Franz Eduard Alexander Tügel 16 Juli 1888 in Hamburg 15 Dezember 1946 ebenda war ein deutscher evangelisch lutherischer
Franz Tügel

Franz Eduard Alexander Tügel (* 16. Juli 1888 in Hamburg; † 15. Dezember 1946 ebenda) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Theologe und Landesbischof der Evangelisch-Lutherische Kirche im Hamburgischen Staate.
Leben
Franz Tügel war Sohn eines Kaufmanns. Er besuchte Schulen in Hamburg sowie in Stolberg (Rheinland). Er erwarb am Matthias-Claudius-Gymnasium in Wandsbek 1908 die Hochschulreife. Noch im selben Jahr begann er an der Universität Rostock ein Studium der Theologie. Er wechselte 1909 an die Universität Erlangen und setzte später sein Studium an der Universität Tübingen und an der Universität Berlin fort. In Erlangen trat er 1909 in die christlichen Studentenverbindung Uttenruthia im Schwarzburgbund bei. Im Oktober 1912 absolvierte er in Hamburg das erste theologische Examen, wurde Vikar und legte im März 1914 in Hamburg das zweite theologische Examen ab. In jener Zeit betätigte er sich als Bibliothekar der Hamburger Kandidatenbibliothek und vertrat Theologen bei der Predigt.
Im April 1916 wurde Tügel zum dritten Pastor an der Hamburger St.-Nikolai-Kirche gewählt und heiratete. Da seine Frau im Dezember 1918 zur römisch-katholischen Kirche konvertierte, musste er eine neue Stelle suchen, die er 1919 an der Gnadenkirche in St. Pauli fand. In der Folge engagierte sich Tügel für eine Kirche, die entfernt von der Politik stand, sozial engagiert und im urchristlichen Sinne volksnah sein sollte. Dazu publizierte er unter anderem in der von ihm gemeinsam mit Ludwig Heitmann neu initiierten Zeitschrift Die neue Kirche. In jenem Verständnis, am orthodoxen Urgedanken des Christentums festzuhalten, wurde er ein geschätzter Prediger in Hamburg, was ihn klar als positiven Theologen qualifizierte.
In der Zeit des aufkommenden nationalen Extremismus fand er zu seiner antidemokratischen Einstellung. Im Juni 1931 trat er der NSDAP bei und wurde Gauredner. Er schloss sich den Deutschen Christen an und bekannte sich auch in seinen Predigten zum Nationalsozialismus, ohne ihn zu hinterfragen. So sah er unter anderem im Judentum eine Gefahr für das Christentum und legitimierte somit die Judenverfolgung. Dabei trat er in der theologischen Konfrontation unter anderem Karl Barth entgegen, was er später bereute. Von Bischof Simon Schöffel wurde er in den Landeskirchenrat berufen, amtierte ab Juli 1933 als Oberkirchenrat, hielt Gottesdienste über das Radio ab und nahm im November 1933 an der in Wittenberg teil.
1934 kam ein spannungsgeladenes Verhältnis zu Schöffel auf, den er durch Intrigen in seinem Amt im März 1934 als Bischof der Hamburgischen Landeskirche ablösen konnte. Nachdem er am 1. Oktober 1934 zum Hauptpastor an der St.-Jacobikirche gewählt worden war, organisierte er das Landeskirchenamt zur zentralen Behörde und gestaltete den Kirchenrat zum Rechnungshof mit Führungscharakter um. Trotz seiner Überzeugung für den Nationalsozialismus bemühte sich Tügel, den Einfluss der staatlichen Ideologie auf das kirchliche Bekenntnis zu verhindern. Ihm gelang es, die Hamburgische Kirche wieder aus der Reichskirche zu lösen. Der Arierparagraph kam in der Hamburgischen Kirche nicht zur Geltung. 1935 distanzierte Tügel sich wieder von den „Deutschen Christen“, um eine Annäherung zu den Pastoren der Bekennenden Kirche zu erreichen, mit denen ihn theologisch mehr verband. Beide wussten sich an das Augsburger Bekenntnis gebunden und bekämpften daher sowohl das von den Machthabern propagierte Neuheidentum als auch eine „Entjudung“ des Christentums.
1937 wurde ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet, weil er sich weigerte, regimekritische Pastoren zu denunzieren. Obwohl er persönlich einen völkischen Antisemitismus vertrat, trat er für Christen jüdischer Abstammung ein.
