Carl Künzel 24 April 1808 in Heilbronn 3 Februar 1877 ebenda auch Karl Künzel war ein deutscher Autographensammler Carl
Carl Künzel

Carl Künzel (* 24. April 1808 in Heilbronn; † 3. Februar 1877 ebenda; auch Karl Künzel) war ein deutscher Autographensammler.
Leben
Carl Künzel war der erste Sohn des Stadtrates Bernhard Künzel und dessen Frau Marie Magdalene. Bernhard Künzel besaß ein Haus in der Metzgergasse, das damals die Nummer 305 trug. Nach der Schulzeit ließ er seinen Sohn eine Lehre in der neu gegründeten Papierfabrik der Gebrüder Rauch antreten – in dieser Fabrik sollte Carl Künzel schließlich 55 Berufsjahre verbringen. Carl Künzel stellte als junger Mann fest, dass seine Schulbildung große Lücken aufwies und begann sich autodidaktisch weiterzubilden. Dafür nutzte er insbesondere die frühen Morgenstunden ab 4 Uhr. Nach seiner Lehrzeit wurde er in der Fabrik fest angestellt; seine Aufgabe war es, die Kunden zu besuchen. Diese Reisen und Kontakte nutzte er für die Erweiterung seiner Autographensammlung. Etwa ab den 1860er Jahren war er beruflich vorwiegend in Heilbronn beschäftigt, nutzte jedoch seine Urlaube für Reisen nach Frankreich und Italien. Er litt in seinen letzten Jahren an einer Kniegelenksentzündung und starb mit 68 Jahren an Herzwassersucht.
Künzel wohnte in seiner Vaterstadt wohl ab den 1840er Jahren Vor dem Sülmertor 963 und ungefähr ab 1850 in einem Eckgebäude der Cäcilien- und Wilhelmstraße. Das Haus in der Wilhelmstraße 9 besaß große Räumlichkeiten für gesellige Veranstaltungen und war mit alten Möbeln ausgestattet, darunter zwei Schränken aus dem frühen 17. Jahrhundert, die, zum Schutz gegen die Einwirkungen des Dreißigjährigen Krieges, zerlegt worden waren. Eine der Schranktüren hatte, mit Lehm verkleidet, in Widdern als Tor eines Schweinestalls gedient, ehe der Möbelsammler Künzel sie wiederentdeckte und in seine Wohnung überführte.
Künzel war ein Mitglied der Heilbronner Gräßle-Gesellschaft, die aus dem Fredeskreis um den Arzt Philipp Sicherer hervorgegangen war und in der sich die Honoratioren trafen. Der Bäcker und Wirt Christoph David Gräßle betrieb in den 1840er Jahren in der Fleiner Straße, gegenüber dem Chor der Kilianskirche, eine Weinwirtschaft, aus deren Stammtisch am 1. Mai 1845 die Gräßle-Gesellschaft, auch Herbulanum genannt, hervorging. Mitglieder dieser Gemeinschaft waren unter anderem David Friedrich Strauß, der bis 1848 in Heilbronn in der Götzenturmstraße 8 und von 1860 bis 1864 im Bläß’schen Palais in der Paulinenstraße 2 wohnte, Adolf Goppelt, Gustav Rümelin, Heinrich Titot, Adolf und Alfred Schliz, Eduard Zeller, Kuno Fischer, Christian Märklin, Friedrich Theodor von Vischer, Karl Reinhold Köstlin und Justinus Kerner. In den 1890er Jahren wurde Gräßles Haus abgerissen und die Gesellschaft zog in den Gasthof Traube in der Wilhelmstraße 3 um; sie nutzte aber ab den 1880er Jahren auch die Harmonie und später das Liederkranzhaus.
Künzel wurde in diesem Kreis mit Epitheta wie „der Allverwaltende“ geehrt und geneckt und insbesondere als Reisemarschall genutzt. In einem Gedicht eines Herbulanum-Mitgliedes wurde sein rastloser Eifer thematisiert:
Der feurige Künzel, Kanzler und Schaffner,
Uralter Runen Kenner und Freund,
Voll brausenden Eifers, ein treuer Wächter,
Den Guten hold und den Schlimmen Feind.
