Fritz Kögl 19 September 1897 in München 6 Juni 1959 in Utrecht war ein deutscher Chemiker und Universitätsprofessor Lebe
Fritz Kögl

Fritz Kögl (* 19. September 1897 in München; † 6. Juni 1959 in Utrecht) war ein deutscher Chemiker und Universitätsprofessor.
Leben
Kögl studierte Chemie an der TH München unter anderem bei Heinrich Otto Wieland, bei dem er ab 1920 wissenschaftlicher Assistent war und 1921 mit der Arbeit Weitere Untersuchungen über Derivate des vierwertigen Stickstoffs zum Dr.-Ing. promoviert wurde. Von 1921 bis 1926 arbeitete er bei Hans Fischer an der TH München. Ab 1925 war er Privatdozent für Organische Chemie an der TH München, ab 1926 an der Universität Göttingen. 1931 wurde er Ordinarius für Organische Chemie und Biochemie an der Universität Utrecht. Im Jahr 1934 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Seit 1936 war er korrespondierendes Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften, seit 1938 der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften (KNAW) und seit 1949 der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Während des Zweiten Weltkriegs unterstützte er den niederländischen Widerstand und konnte deshalb seine Karriere in Utrecht fortsetzen.
Kögl entdeckte dort zusammen mit Hanni Erxleben und Arie Jan Haagen-Smit das pflanzliche Wachstumshormon Auxin (von ihnen Heteroauxin genannt und mit der unabhängig von Kenneth V. Thimann entdeckten Indol-3-essigsäure identisch), interpretierte dieses durch eine Verkettung unglücklicher Umstände jedoch falsch. Nach anderer Interpretation war schon hier Fälschung von Seiten Erxlebens im Spiel - Proben der fraglichen Stoffe Auxin a und Auxin b (die in anderen Laboren nicht gefunden werden konnten), die nach dem Tod von Kögl untersucht wurden (Kögl selbst regte an, sein Nachfolger J. F. G. Vliegenthart solle sie erneut untersuchen), enthielten die von ihm publizierten Stoffe nicht, sondern unter anderem Cholsäure. Das eigentliche Auxin hatten Kögl und Erxleben aber auch entdeckt (und Heteroauxin genannt). Zusammen mit seinem Doktoranden Benno Tönnis stellte Kögl auch erstmals Biotin in Reinform dar. Die Alleinschuld von Erxleben an den Fälschungen (und ob es sich bei den Auxin-Funden überhaupt um solche handelte) wurde von einigen Autoren in Zweifel gezogen und der Art, wie Kögl sein Labor in den Niederlanden leitete, eine erhebliche Mitschuld zugestanden. Er hatte einen autoritären Führungsstil und beteiligte sich nicht an der eigentlichen Laborarbeit, die er von Studenten und Assistenten ausführen ließ. Die Auxin-Forschungen führten zu einer langen Reihe von Veröffentlichungen von Kögl in der Zeitschrift für Physiologische Chemie, bei der Kögl Mitherausgeber war.
1939 publizierte Kögl zusammen mit seiner Mitarbeiterin Hanni Erxleben eine aufsehenerregende Arbeit über stereochemische Veränderungen von Proteinen in Tumorgeweben. Bei Untersuchungen an tierischen und menschlichen Tumorgeweben war ihnen ein erhöhter Anteil an D-Aminosäuren in ihren Proben aufgefallen. Besonders die Menge an D-Glutaminsäure war deutlich erhöht. Da Proteine während der Proteinbiosynthese durch L-Aminosäuren aufgebaut werden, wäre diese Entdeckung sowohl für die Diagnose als auch für die Behandlung von Krebs von großer Bedeutung gewesen. Einige Forschergruppen in den USA und in England versuchten bereits 1940 die von Kögl veröffentlichten Experimente zu reproduzieren. Die Ergebnisse ließen sich aber durch die Untersuchungen dieser anderen Wissenschaftler nicht bestätigen. Auch in Deutschland konnten die Resultate durch die Wiederholung der Experimente 1944 nicht verifiziert werden. Anfang der 1950er Jahre wurde klar, dass die Untersuchungen durch die Mitarbeiterin Kögls (Erxleben) beeinflusst worden waren. Sie hatte D-Glutaminsäure bei der IG Farben gekauft und dann in die Versuchsansätze gemischt. Trotz der offensichtlich manipulierten Ergebnisse zog Kögl die Arbeit nicht zurück. Dies isolierte ihn von seinen Fachkollegen und stellte seine wissenschaftliche Integrität zunehmend in Frage. Kögl litt wegen des Skandals jahrelang unter Depressionen. Nach seinem Tod erschien kein Nachruf in den Chemischen Berichten.