Auch nach 1945 blieb er seiner Ideologie verhaftet und war nach dem Zweiten Weltkrieg für die Hamburger Kirche nicht mehr tragbar. So bezeichnete er das „Hauptkontingent“ der KZ-Insassen als „Strolche und Banditen“.
Um nicht aus dem Amt gedrängt zu werden, trat er am 18. Juli 1945 von seinen kirchlichen Ämtern zurück. Tügel, der schon Ende der zwanziger Jahre an Gelenkrheumatismus litt, war schon 1934 auf ständige Hilfe angewiesen. Ab 1943 litt er unter Bewegungsunfähigkeit und starb 1946 an den Folgen seiner Erkrankung. Sein Grab befindet sich, wie das seines jüngeren Bruders, des Schauspielers, Regisseurs, Hörspielsprechers und Autors Hans Tügel, auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf im Planquadrat Y 28 südwestlich von Kapelle 6.
Schriften
- Brannte nicht unser Herz? Jesu Leidensweg in 40 Predigten und Ansprachen vergegenwärtigt. Bahn, Schwerin 1929.
- mit Julius Hahn und Eduard Juhl: Was fange ich heute mit der Bibel an? 2. Auflage. Bahn, Schwerin 1924/25
- Wer bist Du? Fragen der Kirche an den Nationalsozialismus, Agentur des Rauhen Hauses, Hamburg 1932.
- Unmögliche Existenz! Ein Wort wider Karl Barth. Agentur des Rauhen Hauses, Hamburg 1933.
- Gottes Weg im Weltenjahr: Ein Jahrgang Predigten. Bahn, Schwerin 1938
- Wo lichtet sich die dunkle Nacht von heute? (= Evangelische Zeitstimmen, Heft 9). 1946.
- Mein Weg: 1888 - 1946; Erinnerungen eines Hamburger Bischofs (= Arbeiten zur Kirchengeschichte Hamburgs; Bd. 11). Hrsg. von Carsten Nicolaisen. Wittig, Hamburg 1972, ISBN 3-8048-4112-0.
Literatur
- Rainer Hering: Tügel, Franz Eduard Alexander. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Bautz, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 687–711 .
- Manuel Ruoff: Landesbischof Franz Tügel. Krämer-Verlag, Hamburg 2000, ISBN 3-89622029-2 (= Beiträge zur deutschen und europäischen Geschichte; Bd. 22).
- Rainer Hering: Die Bischöfe: Simon Schöffel, Franz Tügel. Verein für Hamburgische Geschichte, Hamburg 1995, ISBN 3-923356-65-X.
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
- Friedrich Forssman (Hrsg.): Sie waren Uttenreuther. Lebensbilder einstiger Erlanger Studenten. Philisterverein der Uttenruthia, Erlangen 1993.
Weblinks
- Literatur von und über Franz Tügel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Informationen zu Tügel (mit Fotos) als Teil der Ausstellung Kirche, Christen, Juden in Nordelbien 1933-1945
- Heimlich abgehängt: Ein fatale Ahnengalerie. Die Tageszeitung, 10. Juli 2015
- Staatsarchiv Hamburg, Nachlass 622-1/501
- Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene
Einzelnachweise
- Immatrikulation von Franz Tügel im Rostocker Matrikelportal
- Nationalsozialismus und Luthertum. Franz Tügel, in der Ausstellung Kirche, Christen, Juden in Nordelbien 1933-1945
- Eike Eichholz: Die Gefängnisseelsorge in Hamburg im „Dritten Reich“. Hamburg 1995.
- Prominenten-Gräber
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Karl Horn | Hauptpastor an St. Jacobi 1934–1945 | |
Simon Schöffel | Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate 1934–1945 | Simon Schöffel |
Personendaten | |
---|---|
NAME | Tügel, Franz |
ALTERNATIVNAMEN | Tügel, Franz Eduard Alexander (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher evangelischer Theologe und lutherischer Landesbischof Hamburg |
GEBURTSDATUM | 16. Juli 1888 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 15. Dezember 1946 |
STERBEORT | Hamburg |
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
wikipedia, wiki, deutsches, deutschland, buch, bücher, bibliothek artikel lesen, herunterladen kostenlos kostenloser herunterladen, MP3, Video, MP4, 3GP, JPG, JPEG, GIF, PNG, Bild, Musik, Lied, Film, Buch, Spiel, Spiele, Mobiltelefon, Mobil, Telefon, android, ios, apple, samsung, iphone, xiomi, xiaomi, redmi, honor, oppo, nokia, sonya, mi, pc, web, computer, komputer, Informationen zu Franz Tügel, Was ist Franz Tügel? Was bedeutet Franz Tügel?
