Dieser Artikel behandelt Antikörper aus biologischer Sicht Zu dem gleichnamigen Spielfilm siehe Antikörper Film Antikörp
Antikörper

Antikörper (Immunglobuline, im internationalen Sprachgebrauch auch Immunoglobulin, veraltet Gammaglobulin) sind Proteine aus der Klasse der Globuline, die in Wirbeltieren als Reaktionsprodukt von besonderen Körperzellen (Plasmazellen) auf bestimmte Stoffe (als Antigene bezeichnete Substanzen) gebildet (synthetisiert) werden. Antikörper stehen im Dienste des Immunsystems. Antikörper werden von einer Klasse weißer Blutzellen, den Plasmazellen, auf eine Reaktion der B-Lymphozyten hin, produziert.
Als Antigene wirken fast ausschließlich Makromoleküle oder an Partikel gebundene Moleküle, zum Beispiel Lipopolysaccharide an der Oberfläche von Bakterien. Ein bestimmtes Antigen induziert in der Regel die Bildung nur weniger, ganz bestimmter, dazu passender Antikörper, die über spezifische, nicht-kovalente Bindung zumeist nur diesen Fremdstoff erkennen (dass auch verwandte Ziele erkannt werden können, hat man sich z. B. bei der Pockenschutzimpfung zunutze gemacht: Die vom Körper gegen die harmlosen Kuhpocken gebildeten Antikörper erkennen auch für Menschen pathogene Pockenviren). Die spezifische Bindung von Antikörpern an die Antigene bildet einen wesentlichen Teil der Abwehr gegen die eingedrungenen Fremdstoffe. Bei Krankheitserregern (Pathogenen) als Fremdstoffen kann die Bildung und Bindung von Antikörpern zur Immunität führen. Antikörper sind zentrale Bestandteile des Immunsystems höherer Wirbeltiere.
Antikörper werden, wie 1948 von der schwedischen Immunologin Astrid Fagraeus erstmals beschrieben wurde, von einer Klasse weißer Blutzellen (Leukozyten) sezerniert, die als Effektorzellen beziehungsweise Plasmazellen bezeichnet werden und differenzierte B-Lymphozyten darstellen. Sie kommen im Blut und in der extrazellulären Flüssigkeit der Gewebe vor und „erkennen“ meist nicht die gesamte Struktur des Antigens, sondern nur einen Teil desselben, die sogenannte antigene Determinante (das Epitop). Die spezifische Antigenbindungsstelle des Antikörpers bezeichnet man als Paratop. Die Antikörper erzeugen beim Kontakt mit dem Antigen die sogenannte humorale Immunantwort (humorale Abwehr).
Struktur von Antikörpern
Antikörper bestehen als Proteine aus gefalteten Aminosäureketten. Da einige Aminosäurereste davon Zuckerketten tragen, zählen Antikörper zu den Glykoproteinen. Jeder Antikörper besteht aus zwei identischen schweren Ketten (engl. heavy chains, H) und zwei identischen leichten Ketten (engl. light chains, L), die durch kovalente Disulfidbrücken zwischen den Ketten (sogenannte Zwischenketten-Disulfide) zu einer Ypsilon-förmigen Struktur miteinander verknüpft sind. Die leichten Ketten (auch: Leichtketten) bestehen aus jeweils einer variablen und einer konstanten Domäne. Bezeichnet werden diese als VL und CL. Die schweren Ketten (auch: Schwerketten) hingegen haben jeweils eine variable und drei (IgG, IgA) bzw. vier (IgM, IgE) konstante Domänen. Bezeichnet werden diese analog als VH und CH1, CH2, CH3.
Die variablen Domänen einer leichten und einer schweren Kette zusammen bilden die Antigenbindungsstelle (das Paratop). Die Konstantdomäne CH2 besteht u. a. auch aus einer Kohlenhydratkette, die eine Bindungsstelle für das Komplementsystem bildet. Die Konstantdomäne CH3 ist die Bindungsstelle des Fc-Rezeptors zur Opsonierung. Die variablen Domänen bilden ihrerseits verschiedene charakteristische Paratope aus, die zusammen einen Idiotyp bilden.
Die beiden Leichtketten sind je nach Organismus und Immunglobulin-Subklasse entweder vom Typ κ oder λ und bilden zusammen mit dem oberhalb der Gelenkregion (engl. hinge region, auch: Scharnierregion) liegenden Anteil der Schwerketten das antigenbindende Fragment Fab (engl. antigen-binding fragment), welches enzymatisch mit Hilfe von Papain von dem darunterliegenden kristallisierbaren Fragment Fc (engl. crystallisable fragment) abgespaltet werden kann. Die außergewöhnliche Variabilität der Antigenbindungsstellen (engl. Complementarity Determining Region, CDR) erreicht der Organismus vermittels der V(D)J-Rekombination. Papain spaltet oberhalb der Zwischenketten-Disulfidbrücken der beiden Schwerketten zueinander. Man erhält so zwei Fab-Fragmente und ein vollständiges Fragment Fc. Pepsin hingegen spaltet unterhalb der Disulfidbrücken. Die Gelenkregion bleibt zwischen beiden Fab-Fragmenten erhalten. Man nennt dieses Fragment dann F(ab)2. Pepsin und Plasmin spalten auch das Fc-Fragment zwischen der zweiten und dritten Domäne des konstanten Teils der Schwerkette.
Rein von der Struktur her betrachtet, kommen in allen Antikörperdomänen allgemein evolutionär konservierte (universelle) Strukturmotive vor, die mit Disulfidbrücken zwischen den Ketten stabilisiert sind und ausgeloopte Schleifen entlang eines stabförmigen Rückgrats bilden. Dieses Schleifenmotiv (Loops, auch Immunoglobulin-like domain) ist universell und findet sich in allen Immunglobulinen, Immunadhäsinen und auch im Haupthistokompatibilitätskomplex, CD3-Rezeptor, in T-Zell-Rezeptoren, CD4-Rezeptoren, weiteren CD-Zelloberflächenproteinen, Signalmolekülen und fast allen übrigen Immunmolekülen. Diese molekulare Verwandtschaft verdeutlicht die gemeinsame evolutionäre Abstammung vieler der im Immunsystem beteiligten Gene und der darin codierten Proteine, die zusammenfassend auch als Immunglobulin-Superfamilie bezeichnet werden.
Antigen – Antikörper – Bindung
Antikörper binden mit ihrer A(ntigen)B(indungs)-Region (Paratop) das Epitop des Antigens relativ spezifisch, analog dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Es passiert jedoch nicht selten, dass, metaphorisch dargestellt, ein zweiter oder dritter Schlüssel existiert, der in das Antikörper-„Schloss“ passt, aufgrund der (zufällig) ähnlichen oder identischen Konfiguration des Epitops. Mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit kann das auch eine körpereigene Struktur sein. Auf diesem Phänomen beruhen manche Autoimmunerkrankungen.
