Der Düsseldorfer Architektenstreit wurde Anfang der 1950er Jahre durch Planungen und Personalpolitik von Friedrich Tamms
Düsseldorfer Architektenstreit

Der Düsseldorfer Architektenstreit wurde Anfang der 1950er Jahre durch Planungen und Personalpolitik von Friedrich Tamms, dem damaligen Leiter des Stadtplanungsamts Düsseldorf, ausgelöst und gilt als bedeutender Beitrag zur Aufarbeitung und zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in der jungen Bundesrepublik Deutschland. Dieser Beitrag wurde von einer Zehner-Gruppe junger Düsseldorfer Architekten geleistet, die sich zum Architektenring Düsseldorf zusammengeschlossen hatten, um ein Netz nationalsozialistischer Entscheidungsträger, das sich in Düsseldorf an der Macht hielt, öffentlich zu machen und dagegen vorzugehen. Düsseldorf war nach Ansicht des Architektenrings ein „Zentrum der ehemaligen Nazi-Prominenz“.
Das Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf widmete dem Architektenstreit 2008 eine Ausstellung unter dem Titel „Architektenstreit – Wiederaufbau zwischen Kontinuität und Neubeginn“.
Vorgeschichte
Anfang der 1950er Jahre waren in Düsseldorf zentrale Positionen im Bereich der Stadtplanung und -entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg von Architekten besetzt, die im sogenannten Dritten Reich an herausragender Stelle gearbeitet hatten, denen aber – getragen durch ein Netz von Verbindungen und persönlichen Beziehungen – eine nahezu bruchlose Fortsetzung ihrer Tätigkeit gelungen war. Schlüsselfigur war hierbei Friedrich Tamms, der bereits im April 1948 seine Arbeit als Leiter des Düsseldorfer Planungsamtes aufgenommen hatte und Konzeptionen für die städtebauliche Neuordnung Düsseldorfs entwickelt hatte, denen Vorstellungen zugrunde lagen, die schon zur Zeit des so genannten Dritten Reichs (ab Oktober 1943) für den Wiederaufbau deutscher Städte entwickelt worden waren. („Arbeitsstab Wiederaufbauplanung“ beim „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt“ (GBI) Albert Speer).
Im Oktober 1949 gründeten Josef Lehmbrock, Bernhard Pfau und weitere Architekten in Düsseldorf den „Architektenring Düsseldorf“, der die Arbeit der Vereinigung der Architekten aus den 1920er Jahren, die sich Der Ring genannt hatte, weiterführen sollte. Auslöser der Gründung war die öffentliche Präsentation des Neuordnungsplans der Stadt Düsseldorf vom 1. bis 31. Oktober 1949 im Kunstpalast am Ehrenhof, durch den die Stadtplanung unter Leitung von Friedrich Tamms den Wiederaufbau und die autogerechte Umgestaltung der Landeshauptstadt festlegen wollte.
Schon bald stellte Pfau fest, dass seine aus der NS-Zeit geprägte antifaschistische Einstellung mit den Vorstellungen der amtlichen Stadtplanung kollidierte. Die erste Phase des Streits war dabei von stadtplanerischer Sachkritik geprägt und wandte sich gegen große Durchbrüche, Einschnitte und Zerschneidungen, die seiner Ansicht nach die historisch gewachsenen Stadtviertel innerhalb des Düsseldorfer Stadtgefüges schädigten. Weiterhin kritisierte er, dass umfangreiche Flächen für die aufkommende Motorisierung umgenutzt wurden, da er hierin eine Fortsetzung von Planungen aus dem NS-Konzept für Düsseldorf als Gauhauptstadt sah.
