Friedrich Günther Jacoby 21 April 1881 in Königsberg i Pr 4 Januar 1969 in Greifswald war ein deutscher Theologe und Phi
Günther Jacoby

Friedrich Günther Jacoby (* 21. April 1881 in Königsberg i. Pr.; † 4. Januar 1969 in Greifswald) war ein deutscher Theologe und Philosoph.
Leben
Von 1900 bis 1903 studierte Günther Jacoby in Königsberg Evangelische Theologie. Den Lizentiatengrad erwarb er mit einer Textinterpretation des biblischen Buchs Jeremia. Nach der Staatsprüfung für den höheren Schuldienst in Religion, Hebräisch und Deutsch, die er 1904 ablegte, studierte er während seiner Hilfslehrertätigkeit in Ostpreußen und Berlin Philosophie und promovierte 1906 bei Friedrich Paulsen mit der Arbeit Herders „Kalligone“ und ihr Verhältnis zu Kants „Kritik der Urteilskraft“. Es folgten zwei Jahre als Austauschlehrer in Paris und Glasgow und 1908 ein gescheiterter Habilitationsversuch in Münster. Schließlich habilitierte sich Jacoby 1909 in Greifswald mit seinem zwei Jahre zuvor erschienenen, auf seiner Dissertation basierenden Buch Herders und Kants Ästhetik sowie dem Manuskript Die Philosophie Herders.
Nach der Habilitation wurde Jacoby Privatdozent der Philosophie in Greifswald. Aus Jacobys Greifswalder Antrittsvorlesung zum Thema Pragmatismus entspann sich ein Briefwechsel mit William James, der zu einer Einladung als Research Fellow an die Harvard University führte. 1911 legte er die Arbeit Herder als Faust vor, in der er anhand von Textvergleichen darzulegen versuchte, dass Johann Wolfgang von Goethe als Vorbild für sein Faust-Drama Johann Gottfried Herder im Sinn hatte. Nach einer Gastprofessur an der University of Illinois und ausgedehnten Vortragsreisen in Asien und Nordafrika diente Jacoby für einige Monate als kriegsfreiwilliger Offizier an der Westfront, ehe er schwer verwundet und mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse als dienstuntauglich entlassen wurde. 1915 warb das Preußische Kultusministerium um Dozenten für die reformierte Dârülfünûn in Konstantinopel, und so unterrichtete Jacoby dort bis zum November 1918, „die reichlich gewährte Mußezeit für ein nie publiziertes Opus über ‚Herder und die Neubegründung der deutschen Philosophie in der 2. Hälfte des 18. Jhs.‘ nutzend“.
Nach der Rückkehr trat Jacoby dem Freikorps Plehwe bei, kehrte aber schon zu Beginn des Sommersemesters 1919 nach Greifswald zurück. Im März 1920 beteiligte er sich an der Spitze einer Freiwilligen-Kompanie am Kapp-Putsch gegen die Weimarer Republik. Nach dem raschen Scheitern dieses Aufstandes „hing Jacoby alten Sympathien nur noch als Wähler der DNVP nach und widmete sich seinem Lebenswerk, der ‚Ontologie der Wirklichkeit‘“.
Eine Bestellung Jacobys lehnte die Greifswalder Fakultät ab, weil „der zwischen Philosophie und Literaturgeschichte pendelnde Jacoby, den man wegen seiner vielen Auslandsreisen im übrigen kaum zu Gesicht bekommen habe, wohl kein geeigneter Kandidat für eine solche Rangerhöhung sei“. Eine von Jacoby angeregte Einrichtung eines Extraordinariats für Internationale Philosophie in Kiel wurde wegen seiner mangelnden fachlichen Qualifikation abgelehnt, und so „gaben die Greifswalder allein wegen der ‚Zwangslage‘ des Konstantinopel-Heimkehrers ihren Widerstand gegen die Ernennung zum nb. Extraordinarius auf“.
Im Dritten Reich 1937 wegen der Abstammung seines Großvaters zwangspensioniert, konnte Jacoby erst 1945 den Lehrbetrieb wiederaufnehmen.