Die Bindung zwischen Epitop und Immunglobulin ist nicht-kovalent und unterliegt dem Massenwirkungsgesetz. Eine effektive Agglutination, das heißt eine Verklumpung durch Ausbildung großer Komplexe, ist daher nur bei etwa gleicher Anzahl von Epitopen und Bindungsstellen möglich. Bei großen Abweichungen nach oben oder unten bleiben die Komplexe in Lösung; trotzdem tritt meist eine Neutralisation der Wirkung der Antigene ein. Gegen mehrere Virusstämme wirksame neutralisierende Antikörper werden als breitneutralisierende Antikörper bezeichnet, z. B. Breitneutralisierende Anti-HIV-Antikörper. Die Anzahl an Bindungsstellen auf einem Antikörper wird als Valenz bezeichnet und variiert je nach Antikörper-Subtyp. Während die meisten Antikörpersubtypen wie IgG zwei Bindungsstellen aufweisen, besitzen IgA vier Bindungsstellen und IgM zehn Bindungsstellen. Die Affinität ist ein Maß für die Bindungsstärke zwischen Antikörper und Epitop. Die Avidität ist die Summe der Affinitäten der verschiedenen Typen bindender Antikörper, die insbesondere in Mischungen von Antikörpern (polyklonale Antikörper) oder bei sich wiederholenden Epitopen stark ansteigt.
Antikörper als B-Zell-Rezeptoren
Membranständige Antikörper (als B-Zell-Rezeptoren (BCR) bezeichnet) können B-Zellen aktivieren, wenn ihre Untereinheiten durch Antigene quervernetzt werden. Die B-Zelle nimmt daraufhin den Immunkomplex durch Endozytose auf, verdaut das Antigen in kurze Fragmente und präsentiert sie über MHC-Klasse-II-Moleküle (Peptide mit 13–18 Aminosäuren) auf ihrer Zelloberfläche (Antigenpräsentation). Wenn die präsentierten Fragmente auch (parallel auf anderen professionellen Antigen-präsentierenden Zellen oder auf ebendieser B-Zelle) von einer CD4-T-Zelle (T-Helferzellen) erkannt werden, stimuliert diese T-Zelle die B-Zelle, was weitere Reifungsprozesse (somatische Hypermutation, Klassenwechsel) und Proliferation zu Antikörper-sezernierenden Plasmazellen oder/und zu B-Gedächtniszellen auslöst. Diese Reifungsprozesse finden innerhalb von Keimzentren (germinal center) in den sekundären lymphatischen Organen (Milz, Lymphknoten) statt und werden unter dem Begriff der Keimzentrumsreaktion (germinal center reaction) zusammengefasst.
Der B-Zell-Rezeptor ist, mit Ausnahme eines kleinen Teils am Carboxylende der schweren Kette, mit dem Antikörper der jeweiligen B-Zelle identisch. Der B-Zell-Rezeptor besitzt dort eine hydrophobe, in der Zellmembran verankerte Sequenz, der Antikörper dagegen eine hydrophile Signalsequenz, die seine Sekretion bewirkt. Die beiden Formen entstehen durch alternative RNA-Prozessierung. Ein B-Zell-Rezeptor kann alternativ auch durch Superantigene aktiviert werden. Mehrere B-Zell-Rezeptoren binden dabei (nicht notwendigerweise mit dem Paratop) an sich wiederholende Epitope des Superantigens, wodurch einige B-Zell-Rezeptoren auf der Zelloberfläche der B-Zelle gruppiert werden und sich dann auf der Zellinnenseite gegenseitig aktivieren.
Wirkungsweisen von sezernierten Antikörpern
Sezernierte Antikörper wirken durch verschiedene Mechanismen:
- Der einfachste Wirkmechanismus ist die Neutralisation von Antigenen, messbar in einem Neutralisationstest. Dadurch, dass der Antikörper das Antigen bindet, wird dieses blockiert und kann beispielsweise seine toxische Wirkung nicht mehr entfalten, oder andere Wechselwirkungen des Antigens mit Körperzellen werden verhindert, z. B. das Eindringen von Bakterien oder Viren in Zellen oder Gewebe.
- Ein weiterer Mechanismus ist die Opsonisierung („schmackhaft machen“), das Einhüllen von Krankheitserregern und Fremdpartikeln mit Antikörpern zur Markierung für das Immunsystem. Wenn ein Antikörper beispielsweise an ein Antigen bindet, das sich auf der Oberfläche eines Bakteriums befindet, markiert er damit gleichzeitig das Bakterium, denn die konstante Region des Antikörpers, der an sein Antigen gebunden hat, wird von Phagozyten erkannt, die als Fresszellen das Bakterium aufnehmen und verdauen können.
- Eine dritte Wirkungsweise ist, dass Antikörper das Komplementsystem aktivieren. Dies sind IgM (als Monomer) und auch nach Bindung eines IgG ausgebildete Oligomere von IgG, mit verstärkter Aktivierung durch IgG-Hexamere. Das führt zu einer Perforation der markierten Zelle.
- Antikörper, die an körpereigene Zellen binden, können NK-Zellen aktivieren, welche diese Zellen dann abtöten. Dieser Prozess wird auch als antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC) bezeichnet.
- Dadurch, dass ein Antikörper zwei Antigenbindungsstellen aufweist, kann es zur Agglutination kommen.
- Bei Adenoviren wurde ein als intrazellulärer Antikörper-vermittelter Abbau bezeichneter Wirkmechanismus beschrieben.
Verschiedene Klassen von Antikörpern
Bei den meisten Wirbeltieren gibt es fünf verschiedene Klassen (Isotypen) von Immunglobulinen, die anhand ihrer unterschiedlichen Gen-Abschnitte für die konstanten Teile der Schwerkette eingeteilt werden. Darüber hinaus gibt es einige Klassen, die nur in einzelnen Tiergruppen zu finden sind. Die verschiedenen Isotypen kommen in verschiedenen Kompartimenten des Körpers vor und haben unterschiedliche Aufgaben.
Immunglobulin A
Immunglobulin A (IgA) wird auf allen Schleimhäuten der Atemwege, der Augen, des Magen-Darm-Trakts, des Urogenitaltrakts sowie über spezielle Drüsen rund um die Brustwarze von Müttern sezerniert und schützt dort vor Pathogenen (auch den Säugling). Sezerniertes IgA kommt in Form von Homodimeren vor; die beiden Anteile sind durch das Joining-Peptid verbunden.
Immunglobulin D
Immunglobulin D (IgD) wird durch alternatives Spleißen der IgM/IgD-Prä-mRNA zusammen mit IgM als B-Zell Rezeptor (BCR) auf reifen, naiven (antigenunerfahrenen) B-Zellen membranständig präsentiert. IgD sind 170–200 kDa große Monomere und nur in geringen Mengen in sezernierter Form in Blut und Lymphe vorhanden (weniger als 1 %). Von Plasmazellen wird IgD nicht sezerniert, und in freier Form schnell abgebaut. Es wirkt als Antigenrezeptor bei der von Antigen stimulierten Vermehrung und bei der Differenzierung der B-Zellen.