Furchtlos ebnet er alle Pfade,
Wo der Bund seinen Weg hin nimmt;
Schonungslos aber und ohne Gnade
Macht er die Rechnung bis sie stimmt.
Gerecht zwar ist er und gönnet Jedem neidlos das Seine.
Rastlos bedacht für die Heiterkeit,
Wenn’s aber gilt, die Sache zu machen ins Reine,
Bodenlos immer zum Einzug bereit.
Sammlung
Carl Künzel, der später Agent und schließlich Prokurist der Heilbronner Papierfabrik der Gebrüder Rauch wurde, kam durch Zufall schon als Lehrling zu seiner Leidenschaft für handschriftliche Zeugnisse bekannter Personen: Nachdem er in der Lumpenkammer der Fabrik einen Brief an Friedrich Schiller entdeckt hatte, begann er, systematisch Autographen zu sammeln.
Unter anderem konnte er die sogenannten Schilleriana, Briefe verschiedener Personen an Schiller, sowie Gedichte Hölderlins in der Handschrift des Autors in seinen Besitz bringen. Der von seinen Freunden auch als „Papirius Cursor“ bezeichnete Künzel führte auf seinen Geschäftsreisen stets ein Stammbuch mit sich, in dem er Eintragungen prominenter Persönlichkeiten sammelte. Unter anderem schrieb 1853 Eduard Mörike das Gedicht Die Welt wär ein Sumpf in diesem Stammbuch nieder. Möglicherweise kannte Mörike, der mit Künzel einen Briefwechsel unterhielt, diesen schon seit seiner Zeit in Cleversulzbach, da er damals über seinen Freund Karl Friedrich Schnitzer Kontakte nach Heilbronn hatte. Eine frühere Schülerin Mörikes am Stuttgarter Katharinenstift, Maria Charlotte Karoline Schliz, heiratete Künzels im Jahr 1840 geborenen Sohn Albert Karl Theodor Künzel.
Das Stammalbum bestand aus einer goldgepressten Pappkassette, in der Künzel offenbar ab 1827 Blätter sammelte, die ihm besonders wertvoll schienen. Der Schwerpunkt dieser Sammeltätigkeit lag in den 1830er Jahren, doch wurden die Autographen im Stammalbum bis 1868 weiter ergänzt. Wie Künzel 1829 in den Besitz eines oder mehrerer Blätter von Goethe gelangte, berichtete ein anonymer Schreiber, möglicherweise Freiligrath, im Jahr 1855 im Londoner Athenäum: Künzel habe auf einer Reise nach Weimar Goethes Haus betreten und den Diener gebeten, ihn im Hausflur zu verstecken, damit er einen Blick auf den Dichter werfen könne. Goethe sei jedoch von seinem Diener über dieses Ansinnen informiert worden und habe daraufhin den wissbegierigen Schwaben in seine Räumlichkeiten gebeten, eine freundliche Unterhaltung über Schillers Schwester, mit der Künzel befreundet war, mit ihm geführt und ihm zum Schluss auch etwas Handschriftliches geschenkt. Der Artikel wurde in der Süddeutschen Buchhändler-Zeitung Nr. 43, Jahrgang 8, 1855 abgedruckt und mit einem Kommentar versehen, in dem auf Umfang und Qualität der Künzelschen Sammlung hingewiesen wurde: Sie gehöre zu den bedeutendsten des Kontinents. Mit einigen Abweichungen hatte auch schon der Phönix in seinen Nummern 242 und 244 im Jahr 1836 von Künzels Besuch bei Goethe berichtet. In Künzels Sammlung fand sich später neben einem in französischer Sprache beschrifteten Blatt, das auf Goethes Geburtstag im Jahr 1829 datiert ist, auch ein weiteres Skriptum von Goethe – ein deutschsprachiger Vierzeiler – aus dem Jahr 1827. Außer diesen beiden Blättern besaß Künzel weitere Erinnerungsstücke an Goethe, so dessen Gartenhut, eine Frühstückstasse und eine Feder. Laut einer Echtheitsbeglaubigung, die der Diener Friedrich Krause ihm im Jahr 1834 ausstellte, existierte auch noch eine zweite Kopfbedeckung Goethes in Künzels Besitz, deren Schicksal allerdings ungeklärt ist. Der Inhalt von Künzels Stammalbum wurde am 9. Oktober 1936 versteigert; im Besitz der Familie blieben nur wenige Autographen.