Erste Phase ab 1949
In der ersten Phase warf der „Architektenring Düsseldorf“ Tamms vor, Architekten wie Helmut Hentrich, Hans Heuser, Hanns Dustmann, Kurt Groote, Konstanty Gutschow oder Rudolf Wolters, mit denen Tamms schon während des Nationalsozialismus bei Albert Speer, dem Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt, zusammengearbeitet hatte, in städtische Ämter zu lancieren oder bei der Vergabe von Aufträgen zu bevorzugen. Diese waren ab 1943 auch im Arbeitsstab für den Wiederaufbau bombenzerstörter Städte tätig und hierbei direkt Albert Speer unterstellt gewesen, wo derartige städtebaulichen Konzepte bereits entwickelt worden waren. Auf ausdrückliche Empfehlung von Speer waren die dort einbezogenen Architekten nicht der NSDAP beigetreten und sind daher durch die alliierten Entnazifizierungskommissionen der Nachkriegszeit entlastet worden. Was Speer zu dieser Empfehlung veranlasst hatte, ist bislang nicht geklärt.
Noch Ende 1949 stellte der Architektenring seine Planungen als ein Grundsatzprogramm den Planungen von Tamms und seiner Entourage entgegen. Nach dem Selbstverständnis des Architektenrings sollte als Ausgangspunkt der von ihm propagierten Planungsalternative der Mensch mit all seinen modernen Bedürfnissen stehen. Konkret sollten an die Stelle der stadtseitig geplanten, sogenannten axialen „Stadtdurchschneidung“ drei konzentrische Ringstraßen treten und verkehrsberuhigte Stadtbereiche eingerichtet werden. 1950 wurde das Gegenkonzept in den Räumen des Deutschen Werkbunds der Öffentlichkeit vorgestellt. Als wenig später die städtische Planung von Friedrich Tamms als „Neuordnungsplan“ jedoch beschlossen wurde, verstärkte sich die Kritik des Architektenrings. In seiner nun schärfer vorgetragenen Kritik thematisierte er insbesondere die „braune Vergangenheit“ der städtischen Planer und unterstellte ihnen ein funktionierendes Beziehungsnetz, das die ehemaligen „Kameraden“ gegenseitig mit den zahlreichen öffentlichen Aufträgen versorge. Öffentlich genannt wurden hierbei außer Friedrich Tamms auch Helmut Hentrich und Hans Heuser. Bei Heuser stellte man heraus, dass er dutzendmal Wettbewerbspreisträger und hierbei auffallend Tamms immer Preisrichter gewesen war.
Weiterhin genannt wurden Namen wie Karl Piepenburg, ein ehemaliger Bauleiter der Neuen Reichskanzlei und späterer Bauleiter der Heuser- und Hentrichbauten, sowie Rudolf Wolters, ein ehemaliger Mitarbeiter aus dem Arbeitsstab von Speer und Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt. Dieser hatte im Düsseldorfer Altstadt-Wettbewerb, bei dem Tamms Preisrichter gewesen war, gewonnen. Unter Tamms war er „Unterstadtplaner“ für einzelne Stadtteile von Düsseldorf geworden. Hinzu kam mit Hanns Dustmann ein früherer Chefarchitekt der Hitlerjugend, nunmehr Gewinner der Ausschreibung des Neubaus der Gemeinschaftsbank und des Kreishochhauses, die ebenfalls unter Mitwirkung von Tamms vergeben worden war. Auch genannt wurde Kurt Grote, ein früherer für Architektur verantwortlicher Mitarbeiter der Zeitschrift Das Schwarze Korps, unter Tamms Sachwalter in der städtischen Altstadtpflege. Ebenfalls wurde stark kritisiert, dass 1950 an Julius Schulte-Frohlinde, ehemals Architekt der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und Chef des Reichsheimstättenamtes, die Planung für die Erweiterung des Rathauses Düsseldorf ohne öffentlichen Wettbewerb übertragen worden war. Der Architektenring meinte hierzu, sein veröffentlichter Entwurf mache die Nähe zum NS-Geschmack deutlich, und bezog sich bei diesem Vorwurf auf Schulte-Frohlindes Planung zum Umbau des Schlosses Erwitte zur NS-Schulungsburg und seine Mitwirkung am Koloss von Prora auf Rügen.