Immunglobulin E
Immunglobulin E (IgE) vermittelt den Schutz vor Parasiten, wie z. B. pathogenen Würmern, und ist an Allergien beteiligt. IgE sind 190 kDa große Monomere. Es wird durch Fc-Rezeptoren auf Mastzellen sowie basophile und eosinophile Granulozyten mit hoher Affinität gebunden. Aus diesem Grund ist nahezu alles IgE membrangebunden, im Blut ist es praktisch nicht vorhanden. Bei Antigenkontakt wird es quervernetzt, was zur Ausschüttung von Histamin, Granzymen etc. durch die Mastzellen (Mastzelldegranulation – hier greifen Allergiemedikamente, die die Mastzellen „stabilisieren“) und Granulozyten führt (allergische Sofortreaktion, anaphylaktische Reaktion).
Immunglobulin G
Immunglobuline G (IgG) sind 150 kDa große Monomere mit einem Sedimentationskoeffizient von 7S. Diese Antikörperklasse wird erst in einer späten Abwehrphase, etwa 3 Wochen nach Infektion, gebildet und bleibt lange erhalten. Der Nachweis zeigt eine durchgemachte Infektion oder eine Impfung an. Die immunisierende Funktion beruht auf zwei antigengebundenen IgG, die das Komplementsystem aktivieren. Der Fc-Rezeptor vermittelt Phagozytose.
Ein Beispiel ist anti-Masern-IgG, gegen das Masernvirus gerichtete Antikörper der IgG-Klasse, als Zeichen einer gegenwärtigen oder früheren Infektion oder Impfung. Die Rhesusfaktor-D-Antikörper sind ebenfalls von diesem Typ, was zu Komplikationen bei einer Schwangerschaft führen kann, da Immunglobulin G plazentagängig ist. Auch ohne Komplikation wird IgG im mütterlichen Blut aktiv durch die Plazenta(barriere) in den Fötus transportiert und sorgt nachgeburtlich für einen ersten Schutz vor Infektionen.
IgGs werden in folgende Subklassen unterteilt: IgG1-IgG4 (Mensch) bzw. IgG1, IgG2, IgG2b und IgG3 (Maus).
Krankheiten mit einem angeborenen oder erworbenen betreffen oft IgG. Bildet der Körper gegen eigene Körperbestandteile Antikörper, so genannte Autoantikörper, spricht man von einer Form der Autoimmunkrankheit.
Immunglobulin M
Immunglobulin M (IgM) ist die Klasse von Antikörpern, die bei Erst-Kontakt mit Antigenen gebildet wird und zeigt die akute Infektionsphase einer Krankheit an, beispielsweise anti-Masern-IgM, gegen das Masernvirus gerichtete Antikörper der IgM-Klasse als Zeichen einer frischen Infektion. Daher ist ein rezenter Anstieg von IgM generell ein wichtiger Hinweis für eine durchgemachte Erstinfektion.
IgM ist ein Pentamer (Oligomer) aus fünf Untereinheiten von je 180 kDa. Diese Untereinheiten sind durch das cysteinreiche, 15 kDa große Joining Peptide (J-Kette) verbunden. Die Molekularmasse des IgM-Pentamers beträgt 970 kDa, der Sedimentationskoeffizient 19S. Da IgM 10 Bindungsstellen für Antigene hat, führen diese Antikörper zu einer starken Agglutination. Der Antigen-Antikörperkomplex von IgM-Pentameren aktiviert den klassischen Weg des Komplementsystems, weiterhin werden die AB0-Blutgruppen von IgM-Antikörpern erkannt. 10 % des Gesamt-Ig macht IgM aus.
Immunglobulin W bei Fischen
Immunglobulin W (IgW) wurde erst 1996 in einer Haiart entdeckt. Aufgrund dessen wurde ursprünglich angenommen, dass es nur in Knorpelfischen vorkommt. 2003 wurde IgW jedoch auch in Lungenfischen, einer Klasse der Knochenfische, nachgewiesen. IgW besitzt wahrscheinlich einige Eigenschaften eines hypothetischen Ur-Immunglobulins und ist deshalb vor allem für die Forschung zur Evolution des Immunsystems von Interesse.
Immunglobulin Y bei Vögeln
Immunglobulin Y (IgY) auch Chicken IgG, Egg Yolk IgG oder 7S-IgG genannt, ist in Hühnern das funktionelle Äquivalent zu IgG und ähnelt diesem in seiner Struktur. Es ist in hohen Konzentrationen in Hühnereiern zu finden. Für die Verwendung für bioanalytische Zwecke in Immunassays bietet IgY verschiedene Vorteile gegenüber IgG wie eine nichtinvasive Entnahme aus Eiern und weniger Wechselwirkungen mit Säugetierproteinen, aber eine komplexere Proteinreinigung.
Anwendung von Antikörpern in der Medizin
Aus Tieren gewonnene Antikörper (Antiseren) werden als Therapeutikum für verschiedenste Zwecke eingesetzt. Ein wichtiges Beispiel ist die Verwendung als passiver Impfstoff.
Intravenöse Immunglobuline (IVIG) sind zugelassen zur Substitutionsbehandlung bei verschiedenen angeborenen oder erworbenen Störungen der Antikörperbildung (z. B. bei chronisch lymphatischer Leukämie, Multiplem Myelom oder nach allogener hämatopoetischer Stammzellentransplantation) sowie zur Immunmodulation bei einigen Autoimmunerkrankungen (z. B. Immunthrombozytopenie, Guillain-Barré-Syndrom) und Erkrankungen unbekannter Ätiologie (z. B. Kawasaki-Syndrom). Die Querschnitts-Leitlinien der Bundesärztekammer zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten erwähnen darüber hinaus die Off-Label-Anwendung in verschiedenen Indikationen. Zu den lange bekannten möglichen seltenen Nebenwirkungen von IVIG-Präparaten zählen reversible hämolytische Reaktionen. Diese werden vermutlich ausgelöst durch Antikörper gegen Blutgruppenantigene (Isoagglutinine), die in den IVIG-Präparaten enthalten sein können. Im März 2013 thematisierte die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) in ihrer Drug Safety Mail Meldungen von schweren hämolytischen Reaktionen nach intravenöser Gabe von Immunglobulinen.
Außerdem werden spezifische monoklonale Antikörper seit neuestem in der Medizin therapeutisch eingesetzt. Hauptanwendungsgebiet ist die Hämatologie und Onkologie, daneben werden sie auch in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose, Rheumatoider Arthritis (RA) oder CIDP (chronische inflammatorische demyelisierende Polyneuropathie), (akute inflammatorische demyelisierende Polyneuropathie), MMN (Multifokale motorische Neuropathie) und verwandten neuromuskulären Erkrankungen eingesetzt. Hierbei erkennen diese Antikörper pro-inflammatorische Zytokine wie Interleukin-1 oder Lymphotoxin-α. Antikörper gegen den B-Zell-Oberflächenmarker CD20 erkennen zwar nur naive (antigenunerfahrene) und Gedächtnis-B-Zellen, jedoch keine Plasmazellen (CD20neg), dennoch ist auch diese Therapie relativ erfolgreich. Damit stellen Antikörper eine Medikamentenklasse dar, die erstmals in der Lage ist, spezifisch in die entzündlichen Vorgänge einzugreifen (Biologicals).