Carl Künzel hatte einen Neffen namens Wilhelm Künzel, der ebenfalls Autographen sammelte. Wilhelm Künzel, der 1859 nach Leipzig zog, verstarb am 28. Juni 1896. Auch seine Sammlung ist nicht geschlossen erhalten geblieben; 15.223 Autographen daraus wurden ab November 1896 in sieben Abteilungen versteigert. „Diese beiden Sammler, Oheim und Neffe, sind für die Geschichte des Autographenwesens von besonderer Bedeutung, denn die Spur von ihren Erdentagen begegnet dem heutigen Sammler und Antiquar noch auf Schritt und Tritt“, so heißt es in Günther Mecklenburgs Werk Vom Autographensammeln in Bezug auf die Annotationen in feiner Bleistiftschrift, die Onkel und Neffe auf ihren Sammlungsstücken hinterlassen haben.
Schillers komische Werke
Die beiden Sammler besaßen nach Einschätzung „eine der wertvollsten Autographensammlungen“, darunter auch ein Manuskript zu einem Lustspiel aus der Hand Friedrich Schillers, das sie entweder – so Kneschke – nach dem Tod Christian Gottfried Körners im Jahr 1831 dessen Adoptivsohn abgekauft hatten oder das Carl Künzel, wie er selber erklärte, 1837 von Körners Witwe erhalten hatte. An die Überlassung war allerdings die Bedingung geknüpft, das Werk, in dem es um Körners Hausstand ging, wegen indezenter Stellen nicht zu veröffentlichen bzw. diese Stellen zu vernichten. Dennoch insistierte Alfred von Wolzogen mehrfach, um eine Publikation durchzusetzen: „Schillers Person und jede seiner Schriften ist und soll Gemeingut der Nation sein, und es heißt dieselbe benachtheiligen, wenn man ihr eines seiner Producte, und sei es auch das relativ werthloseste, vorenthält.“ Künzel fühlte sich schließlich recht unsanft gedrängt und gab das Lustspiel Ich habe mich rasieren lassen 1862 selbst heraus. Ebenso gab er 1862 die Avanturen des neuen Telemachs oder Leben und Exsertionen Koerners des decenten, consequenten, piquanten etc. heraus, ein handgeschriebenes und illustriertes Buch, das zum 30. Geburtstag Körners von Schiller, der sich hier das Pseudonym Hogarth zugelegt hatte, und Ludwig Ferdinand Huber, der sich Winkelmann nannte, geschaffen wurde. Angeblicher Entstehungsort dieses scherzhaften Werkes war Rom. Schiller hatte die kolorierten Federzeichnungen geschaffen, Huber den Text dazu.
Künzel als literarische Figur
Carl Künzel selbst taucht als literarische Figur unter seinem realen Namen in David Friedrich Strauß’ Novelle Der Papierreisende auf. Er wird dort im Gespräch mit Eduard Zeller dargestellt, der von einem geheimnisvollen Fremden heimgesucht wird. Dieser Fremde behauptet von sich selbst, für den Stil der Schriftsteller unabdingbar zu sein, und entpuppt sich schließlich als das personifizierte Semikolon. Strauß schickte Zeller diesen literarischen Scherz, nachdem dieser seine Übersetzung von Platons Symposion veröffentlicht hatte.