Zweite Phase ab 1952
Der Streit eskalierte ein weiteres Mal 1952, als Julius Schulte-Frohlinde, der als Leiter des Baubüros der Deutschen Arbeitsfront Projekte von Robert Ley umsetzte und unter anderem das Schloss Erwitte in Westfalen zu einer NS-Schulungsburg umgebaut hatte, auf Betreiben Tamms zum Leiter des Düsseldorfer Hochbauamtes ernannt worden war und nach seinen Plänen das neue Verwaltungsgebäude der Stadt am Marktplatz errichtet wurde. Der Architektenring veröffentlichte zu dieser Personalie folgende Stellungnahme (Stellungnahme zur Besetzung der Baudirektorenstelle in Düsseldorf im Februar 1952):
„Unter den großen Städten Deutschlands hat Düsseldorf den traurigen Ruhm, diese Kulturspitzen des damaligen Systems in seine Aufbauarbeiten einzuspannen. Es geht hier nicht darum, etwa einem Menschen wegen der Zugehörigkeit zur Partei oder sonst einer Organisation den Prozess zu machen, sondern darum, ob wir erkannt haben, wie tief die nationalsozialistische Vorstellung von Baukultur sich von der der Demokratie unterscheidet. Die Baulöwen der Parteibauten haben sich in ihrer Baugesinnung nicht geändert. Sie haben – wenn sie alt genug sind – diese Gesinnung schon vor dem Auftreten Hitlers gehabt und werden sie auch heute nicht ablegen. Wäre es nicht besser, sich bei der neuen Gestaltung unserer Städte jener Männer zu bedienen, die mit Hitlers Kommen emigrieren oder untergrund gehen mußten, und deren kulturpolitische Vergangenheit keine Zweifel aufkommen läßt? Die Liste der vor uns vorliegenden germanischen Kulturritter, die in oder für Düsseldorf tätig sind, beängstigt uns sehr. Wir sehen darin ein Symptom unserer Zeit und möchten verhindern, daß sich diese Clique über den Weg einer Rehabilitierung des unglückseligen Entnazifizierungsverfahrens wieder in die leitenden Stellungen drängt. Wir protestieren darum dagegen, daß der Erbauer der NS-Schulungsburg Erwitte und Schöpfer des Reichsparteitagsgeländes, Professor von Hitlers Gnaden, Schulte-Frohlinde, die Geschicke der Düsseldorfer Bauverwaltung lenken soll.“
Josef Lehmbrock sagte später hierzu:
„Es ging damals um Einspruch und Gegenvorschlag zur Düsseldorfer Stadtplanung, wie sie von Friedrich Tamms, der bereits im Arbeitskreis ‘für den Wiederaufbau nach dem Siege’ geplant hatte, betrieben wurde. Wir versuchten, durch öffentliche Kritik und konstruktive Gegenvorschläge die Bürgerschaft zum Widerstand gegen eine autoritär die Bedürfnisse der Bürger mißachtende Stadtplanung zu bewegen. Wir glaubten damals, dem Spuk des Nazifunktionärs [Friedrich] Tamms mit seinen um ihn versammelten alten Speer-Kameraden Werner Schütz, [Julius] Schulte-Frohlinde, [Rudolf] Wolters, [Hanns] Dustmann und anderen ein Ende machen zu können, aber wir haben die Machtverhältnisse jener Zeit falsch eingeschätzt. Die Speer-Architekten hatten von Beginn an starken Rückhalt bei den Spitzen der Stadt und des Landes, beim inzwischen zum Kultusminister aufgestiegenen Werner Schütz und beim Landwirtschaftsminister und ehemaligen Speer-Planer Heinrich Lübke, ganz zu schweigen vom Einfluß ihrer hohen Freunde in der Wirtschafts- und Finanzwelt – dort wurde entschieden, nicht in der Bürgerschaft. (…) Die Stadtplanung, die wir ausgearbeitet und der Öffentlichkeit vorgelegt haben, kann sich heute noch sehen lassen. Die Qualität dieses Gegenentwurfs ist vor allem Bernhard Pfau zu danken.“
Mitglieder des Architektenrings
Dem Architektenring gehörten bei der amtlichen Eintragung am 21. Januar 1950 an:
- Josef Lehmbrock (Geschäftsführer)
- Bernhard Pfau
- Maximilian Reisinger
Literatur
- Rathaus mit Figürkes. In: Der Spiegel. Nr. 44, 1952, S. 30 (online).