Auch dienen Antikörper/T-Zell-Rezeptoren in jüngster Zeit zur gentechnischen Erzeugung von chimären Antigen-Rezeptoren (CAR), d. h. Zwittermolekülen, die halb aus einem Antikörper-Arm gegen eine Tumorzelle, halb aus einem Arm zum Anlocken z. B. einer Killer-T-Zelle bestehen. Dies findet Anwendung in der spezifischen Krebsbekämpfung durch CAR-T-Zell-Therapie, wobei gegen etwaige Nebenwirkungen einer solchen Therapie in die CAR-Moleküle auch Suizidschalter eingebaut werden. Das Suizidelement (oft künstliche Dimerisierungsdomänen aus ganz anderen Proteinen) kann durch externes Verabreichen von kleinmoleküligen Arzneistoffen, wie Tacrolimus, aktiviert werden und führt so zum Absterben der CAR-T-Zelle und zum molekularen An/Abschalten der Therapie.
In der Immunszintigrafie werden Antikörper auch dazu verwendet bestimmte Zielstrukturen, beispielsweise Tumorzellen, im Körper ausfindig zu machen. Dazu wird an den Antikörper ein meist sehr kurzlebiges Radionuklid gekoppelt. Mittels Szintigrafie oder Positronen-Emissions-Tomographie kann man dann feststellen, wo sich der Antikörper bzw. dessen Zielstruktur (Target) genau befindet.
Früher war der konstante Teil der Antikörper noch murinen (aus der Maus) Ursprungs, was zu Abstoßungsreaktionen durch das Immunsystem führen konnte. Um dieses Problem zu umgehen, werden neuerdings sogenannte humanisierte Antikörper verwendet. Herkömmliche monoklonale Antikörper enthalten neben der die Spezifität gegen humane Antigene vermittelnden variablen Region immer noch Proteinbestandteile der Maus, die das menschliche Immunsystem möglicherweise als fremdartig abstößt. Mit Hilfe molekularbiologischer Verfahren werden deshalb die murinen Teile der konstanten Abschnitte entfernt und durch baugleiche konstante Teile menschlicher Antikörper ersetzt. Die konstanten Abschnitte der Antikörper spielen für die spezifische Bindung des monoklonalen Antikörpers keine Rolle. Der so entstandene monoklonale Antikörper wird als „humanisierter monoklonaler Antikörper“ bezeichnet und wird vom Immunsystem des Menschen nicht mehr abgestoßen. Humanisierte Antikörper werden in einer Kultur aus Hamster-Ovarialzellen hergestellt, weshalb ihre Produktion sehr viel aufwändiger und deshalb auch teurer als die Produktion in Mikroorganismen ist.
Bei der Radioimmuntherapie ist eine ionisierende Strahlungsquelle mit möglichst kurzer Reichweite an einen Antikörper gekoppelt. Zum Einsatz kommen hier vor allem kurzlebige Beta-, seltener Alphastrahler, mit kurzer Reichweite im Gewebe.
Bei der Impfstoffentwicklung gegen variable Pathogene werden breitneutralisierende Antikörper (bnAb) untersucht, die gegen mehrere Stämme eines Virus wirksam sind, beispielsweise breitneutralisierende Anti-IAV-Antikörper und breitneutralisierende Anti-HIV-Antikörper.
Anwendung von Antikörpern in der Biologie
Die hohe Spezifität, mit der Antikörper ihr Antigen erkennen, macht man sich in der Biologie zu Nutze, um das Antigen, in den allermeisten Fällen ein Protein, sichtbar zu machen. Die Antikörper sind entweder direkt mit einem Enzym (setzt ein Substrat in Farbe oder Chemolumineszenz um), mit Fluoreszenzfarbstoffen oder mit radioaktiven Isotopen gekoppelt (gelabelt) oder werden mit einem Sekundärantikörper, der an den ersten (Primärantikörper) bindet und entsprechend gelabelt ist, nachgewiesen.
- Abzyme
- Immunfärbungen, darunter:
- FACS: Quantifizierung von Zellen mittels fluoreszenzgekoppelter Antikörper gegen Antigene auf der Zelloberfläche, im Zytoplasma oder im Zellkern
- Immunfluoreszenz
- Immunohistochemie: Nachweis eines Antigens auf einer Zelloberfläche, im Zytoplasma oder im Zellkern mittels Antikörpern auf Gewebsdünn- (Cryo- oder Paraffin-) schnitten und damit indirekter Nachweis von Zelltypen, Differenzierungsstadien etc.
- In-situ-Hybridisierung
- Western Blot
- ELISA: Quantifizierung von Antigenen oder Antikörpern im Serum, Zellkulturüberständen etc. mittels enzymgekoppelter Antikörper
- ELISPOT: Nachweis von antikörper- oder antigensezernierenden Zellen (Plasmazellen, zytokinsezernierende Zellen) mittels enzymgekoppelter Antikörper
- EMSA: Beim Nachweis des gebundenen Proteins mittels Supershift
- Immunpräzipitation
- Chromatin-Immunpräzipitation
- Affinitätschromatographie
- Schnelltests:
- Corona-Schnelltest
- Drugwipe-Test
- Schwangerschaftstest
Gewinnung von Antikörpern
Monoklonale Antikörper
Ein monoklonaler Antikörper ist gegen genau ein spezifisches Epitop eines Antigens gerichtet. Zunächst müssen, wie bei der polyklonalen Antikörperherstellung beschrieben, Tiere immunisiert und dann deren Plasmazellen (aus Milz oder Lymphknoten) gewonnen werden. Da die Plasmazellen die Fähigkeit zur Zellteilung verloren haben, muss zuerst eine Verschmelzung mit Tumorzellen erfolgen. Die so entstandenen Zellhybriden (Hybridom-Technik) erhalten von den Plasmazellen die Eigenschaft, einen bestimmten Antikörper zu produzieren und zu sezernieren und von der Tumorzelle die Fähigkeit, in Kultur sich theoretisch unendlich oft teilen zu können und somit theoretisch unendlich lange zu leben. Durch mehrfaches Vereinzeln (Klonieren) wird ein Stamm von Zellen gewonnen, der auf eine einzelne Hybridoma-Zelle und somit auf eine einzelne Plasma-Zelle zurückgeht.
Die so erhaltenen Zelllinien können nun in Kultur unendlich stark expandiert werden und damit auch theoretisch unendlich große Mengen Antikörper produzieren. Da alle Zellen auf eine einzige Zelle zurückzuführen sind, handelt es sich bei allen Zellen einer Kultur um identische Kopien ein und derselben Zelle. Aufgrund dessen produzieren auch alle Zellen einen bestimmten, identischen Antikörper, der sich hinsichtlich seiner Eigenschaften (z. B. Bindungsstelle am Antigen, Stärke der Bindung etc.) genau definieren lässt und in theoretisch unbegrenzter Menge herstellbar ist.