Familie und Nachkommen
Am 4. August 1839 heiratete Carl Künzel die 18-jährige Apothekertochter Amalie Braun aus Knittlingen. Die Hochzeitsreise führte das Paar durch mehrere Städte, deren Sehenswürdigkeiten Künzel vorher auf langen, schmalen Papierstreifen verzeichnet hatte und nach der Besichtigung jeweils durchstrich. Der erste Sohn, Albert Karl Theodor, wurde am 5. Juli 1840 geboren; seine Taufpatin war Maria Körner. Zwei Jahre später folgte der Sohn Theodor. Die Kinder wurden streng erzogen; Theodor Künzel floh als Zwanzigjähriger aus dem Elternhaus und ließ sich in Amerika für den Kampf gegen die Südstaaten anwerben. Das erste Lebenszeichen erhielten die Eltern 1863. Theodor Künzel kam in Amerika zu einem nicht geringen Vermögen, das nach 1900 die Kinder seines Bruders erbten. Er selbst galt schließlich als verschollen und hat offenbar keine direkten Nachkommen hinterlassen. Albert Karl Theodor Künzel heiratete Maria Schliz, die älteste Tochter von Adolf Schliz. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor: Anna Künzel heiratete den Rechtsanwalt August Köstlin, Carl Künzel wurde Landwirtschaftsrat und Eugenie Künzel heiratete , der 1938 die Biographie Carl Künzels veröffentlichte.
Carl Künzels Neffe Wilhelm hatte eine Adoptivtochter namens Sofie, die den Stuttgarter Klavierfabrikanten Adolf Schiedmayer heiratete.
Literatur
- Emil Michelmann, Carl Künzel. Ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1938
- Carl Künzels „Schilleriana“. Briefe an Schiller und Schillers Familienmitglieder nach den Abschriften im Besitz des Wiener Goethe-Vereins (= Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Sitzungsberichte, 229. Band, 3. Abhandlung)
Weblinks
Einzelnachweise
- Sterbeort nach Eintrag zu Karl Künzel in der Personendatenbank der Landesbibliographie Baden-Württemberg
- Emil Michelmann, Carl Künzel. Ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1938, S. 78
- Emil Michelmann, Carl Künzel. Ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1938, S. 8–11
- Emil Michelmann, Carl Künzel. Ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1938, S. 64 f.
- Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein, Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 3/4, 1939, S. 550
- Diese Briefsammlung wurde erstmals von Ludwig Speidel und Hugo Wittmann publiziert, nachdem Künzel sie der Neuen Freien Presse verkauft hatte. Vgl. Emil Michelmann, Carl Künzel. Ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1938, S. 53 f.
- Eduard Mörike, Werke und Briefe. Band 16: Briefe 1851–1856, hg. v. Bernhard Thurn, Klett-Cotta 2001, ISBN 978-3-608-33160-8, S. 470
- Eduard Mörike, Werke und Briefe, Bd. 19.1. Briefe 1868–1875 hg. von Bernhard Thurn, Klett-Cotta 2006, ISBN 978-3-608-33191-2, S. 561
- Emil Michelmann, Carl Künzel. Ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1838, S. 13–15
- Emil Michelmann, Carl Künzel. Ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1938, S. 20–22
- Emil Michelmann, Carl Künzel. Ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1938, S. 81
- Emil Michelmann, Carl Künzel. Ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1938, S. 13
- Günther Mecklenburg, Vom Autographensammeln. Versuch einer Darstellung seines Wesens und seiner Geschichte im deutschen Sprachgebiet, J. A. Stargardt 1963, S. 54
- Emil Kneschke, Das deutsche Lustspiel in Vergangenheit und Gegenwart, Leipzig 1861, S. 47
- Emil Kneschke, Das deutsche Lustspiel in Vergangenheit und Gegenwart, Leipzig 1861, S. 48 f.
