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Natürliche Religion oder Vernunftreligion ist ein Begriff der Religionsphilosophie der Aufklärung Er bezeichnet eine rel

Natürliche Religion

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Natürliche Religion oder Vernunftreligion ist ein Begriff der Religionsphilosophie der Aufklärung. Er bezeichnet eine religiöse Weltanschauung, die unabhängig von den Spezifika konkreter geschichtlicher Religionen ist. Diese wurden als Hinzukommnisse zu einer ursprünglich rein vernunftförmigen Religiosität verstanden. Oftmals wird der Ausdruck als Gegenbegriff zu Offenbarungsreligion verwendet, wobei manchmal eine Unterscheidung von „Natur“ gegen „Gnade“ zugrunde liegt. Andere Gegenbegriffe sind „geschichtliche Religion“ oder „positive Religion“ (im Sinne von: geschichtlich „gegebene“, vorgefundene Religion).

Abgrenzung

Die Bezeichnungen Natürliche Religion und Natürliche Theologie werden von einigen Denkern synonym verwendet, bei anderen umfasst der Begriff „Natürliche Religion“ das gesamte Bedeutungsfeld der beiden Termini. Viele Theologen und Religionswissenschaftler unterscheiden indes zwischen „Natürlicher Religion“ als Bezeichnung einer Lebensform und „Natürlicher Theologie“ als Bezeichnung philosophisch-theologischer Theoriebildung.

„Naturreligion“ ist ein Ausdruck zur Bezeichnung der Religionen schriftloser Völker, der in der Fachwelt als veraltet gilt, aber immer noch populär ist. Diese Redeweise wird heute als problematisch empfunden, weil sie, ähnlich wie „primitive Religionen“, oft mit wertenden Konnotationen einhergeht und klassifikatorisch ungenau ist.

Geschichte des Begriffs

Vertreter der natürlichen Religion

Die ersten Vertreter der natürlichen Religion im engeren Sinne finden sich im englischen Deismus des 17. Jahrhunderts. In der klassischen thomistischen Schultheologie wird von zwei Stufen der Erkenntnis religiöser Wahrheiten ausgegangen: Erstens der natürlichen Erkenntnis (vgl. Natürliche Theologie) und zweitens der göttlichen Offenbarung. Im Deismus wird diese zweite Stufe als nicht notwendig für die Religion betrachtet, sodass eine rein natürliche Religion möglich sei.

Erster prominenter Vertreter der natürlichen Religion ist Herbert von Cherbury. In seinem Werk De religione gentilium errorumque apud eos causis von 1663 stellt er fünf rational einsichtige Grundsätze der natürlichen Religion auf:

  1. Die Annahme der Existenz eines höheren Wesens
  2. Die Pflicht, dieses Wesen zu verehren
  3. Die Gleichsetzung der Verehrung mit moralischem Handeln
  4. Die Forderung, Sünden zu bereuen und zu büßen
  5. Der Glaube an göttliche Belohnung und Bestrafung

Diese Grundsätze stellen Herbert zufolge den unverdorbenen Kern aller Religionen dar, der jedoch häufig durch Einbildungskraft oder Priesterbetrug erweitert oder verfälscht worden sei.

Einen Beitrag zur Rechtfertigung der natürlichen Religion leistet auch Leibniz in seiner Theodizee von 1710.

Ein sehr einflussreiches und weit ausgearbeitetes System natürlicher Religion legte Matthew Tindal 1730 in Christianity as old as the Creation vor. Er betrachtet die natürliche Religion als notwendig vorhanden, weil es einer Einschränkung von Gottes Gültigkeit gleichkomme zu behaupten, es sei den Menschen vor Christi Geburt (oder einer anderen Offenbarung) nicht möglich gewesen, die wahre Religion zu kennen. Gott müsse den Menschen von Beginn an eine ausreichende Befähigung zur Erkenntnis der Religion mitgegeben haben, nämlich die Vernunft. Die Inhalte von Tindals natürlicher Religion sind im Wesentlichen der Glaube an die Existenz Gottes und seine autonome Glücklichkeit. Da der Mensch zum Glück Gottes nichts mehr beitragen könne, sei er verpflichtet, das Glück der Menschheit bestmöglich zu befördern. Tindal schließt deshalb eine stoische Ethik in seine natürliche Religion ein. Er stellt ausführliche Überlegungen an, warum alle überlieferten Offenbarungen – insbesondere auch die inkonsistente Bibel – unzuverlässig seien. Jedoch ist er der Meinung, dass das Christentum diejenige Religion sei, die inhaltlich mit der natürlichen Religion identisch sei. Daher sei die Bibel nur eine Wiederveröffentlichung der Inhalte der natürlichen Religion.

