosisch ISSN 0035 0974 Inhaltsverzeichnis Einzelnachweises Schreiben Werner Best Verwaltungschef beim Militarbefehlshaber Frankreich 8 Mai 1942 an DFG zitiert bei Joachim Lerchenmuller Das Ende der Reichsuniversitat Strassburg in Tubingen In Bausteine zur Tubinger Universitatsgeschichte Folge 10 Tubingen 2005 S 116 Herwig Schafer Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversitat Strassburg 1941 1944 Mohr Siebeck Tubingen 1999 S 17 18 Michael Gruttner Talar und Hakenkreuz Die Universitaten im Dritten Reich C H Beck Munchen 2024 ISBN 978 3 406 81342 9 S 273 Herwig Schafer Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversitat Strassburg 1941 1944 Mohr Siebeck Tubingen 1999 S 30 31 Herwig Schafer Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversitat Strassburg 1941 1944 S 38 43 Schafer Juristische Lehre S 41 Schafer Juristische Lehre S 59 Reichsuniversitat Strassburg Personal und Vorlesungs Verzeichnis Winter Semester 1942 1943 Heitz amp Co Verlag Strassburg 1942 S 17 23 Wilhelm Rohl Die Wiedereroffnung der Universitat Strassburg Strassburger Schwabenblatt 2 Kriegsausgabe 1941 42 Nr 119 120 S 2 4 Herwig Schafer Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversitat Strassburg 1941 1944 S 35 Ralf Forsbach Die medizinische Fakultat der Universitat Bonn im Dritten Reich Oldenbourg Verlag Munchen 2006 S 266ff Dig Rektoratsreden Ausfuhrlich zu diesem Verbrechen Hans Joachim Lang Die Namen der Nummern Wie es gelang die 86 Opfer eines NS Verbrechens zu identifizieren Hoffmann amp Campe Hamburg 2004 ISBN 3 455 09464 3 Ernst Klee Deutsche Medizin im Dritten Reich Frankfurt am Main ISBN 978 3 10 039310 4 S 192 Herwig Schafer Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversitat Strassburg 1941 1944 S 240 243 Normdaten Korperschaft GND 5343981 8 GND Explorer lobid OGND AKS LCCN no2008006219 VIAF 131735233