Ein Nachlass befindet sich in der Universitätsbibliothek Tübingen.
Würdigung
Neben Nicolai Hartmann gilt Jacoby als Begründer der gegen den Neukantianismus gerichteten „kritischen Ontologie“, einer Form des Kritischen Rationalismus.
Weltanschaulich fällt Jacoby durch Ablehnung der Demokratie auf („der zeitweilige Aufenthalt in ‚demokratischen Staaten‘ habe seinen ohnehin schwachen Glauben an die Volksherrschaft noch weiter ‚heruntergebracht‘“), und 1921 prangert er in einer Broschüre über „Englische und deutsche Mannesart“ mit Formulierungen wie „Paradies des Durchschnittsmenschentums“ einen „englischen Konformismus“ als „ein christlich verkleidetes Judentum“ an, dem er die Freiheit „deutschen Menschentums“ gegenüberstellt.
Die Logik betrachtet Jacoby als rein philosophische Disziplin, die streng von der modernen formal-mathematischen Logik (bei ihm noch „Logistik“ genannt) abgegrenzt werden müsse – eine Position, die er in seiner 1962 erschienenen Monographie Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung zusammenfassend darstellte und die sein Schüler Bruno von Freytag-Löringhoff in seiner Nachfolge weiterentwickelte.
Als Aufgabe der Logik sieht es Jacoby an, den Begriff „logisch“ – im Sinn von „folgerichtig“ – auf seine objektiven, vom schließenden Subjekt unabhängigen Hintergründe zu untersuchen. Diese Hintergründe bilde nicht das Schließen selbst, das er als subjektiv – an ein psychologisches Subjekt gebunden – betrachtet; vielmehr beruhe alles Folgerichtige auf einem „subjektfrei objektiven Fundament“, bei dem es sich um „Identitäten zwischen Sachverhalten“ handle. Auf das Bestehen oder Nichtbestehen solcher Identitäten beziehe sich alles Logische, das heißt alle „Begriffe, Urteile, Annahmen, deduktive und induktive Schlüsse“. Insbesondere werden für Jacoby Art-Gattungsverhältnisse, also Verhältnisse zwischen allgemeineren Sachverhalten, den Gattungen, und spezielleren Sachverhalten, den Arten, durch eine bestimmte Art von Identität und Nichtidentität ausgemacht. Nur diese sei für die Logik relevant.
Jacobys Verständnis von Logik und deren Gegenstandsbereich sowie seine Definition von Identität sieht er in starkem Gegensatz zur modernen formalen Logik, von der er zudem die Meinung vertritt, dass sie mit einer bestimmten erkenntnistheoretischen Position verbunden und notwendig subjektgebunden sei.
Da Urteile und Schlüsse für Jacoby subjektgebunden, Begriffe subjektfrei objektiv sind und da der Gegenstand von Logik die Untersuchung objektiver Gegebenheiten zu sein habe, müsse Logik auf der Ebene der Begriffe ansetzen und nicht – wie er es in der modernen formalen Logik gegeben sieht – auf der Ebene von Aussagen oder von Schlüssen. Eine Konsequenz dieses Standpunktes sei, dass die Analyse von Aussagen in Subjekts- und Prädikatsbegriff (Art und Gattung) und in den Ausdruck von deren „Identität“, wie sie die traditionelle Logik in Gestalt der Syllogistik vornehme, als die einzige logisch richtige betrachtet werden müsse und dass nur Syllogismen gültige Schlussfolgerungen seien.
Der Erkenntnis der modernen Logik, dass viele intuitiv gültige Argumente – zum Beispiel das in der Tradition häufig zitierte Argument „Alle Pferde sind Tiere. Also sind alle Pferdeköpfe Tierköpfe“ – nach einer solchen Analyse nicht als gültig erwiesen werden können, schließt sich Jacoby an; um dennoch in der Lage zu sein, die Gültigkeit solcher Argumente aufrechtzuerhalten, geht er davon aus, dass das jeweilige Argument zusätzliche Prämissen umfassen müsse, die bloß nicht ausdrücklich angeführt seien – dass das Argument also unvollständig formuliert, ein Enthymem sei.