Rekombinante Antikörper
Rekombinante Antikörper werden in vitro hergestellt, das heißt ohne Versuchstier. Rekombinante Antikörper werden typischerweise aus Genbibliotheken hergestellt, die für die Herstellung der Antikörper in Mikroorganismen geeignet sind. Die Auswahl des richtigen (= spezifisch bindenden Antikörpers) erfolgt dabei nicht durch das Immunsystem eines Tieres/Menschen, sondern durch einen Bindungsschritt im Reagenzglas. Rekombinante Antikörper können auf vielfältige Weise angewendet werden, da sie einfach verändert werden können, denn ihre Erbsubstanz ist bekannt. So kann ihre Bindungsstärke oder Stabilität verbessert werden oder es können Proteine mit anderen Funktionen angehängt werden, z. B. zur Erzeugung von bispezifischen Antikörpern oder Immuntoxinen.
Polyklonale Antiseren
Polyklonale Antiseren sind eine Mischung aus verschiedenen gegen diverse Epitope gerichteten Antikörpern. Zunächst muss das Antigen, gegen das der Antikörper gerichtet sein soll, ausgewählt und produziert werden. Dies kann auf verschiedene Weisen erreicht werden, zum Beispiel, indem ein Protein isoliert, ein Peptid in vitro synthetisiert oder das Protein als ganzes rekombinant in Bakterien hergestellt wird. Anschließend wird das Protein einem Tier eingespritzt, dessen Immunsystem dann Antikörper gegen das Protein bildet. Dieser Vorgang heißt „Immunisierung“. Als Antikörper-Produzenten werden besonders Mäuse, Ratten und Kaninchen, aber auch Ziegen, Schafe und Pferde verwendet. Die Immunisierung wird mehrfach wiederholt. Nach ein paar Wochen kann das polyklonale Antiserum entnommen werden. Darin sind verschiedene durch die Immunisierung gebildete, gegen das Antigen gerichtete Antikörper enthalten, die sich im erkannten Epitop unterscheiden können.
Pathologie
Als Hypogammaglobulinämie wird der Mangel an Antikörpern und als Agammaglobulinämie ihr völliges Fehlen bezeichnet. Ein Zuviel an Antikörpern bezeichnet man als Hypergammaglobulinämie. Die Diagnose einer Störung der Antikörper wird in der Regel durch die Eiweißelektrophorese des Blutserums gestellt. Eventuell muss diese noch durch eine Immunelektrophorese ergänzt werden.
Ursachen einer ausgeprägteren Hypogammaglobulinämie können u. a. sein:
- angeborener Mangel (am häufigsten sind der angeborene Immunglobulin-A-Mangel oder ein Mangel an einer der vier Subklassen von Immunglobulin G)
- Erkrankungen mit Störungen der Lymphozyten:
- Leukämien
- maligne Lymphome
Ursachen einer ausgeprägteren Hypergammaglobulinämie können u. a. sein:
- chronische Entzündungen
- Erkrankungen mit Störungen der Lymphozyten:
- maligne Lymphome, z. B. Plasmozytom/Multiples Myelom oder Morbus Waldenström
- Leberzirrhose
Modifizierte Antikörper
Durch Proteindesign wurden verschiedene Derivate von Antikörpern mit teilweise veränderten Eigenschaften erzeugt, z. B. F(ab)2-Fragmente, Fab-Fragmente, scFv-Fragmente, Einzeldomänenantikörper oder Mikroantikörper.
Literatur
- Stefan Dübel, Frank Breitling, André Frenzel, Thomas Rostock, Andrea L. J. Marschall, Thomas Schirrmann, Michael Hust: Rekombinante Antikörper. Lehrbuch und Kompendium für Studium und Praxis. 2. Auflage. Springer Spektrum, Berlin 2019, ISBN 978-3-662-50275-4, doi:10.1007/978-3-662-50276-1.
- Stefan Dübel, Janice M. Reichert (Hrsg.): Handbook of Therapeutic Antibodies. 2. Auflage. Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2014, ISBN 978-3-527-32937-3 (englisch).
- Jean Lindenmann: Origin of the Terms ‘Antibody’ and ‘Antigen’. In: Scandinavian journal of immunology. Band 19, Nummer 4, April 1984, S. 281–285, doi:10.1111/j.1365-3083.1984.tb00931.x, PMID 6374880.
Weblinks
Einzelnachweise
- Eduardo Padlan: Anatomy of the antibody molecule. In: Mol. Immunol. 31. Jahrgang, Nr. 3, Februar 1994, S. 169–217, doi:10.1016/0161-5890(94)90001-9, PMID 8114766 (englisch).
- New Sculpture Portraying Human Antibody as Protective Angel Installed on Scripps Florida Campus. Abgerufen am 12. Dezember 2008 (englisch).
- Protein sculpture inspired by Vitruvian Man. Abgerufen am 12. Dezember 2008 (englisch).
- Biorama.ch: Antigen – Antikörper – Bindung ( vom 18. Juni 2007 im Internet Archive)
- Walter Siegenthaler: Klinische Pathophysiologie. Georg Thieme Verlag, 2006, ISBN 3-13-449609-7. S. 526.
- Christoph A. Diebolder et al.: Complement is activated by IgG hexamers assembled at the cell surface. In: Science. Band 343, Nr. 6176, 14. März 2014, S. 1260–1263, doi:10.1126/science.1248943, PMID 24626930, PMC 4250092 (freier Volltext).
- Stefan H. E. Kaufmann: Antikörper und ihre Antigene. In: Sebastian Suerbaum, Gerd-Dieter Burchard, Stefan H. E. Kaufmann, Thomas F. Schulz (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer-Verlag, 2016, ISBN 978-3-662-48678-8, S. 52, doi:10.1007/978-3-662-48678-8_8.
- Stefan H. E. Kaufmann: Antikörper und ihre Antigene. In: Sebastian Suerbaum, Gerd-Dieter Burchard, Stefan H. E. Kaufmann, Thomas F. Schulz (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer-Verlag, 2016, ISBN 978-3-662-48678-8, S. 51, doi:10.1007/978-3-662-48678-8_8.
- Guideline on core SmPC for human normal immunoglobulin for intravenous administration (IVIg) (PDF; 264 kB), WebSite der EMA, Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP), 21. Oktober 2012.
- Querschnittsleitlinien (BÄK) zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten. (PDF; 1,5 MB) 4., überarbeitete und aktualisierte Auflage 2014. Vorstand der Bundesärztekammer, abgerufen am 4. Juli 2016.
- Vgl. auch Ludwig Heilmeyer: Hämolytische Anämien durch unspezifische Antikörper. In: Münchener Medizinische Wochenschrift. Band 95, Nr. 1, 2. Januar 1953, S. 85–88.
- Erhöhte Melderate von schweren hämolytischen Reaktionen nach der intravenösen Gabe von Immunglobulinen ( vom 3. Juli 2015 im Internet Archive), Bulletin zur Arzneimittelsicherheit (Seite 15 ff), WebSite des PEI, Juni 2012.