Franz Eduard Alexander Tugel 16 Juli 1888 in Hamburg 15 Dezember 1946 ebenda war ein deutscher evangelisch lutherischer Theologe und Landesbischof der Evangelisch Lutherische Kirche im Hamburgischen Staate LebenFranz Tugel war Sohn eines Kaufmanns Er besuchte Schulen in Hamburg sowie in Stolberg Rheinland Er erwarb am Matthias Claudius Gymnasium in Wandsbek 1908 die Hochschulreife Noch im selben Jahr begann er an der Universitat Rostock ein Studium der Theologie Er wechselte 1909 an die Universitat Erlangen und setzte spater sein Studium an der Universitat Tubingen und an der Universitat Berlin fort In Erlangen trat er 1909 in die christlichen Studentenverbindung Uttenruthia im Schwarzburgbund bei Im Oktober 1912 absolvierte er in Hamburg das erste theologische Examen wurde Vikar und legte im Marz 1914 in Hamburg das zweite theologische Examen ab In jener Zeit betatigte er sich als Bibliothekar der Hamburger Kandidatenbibliothek und vertrat Theologen bei der Predigt Im April 1916 wurde Tugel zum dritten Pastor an der Hamburger St Nikolai Kirche gewahlt und heiratete Da seine Frau im Dezember 1918 zur romisch katholischen Kirche konvertierte musste er eine neue Stelle suchen die er 1919 an der Gnadenkirche in St Pauli fand In der Folge engagierte sich Tugel fur eine Kirche die entfernt von der Politik stand sozial engagiert und im urchristlichen Sinne volksnah sein sollte Dazu publizierte er unter anderem in der von ihm gemeinsam mit Ludwig Heitmann neu initiierten Zeitschrift Die neue Kirche In jenem Verstandnis am orthodoxen Urgedanken des Christentums festzuhalten wurde er ein geschatzter Prediger in Hamburg was ihn klar als positiven Theologen qualifizierte In der Zeit des aufkommenden nationalen Extremismus fand er zu seiner antidemokratischen Einstellung Im Juni 1931 trat er der NSDAP bei und wurde Gauredner Er schloss sich den Deutschen Christen an und bekannte sich auch in seinen Predigten zum Nationalsozialismus ohne ihn zu hinterfragen So sah er unter anderem im Judentum eine Gefahr fur das Christentum und legitimierte somit die Judenverfolgung Dabei trat er in der theologischen Konfrontation unter anderem Karl Barth entgegen was er spater bereute Von Bischof Simon Schoffel wurde er in den Landeskirchenrat berufen amtierte ab Juli 1933 als Oberkirchenrat hielt Gottesdienste uber das Radio ab und nahm im November 1933 an der in Wittenberg teil 1934 kam ein spannungsgeladenes Verhaltnis zu Schoffel auf den er durch Intrigen in seinem Amt im Marz 1934 als Bischof der Hamburgischen Landeskirche ablosen konnte Nachdem er am 1 Oktober 1934 zum Hauptpastor an der St Jacobikirche gewahlt worden war organisierte er das Landeskirchenamt zur zentralen Behorde und gestaltete den Kirchenrat zum Rechnungshof mit Fuhrungscharakter um Trotz seiner Uberzeugung fur den Nationalsozialismus bemuhte sich Tugel den Einfluss der staatlichen Ideologie auf das kirchliche Bekenntnis zu verhindern Ihm gelang es die Hamburgische Kirche wieder aus der Reichskirche zu losen Der Arierparagraph kam in der Hamburgischen Kirche nicht zur Geltung 1935 distanzierte Tugel sich wieder von den Deutschen Christen um eine Annaherung zu den Pastoren der Bekennenden Kirche zu erreichen mit denen ihn theologisch mehr verband Beide wussten sich an das Augsburger Bekenntnis gebunden und bekampften daher sowohl das von den Machthabern propagierte Neuheidentum als auch eine Entjudung des Christentums 1937 wurde ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet weil er sich weigerte regimekritische Pastoren zu denunzieren Obwohl er personlich einen