- Werner Durth: Widerstände. In: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900–1970 (= dtv wissenschaft. 4579). Neuausgabe, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1992, ISBN 3-423-04579-5, S. 359 ff. (Erstausgabe 1986, doi:10.1007/978-3-322-85486-5).
- Susanne Anna: Architektenstreit: Wiederaufbau zwischen Kontinuität und Neubeginn (= Schriftenreihe Stadtmuseum). Droste Verlag, Düsseldorf 2009, ISBN 978-3-7700-1345-6.
Weblinks
- Stadtmuseum Düsseldorf: Ausstellung „Architektenstreit“ 7. Juni bis 31. August 2008 ( vom 13. Juli 2008 im Internet Archive)
- 1952: Architektenstreit, Altlasten und Weiterwirken. ( vom 4. März 2016 im Internet Archive) auf deutscherwerkbund-nrw.de
Einzelnachweise
- zitiert nach: Werner Durth: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900–1970. 1986/2001, S. 296.
- Architektenstreit Wiederaufbau zwischen Kontinuität und Neubeginn.
- Werner Durth: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900–1970. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1992, ISBN 3-423-04579-5, S. 351 ff.
- Baurundschau. 23/1949.
- Albert Speer (Hrsg.): Neue deutsche Baukunst (dargestellt von Rudolf Wolters). Verlag Volk und Reich, Prag 1943.
- Der Marktplatz ( vom 25. November 2012 im Internet Archive) Stadtarchiv der Stadt Düsseldorf.
- zitiert nach: Werner Durth: Der Düsseldorfer Streit. In: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900–1970. 1986/2001, S. 298 (books.google.de hier S. 368).
- Josef Lehmbrock: Gedanken und Erinnerungen. Nachruf auf Bernhard Pfau. In: werkundzeit. 4, 1989, S. 22/23.
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Der Dusseldorfer Architektenstreit wurde Anfang der 1950er Jahre durch Planungen und Personalpolitik von Friedrich Tamms dem damaligen Leiter des Stadtplanungsamts Dusseldorf ausgelost und gilt als bedeutender Beitrag zur Aufarbeitung und zum Umgang mit der NS Vergangenheit in der jungen Bundesrepublik Deutschland Dieser Beitrag wurde von einer Zehner Gruppe junger Dusseldorfer Architekten geleistet die sich zum Architektenring Dusseldorf zusammengeschlossen hatten um ein Netz nationalsozialistischer Entscheidungstrager das sich in Dusseldorf an der Macht hielt offentlich zu machen und dagegen vorzugehen Dusseldorf war nach Ansicht des Architektenrings ein Zentrum der ehemaligen Nazi Prominenz Das Stadtmuseum Landeshauptstadt Dusseldorf widmete dem Architektenstreit 2008 eine Ausstellung unter dem Titel Architektenstreit Wiederaufbau zwischen Kontinuitat und Neubeginn VorgeschichteAnfang der 1950er Jahre waren in Dusseldorf zentrale Positionen im Bereich der Stadtplanung und entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg von Architekten besetzt die im sogenannten Dritten Reich an herausragender Stelle gearbeitet hatten denen aber getragen durch ein Netz von Verbindungen und personlichen Beziehungen eine nahezu bruchlose Fortsetzung ihrer Tatigkeit gelungen war Schlusselfigur war hierbei Friedrich Tamms der bereits im April 1948 seine Arbeit als Leiter des Dusseldorfer Planungsamtes aufgenommen hatte und Konzeptionen fur die stadtebauliche Neuordnung Dusseldorfs entwickelt hatte denen Vorstellungen zugrunde lagen die schon zur Zeit des so genannten Dritten Reichs ab Oktober 1943 fur den Wiederaufbau deutscher Stadte entwickelt