Von Jacobys Auffassung von Logik – er spricht von der „Einen Logik“ – hebt sich stark die mit formalen und mathematischen Methoden arbeitende moderne Logik ab, wie sie zum Beispiel in Aussagenlogik, Prädikatenlogik oder Modallogik vorliegt. Jene betrachtet Jacoby als mathematische Disziplinen, als Einzelwissenschaften, die keinen Anspruch auf die Erkenntnis der „wahren Logik“ erheben könnten und die der Philosophie unterzuordnen seien.
Dass der modernen formalen Logik dennoch schon zu Jacobys Lebzeiten von Seiten der Philosophie ein so hoher Stellenwert eingeräumt wurde und die Anerkennung seiner Interpretation der traditionellen Logik zurückging, führt er in seinem Werk Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtschreibung darauf zurück, dass die Vertreter der modernen Logik teils aus Motiven positivistischer Philosophiefeindschaft, teils aus „konfessionellen Motiven“, daneben aber auch von „Geltungsbedürfnis“, „Unreife“ und „Verbandsbewusstsein“ getrieben, eine weltumspannende Propagandamaschine aufgebaut hätten, um gemeinschaftlich „als Exponenten der Ideologie eines unsichtbaren internationalen Konzerns“ erst „Rufmord, dann Substanzmord“ an der philosophischen Logik begehen und schließlich deren Erbschaft antreten zu können.
Anmerkungen
- Christian Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Teil 1. Berlin Akademie 2002, ISBN 3-05-003647-8, Seite 272.
- Christian Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Teil 1. Berlin Akademie 2002, ISBN 3-05-003647-8, Seite 272f.
- Christian Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Teil 1. Berlin Akademie 2002, ISBN 3-05-003647-8, Seite 273f.
- Signatur: Md 1077 und Md 1078, Bundesarchiv, Zentrale Datenbank Nachlässe. Abgerufen am 11. September 2019.
- zitiert nach Christian Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Teil 1. Berlin Akademie 2002, ISBN 3-05-003647-8, Seite 274.
- Günther Jacoby: Englische und deutsche Mannesart. Moninger Greifswald 1921 (=Deutsche Sammlung Band 1), zitiert nach Christian Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Teil 1. Berlin Akademie 2002, ISBN 3-05-003647-8, Seite 275.
- „Hinter Folgerechtem steht offen oder verkappt ein subjektgebundenes deduktives Schließen. Und hinter dem stehen als sein subjektfrei objektives Fundament die Identitäten zwischen Sachverhalten.“ (Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Seite 10)
- Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Seite 10
- „[Logik] arbeitet in Begriffspyramiden, d. h. an Identität- und Nichtidentitätverhältnissen in der Stufenfolge zwischen allgemeineren Sachverhalten als Gattungen und spezielleren als Arten“ (Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Seite 12)
- „[D]ie Logik der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts [setzte], entsprechend ihrer erkenntnistheoretischen Einstellung, subjektgebunden an und ging demgemäß, wie in ihrem Gefolge heute noch Logistik, von den nur für uns bestehenden Urteilen aus.“ (Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Seite 19)
- „Begriffslogik gilt für Identitäten zwischen Relationen wie für die zwischen Subjekten und Prädikaten. Hier subsumiert sie Subjekte als Arten oder Individuen unter die ihnen inhärenten Prädikate als Gattungen, dort Relationen als Arten unter die ihnen inhärenten Relationsgattungen. Die Subsumtion ist beide Male dieselbe.“ (Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Seite 53)
- „Nichtsyllogistische Folgerungen widersprächen sich.“ (Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Seite 133)
- Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Seite 151
- Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Seite 152, dort auch: „In der Geschichtsschreibung der Logistik sind deren Propagandisten oft katholische Geistliche.“
- Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Seite 152
Schriften
- Glossen zu den neuesten kritischen Aufstellungen über die Composition des Buches Jeremja (Capp. 1–20), Königsberg 1902
- Der Pragmatismus. Neue Bahnen in der Wissenschaftslehre des Auslands. Eine Würdigung, Leipzig 1909
- Herder als Faust. Eine Untersuchung, Felix Meiner Leipzig 1911
- Englische und deutsche Mannesart, Moninger Greifswald 1921 (=Deutsche Sammlung Band 1)
- Allgemeine Ontologie der Wirklichkeit, 2 Bände, Halle 1925 und 1955, Neuauflage: Niemeyer Tübingen 1993, ISBN 3-484-70151-X (Band 1), ISBN 3-484-70152-8 (Band 2)
- Denkschrift über die gegenwärtige Universitätsphilosophie in der Deutschen Demokratischen Republik, 1955
- Die Ansprüche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung, Kohlhammer Stuttgart 1962
Literatur
- E. Albrecht: „Zur Rolle der Ontologie in der spätbürgerlichen Philosophie. Gedanken aus Anlaß des 100. Geburtstages von Günther Jacoby (1881–1969)“, In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 29 (1981), Seite 854–858
- Bruno von Freytag Löringhoff: Jacoby, Günther. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 253 f. (Digitalisat).