Kögl war geschieden und hatte zwei Töchter.
Er war Ritter vom Orden des Niederländischen Löwen, erhielt 1933 die Emil-Fischer-Medaille, 1936 die schwedische Scheele-Medaille und wurde mehrmals für den Nobelpreis für Chemie vorgeschlagen.
Literatur
- Ilse Jahn (Hrsg.): Geschichte der Biologie. 3. erweiterte Auflage (broschierte Sonderausgabe). Nikol. Verlagsges. 2004
- E. Havinga, Levensbericht F. Kögl, in: Jaarboek, 1959–1960, Amsterdam, pp. 311–316 (pdf; 427 kB)
- James R. Troyer: Error or Fraud Science: Auxins A and B and animal tumor proteins, Journal of the North Carolina Academy of Science, Band 124, 2008, S. 1–5
- Fedor Lynen: Fritz Kögl, Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1959, S. 187/88, Online
Einzelnachweise
- H.A.M. Snelders: Kögl, Fritz (1897–1959). In: Biografisch Woordenboek van Nederland. 12. Februar 2012, abgerufen am 18. November 2012 (niederländisch).
- Informationen zu und akademischer Stammbaum von Fritz Kögl bei academictree.org, abgerufen am 24. Februar 2018.
- Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 135.
- Fritz Kögl, A. J. Haagen-Smit, Hanni Erxleben: Über ein neues Auxin (Heteroauxin) aus Harn. 11. Mitteilung über pflanzliche Wachstumsstoffe. In: Z. Physiol. Chemie. Band 228, 1934, S. 90–103 (online [abgerufen am 18. November 2012]).
- Heinrich Zankl: Fälscher, Schwindler, Scharlatane - Betrug in Forschung und Wissenschaft. Weinheim: Wiley-VCH 2003.
- Eberhard Schnepff Fälschungen - nicht nur in unserer Zeit, Biologie in unserer Zeit, Band 32, 2002, S. 164f.
- Fritz Kögl, W. van Hasselt: Über das Vorkommen von Biotin im tierischen Organismus. 22. Mitteilung über pflanzliche Wachstumsstoffe. In: Hoppe-Seyler’s Zeitschrift für physiologische Chemie. Band 243, 1936, S. 189–194 (online [abgerufen am 18. November 2012]).
- Troyer, J. North Carolina Acad., Band 124, 2008, S. 4.
- Troyer, 2008, S. 4, wobei er Kenneth V. Thimann zitiert.
- Fritz Kögl, Hanni Erxleben: Zur Ätiologie der malignen Tumoren. 1. Mitteilung über die Chemie der Tumoren. In: Hoppe-Seyler’s Zeitschrift für physiologische Chemie. Band 258, 1939, S. 57–95 (online [abgerufen am 18. November 2012]).
- Ute Deichmann: Proteinforschung an Kaiser Wilhelm-Instituten von 1930 bis 1950 in internationalen Vergleich. (PDF; 1,1 MB) 2004, abgerufen am 18. November 2012.
Weblinks
- Literatur von und über Fritz Kögl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- F. Kögl Eintrag bei der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften
- Mitgliedsdatensatz der KNAW
- Informationen zu und akademischer Stammbaum von Fritz Kögl bei academictree.org
Personendaten | |
---|---|
NAME | Kögl, Fritz |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Chemiker und Universitätsprofessor |
GEBURTSDATUM | 19. September 1897 |
GEBURTSORT | München |
STERBEDATUM | 6. Juni 1959 |
STERBEORT | Utrecht |
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
wikipedia, wiki, deutsches, deutschland, buch, bücher, bibliothek artikel lesen, herunterladen kostenlos kostenloser herunterladen, MP3, Video, MP4, 3GP, JPG, JPEG, GIF, PNG, Bild, Musik, Lied, Film, Buch, Spiel, Spiele, Mobiltelefon, Mobil, Telefon, android, ios, apple, samsung, iphone, xiomi, xiaomi, redmi, honor, oppo, nokia, sonya, mi, pc, web, computer, komputer, Informationen zu Fritz Kögl, Was ist Fritz Kögl? Was bedeutet Fritz Kögl?