Eine Form der Vernunftreligion vertritt auch Immanuel Kant in Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Er betrachtet die Religion in Hinblick auf ihren moralischen Nutzen. Natürliche Religion sei diejenige Religion, in der – wie auch bei Tindal – nur die religiösen Sätze anerkannt werden, die rational erschlossen wurden. Dem stehe die geoffenbarte Religion und der statutarische Glaube gegenüber, die mit der natürlichen Religion identisch sein könne, zumindest aber einen Teil von ihr enthalten müsse, um als Offenbarung gelten zu können. Darüber hinaus enthalten die vorhandenen Religionen jedoch einen Anteil von nicht rational einsichtigen Statuten, welche als Selbstzweck befolgt werden. Der Glaube an diese Prinzipien sei ein Religionswahn und ihre Befolgung ein unnötiger, ja gar moralisch falscher „Afterdienst“. Gerechtfertigt sind laut Kant jedoch solche Prinzipien, die dazu dienen sollen, eine den rationalen Gesetzen der Religion gehorchende Kirche zustande zu bringen. Das ursprüngliche Christentum erhebe die vernünftig einsichtigen Gesetze zu seinem Prinzip und sei insofern natürlich. Es sei aber auch ein gelehrter Glaube, in dem die Kleriker die Interpretation der Offenbarung vorgeben. Kant kritisiert, dass in allen Religionen – auch im Christentum – der Afterdienst eine Rolle spiele. Die „wahre alleinige Religion“ enthalte dagegen nichts als Gesetze.

Spätere Religionsphilosophen der Aufklärungszeit verstehen den Ausdruck hingegen teilweise im Sinne einer Art Meta-Religion, die explizit als nachträgliche Abstraktion gegebener Religionen verstanden wurde und nur als so konstruierter Maßstab an historische Religionen angelegt werden konnte.

Kritik an der natürlichen Religion

Ein erstes grundsätzliches Problem der natürlichen Religion, welches David Hume, wie Kant ein Vordenker der Aufklärung, in seinen Dialogen über natürliche Religion thematisiert, ist die Begründung des Glaubens an die Existenz Gottes. Diese wird in der Regel mit Gottesbeweisen vorgenommen. Sofern es sich um Beweise a posteriori wie den teleologischen Gottesbeweis handle, seien diese von der verhältnismäßig willkürlichen Interpretation der Welt als solcher abhängig und daher nicht einleuchtend. Beweise a priori wie das kosmologische Argument seien einerseits ebenfalls nicht überzeugend, andererseits zielen sie auch nur auf die Existenz eines höheren Wesens überhaupt, könnten aber nicht die Attribute wie die Güte oder Allwissenheit dieses Wesens belegen. Insofern die Existenz Gottes nicht bewiesen, sondern nur als menschliche Intuition gerechtfertigt werde, wird laut Hume das Problem drängend, dass es gerade Übel seien, die religiöse Gefühle hervorrufen. Bei solch einer Argumentation stelle sich daher das Theodizeeproblem in verschärfter Form.

Eine scharfe Kritik an der natürlichen Religion formulierte Friedrich Schleiermacher in seinen Reden Über die Religion von 1799. Dort versteht er Religion nicht als Denken oder Handeln, sondern als „Anschauung und Gefühl“. Da Gefühle jedoch individuell sind, müsse auch die Religion diesen individuellen Anlagen gerecht werden. Während jedoch die positiven Religionen ein Prinzip der Individualisierung in sich trügen, sei die natürliche Religion abgeschliffen und habe „so philosophische und moralische Manieren, daß sie wenig von dem eigentümlichen Charakter der Religion durchschimmern läßt“. Eine individuelle Gestaltung der natürlichen Religion sei nicht möglich, weil diese vollständig allgemein gehalten sei und keinen Ansatzpunkt zu einer individuellen Entwicklung biete.

Auch die Evangelische Theologie des späteren 19. und 20. Jahrhunderts – vor allem Karl Barth – kritisierte im Allgemeinen den Begriff „natürliche Religion“. Für Barth ist dabei die Auffassung ausschlaggebend, dass alle Formen von Gotteserkenntnis ausschließlich aus der unverdienbaren Gnade Gottes möglich seien.