- Bruno von Freytag-Löringhoff: „Günther Jacoby 80 Jahre alt“, In: Zeitschrift für philosophische Forschung, 15 (1961), Seite 237–250
- Christian Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Teil 1. Akademie-Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003647-8, Seite 272–276
- Hans-Christoph Rauh: Jacoby, Günther. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4. Rezension
Weblinks
- Literatur von und über Günther Jacoby im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Günther Jacoby in Rudolf Eislers Philosophen-Lexikon von 1912
- http://www.begriffslogik.de/personen/jacoby.html – Zur Person
- Forschungsprojekt Günther Jacoby an der HU Berlin ( vom 29. April 2007 im Internet Archive) im Internet Archive auf archive.org, Stand: 29. April 2007
- Einführung in Jacobys Ontologie ( vom 21. Mai 2007 im Internet Archive) im Internet Archive auf archive.org, Stand: 21. Mai 2007
Personendaten | |
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NAME | Jacoby, Günther |
ALTERNATIVNAMEN | Jacoby, Friedrich Günther (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philosoph |
GEBURTSDATUM | 21. April 1881 |
GEBURTSORT | Königsberg i. Pr. |
STERBEDATUM | 4. Januar 1969 |
STERBEORT | Greifswald |
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Friedrich Gunther Jacoby 21 April 1881 in Konigsberg i Pr 4 Januar 1969 in Greifswald war ein deutscher Theologe und Philosoph LebenVon 1900 bis 1903 studierte Gunther Jacoby in Konigsberg Evangelische Theologie Den Lizentiatengrad erwarb er mit einer Textinterpretation des biblischen Buchs Jeremia Nach der Staatsprufung fur den hoheren Schuldienst in Religion Hebraisch und Deutsch die er 1904 ablegte studierte er wahrend seiner Hilfslehrertatigkeit in Ostpreussen und Berlin Philosophie und promovierte 1906 bei Friedrich Paulsen mit der Arbeit Herders Kalligone und ihr Verhaltnis zu Kants Kritik der Urteilskraft Es folgten zwei Jahre als Austauschlehrer in Paris und Glasgow und 1908 ein gescheiterter Habilitationsversuch in Munster Schliesslich habilitierte sich Jacoby 1909 in Greifswald mit seinem zwei Jahre zuvor erschienenen auf seiner Dissertation basierenden Buch Herders und Kants Asthetik sowie dem Manuskript Die Philosophie Herders Nach der Habilitation wurde Jacoby Privatdozent der Philosophie in Greifswald Aus Jacobys Greifswalder Antrittsvorlesung zum Thema Pragmatismus entspann sich ein Briefwechsel mit William James der zu einer Einladung als Research Fellow an die Harvard University fuhrte 1911 legte er die Arbeit Herder als Faust vor in der er anhand von Textvergleichen darzulegen versuchte dass Johann Wolfgang von Goethe als Vorbild fur sein Faust Drama Johann Gottfried Herder im Sinn hatte Nach einer Gastprofessur an der University of Illinois und ausgedehnten Vortragsreisen in Asien und Nordafrika diente Jacoby fur einige Monate als kriegsfreiwilliger Offizier an der Westfront ehe er schwer verwundet und mit dem Eisernen Kreuz II Klasse als dienstuntauglich entlassen wurde 1915 warb das Preussische Kultusministerium um Dozenten fur die reformierte Darulfunun in Konstantinopel und so unterrichtete Jacoby dort bis zum November 1918 die reichlich gewahrte Mussezeit fur ein nie publiziertes Opus uber Herder und die Neubegrundung der deutschen Philosophie in der 2 Halfte des 18 Jhs nutzend Nach der Ruckkehr trat Jacoby dem Freikorps Plehwe bei kehrte aber schon zu Beginn des Sommersemesters 1919 nach Greifswald zuruck Im Marz 1920 beteiligte er sich