- Carl Künzel (Hrsg.), Friedrich Schiller, Ich habe mich rasieren lassen, Leipzig 1862
- Die Avanturen des neuen Telemachs auf dem Goethezeitportal
- David Friedrich Strauß, Der Papierreisende
Personendaten | |
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NAME | Künzel, Carl |
ALTERNATIVNAMEN | Künzel, Karl |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Autographensammler |
GEBURTSDATUM | 24. April 1808 |
GEBURTSORT | Heilbronn |
STERBEDATUM | 3. Februar 1877 |
STERBEORT | Heilbronn |
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Carl Kunzel 24 April 1808 in Heilbronn 3 Februar 1877 ebenda auch Karl Kunzel war ein deutscher Autographensammler Carl KunzelLebenCarl Kunzel war der erste Sohn des Stadtrates Bernhard Kunzel und dessen Frau Marie Magdalene Bernhard Kunzel besass ein Haus in der Metzgergasse das damals die Nummer 305 trug Nach der Schulzeit liess er seinen Sohn eine Lehre in der neu gegrundeten Papierfabrik der Gebruder Rauch antreten in dieser Fabrik sollte Carl Kunzel schliesslich 55 Berufsjahre verbringen Carl Kunzel stellte als junger Mann fest dass seine Schulbildung grosse Lucken aufwies und begann sich autodidaktisch weiterzubilden Dafur nutzte er insbesondere die fruhen Morgenstunden ab 4 Uhr Nach seiner Lehrzeit wurde er in der Fabrik fest angestellt seine Aufgabe war es die Kunden zu besuchen Diese Reisen und Kontakte nutzte er fur die Erweiterung seiner Autographensammlung Etwa ab den 1860er Jahren war er beruflich vorwiegend in Heilbronn beschaftigt nutzte jedoch seine Urlaube fur Reisen nach Frankreich und Italien Er litt in seinen letzten Jahren an einer Kniegelenksentzundung und starb mit 68 Jahren an Herzwassersucht Wilhelmstrasse 9 Heilbronn Kunzel wohnte in seiner Vaterstadt wohl ab den 1840er Jahren Vor dem Sulmertor 963 und ungefahr ab 1850 in einem Eckgebaude der Cacilien und Wilhelmstrasse Das Haus in der Wilhelmstrasse 9 besass grosse Raumlichkeiten fur gesellige Veranstaltungen und war mit alten Mobeln ausgestattet darunter zwei Schranken aus dem fruhen 17 Jahrhundert die zum Schutz gegen die Einwirkungen des Dreissigjahrigen Krieges zerlegt worden waren Eine der Schrankturen hatte mit Lehm verkleidet in Widdern als Tor eines Schweinestalls gedient ehe der Mobelsammler Kunzel sie wiederentdeckte und in seine Wohnung uberfuhrte Kunzel war ein Mitglied der Heilbronner Grassle Gesellschaft die aus dem Fredeskreis um den Arzt Philipp Sicherer hervorgegangen war und in der sich die Honoratioren trafen Der Backer und Wirt Christoph David Grassle betrieb in den 1840er Jahren in der Fleiner Strasse gegenuber dem Chor der Kilianskirche eine Weinwirtschaft aus deren Stammtisch am 1 Mai 1845 die Grassle Gesellschaft auch Herbulanum genannt hervorging Mitglieder dieser Gemeinschaft waren unter anderem David Friedrich Strauss der bis 1848 in Heilbronn in der Gotzenturmstrasse 8 und von 1860 bis 1864 im Blass schen Palais in der Paulinenstrasse 2 wohnte Adolf Goppelt Gustav Rumelin Heinrich Titot Adolf und Alfred Schliz Eduard Zeller Kuno Fischer Christian Marklin Friedrich Theodor von Vischer Karl Reinhold Kostlin und Justinus Kerner In den 1890er Jahren wurde Grassles Haus abgerissen und die Gesellschaft zog in den Gasthof Traube in der Wilhelmstrasse 3 um sie nutzte aber ab den 1880er Jahren auch die Harmonie und spater das Liederkranzhaus Kunzel wurde in diesem Kreis mit Epitheta wie der Allverwaltende geehrt und geneckt und insbesondere als Reisemarschall genutzt In einem Gedicht eines Herbulanum