Fritz Kogl 19 September 1897 in Munchen 6 Juni 1959 in Utrecht war ein deutscher Chemiker und Universitatsprofessor LebenKogl studierte Chemie an der TH Munchen unter anderem bei Heinrich Otto Wieland bei dem er ab 1920 wissenschaftlicher Assistent war und 1921 mit der Arbeit Weitere Untersuchungen uber Derivate des vierwertigen Stickstoffs zum Dr Ing promoviert wurde Von 1921 bis 1926 arbeitete er bei Hans Fischer an der TH Munchen Ab 1925 war er Privatdozent fur Organische Chemie an der TH Munchen ab 1926 an der Universitat Gottingen 1931 wurde er Ordinarius fur Organische Chemie und Biochemie an der Universitat Utrecht Im Jahr 1934 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewahlt Seit 1936 war er korrespondierendes Mitglied der Gottinger Akademie der Wissenschaften seit 1938 der Koniglich Niederlandischen Akademie der Wissenschaften KNAW und seit 1949 der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Wahrend des Zweiten Weltkriegs unterstutzte er den niederlandischen Widerstand und konnte deshalb seine Karriere in Utrecht fortsetzen Kogl entdeckte dort zusammen mit Hanni Erxleben und Arie Jan Haagen Smit das pflanzliche Wachstumshormon Auxin von ihnen Heteroauxin genannt und mit der unabhangig von Kenneth V Thimann entdeckten Indol 3 essigsaure identisch interpretierte dieses durch eine Verkettung unglucklicher Umstande jedoch falsch Nach anderer Interpretation war schon hier Falschung von Seiten Erxlebens im Spiel Proben der fraglichen Stoffe Auxin a und Auxin b die in anderen Laboren nicht gefunden werden konnten die nach dem Tod von Kogl untersucht wurden Kogl selbst regte an sein Nachfolger J F G Vliegenthart solle sie erneut untersuchen enthielten die von ihm publizierten Stoffe nicht sondern unter anderem Cholsaure Das eigentliche Auxin hatten Kogl und Erxleben aber auch entdeckt und Heteroauxin genannt Zusammen mit seinem Doktoranden Benno Tonnis stellte Kogl auch erstmals Biotin in Reinform dar Die Alleinschuld von Erxleben an den Falschungen und ob es sich bei den Auxin Funden uberhaupt um solche handelte wurde von einigen Autoren in Zweifel gezogen und der Art wie Kogl sein Labor in den Niederlanden leitete eine erhebliche Mitschuld zugestanden Er hatte einen autoritaren Fuhrungsstil und beteiligte sich nicht an der eigentlichen Laborarbeit die er von Studenten und Assistenten ausfuhren liess Die Auxin Forschungen fuhrten zu einer langen Reihe von Veroffentlichungen von Kogl in der Zeitschrift fur Physiologische Chemie bei der Kogl Mitherausgeber war 1939 publizierte Kogl zusammen mit seiner Mitarbeiterin Hanni Erxleben eine aufsehenerregende Arbeit uber stereochemische Veranderungen von Proteinen in Tumorgeweben Bei Untersuchungen an tierischen und menschlichen Tumorgeweben war ihnen ein erhohter Anteil an D Aminosauren in ihren Proben aufgefallen Besonders die Menge an D Glutaminsaure war deutlich erhoht Da Proteine wahrend der Proteinbiosynthese durch L Aminosauren aufgebaut werden ware diese Entdeckung sowohl fur die Diagnose als auch fur die Behandlung von Krebs von grosser Bedeutung gewesen Einige Forschergruppen in den USA und in England versuchten bereits 1940 die von Kogl veroffentlichten Experimente zu reproduzieren Die Ergebnisse liessen sich aber durch die Untersuchungen dieser anderen Wissenschaftler nicht bestatigen Auch in Deutschland konnten die Resultate durch die Wiederholung der Experimente 1944 nicht verifiziert werden Anfang der 1950er Jahre wurde klar dass die Untersuchungen