an der Spitze einer Freiwilligen Kompanie am Kapp Putsch gegen die Weimarer Republik Nach dem raschen Scheitern dieses Aufstandes hing Jacoby alten Sympathien nur noch als Wahler der DNVP nach und widmete sich seinem Lebenswerk der Ontologie der Wirklichkeit Eine Bestellung Jacobys lehnte die Greifswalder Fakultat ab weil der zwischen Philosophie und Literaturgeschichte pendelnde Jacoby den man wegen seiner vielen Auslandsreisen im ubrigen kaum zu Gesicht bekommen habe wohl kein geeigneter Kandidat fur eine solche Rangerhohung sei Eine von Jacoby angeregte Einrichtung eines Extraordinariats fur Internationale Philosophie in Kiel wurde wegen seiner mangelnden fachlichen Qualifikation abgelehnt und so gaben die Greifswalder allein wegen der Zwangslage des Konstantinopel Heimkehrers ihren Widerstand gegen die Ernennung zum nb Extraordinarius auf Im Dritten Reich 1937 wegen der Abstammung seines Grossvaters zwangspensioniert konnte Jacoby erst 1945 den Lehrbetrieb wiederaufnehmen Ein Nachlass befindet sich in der Universitatsbibliothek Tubingen WurdigungNeben Nicolai Hartmann gilt Jacoby als Begrunder der gegen den Neukantianismus gerichteten kritischen Ontologie einer Form des Kritischen Rationalismus Weltanschaulich fallt Jacoby durch Ablehnung der Demokratie auf der zeitweilige Aufenthalt in demokratischen Staaten habe seinen ohnehin schwachen Glauben an die Volksherrschaft noch weiter heruntergebracht und 1921 prangert er in einer Broschure uber Englische und deutsche Mannesart mit Formulierungen wie Paradies des Durchschnittsmenschentums einen englischen Konformismus als ein christlich verkleidetes Judentum an dem er die Freiheit deutschen Menschentums gegenuberstellt Die Logik betrachtet Jacoby als rein philosophische Disziplin die streng von der modernen formal mathematischen Logik bei ihm noch Logistik genannt abgegrenzt werden musse eine Position die er in seiner 1962 erschienenen Monographie Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung zusammenfassend darstellte und die sein Schuler Bruno von Freytag Loringhoff in seiner Nachfolge weiterentwickelte Als Aufgabe der Logik sieht es Jacoby an den Begriff logisch im Sinn von folgerichtig auf seine objektiven vom schliessenden Subjekt unabhangigen Hintergrunde zu untersuchen Diese Hintergrunde bilde nicht das Schliessen selbst das er als subjektiv an ein psychologisches Subjekt gebunden betrachtet vielmehr beruhe alles Folgerichtige auf einem subjektfrei objektiven Fundament bei dem es sich um Identitaten zwischen Sachverhalten handle Auf das Bestehen oder Nichtbestehen solcher Identitaten beziehe sich alles Logische das heisst alle Begriffe Urteile Annahmen deduktive und induktive Schlusse Insbesondere werden fur Jacoby Art Gattungsverhaltnisse also Verhaltnisse zwischen allgemeineren Sachverhalten den Gattungen und spezielleren Sachverhalten den Arten durch eine bestimmte Art von Identitat und Nichtidentitat ausgemacht Nur diese sei fur die Logik relevant Jacobys Verstandnis von Logik und deren Gegenstandsbereich sowie seine Definition von Identitat sieht er in starkem Gegensatz zur modernen formalen Logik von der er zudem die Meinung vertritt dass sie mit einer bestimmten erkenntnistheoretischen Position verbunden und notwendig subjektgebunden sei Da Urteile und Schlusse fur Jacoby subjektgebunden Begriffe subjektfrei objektiv sind und da der Gegenstand von Logik die Untersuchung objektiver Gegebenheiten zu sein habe musse Logik auf der Ebene der Begriffe ansetzen