Die katholische Tradition ließ dagegen im Allgemeinen zumindest eine Gotteserkenntnis aus natürlicher menschlicher Vernunft selbst zu und verkündete diese Lehre auf dem Ersten Vatikanischen Konzil als Dogma. Eine philosophische Gotteserkenntnis aus reiner Vernunft führt aber auch dieser Auffassung nach noch nicht zu einer gelebten Religion. In diesem Sinne sind, wie eingangs skizziert, „natürliche Religion“ und „Natürliche Theologie“ zu unterscheiden.

Wichtige Nachkriegstheologen beider christlichen Konfessionen (z. B. Wolfhart Pannenberg, Karl Rahner, Bernard Lonergan) haben, anknüpfend an Vorgänger wie Blondel, außerdem die im Neuthomismus vorherrschende Konzeption „natürlicher Theologie“ durch eine anthropologische Grundlagenreflexion ersetzt. Dabei geht es nicht mehr beispielsweise um klassische Gottesbeweise oder sogenannte extrinsezistische (extrinsische) Argumente (welche dem Glaubensinhalt selbst „äußerliche“ Beweisgründe wie Wunder oder Autorität von Offenbarungszeugen anführten), sondern um eine grundlegende Fähigkeit, Gott zu erkennen, eine Offenheit für Transzendenz, die jedem Menschen als solchem (und damit unabhängig von seiner Zugehörigkeit zu konkreten Religionen) zukomme. Auch diese Theologen würden aber keine eigenständige „natürliche Religion“ unabhängig von geschichtlichen Religionen für möglich halten. Die Problematik des Verhältnisses zwischen Natur und natürlicher Vernunft einerseits und Gnade und Offenbarung andererseits bildet sich bei Rahner in Begriffen wie „übernatürliches Existenzial“, „anonymes Christentum“ und ähnlichen ab, bei Pannenberg in Begriffsoppositionen wie „cognitia dei insita“ versus „acquisita“ (etwa als „durch die Natur eingepflanzte“ versus „in der Geschichte erworbene“ Gotteserkenntnis wiederzugeben).

Literatur

Primärliteratur
  • David Hume: Dialogues concerning natural Religion (englischer Volltext). (1779 postum; deutsch Dialoge über natürliche Religion).
  • Herbert von Cherbury: De religione gentilium. errorumque apud eos causis, Amsterdam 1663; als Faksimilie-Neudruck hg. v. Günter Gawlick, Frommann, Stuttgart 1967.
  • Immanuel Kant: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (Volltext), mit einer Einleitung und Anmerkungen herausgegeben von Bettina Stangneth, Verlag Meiner, Hamburg 2003, ISBN 3-7873-1676-0
  • Friedrich Schleiermacher: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern (Volltext), in: Kritische Gesamtausgabe, I. Abt. Bd. 2: Schriften aus der Berliner Zeit 1769–1799, hg. v. Günter Meckenstock, Verlag Walter de Gruyter, Berlin/New York 1984, S. 185–326, insbesondere die fünfte Rede: S 293–326, ISBN 3-11-010266-8
  • Matthew Tindal: Christianity as old as the Creation or, The Gospel, a Republication of the Religion of Nature (englischer Volltext), London 1730; als Faksimilie-Neudruck hg. v. Günther Gawlick, Verlag Frommann, Stuttgart 1967.
Sekundärliteratur
  • Wolfhart Pannenberg: Systematische Theologie, Band 1, Göttingen 1989, S. 83–122.