worden waren Arbeitsstab Wiederaufbauplanung beim Generalbauinspektor fur die Reichshauptstadt GBI Albert Speer Im Oktober 1949 grundeten Josef Lehmbrock Bernhard Pfau und weitere Architekten in Dusseldorf den Architektenring Dusseldorf der die Arbeit der Vereinigung der Architekten aus den 1920er Jahren die sich Der Ring genannt hatte weiterfuhren sollte Ausloser der Grundung war die offentliche Prasentation des Neuordnungsplans der Stadt Dusseldorf vom 1 bis 31 Oktober 1949 im Kunstpalast am Ehrenhof durch den die Stadtplanung unter Leitung von Friedrich Tamms den Wiederaufbau und die autogerechte Umgestaltung der Landeshauptstadt festlegen wollte Schon bald stellte Pfau fest dass seine aus der NS Zeit gepragte antifaschistische Einstellung mit den Vorstellungen der amtlichen Stadtplanung kollidierte Die erste Phase des Streits war dabei von stadtplanerischer Sachkritik gepragt und wandte sich gegen grosse Durchbruche Einschnitte und Zerschneidungen die seiner Ansicht nach die historisch gewachsenen Stadtviertel innerhalb des Dusseldorfer Stadtgefuges schadigten Weiterhin kritisierte er dass umfangreiche Flachen fur die aufkommende Motorisierung umgenutzt wurden da er hierin eine Fortsetzung von Planungen aus dem NS Konzept fur Dusseldorf als Gauhauptstadt sah Erste Phase ab 1949In der ersten Phase warf der Architektenring Dusseldorf Tamms vor Architekten wie Helmut Hentrich Hans Heuser Hanns Dustmann Kurt Groote Konstanty Gutschow oder Rudolf Wolters mit denen Tamms schon wahrend des Nationalsozialismus bei Albert Speer dem Generalbauinspektor fur die Reichshauptstadt zusammengearbeitet hatte in stadtische Amter zu lancieren oder bei der Vergabe von Auftragen zu bevorzugen Diese waren ab 1943 auch im Arbeitsstab fur den Wiederaufbau bombenzerstorter Stadte tatig und hierbei direkt Albert Speer unterstellt gewesen wo derartige stadtebaulichen Konzepte bereits entwickelt worden waren Auf ausdruckliche Empfehlung von Speer waren die dort einbezogenen Architekten nicht der NSDAP beigetreten und sind daher durch die alliierten Entnazifizierungskommissionen der Nachkriegszeit entlastet worden Was Speer zu dieser Empfehlung veranlasst hatte ist bislang nicht geklart Noch Ende 1949 stellte der Architektenring seine Planungen als ein Grundsatzprogramm den Planungen von Tamms und seiner Entourage entgegen Nach dem Selbstverstandnis des Architektenrings sollte als Ausgangspunkt der von ihm propagierten Planungsalternative der Mensch mit all seinen modernen Bedurfnissen stehen Konkret sollten an die Stelle der stadtseitig geplanten sogenannten axialen Stadtdurchschneidung drei konzentrische Ringstrassen treten und verkehrsberuhigte Stadtbereiche eingerichtet werden 1950 wurde das Gegenkonzept in den Raumen des Deutschen Werkbunds der Offentlichkeit vorgestellt Als wenig spater die stadtische Planung von Friedrich Tamms als Neuordnungsplan jedoch beschlossen wurde verstarkte sich die Kritik des Architektenrings In seiner nun scharfer vorgetragenen Kritik thematisierte er insbesondere die braune Vergangenheit der stadtischen Planer und unterstellte ihnen ein funktionierendes Beziehungsnetz das die ehemaligen Kameraden gegenseitig mit den zahlreichen offentlichen Auftragen versorge Offentlich genannt wurden hierbei ausser Friedrich Tamms auch Helmut Hentrich