und nicht wie er es in der modernen formalen Logik gegeben sieht auf der Ebene von Aussagen oder von Schlussen Eine Konsequenz dieses Standpunktes sei dass die Analyse von Aussagen in Subjekts und Pradikatsbegriff Art und Gattung und in den Ausdruck von deren Identitat wie sie die traditionelle Logik in Gestalt der Syllogistik vornehme als die einzige logisch richtige betrachtet werden musse und dass nur Syllogismen gultige Schlussfolgerungen seien Der Erkenntnis der modernen Logik dass viele intuitiv gultige Argumente zum Beispiel das in der Tradition haufig zitierte Argument Alle Pferde sind Tiere Also sind alle Pferdekopfe Tierkopfe nach einer solchen Analyse nicht als gultig erwiesen werden konnen schliesst sich Jacoby an um dennoch in der Lage zu sein die Gultigkeit solcher Argumente aufrechtzuerhalten geht er davon aus dass das jeweilige Argument zusatzliche Pramissen umfassen musse die bloss nicht ausdrucklich angefuhrt seien dass das Argument also unvollstandig formuliert ein Enthymem sei Von Jacobys Auffassung von Logik er spricht von der Einen Logik hebt sich stark die mit formalen und mathematischen Methoden arbeitende moderne Logik ab wie sie zum Beispiel in Aussagenlogik Pradikatenlogik oder Modallogik vorliegt Jene betrachtet Jacoby als mathematische Disziplinen als Einzelwissenschaften die keinen Anspruch auf die Erkenntnis der wahren Logik erheben konnten und die der Philosophie unterzuordnen seien Dass der modernen formalen Logik dennoch schon zu Jacobys Lebzeiten von Seiten der Philosophie ein so hoher Stellenwert eingeraumt wurde und die Anerkennung seiner Interpretation der traditionellen Logik zuruckging fuhrt er in seinem Werk Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtschreibung darauf zuruck dass die Vertreter der modernen Logik teils aus Motiven positivistischer Philosophiefeindschaft teils aus konfessionellen Motiven daneben aber auch von Geltungsbedurfnis Unreife und Verbandsbewusstsein getrieben eine weltumspannende Propagandamaschine aufgebaut hatten um gemeinschaftlich als Exponenten der Ideologie eines unsichtbaren internationalen Konzerns erst Rufmord dann Substanzmord an der philosophischen Logik begehen und schliesslich deren Erbschaft antreten zu konnen AnmerkungenChristian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Teil 1 Berlin Akademie 2002 ISBN 3 05 003647 8 Seite 272 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Teil 1 Berlin Akademie 2002 ISBN 3 05 003647 8 Seite 272f Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Teil 1 Berlin Akademie 2002 ISBN 3 05 003647 8 Seite 273f Signatur Md 1077 und Md 1078 Bundesarchiv Zentrale Datenbank Nachlasse Abgerufen am 11 September 2019 zitiert nach Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Teil 1 Berlin Akademie 2002 ISBN 3 05 003647 8 Seite 274 Gunther Jacoby Englische und deutsche Mannesart Moninger Greifswald 1921 Deutsche Sammlung Band 1 zitiert nach Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Teil 1 Berlin Akademie 2002 ISBN 3 05 003647 8 Seite 275 Hinter Folgerechtem steht offen oder verkappt ein subjektgebundenes deduktives Schliessen Und hinter dem stehen als sein subjektfrei objektives Fundament die Identitaten zwischen Sachverhalten Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Seite 10 Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Seite 10 Logik arbeitet in Begriffspyramiden d h an Identitat und Nichtidentitatverhaltnissen in der Stufenfolge zwischen allgemeineren Sachverhalten