Mitgliedes wurde sein rastloser Eifer thematisiert Carl Kunzel dritte sitzende Person von rechts mit Mitgliedern der Grassle GesellschaftDer feurige Kunzel Kanzler und Schaffner Uralter Runen Kenner und Freund Voll brausenden Eifers ein treuer Wachter Den Guten hold und den Schlimmen Feind Furchtlos ebnet er alle Pfade Wo der Bund seinen Weg hin nimmt Schonungslos aber und ohne Gnade Macht er die Rechnung bis sie stimmt Gerecht zwar ist er und gonnet Jedem neidlos das Seine Rastlos bedacht fur die Heiterkeit Wenn s aber gilt die Sache zu machen ins Reine Bodenlos immer zum Einzug bereit SammlungDie Rauchsche Papierfabrik links Carl Kunzel der spater Agent und schliesslich Prokurist der Heilbronner Papierfabrik der Gebruder Rauch wurde kam durch Zufall schon als Lehrling zu seiner Leidenschaft fur handschriftliche Zeugnisse bekannter Personen Nachdem er in der Lumpenkammer der Fabrik einen Brief an Friedrich Schiller entdeckt hatte begann er systematisch Autographen zu sammeln Unter anderem konnte er die sogenannten Schilleriana Briefe verschiedener Personen an Schiller sowie Gedichte Holderlins in der Handschrift des Autors in seinen Besitz bringen Der von seinen Freunden auch als Papirius Cursor bezeichnete Kunzel fuhrte auf seinen Geschaftsreisen stets ein Stammbuch mit sich in dem er Eintragungen prominenter Personlichkeiten sammelte Unter anderem schrieb 1853 Eduard Morike das Gedicht Die Welt war ein Sumpf in diesem Stammbuch nieder Moglicherweise kannte Morike der mit Kunzel einen Briefwechsel unterhielt diesen schon seit seiner Zeit in Cleversulzbach da er damals uber seinen Freund Karl Friedrich Schnitzer Kontakte nach Heilbronn hatte Eine fruhere Schulerin Morikes am Stuttgarter Katharinenstift Maria Charlotte Karoline Schliz heiratete Kunzels im Jahr 1840 geborenen Sohn Albert Karl Theodor Kunzel Das Stammalbum bestand aus einer goldgepressten Pappkassette in der Kunzel offenbar ab 1827 Blatter sammelte die ihm besonders wertvoll schienen Der Schwerpunkt dieser Sammeltatigkeit lag in den 1830er Jahren doch wurden die Autographen im Stammalbum bis 1868 weiter erganzt Wie Kunzel 1829 in den Besitz eines oder mehrerer Blatter von Goethe gelangte berichtete ein anonymer Schreiber moglicherweise Freiligrath im Jahr 1855 im Londoner Athenaum Kunzel habe auf einer Reise nach Weimar Goethes Haus betreten und den Diener gebeten ihn im Hausflur zu verstecken damit er einen Blick auf den Dichter werfen konne Goethe sei jedoch von seinem Diener uber dieses Ansinnen informiert worden und habe daraufhin den wissbegierigen Schwaben in seine Raumlichkeiten gebeten eine freundliche Unterhaltung uber Schillers Schwester mit der Kunzel befreundet war mit ihm gefuhrt und ihm zum Schluss auch etwas Handschriftliches geschenkt Der Artikel wurde in der Suddeutschen Buchhandler Zeitung Nr 43 Jahrgang 8 1855 abgedruckt und mit einem Kommentar versehen in dem auf Umfang und Qualitat der Kunzelschen Sammlung hingewiesen wurde Sie gehore zu den bedeutendsten des Kontinents Mit einigen Abweichungen hatte auch schon der Phonix in seinen Nummern 242 und 244 im Jahr 1836 von Kunzels Besuch bei Goethe berichtet In Kunzels Sammlung fand sich spater neben einem in franzosischer Sprache beschrifteten Blatt das auf Goethes Geburtstag im Jahr 1829 datiert ist auch ein weiteres Skriptum von Goethe ein deutschsprachiger Vierzeiler aus dem Jahr 1827 Ausser diesen beiden Blattern besass Kunzel weitere Erinnerungsstucke an Goethe so dessen Gartenhut eine Fruhstuckstasse und eine