- Drug Safety Mail 2013-16, WebSite der AkdÄ, März 2013.
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
wikipedia, wiki, deutsches, deutschland, buch, bücher, bibliothek artikel lesen, herunterladen kostenlos kostenloser herunterladen, MP3, Video, MP4, 3GP, JPG, JPEG, GIF, PNG, Bild, Musik, Lied, Film, Buch, Spiel, Spiele, Mobiltelefon, Mobil, Telefon, android, ios, apple, samsung, iphone, xiomi, xiaomi, redmi, honor, oppo, nokia, sonya, mi, pc, web, computer, komputer
Dieser Artikel behandelt Antikorper aus biologischer Sicht Zu dem gleichnamigen Spielfilm siehe Antikorper Film Antikorper Immunglobuline im internationalen Sprachgebrauch auch Immunoglobulin veraltet Gammaglobulin sind Proteine aus der Klasse der Globuline die in Wirbeltieren als Reaktionsprodukt von besonderen Korperzellen Plasmazellen auf bestimmte Stoffe als Antigene bezeichnete Substanzen gebildet synthetisiert werden Antikorper stehen im Dienste des Immunsystems Antikorper werden von einer Klasse weisser Blutzellen den Plasmazellen auf eine Reaktion der B Lymphozyten hin produziert IgG Skulptur Angel of the West Engel des Westens von Julian Voss Andreae vor dem Scripps Research Institute in Jupiter im US Bundesstaat Florida Die Plastik stellt die Hauptkette unter Benutzung der von E Padlan veroffentlichten Struktur anstelle des Menschen in einen Ring wie Leonardo da Vincis vitruvianischer Mensch um die Ahnlichkeit zwischen Antikorper und dem menschlichen Korper aufzuzeigen Als Antigene wirken fast ausschliesslich Makromolekule oder an Partikel gebundene Molekule zum Beispiel Lipopolysaccharide an der Oberflache von Bakterien Ein bestimmtes Antigen induziert in der Regel die Bildung nur weniger ganz bestimmter dazu passender Antikorper die uber spezifische nicht kovalente Bindung zumeist nur diesen Fremdstoff erkennen dass auch verwandte Ziele erkannt werden konnen hat man sich z B bei der Pockenschutzimpfung zunutze gemacht Die vom Korper gegen die harmlosen Kuhpocken gebildeten Antikorper erkennen auch fur Menschen pathogene Pockenviren Die spezifische Bindung von Antikorpern an die Antigene bildet einen wesentlichen Teil der Abwehr gegen die eingedrungenen Fremdstoffe Bei Krankheitserregern Pathogenen als Fremdstoffen kann die Bildung und Bindung von Antikorpern zur Immunitat fuhren Antikorper sind zentrale Bestandteile des Immunsystems hoherer Wirbeltiere Antikorper werden wie 1948 von der schwedischen Immunologin Astrid Fagraeus erstmals beschrieben wurde von einer Klasse weisser Blutzellen Leukozyten sezerniert die als Effektorzellen beziehungsweise Plasmazellen bezeichnet werden und differenzierte B Lymphozyten darstellen Sie kommen im Blut und in der extrazellularen Flussigkeit der Gewebe vor und erkennen meist nicht die gesamte Struktur des Antigens sondern nur einen Teil desselben die sogenannte antigene Determinante das Epitop Die spezifische Antigenbindungsstelle des Antikorpers bezeichnet man als Paratop Die Antikorper erzeugen beim Kontakt mit dem Antigen die sogenannte humorale Immunantwort humorale Abwehr Struktur von AntikorpernAntikorperschema je zwei Schwerketten blau gelb und Leichtketten grun pink mit Domanen Antigenbindungsstelle ist eingekreist Aufbau eines typischen IgG Antikorpers 1 Fab Abschnitt 2 Fc Abschnitt 3 schwere Ketten 4 leichte Ketten 5 Antigenbindungsstelle Paratop 6 hinge Region dt Scharnier S S DisulfidbruckeMit Papain verdauter Antikorper zwei 50 kDa Fab Fragmente und ein 50 kDa Fc Fragment Antikorper bestehen als Proteine aus gefalteten Aminosaureketten Da einige Aminosaurereste davon Zuckerketten tragen zahlen Antikorper zu den Glykoproteinen Jeder Antikorper besteht aus zwei identischen schweren Ketten engl heavy chains H und zwei identischen leichten Ketten engl light chains L die durch kovalente Disulfidbrucken zwischen den Ketten sogenannte Zwischenketten Disulfide zu einer Ypsilon formigen Struktur miteinander verknupft sind Die leichten Ketten auch Leichtketten bestehen aus jeweils einer variablen und einer konstanten Domane Bezeichnet werden diese als VL und CL Die schweren Ketten auch Schwerketten hingegen haben jeweils eine variable und drei IgG IgA bzw vier IgM IgE konstante Domanen Bezeichnet werden diese analog als VH und CH1 CH2 CH3 Die variablen Domanen einer leichten und einer schweren Kette zusammen bilden die Antigenbindungsstelle das Paratop Die Konstantdomane CH2 besteht u a auch aus einer Kohlenhydratkette die eine Bindungsstelle fur das Komplementsystem bildet Die Konstantdomane CH3 ist die Bindungsstelle des Fc Rezeptors zur Opsonierung Die variablen Domanen bilden ihrerseits verschiedene charakteristische Paratope aus die zusammen einen Idiotyp bilden Die beiden Leichtketten sind je nach Organismus und Immunglobulin Subklasse entweder vom Typ k oder l und bilden zusammen mit dem oberhalb der Gelenkregion engl hinge region auch Scharnierregion liegenden Anteil der Schwerketten das antigenbindende Fragment Fab engl antigen binding fragment welches enzymatisch mit Hilfe von Papain von dem darunterliegenden kristallisierbaren Fragment Fc engl crystallisable fragment abgespaltet werden kann Die aussergewohnliche Variabilitat der Antigenbindungsstellen engl Complementarity Determining Region CDR erreicht der Organismus vermittels der V D J Rekombination Papain spaltet oberhalb der Zwischenketten Disulfidbrucken der beiden Schwerketten zueinander Man erhalt so zwei Fab Fragmente und ein vollstandiges Fragment Fc Pepsin hingegen spaltet unterhalb der Disulfidbrucken Die Gelenkregion bleibt zwischen beiden Fab Fragmenten erhalten Man nennt dieses Fragment dann F ab 2 Pepsin und Plasmin spalten auch das Fc Fragment zwischen der zweiten und dritten Domane des konstanten Teils der Schwerkette Domanenstruktur mit universellem Immunschleife Strukturmotiv Loops Rein von der Struktur her betrachtet kommen in allen Antikorperdomanen allgemein evolutionar konservierte universelle Strukturmotive vor die mit Disulfidbrucken zwischen den Ketten stabilisiert sind und ausgeloopte Schleifen entlang eines stabformigen Ruckgrats bilden Dieses Schleifenmotiv Loops