als Gattungen und spezielleren als Arten Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Seite 12 D ie Logik der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts setzte entsprechend ihrer erkenntnistheoretischen Einstellung subjektgebunden an und ging demgemass wie in ihrem Gefolge heute noch Logistik von den nur fur uns bestehenden Urteilen aus Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Seite 19 Begriffslogik gilt fur Identitaten zwischen Relationen wie fur die zwischen Subjekten und Pradikaten Hier subsumiert sie Subjekte als Arten oder Individuen unter die ihnen inharenten Pradikate als Gattungen dort Relationen als Arten unter die ihnen inharenten Relationsgattungen Die Subsumtion ist beide Male dieselbe Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Seite 53 Nichtsyllogistische Folgerungen widersprachen sich Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Seite 133 Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Seite 151 Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Seite 152 dort auch In der Geschichtsschreibung der Logistik sind deren Propagandisten oft katholische Geistliche Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Seite 152SchriftenGlossen zu den neuesten kritischen Aufstellungen uber die Composition des Buches Jeremja Capp 1 20 Konigsberg 1902 Der Pragmatismus Neue Bahnen in der Wissenschaftslehre des Auslands Eine Wurdigung Leipzig 1909 Herder als Faust Eine Untersuchung Felix Meiner Leipzig 1911 Englische und deutsche Mannesart Moninger Greifswald 1921 Deutsche Sammlung Band 1 Allgemeine Ontologie der Wirklichkeit 2 Bande Halle 1925 und 1955 Neuauflage Niemeyer Tubingen 1993 ISBN 3 484 70151 X Band 1 ISBN 3 484 70152 8 Band 2 Denkschrift uber die gegenwartige Universitatsphilosophie in der Deutschen Demokratischen Republik 1955 Die Anspruche der Logistiker auf die Logik und ihre Geschichtsschreibung Kohlhammer Stuttgart 1962LiteraturE Albrecht Zur Rolle der Ontologie in der spatburgerlichen Philosophie Gedanken aus Anlass des 100 Geburtstages von Gunther Jacoby 1881 1969 In Deutsche Zeitschrift fur Philosophie 29 1981 Seite 854 858 Bruno von Freytag Loringhoff Jacoby Gunther In Neue Deutsche Biographie NDB Band 10 Duncker amp Humblot Berlin 1974 ISBN 3 428 00191 5 S 253 f Digitalisat Bruno von Freytag Loringhoff Gunther Jacoby 80 Jahre alt In Zeitschrift fur philosophische Forschung 15 1961 Seite 237 250 Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Teil 1 Akademie Verlag Berlin 2002 ISBN 3 05 003647 8 Seite 272 276 Hans Christoph Rauh Jacoby Gunther In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 RezensionWeblinksLiteratur von und uber Gunther Jacoby im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Gunther Jacoby in Rudolf Eislers Philosophen Lexikon von 1912 http www begriffslogik de personen jacoby html Zur Person Forschungsprojekt Gunther Jacoby an der HU Berlin Memento vom 29 April 2007 im Internet Archive im Internet Archive auf archive org Stand 29 April 2007 Einfuhrung in Jacobys Ontologie Memento vom 21 Mai 2007 im Internet Archive im Internet Archive auf archive org Stand 21 Mai 2007Normdaten Person GND 119105322 lobid GND Explorer OGND AKS LCCN n85826916 VIAF 3273400 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Jacoby GuntherALTERNATIVNAMEN Jacoby Friedrich Gunther vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher PhilosophGEBURTSDATUM 21 April 1881GEBURTSORT Konigsberg i Pr STERBEDATUM 4 Januar 1969STERBEORT Greifswald