durch die Mitarbeiterin Kogls Erxleben beeinflusst worden waren Sie hatte D Glutaminsaure bei der IG Farben gekauft und dann in die Versuchsansatze gemischt Trotz der offensichtlich manipulierten Ergebnisse zog Kogl die Arbeit nicht zuruck Dies isolierte ihn von seinen Fachkollegen und stellte seine wissenschaftliche Integritat zunehmend in Frage Kogl litt wegen des Skandals jahrelang unter Depressionen Nach seinem Tod erschien kein Nachruf in den Chemischen Berichten Kogl war geschieden und hatte zwei Tochter Er war Ritter vom Orden des Niederlandischen Lowen erhielt 1933 die Emil Fischer Medaille 1936 die schwedische Scheele Medaille und wurde mehrmals fur den Nobelpreis fur Chemie vorgeschlagen LiteraturIlse Jahn Hrsg Geschichte der Biologie 3 erweiterte Auflage broschierte Sonderausgabe Nikol Verlagsges 2004 E Havinga Levensbericht F Kogl in Jaarboek 1959 1960 Amsterdam pp 311 316 pdf 427 kB James R Troyer Error or Fraud Science Auxins A and B and animal tumor proteins Journal of the North Carolina Academy of Science Band 124 2008 S 1 5 Fedor Lynen Fritz Kogl Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1959 S 187 88 OnlineEinzelnachweiseH A M Snelders Kogl Fritz 1897 1959 In Biografisch Woordenboek van Nederland 12 Februar 2012 abgerufen am 18 November 2012 niederlandisch Informationen zu und akademischer Stammbaum von Fritz Kogl bei academictree org abgerufen am 24 Februar 2018 Holger Krahnke Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen 1751 2001 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Philologisch Historische Klasse Folge 3 Bd 246 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen Mathematisch Physikalische Klasse Folge 3 Bd 50 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2001 ISBN 3 525 82516 1 S 135 Fritz Kogl A J Haagen Smit Hanni Erxleben Uber ein neues Auxin Heteroauxin aus Harn 11 Mitteilung uber pflanzliche Wachstumsstoffe In Z Physiol Chemie Band 228 1934 S 90 103 online abgerufen am 18 November 2012 Heinrich Zankl Falscher Schwindler Scharlatane Betrug in Forschung und Wissenschaft Weinheim Wiley VCH 2003 Eberhard Schnepff Falschungen nicht nur in unserer Zeit Biologie in unserer Zeit Band 32 2002 S 164f Fritz Kogl W van Hasselt Uber das Vorkommen von Biotin im tierischen Organismus 22 Mitteilung uber pflanzliche Wachstumsstoffe In Hoppe Seyler s Zeitschrift fur physiologische Chemie Band 243 1936 S 189 194 online abgerufen am 18 November 2012 Troyer J North Carolina Acad Band 124 2008 S 4 Troyer 2008 S 4 wobei er Kenneth V Thimann zitiert Fritz Kogl Hanni Erxleben Zur Atiologie der malignen Tumoren 1 Mitteilung uber die Chemie der Tumoren In Hoppe Seyler s Zeitschrift fur physiologische Chemie Band 258 1939 S 57 95 online abgerufen am 18 November 2012 Ute Deichmann Proteinforschung an Kaiser Wilhelm Instituten von 1930 bis 1950 in internationalen Vergleich PDF 1 1 MB 2004 abgerufen am 18 November 2012 WeblinksLiteratur von und uber Fritz Kogl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek F Kogl Eintrag bei der Koniglich Niederlandischen Akademie der Wissenschaften Mitgliedsdatensatz der KNAW Informationen zu und akademischer Stammbaum von Fritz Kogl bei academictree orgNormdaten Person GND 102747768 lobid GND Explorer OGND AKS VIAF 76714387 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kogl FritzKURZBESCHREIBUNG deutscher Chemiker und UniversitatsprofessorGEBURTSDATUM 19 September 1897GEBURTSORT MunchenSTERBEDATUM 6 Juni 1959STERBEORT Utrecht