auch Immunoglobulin like domain ist universell und findet sich in allen Immunglobulinen Immunadhasinen und auch im Haupthistokompatibilitatskomplex CD3 Rezeptor in T Zell Rezeptoren CD4 Rezeptoren weiteren CD Zelloberflachenproteinen Signalmolekulen und fast allen ubrigen Immunmolekulen Diese molekulare Verwandtschaft verdeutlicht die gemeinsame evolutionare Abstammung vieler der im Immunsystem beteiligten Gene und der darin codierten Proteine die zusammenfassend auch als Immunglobulin Superfamilie bezeichnet werden Antigen Antikorper BindungAntikorper binden mit ihrer A ntigen B indungs Region Paratop das Epitop des Antigens relativ spezifisch analog dem Schlussel Schloss Prinzip Es passiert jedoch nicht selten dass metaphorisch dargestellt ein zweiter oder dritter Schlussel existiert der in das Antikorper Schloss passt aufgrund der zufallig ahnlichen oder identischen Konfiguration des Epitops Mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit kann das auch eine korpereigene Struktur sein Auf diesem Phanomen beruhen manche Autoimmunerkrankungen Die Bindung zwischen Epitop und Immunglobulin ist nicht kovalent und unterliegt dem Massenwirkungsgesetz Eine effektive Agglutination das heisst eine Verklumpung durch Ausbildung grosser Komplexe ist daher nur bei etwa gleicher Anzahl von Epitopen und Bindungsstellen moglich Bei grossen Abweichungen nach oben oder unten bleiben die Komplexe in Losung trotzdem tritt meist eine Neutralisation der Wirkung der Antigene ein Gegen mehrere Virusstamme wirksame neutralisierende Antikorper werden als breitneutralisierende Antikorper bezeichnet z B Breitneutralisierende Anti HIV Antikorper Die Anzahl an Bindungsstellen auf einem Antikorper wird als Valenz bezeichnet und variiert je nach Antikorper Subtyp Wahrend die meisten Antikorpersubtypen wie IgG zwei Bindungsstellen aufweisen besitzen IgA vier Bindungsstellen und IgM zehn Bindungsstellen Die Affinitat ist ein Mass fur die Bindungsstarke zwischen Antikorper und Epitop Die Aviditat ist die Summe der Affinitaten der verschiedenen Typen bindender Antikorper die insbesondere in Mischungen von Antikorpern polyklonale Antikorper oder bei sich wiederholenden Epitopen stark ansteigt Antikorper als B Zell Rezeptoren Hauptartikel B Zell Rezeptor Membranstandige Antikorper als B Zell Rezeptoren BCR bezeichnet konnen B Zellen aktivieren wenn ihre Untereinheiten durch Antigene quervernetzt werden Die B Zelle nimmt daraufhin den Immunkomplex durch Endozytose auf verdaut das Antigen in kurze Fragmente und prasentiert sie uber MHC Klasse II Molekule Peptide mit 13 18 Aminosauren auf ihrer Zelloberflache Antigenprasentation Wenn die prasentierten Fragmente auch parallel auf anderen professionellen Antigen prasentierenden Zellen oder auf ebendieser B Zelle von einer CD4 T Zelle T Helferzellen erkannt werden stimuliert diese T Zelle die B Zelle was weitere Reifungsprozesse somatische Hypermutation Klassenwechsel und Proliferation zu Antikorper sezernierenden Plasmazellen oder und zu B Gedachtniszellen auslost Diese Reifungsprozesse finden innerhalb von Keimzentren germinal center in den sekundaren lymphatischen Organen Milz Lymphknoten statt und werden unter dem Begriff der Keimzentrumsreaktion germinal center reaction zusammengefasst Der B Zell Rezeptor ist mit Ausnahme eines kleinen Teils am Carboxylende der schweren Kette mit dem Antikorper der jeweiligen B Zelle identisch Der B Zell Rezeptor besitzt dort eine hydrophobe in der Zellmembran verankerte Sequenz der Antikorper dagegen eine hydrophile Signalsequenz die seine Sekretion bewirkt Die beiden Formen entstehen durch alternative RNA Prozessierung Ein B Zell Rezeptor kann alternativ auch durch Superantigene aktiviert werden Mehrere B Zell Rezeptoren binden dabei nicht notwendigerweise mit dem Paratop an sich wiederholende Epitope des Superantigens wodurch einige B Zell Rezeptoren auf der Zelloberflache der B Zelle gruppiert werden und sich dann auf der Zellinnenseite gegenseitig aktivieren Wirkungsweisen von sezernierten AntikorpernSezernierte Antikorper wirken durch verschiedene Mechanismen Der einfachste Wirkmechanismus ist die Neutralisation von Antigenen messbar in einem Neutralisationstest Dadurch dass der Antikorper das Antigen bindet wird dieses blockiert und kann beispielsweise seine toxische Wirkung nicht mehr entfalten oder andere Wechselwirkungen des Antigens mit Korperzellen werden verhindert z B das Eindringen von Bakterien oder Viren in Zellen oder Gewebe Ein weiterer Mechanismus ist die Opsonisierung schmackhaft machen das Einhullen von Krankheitserregern und Fremdpartikeln mit Antikorpern zur Markierung fur das Immunsystem Wenn ein Antikorper beispielsweise an ein Antigen bindet das sich auf der Oberflache eines Bakteriums befindet markiert er damit gleichzeitig das Bakterium denn die konstante Region des Antikorpers der an sein Antigen gebunden hat wird von Phagozyten erkannt die als Fresszellen das Bakterium aufnehmen und verdauen konnen Eine dritte Wirkungsweise ist dass Antikorper das Komplementsystem aktivieren Dies sind IgM als Monomer und auch nach Bindung eines IgG ausgebildete Oligomere von IgG mit verstarkter Aktivierung durch IgG Hexamere Das fuhrt zu einer Perforation der markierten Zelle Antikorper die an korpereigene Zellen binden konnen NK Zellen aktivieren welche diese Zellen dann abtoten Dieser Prozess wird auch als antikorperabhangige zellulare Zytotoxizitat ADCC bezeichnet Dadurch dass ein Antikorper zwei Antigenbindungsstellen aufweist kann es zur Agglutination kommen Bei Adenoviren wurde ein als intrazellularer Antikorper vermittelter Abbau bezeichneter Wirkmechanismus beschrieben Verschiedene Klassen von AntikorpernBei den meisten Wirbeltieren gibt es funf verschiedene Klassen Isotypen von Immunglobulinen die anhand ihrer unterschiedlichen Gen Abschnitte fur die konstanten Teile der Schwerkette eingeteilt werden Daruber hinaus gibt es einige Klassen die nur in einzelnen Tiergruppen zu finden sind Die verschiedenen Isotypen kommen in verschiedenen Kompartimenten des Korpers vor und haben unterschiedliche Aufgaben