und Hans Heuser Bei Heuser stellte man heraus dass er dutzendmal Wettbewerbspreistrager und hierbei auffallend Tamms immer Preisrichter gewesen war Weiterhin genannt wurden Namen wie Karl Piepenburg ein ehemaliger Bauleiter der Neuen Reichskanzlei und spaterer Bauleiter der Heuser und Hentrichbauten sowie Rudolf Wolters ein ehemaliger Mitarbeiter aus dem Arbeitsstab von Speer und Generalbauinspektor fur die Reichshauptstadt Dieser hatte im Dusseldorfer Altstadt Wettbewerb bei dem Tamms Preisrichter gewesen war gewonnen Unter Tamms war er Unterstadtplaner fur einzelne Stadtteile von Dusseldorf geworden Hinzu kam mit Hanns Dustmann ein fruherer Chefarchitekt der Hitlerjugend nunmehr Gewinner der Ausschreibung des Neubaus der Gemeinschaftsbank und des Kreishochhauses die ebenfalls unter Mitwirkung von Tamms vergeben worden war Auch genannt wurde Kurt Grote ein fruherer fur Architektur verantwortlicher Mitarbeiter der Zeitschrift Das Schwarze Korps unter Tamms Sachwalter in der stadtischen Altstadtpflege Ebenfalls wurde stark kritisiert dass 1950 an Julius Schulte Frohlinde ehemals Architekt der Deutschen Arbeitsfront DAF und Chef des Reichsheimstattenamtes die Planung fur die Erweiterung des Rathauses Dusseldorf ohne offentlichen Wettbewerb ubertragen worden war Der Architektenring meinte hierzu sein veroffentlichter Entwurf mache die Nahe zum NS Geschmack deutlich und bezog sich bei diesem Vorwurf auf Schulte Frohlindes Planung zum Umbau des Schlosses Erwitte zur NS Schulungsburg und seine Mitwirkung am Koloss von Prora auf Rugen Zweite Phase ab 1952Der Streit eskalierte ein weiteres Mal 1952 als Julius Schulte Frohlinde der als Leiter des Bauburos der Deutschen Arbeitsfront Projekte von Robert Ley umsetzte und unter anderem das Schloss Erwitte in Westfalen zu einer NS Schulungsburg umgebaut hatte auf Betreiben Tamms zum Leiter des Dusseldorfer Hochbauamtes ernannt worden war und nach seinen Planen das neue Verwaltungsgebaude der Stadt am Marktplatz errichtet wurde Der Architektenring veroffentlichte zu dieser Personalie folgende Stellungnahme Stellungnahme zur Besetzung der Baudirektorenstelle in Dusseldorf im Februar 1952 Unter den grossen Stadten Deutschlands hat Dusseldorf den traurigen Ruhm diese Kulturspitzen des damaligen Systems in seine Aufbauarbeiten einzuspannen Es geht hier nicht darum etwa einem Menschen wegen der Zugehorigkeit zur Partei oder sonst einer Organisation den Prozess zu machen sondern darum ob wir erkannt haben wie tief die nationalsozialistische Vorstellung von Baukultur sich von der der Demokratie unterscheidet Die Baulowen der Parteibauten haben sich in ihrer Baugesinnung nicht geandert Sie haben wenn sie alt genug sind diese Gesinnung schon vor dem Auftreten Hitlers gehabt und werden sie auch heute nicht ablegen Ware es nicht besser sich bei der neuen Gestaltung unserer Stadte jener Manner zu bedienen die mit Hitlers Kommen emigrieren oder untergrund gehen mussten und deren kulturpolitische Vergangenheit keine Zweifel aufkommen lasst Die Liste der vor uns vorliegenden germanischen Kulturritter die in oder fur Dusseldorf tatig sind beangstigt uns sehr Wir sehen darin ein Symptom unserer Zeit und mochten verhindern dass sich diese Clique uber den Weg einer Rehabilitierung des ungluckseligen Entnazifizierungsverfahrens