Fußnoten

  1. Vgl. den Artikel English Deism in der Internet Encyclopedia of Philosophy
  2. Vgl. Matthew Tindal: Christianity as old as the Creation or, the Gospel, a Republication of the Religion of Nature (Online-Textausgabe), insbesondere Kap. 1 und 2.
  3. Vgl. Immanuel Kant, AA VI, S. 154.[1]
  4. Vgl. Immanuel Kant, AA VI, S. 155. [2]
  5. Vgl. Immanuel Kant, AA VI, S. 156. [3]
  6. Vgl. Immanuel Kant, AA VI, S. 165. [4]
  7. Vgl. Immanuel Kant, AA VI, S. 168. [5]
  8. Vgl. Immanuel Kant, AA VI, S. 158. [6]
  9. Vgl. Immanuel Kant, AA VI, S. 159f.[7]
  10. Vgl. Immanuel Kant, AA VI, S. 165f. [8]
  11. Vgl. etwa Immanuel Kant, AA VI, S. 174. [9]
  12. Vgl. Immanuel Kant, AA VI, S. 167.[10]
  13. Vgl. David Hume, Dialoge über natürliche Religion, Abschnitt 7 und 8.
  14. Vgl. David Hume, Dialoge über natürliche Religion, Abschnitt 9.
  15. Vgl. David Hume, Dialoge über natürliche Religion, Abschnitt 10 und 11.
  16. Vgl. Friedrich Schleiermacher, Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihre Verächtern, 1. Aufl., S. 29. In späteren Auflagen stellt Schleiermacher das Gefühl in den Mittelpunkt.
  17. Vgl. Friedrich Schleiermacher, Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihre Verächtern, 1. Aufl., S. 135. In späteren Auflagen: metaphysisch statt philosophisch.
  18. Vgl. Friedrich Schleiermacher, Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihre Verächtern, 1. Aufl., S. 151.