Feder Laut einer Echtheitsbeglaubigung die der Diener Friedrich Krause ihm im Jahr 1834 ausstellte existierte auch noch eine zweite Kopfbedeckung Goethes in Kunzels Besitz deren Schicksal allerdings ungeklart ist Der Inhalt von Kunzels Stammalbum wurde am 9 Oktober 1936 versteigert im Besitz der Familie blieben nur wenige Autographen Carl Kunzel hatte einen Neffen namens Wilhelm Kunzel der ebenfalls Autographen sammelte Wilhelm Kunzel der 1859 nach Leipzig zog verstarb am 28 Juni 1896 Auch seine Sammlung ist nicht geschlossen erhalten geblieben 15 223 Autographen daraus wurden ab November 1896 in sieben Abteilungen versteigert Diese beiden Sammler Oheim und Neffe sind fur die Geschichte des Autographenwesens von besonderer Bedeutung denn die Spur von ihren Erdentagen begegnet dem heutigen Sammler und Antiquar noch auf Schritt und Tritt so heisst es in Gunther Mecklenburgs Werk Vom Autographensammeln in Bezug auf die Annotationen in feiner Bleistiftschrift die Onkel und Neffe auf ihren Sammlungsstucken hinterlassen haben Schillers komische WerkeSelbstkarikatur Schillers in den Avanturen Die beiden Sammler besassen nach Einschatzung eine der wertvollsten Autographensammlungen darunter auch ein Manuskript zu einem Lustspiel aus der Hand Friedrich Schillers das sie entweder so Kneschke nach dem Tod Christian Gottfried Korners im Jahr 1831 dessen Adoptivsohn abgekauft hatten oder das Carl Kunzel wie er selber erklarte 1837 von Korners Witwe erhalten hatte An die Uberlassung war allerdings die Bedingung geknupft das Werk in dem es um Korners Hausstand ging wegen indezenter Stellen nicht zu veroffentlichen bzw diese Stellen zu vernichten Dennoch insistierte Alfred von Wolzogen mehrfach um eine Publikation durchzusetzen Schillers Person und jede seiner Schriften ist und soll Gemeingut der Nation sein und es heisst dieselbe benachtheiligen wenn man ihr eines seiner Producte und sei es auch das relativ werthloseste vorenthalt Kunzel fuhlte sich schliesslich recht unsanft gedrangt und gab das Lustspiel Ich habe mich rasieren lassen 1862 selbst heraus Ebenso gab er 1862 die Avanturen des neuen Telemachs oder Leben und Exsertionen Koerners des decenten consequenten piquanten etc heraus ein handgeschriebenes und illustriertes Buch das zum 30 Geburtstag Korners von Schiller der sich hier das Pseudonym Hogarth zugelegt hatte und Ludwig Ferdinand Huber der sich Winkelmann nannte geschaffen wurde Angeblicher Entstehungsort dieses scherzhaften Werkes war Rom Schiller hatte die kolorierten Federzeichnungen geschaffen Huber den Text dazu Kunzel als literarische FigurCarl Kunzel selbst taucht als literarische Figur unter seinem realen Namen in David Friedrich Strauss Novelle Der Papierreisende auf Er wird dort im Gesprach mit Eduard Zeller dargestellt der von einem geheimnisvollen Fremden heimgesucht wird Dieser Fremde behauptet von sich selbst fur den Stil der Schriftsteller unabdingbar zu sein und entpuppt sich schliesslich als das personifizierte Semikolon Strauss schickte Zeller diesen literarischen Scherz nachdem dieser seine Ubersetzung von Platons Symposion veroffentlicht hatte Familie und NachkommenAm 4 August 1839 heiratete Carl Kunzel die 18 jahrige Apothekertochter Amalie Braun aus Knittlingen Die Hochzeitsreise fuhrte das Paar durch mehrere Stadte deren Sehenswurdigkeiten Kunzel vorher auf langen schmalen Papierstreifen verzeichnet hatte und nach der Besichtigung jeweils durchstrich Der erste Sohn Albert Karl Theodor wurde am 5 Juli 1840 geboren seine