volkischen Antisemitismus vertrat trat er fur Christen judischer Abstammung ein Grabstein Franz Tugel auf dem Friedhof Ohlsdorf Auch nach 1945 blieb er seiner Ideologie verhaftet und war nach dem Zweiten Weltkrieg fur die Hamburger Kirche nicht mehr tragbar So bezeichnete er das Hauptkontingent der KZ Insassen als Strolche und Banditen Um nicht aus dem Amt gedrangt zu werden trat er am 18 Juli 1945 von seinen kirchlichen Amtern zuruck Tugel der schon Ende der zwanziger Jahre an Gelenkrheumatismus litt war schon 1934 auf standige Hilfe angewiesen Ab 1943 litt er unter Bewegungsunfahigkeit und starb 1946 an den Folgen seiner Erkrankung Sein Grab befindet sich wie das seines jungeren Bruders des Schauspielers Regisseurs Horspielsprechers und Autors Hans Tugel auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf im Planquadrat Y 28 sudwestlich von Kapelle 6 SchriftenBrannte nicht unser Herz Jesu Leidensweg in 40 Predigten und Ansprachen vergegenwartigt Bahn Schwerin 1929 mit Julius Hahn und Eduard Juhl Was fange ich heute mit der Bibel an 2 Auflage Bahn Schwerin 1924 25 Wer bist Du Fragen der Kirche an den Nationalsozialismus Agentur des Rauhen Hauses Hamburg 1932 Unmogliche Existenz Ein Wort wider Karl Barth Agentur des Rauhen Hauses Hamburg 1933 Gottes Weg im Weltenjahr Ein Jahrgang Predigten Bahn Schwerin 1938 Wo lichtet sich die dunkle Nacht von heute Evangelische Zeitstimmen Heft 9 1946 Mein Weg 1888 1946 Erinnerungen eines Hamburger Bischofs Arbeiten zur Kirchengeschichte Hamburgs Bd 11 Hrsg von Carsten Nicolaisen Wittig Hamburg 1972 ISBN 3 8048 4112 0 LiteraturRainer Hering Tugel Franz Eduard Alexander In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 12 Bautz Herzberg 1997 ISBN 3 88309 068 9 Sp 687 711 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Manuel Ruoff Landesbischof Franz Tugel Kramer Verlag Hamburg 2000 ISBN 3 89622029 2 Beitrage zur deutschen und europaischen Geschichte Bd 22 Rainer Hering Die Bischofe Simon Schoffel Franz Tugel Verein fur Hamburgische Geschichte Hamburg 1995 ISBN 3 923356 65 X Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 2 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 596 16048 8 Friedrich Forssman Hrsg Sie waren Uttenreuther Lebensbilder einstiger Erlanger Studenten Philisterverein der Uttenruthia Erlangen 1993 WeblinksCommons Franz Tugel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Franz Tugel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Informationen zu Tugel mit Fotos als Teil der Ausstellung Kirche Christen Juden in Nordelbien 1933 1945 Heimlich abgehangt Ein fatale Ahnengalerie Die Tageszeitung 10 Juli 2015 Staatsarchiv Hamburg Nachlass 622 1 501 Biografien Datenbank NS DabeigeweseneEinzelnachweiseImmatrikulation von Franz Tugel im Rostocker Matrikelportal Nationalsozialismus und Luthertum Franz Tugel in der Ausstellung Kirche Christen Juden in Nordelbien 1933 1945 Eike Eichholz Die Gefangnisseelsorge in Hamburg im Dritten Reich Hamburg 1995 Prominenten GraberVorgangerAmtNachfolgerKarl HornHauptpastor an St Jacobi 1934 1945Simon SchoffelLandesbischof der Evangelisch Lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate 1934 1945Simon SchoffelNormdaten Person GND 119335611 lobid GND Explorer OGND AKS LCCN no00063752 VIAF 74660950 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Tugel FranzALTERNATIVNAMEN Tugel Franz Eduard Alexander vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher evangelischer Theologe und lutherischer Landesbischof HamburgGEBURTSDATUM 16 Juli 1888GEBURTSORT HamburgSTERBEDATUM 15 Dezember 1946STERBEORT Hamburg