Autor: www.NiNa.Az

Veröffentlichungsdatum: 19 Jul 2025 / 17:22

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Naturliche Religion oder Vernunftreligion ist ein Begriff der Religionsphilosophie der Aufklarung Er bezeichnet eine religiose Weltanschauung die unabhangig von den Spezifika konkreter geschichtlicher Religionen ist Diese wurden als Hinzukommnisse zu einer ursprunglich rein vernunftformigen Religiositat verstanden Oftmals wird der Ausdruck als Gegenbegriff zu Offenbarungsreligion verwendet wobei manchmal eine Unterscheidung von Natur gegen Gnade zugrunde liegt Andere Gegenbegriffe sind geschichtliche Religion oder positive Religion im Sinne von geschichtlich gegebene vorgefundene Religion AbgrenzungDie Bezeichnungen Naturliche Religion und Naturliche Theologie werden von einigen Denkern synonym verwendet bei anderen umfasst der Begriff Naturliche Religion das gesamte Bedeutungsfeld der beiden Termini Viele Theologen und Religionswissenschaftler unterscheiden indes zwischen Naturlicher Religion als Bezeichnung einer Lebensform und Naturlicher Theologie als Bezeichnung philosophisch theologischer Theoriebildung Naturreligion ist ein Ausdruck zur Bezeichnung der Religionen schriftloser Volker der in der Fachwelt als veraltet gilt aber immer noch popular ist Diese Redeweise wird heute als problematisch empfunden weil sie ahnlich wie primitive Religionen oft mit wertenden Konnotationen einhergeht und klassifikatorisch ungenau ist Geschichte des BegriffsVertreter der naturlichen Religion Die ersten Vertreter der naturlichen Religion im engeren Sinne finden sich im englischen Deismus des 17 Jahrhunderts In der klassischen thomistischen Schultheologie wird von zwei Stufen der Erkenntnis religioser Wahrheiten ausgegangen Erstens der naturlichen Erkenntnis vgl Naturliche Theologie und zweitens der gottlichen Offenbarung Im Deismus wird diese zweite Stufe als nicht notwendig fur die Religion betrachtet sodass eine rein naturliche Religion moglich sei Erster prominenter Vertreter der naturlichen Religion ist Herbert von Cherbury In seinem Werk De religione gentilium errorumque apud eos causis von 1663 stellt er funf rational einsichtige Grundsatze der naturlichen Religion auf Die Annahme der Existenz eines hoheren Wesens Die Pflicht dieses Wesen zu verehren Die Gleichsetzung der Verehrung mit moralischem Handeln Die Forderung Sunden zu bereuen und zu bussen Der Glaube an gottliche Belohnung und Bestrafung Diese Grundsatze stellen Herbert zufolge den unverdorbenen Kern aller Religionen dar der jedoch haufig durch Einbildungskraft oder Priesterbetrug erweitert oder verfalscht worden sei Einen Beitrag zur Rechtfertigung der naturlichen Religion leistet auch Leibniz in seiner Theodizee von 1710 Ein sehr einflussreiches und weit ausgearbeitetes System naturlicher Religion legte Matthew Tindal 1730 in Christianity as old as the Creation vor Er betrachtet die naturliche Religion als notwendig vorhanden weil es einer Einschrankung von Gottes Gultigkeit gleichkomme zu behaupten es sei den Menschen vor Christi Geburt oder einer anderen Offenbarung nicht moglich gewesen die wahre Religion zu kennen Gott musse den Menschen von Beginn an eine ausreichende Befahigung zur Erkenntnis der Religion mitgegeben haben namlich die Vernunft Die Inhalte von Tindals naturlicher Religion sind im Wesentlichen der Glaube an die Existenz Gottes und seine autonome Glucklichkeit Da der Mensch zum Gluck Gottes nichts mehr beitragen konne sei er verpflichtet das Gluck der Menschheit bestmoglich zu befordern Tindal schliesst deshalb eine stoische Ethik in seine naturliche Religion ein Er stellt ausfuhrliche Uberlegungen an warum alle uberlieferten Offenbarungen insbesondere auch die inkonsistente Bibel unzuverlassig seien Jedoch ist er der Meinung dass das Christentum diejenige Religion sei die inhaltlich mit der naturlichen Religion identisch sei Daher sei die Bibel nur eine Wiederveroffentlichung der Inhalte der naturlichen Religion Eine Form der Vernunftreligion vertritt auch Immanuel Kant in Die Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft Er betrachtet die Religion in Hinblick auf ihren moralischen Nutzen Naturliche Religion sei diejenige Religion in der wie auch bei Tindal nur die religiosen Satze anerkannt werden die rational erschlossen wurden Dem stehe die geoffenbarte Religion und der statutarische Glaube gegenuber die mit der naturlichen Religion identisch sein konne zumindest aber einen Teil von ihr enthalten musse um als Offenbarung gelten zu konnen Daruber hinaus enthalten die vorhandenen Religionen jedoch einen Anteil von nicht rational einsichtigen Statuten welche als Selbstzweck befolgt werden Der Glaube an diese Prinzipien sei ein Religionswahn und ihre Befolgung ein unnotiger ja gar moralisch falscher Afterdienst Gerechtfertigt sind laut Kant jedoch solche Prinzipien die dazu dienen sollen eine den rationalen Gesetzen der Religion gehorchende Kirche zustande zu bringen Das ursprungliche Christentum erhebe die vernunftig einsichtigen Gesetze zu seinem Prinzip und sei insofern naturlich Es sei aber auch ein gelehrter Glaube in dem die Kleriker die Interpretation der Offenbarung vorgeben Kant kritisiert dass in allen Religionen auch im Christentum der Afterdienst eine Rolle spiele Die wahre alleinige Religion enthalte dagegen nichts als Gesetze Spatere Religionsphilosophen der Aufklarungszeit verstehen den Ausdruck hingegen teilweise im Sinne einer Art Meta Religion die explizit