wieder in die leitenden Stellungen drangt Wir protestieren darum dagegen dass der Erbauer der NS Schulungsburg Erwitte und Schopfer des Reichsparteitagsgelandes Professor von Hitlers Gnaden Schulte Frohlinde die Geschicke der Dusseldorfer Bauverwaltung lenken soll Werner Durth Josef Lehmbrock sagte spater hierzu Es ging damals um Einspruch und Gegenvorschlag zur Dusseldorfer Stadtplanung wie sie von Friedrich Tamms der bereits im Arbeitskreis fur den Wiederaufbau nach dem Siege geplant hatte betrieben wurde Wir versuchten durch offentliche Kritik und konstruktive Gegenvorschlage die Burgerschaft zum Widerstand gegen eine autoritar die Bedurfnisse der Burger missachtende Stadtplanung zu bewegen Wir glaubten damals dem Spuk des Nazifunktionars Friedrich Tamms mit seinen um ihn versammelten alten Speer Kameraden Werner Schutz Julius Schulte Frohlinde Rudolf Wolters Hanns Dustmann und anderen ein Ende machen zu konnen aber wir haben die Machtverhaltnisse jener Zeit falsch eingeschatzt Die Speer Architekten hatten von Beginn an starken Ruckhalt bei den Spitzen der Stadt und des Landes beim inzwischen zum Kultusminister aufgestiegenen Werner Schutz und beim Landwirtschaftsminister und ehemaligen Speer Planer Heinrich Lubke ganz zu schweigen vom Einfluss ihrer hohen Freunde in der Wirtschafts und Finanzwelt dort wurde entschieden nicht in der Burgerschaft Die Stadtplanung die wir ausgearbeitet und der Offentlichkeit vorgelegt haben kann sich heute noch sehen lassen Die Qualitat dieses Gegenentwurfs ist vor allem Bernhard Pfau zu danken Josef LehmbrockMitglieder des ArchitektenringsDem Architektenring gehorten bei der amtlichen Eintragung am 21 Januar 1950 an Josef Lehmbrock Geschaftsfuhrer Bernhard Pfau Maximilian ReisingerLiteraturRathaus mit Figurkes In Der Spiegel Nr 44 1952 S 30 online Werner Durth Widerstande In Deutsche Architekten Biographische Verflechtungen 1900 1970 dtv wissenschaft 4579 Neuausgabe Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1992 ISBN 3 423 04579 5 S 359 ff Erstausgabe 1986 doi 10 1007 978 3 322 85486 5 Susanne Anna Architektenstreit Wiederaufbau zwischen Kontinuitat und Neubeginn Schriftenreihe Stadtmuseum Droste Verlag Dusseldorf 2009 ISBN 978 3 7700 1345 6 WeblinksStadtmuseum Dusseldorf Ausstellung Architektenstreit 7 Juni bis 31 August 2008 Memento vom 13 Juli 2008 im Internet Archive 1952 Architektenstreit Altlasten und Weiterwirken Memento vom 4 Marz 2016 im Internet Archive auf deutscherwerkbund nrw deEinzelnachweisezitiert nach Werner Durth Deutsche Architekten Biographische Verflechtungen 1900 1970 1986 2001 S 296 Architektenstreit Wiederaufbau zwischen Kontinuitat und Neubeginn Werner Durth Deutsche Architekten Biographische Verflechtungen 1900 1970 Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1992 ISBN 3 423 04579 5 S 351 ff Baurundschau 23 1949 Albert Speer Hrsg Neue deutsche Baukunst dargestellt von Rudolf Wolters Verlag Volk und Reich Prag 1943 Der Marktplatz Memento vom 25 November 2012 im Internet Archive Stadtarchiv der Stadt Dusseldorf zitiert nach Werner Durth Der Dusseldorfer Streit In Deutsche Architekten Biographische Verflechtungen 1900 1970 1986 2001 S 298 books google de hier S 368 Josef Lehmbrock Gedanken und Erinnerungen Nachruf auf Bernhard Pfau In werkundzeit 4 1989 S 22 23