Taufpatin war Maria Korner Zwei Jahre spater folgte der Sohn Theodor Die Kinder wurden streng erzogen Theodor Kunzel floh als Zwanzigjahriger aus dem Elternhaus und liess sich in Amerika fur den Kampf gegen die Sudstaaten anwerben Das erste Lebenszeichen erhielten die Eltern 1863 Theodor Kunzel kam in Amerika zu einem nicht geringen Vermogen das nach 1900 die Kinder seines Bruders erbten Er selbst galt schliesslich als verschollen und hat offenbar keine direkten Nachkommen hinterlassen Albert Karl Theodor Kunzel heiratete Maria Schliz die alteste Tochter von Adolf Schliz Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor Anna Kunzel heiratete den Rechtsanwalt August Kostlin Carl Kunzel wurde Landwirtschaftsrat und Eugenie Kunzel heiratete der 1938 die Biographie Carl Kunzels veroffentlichte Carl Kunzels Neffe Wilhelm hatte eine Adoptivtochter namens Sofie die den Stuttgarter Klavierfabrikanten Adolf Schiedmayer heiratete LiteraturEmil Michelmann Carl Kunzel Ein Sammler Genie aus dem Schwabenland Stuttgart 1938 Carl Kunzels Schilleriana Briefe an Schiller und Schillers Familienmitglieder nach den Abschriften im Besitz des Wiener Goethe Vereins Osterreichische Akademie der Wissenschaften Philosophisch Historische Klasse Sitzungsberichte 229 Band 3 Abhandlung WeblinksCommons Carl Kunzel Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweiseSterbeort nach Eintrag zu Karl Kunzel in der Personendatenbank der Landesbibliographie Baden Wurttemberg Emil Michelmann Carl Kunzel Ein Sammler Genie aus dem Schwabenland Stuttgart 1938 S 78 Emil Michelmann Carl Kunzel Ein Sammler Genie aus dem Schwabenland Stuttgart 1938 S 8 11 Emil Michelmann Carl Kunzel Ein Sammler Genie aus dem Schwabenland Stuttgart 1938 S 64 f Wurttembergischer Geschichts und Altertumsverein Zeitschrift fur wurttembergische Landesgeschichte 3 4 1939 S 550 Diese Briefsammlung wurde erstmals von Ludwig Speidel und Hugo Wittmann publiziert nachdem Kunzel sie der Neuen Freien Presse verkauft hatte Vgl Emil Michelmann Carl Kunzel Ein Sammler Genie aus dem Schwabenland Stuttgart 1938 S 53 f Eduard Morike Werke und Briefe Band 16 Briefe 1851 1856 hg v Bernhard Thurn Klett Cotta 2001 ISBN 978 3 608 33160 8 S 470 Eduard Morike Werke und Briefe Bd 19 1 Briefe 1868 1875 hg von Bernhard Thurn Klett Cotta 2006 ISBN 978 3 608 33191 2 S 561 Emil Michelmann Carl Kunzel Ein Sammler Genie aus dem Schwabenland Stuttgart 1838 S 13 15 Emil Michelmann Carl Kunzel Ein Sammler Genie aus dem Schwabenland Stuttgart 1938 S 20 22 Emil Michelmann Carl Kunzel Ein Sammler Genie aus dem Schwabenland Stuttgart 1938 S 81 Emil Michelmann Carl Kunzel Ein Sammler Genie aus dem Schwabenland Stuttgart 1938 S 13 Gunther Mecklenburg Vom Autographensammeln Versuch einer Darstellung seines Wesens und seiner Geschichte im deutschen Sprachgebiet J A Stargardt 1963 S 54 Emil Kneschke Das deutsche Lustspiel in Vergangenheit und Gegenwart Leipzig 1861 S 47 Emil Kneschke Das deutsche Lustspiel in Vergangenheit und Gegenwart Leipzig 1861 S 48 f Carl Kunzel Hrsg Friedrich Schiller Ich habe mich rasieren lassen Leipzig 1862 Die Avanturen des neuen Telemachs auf dem Goethezeitportal David Friedrich Strauss Der PapierreisendeNormdaten Person GND 116592060 lobid GND Explorer OGND AKS LCCN nb2002003161 VIAF 64761680 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kunzel CarlALTERNATIVNAMEN Kunzel KarlKURZBESCHREIBUNG deutscher AutographensammlerGEBURTSDATUM 24 April 1808GEBURTSORT HeilbronnSTERBEDATUM 3 Februar 1877STERBEORT Heilbronn