als nachtragliche Abstraktion gegebener Religionen verstanden wurde und nur als so konstruierter Massstab an historische Religionen angelegt werden konnte Kritik an der naturlichen Religion Ein erstes grundsatzliches Problem der naturlichen Religion welches David Hume wie Kant ein Vordenker der Aufklarung in seinen Dialogen uber naturliche Religion thematisiert ist die Begrundung des Glaubens an die Existenz Gottes Diese wird in der Regel mit Gottesbeweisen vorgenommen Sofern es sich um Beweise a posteriori wie den teleologischen Gottesbeweis handle seien diese von der verhaltnismassig willkurlichen Interpretation 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Individualisierung in sich trugen sei die naturliche Religion abgeschliffen und habe so philosophische und moralische Manieren dass sie wenig von dem eigentumlichen Charakter der Religion durchschimmern lasst Eine individuelle Gestaltung der naturlichen Religion sei nicht moglich weil diese vollstandig allgemein gehalten sei und keinen Ansatzpunkt zu einer individuellen Entwicklung biete Auch die Evangelische Theologie des spateren 19 und 20 Jahrhunderts vor allem Karl Barth kritisierte im Allgemeinen den Begriff naturliche Religion Fur Barth ist dabei die Auffassung ausschlaggebend dass alle Formen von Gotteserkenntnis ausschliesslich aus der unverdienbaren Gnade Gottes moglich seien Die katholische Tradition liess dagegen im Allgemeinen zumindest eine Gotteserkenntnis aus naturlicher menschlicher Vernunft selbst zu und verkundete diese Lehre auf dem Ersten Vatikanischen Konzil als Dogma Eine philosophische Gotteserkenntnis aus reiner Vernunft fuhrt aber auch dieser Auffassung nach noch nicht zu einer gelebten Religion In diesem Sinne sind wie eingangs skizziert naturliche Religion und Naturliche Theologie zu unterscheiden Wichtige Nachkriegstheologen beider christlichen Konfessionen z B Wolfhart Pannenberg Karl Rahner Bernard Lonergan haben anknupfend an Vorganger wie Blondel ausserdem die im Neuthomismus vorherrschende Konzeption naturlicher Theologie durch eine anthropologische Grundlagenreflexion ersetzt Dabei geht es nicht mehr beispielsweise um klassische Gottesbeweise oder sogenannte extrinsezistische extrinsische Argumente welche dem Glaubensinhalt selbst ausserliche Beweisgrunde wie Wunder oder Autoritat von Offenbarungszeugen anfuhrten sondern um eine grundlegende Fahigkeit Gott zu erkennen eine Offenheit fur Transzendenz die jedem Menschen als solchem und damit unabhangig von seiner Zugehorigkeit zu konkreten Religionen zukomme Auch diese Theologen wurden aber keine eigenstandige naturliche Religion unabhangig von geschichtlichen Religionen fur moglich halten Die Problematik des Verhaltnisses zwischen Natur und naturlicher Vernunft einerseits und Gnade und Offenbarung andererseits bildet sich bei Rahner in Begriffen wie ubernaturliches Existenzial anonymes Christentum und ahnlichen ab bei Pannenberg in Begriffsoppositionen wie cognitia dei insita versus acquisita etwa als durch die Natur eingepflanzte versus in der Geschichte erworbene Gotteserkenntnis wiederzugeben LiteraturPrimarliteraturDavid Hume Dialogues concerning natural Religion englischer Volltext 1779 postum deutsch Dialoge uber naturliche Religion Herbert von Cherbury De religione gentilium errorumque apud eos causis Amsterdam 1663 als Faksimilie Neudruck hg v Gunter Gawlick Frommann Stuttgart 1967 Immanuel Kant Die Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft Volltext mit einer Einleitung und Anmerkungen herausgegeben von Bettina Stangneth Verlag Meiner Hamburg 2003 ISBN 3 7873 1676 0 Friedrich Schleiermacher Uber die Religion Reden an die Gebildeten unter ihren Verachtern Volltext in Kritische Gesamtausgabe I Abt Bd 2 Schriften aus der Berliner Zeit 1769 1799 hg v Gunter Meckenstock Verlag Walter de Gruyter Berlin New York 1984 S 185 326 insbesondere die funfte Rede S 293 326 ISBN 3 11 010266 8 Matthew Tindal Christianity as old as the Creation or The Gospel a Republication of the Religion of Nature englischer Volltext London 1730 als Faksimilie Neudruck hg v Gunther Gawlick Verlag Frommann Stuttgart 1967 SekundarliteraturWolfhart Pannenberg Systematische Theologie Band 1 Gottingen 1989 S 83 122 FussnotenVgl den Artikel English Deism in der Internet Encyclopedia of Philosophy Vgl Matthew Tindal Christianity as old as the Creation or the Gospel a Republication of the Religion of Nature Online Textausgabe insbesondere Kap 1 und 2 Vgl Immanuel Kant AA VI S 154 1 Vgl Immanuel Kant AA VI S 155 2 Vgl Immanuel Kant AA VI S 156 3 Vgl Immanuel Kant AA VI S 165 4 Vgl Immanuel Kant AA VI S 168 5 Vgl Immanuel Kant AA VI S 158 6 Vgl Immanuel Kant AA VI S 159f 7 Vgl Immanuel Kant AA VI S 165f 8 Vgl etwa Immanuel Kant AA VI S 174 9 Vgl Immanuel Kant AA VI S 167 10 Vgl David Hume Dialoge uber naturliche Religion Abschnitt 7 und 8 Vgl David Hume Dialoge uber naturliche Religion Abschnitt 9 Vgl David Hume Dialoge uber naturliche Religion Abschnitt 10 und 11 Vgl Friedrich Schleiermacher Uber die Religion Reden an die Gebildeten unter ihre Verachtern 1 Aufl S 29 In spateren Auflagen stellt Schleiermacher das Gefuhl in den Mittelpunkt Vgl Friedrich Schleiermacher Uber die Religion Reden an die Gebildeten unter ihre Verachtern 1 Aufl S 135 In spateren Auflagen metaphysisch statt philosophisch Vgl Friedrich Schleiermacher Uber die Religion Reden an die Gebildeten unter ihre Verachtern 1 Aufl S 151

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