Mono und PolymereImmunglobulin A Immunglobulin A IgA wird auf allen Schleimhauten der Atemwege der Augen des Magen Darm Trakts des Urogenitaltrakts sowie uber spezielle Drusen rund um die Brustwarze von Muttern sezerniert und schutzt dort vor Pathogenen auch den Saugling Sezerniertes IgA kommt in Form von Homodimeren vor die beiden Anteile sind durch das Joining Peptid verbunden Immunglobulin D Immunglobulin D IgD wird durch alternatives Spleissen der IgM IgD Pra mRNA zusammen mit IgM als B Zell Rezeptor BCR auf reifen naiven antigenunerfahrenen B Zellen membranstandig prasentiert IgD sind 170 200 kDa grosse Monomere und nur in geringen Mengen in sezernierter Form in Blut und Lymphe vorhanden weniger als 1 Von Plasmazellen wird IgD nicht sezerniert und in freier Form schnell abgebaut Es wirkt als Antigenrezeptor bei der von Antigen stimulierten Vermehrung und bei der Differenzierung der B Zellen Immunglobulin E Immunglobulin E IgE vermittelt den Schutz vor Parasiten wie z B pathogenen Wurmern und ist an Allergien beteiligt IgE sind 190 kDa grosse Monomere Es wird durch Fc Rezeptoren auf Mastzellen sowie basophile und eosinophile Granulozyten mit hoher Affinitat gebunden Aus diesem Grund ist nahezu alles IgE membrangebunden im Blut ist es praktisch nicht vorhanden Bei Antigenkontakt wird es quervernetzt was zur Ausschuttung von Histamin Granzymen etc durch die Mastzellen Mastzelldegranulation hier greifen Allergiemedikamente die die Mastzellen stabilisieren und Granulozyten fuhrt allergische Sofortreaktion anaphylaktische Reaktion Immunglobulin G Immunglobuline G IgG sind 150 kDa grosse Monomere mit einem Sedimentationskoeffizient von 7S Diese Antikorperklasse wird erst in einer spaten Abwehrphase etwa 3 Wochen nach Infektion gebildet und bleibt lange erhalten Der Nachweis zeigt eine durchgemachte Infektion oder eine Impfung an Die immunisierende Funktion beruht auf zwei antigengebundenen IgG die das Komplementsystem aktivieren Der Fc Rezeptor vermittelt Phagozytose Ein Beispiel ist anti Masern IgG gegen das Masernvirus gerichtete Antikorper der IgG Klasse als Zeichen einer gegenwartigen oder fruheren Infektion oder Impfung Die Rhesusfaktor D Antikorper sind ebenfalls von diesem Typ was zu Komplikationen bei einer Schwangerschaft fuhren kann da Immunglobulin G plazentagangig ist Auch ohne Komplikation wird IgG im mutterlichen Blut aktiv durch die Plazenta barriere in den Fotus transportiert und sorgt nachgeburtlich fur einen ersten Schutz vor Infektionen IgGs werden in folgende Subklassen unterteilt IgG1 IgG4 Mensch bzw IgG1 IgG2 IgG2b und IgG3 Maus Krankheiten mit einem angeborenen oder erworbenen betreffen oft IgG Bildet der Korper gegen eigene Korperbestandteile Antikorper so genannte Autoantikorper spricht man von einer Form der Autoimmunkrankheit Immunglobulin M Immunglobulin M IgM ist die Klasse von Antikorpern die bei Erst Kontakt mit Antigenen gebildet wird und zeigt die akute Infektionsphase einer Krankheit an beispielsweise anti Masern IgM gegen das Masernvirus gerichtete Antikorper der IgM Klasse als Zeichen einer frischen Infektion Daher ist ein rezenter Anstieg von IgM generell ein wichtiger Hinweis fur eine durchgemachte Erstinfektion IgM ist ein Pentamer Oligomer aus funf Untereinheiten von je 180 kDa Diese Untereinheiten sind durch das cysteinreiche 15 kDa grosse Joining Peptide J Kette verbunden Die Molekularmasse des IgM Pentamers betragt 970 kDa der Sedimentationskoeffizient 19S Da IgM 10 Bindungsstellen fur Antigene hat fuhren diese Antikorper zu einer starken Agglutination Der Antigen Antikorperkomplex von IgM Pentameren aktiviert den klassischen Weg des Komplementsystems weiterhin werden die AB0 Blutgruppen von IgM Antikorpern erkannt 10 des Gesamt Ig macht IgM aus Immunglobulin W bei Fischen Immunglobulin W IgW wurde erst 1996 in einer Haiart entdeckt Aufgrund dessen wurde ursprunglich angenommen dass es nur in Knorpelfischen vorkommt 2003 wurde IgW jedoch auch in Lungenfischen einer Klasse der Knochenfische nachgewiesen IgW besitzt wahrscheinlich einige Eigenschaften eines hypothetischen Ur Immunglobulins und ist deshalb vor allem fur die Forschung zur Evolution des Immunsystems von Interesse Immunglobulin Y bei Vogeln Immunglobulin Y IgY auch Chicken IgG Egg Yolk IgG oder 7S IgG genannt ist in Huhnern das funktionelle Aquivalent zu IgG und ahnelt diesem in seiner Struktur Es ist in hohen Konzentrationen in Huhnereiern zu finden Fur die Verwendung fur bioanalytische Zwecke in Immunassays bietet IgY verschiedene Vorteile gegenuber IgG wie eine nichtinvasive Entnahme aus Eiern und weniger Wechselwirkungen mit Saugetierproteinen aber eine komplexere Proteinreinigung Anwendung von Antikorpern in der MedizinAus Tieren gewonnene Antikorper Antiseren werden als Therapeutikum fur verschiedenste Zwecke eingesetzt Ein wichtiges Beispiel ist die Verwendung als passiver Impfstoff Intravenose Immunglobuline IVIG sind zugelassen zur Substitutionsbehandlung bei verschiedenen angeborenen oder erworbenen Storungen der Antikorperbildung z B bei chronisch lymphatischer Leukamie Multiplem Myelom oder nach allogener hamatopoetischer Stammzellentransplantation sowie zur Immunmodulation bei einigen Autoimmunerkrankungen z B Immunthrombozytopenie Guillain Barre Syndrom und Erkrankungen unbekannter Atiologie z B Kawasaki Syndrom Die Querschnitts Leitlinien der Bundesarztekammer zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten erwahnen daruber hinaus die Off Label Anwendung in verschiedenen Indikationen Zu den lange bekannten moglichen seltenen Nebenwirkungen von IVIG Praparaten zahlen reversible hamolytische Reaktionen Diese werden vermutlich ausgelost durch Antikorper gegen Blutgruppenantigene Isoagglutinine die in den IVIG Praparaten enthalten sein konnen Im Marz 2013 thematisierte die Arzneimittelkommission der deutschen Arzteschaft AkdA in ihrer Drug Safety Mail Meldungen von schweren hamolytischen Reaktionen nach intravenoser Gabe von Immunglobulinen Ausserdem werden spezifische monoklonale Antikorper seit neuestem in der Medizin therapeutisch eingesetzt Hauptanwendungsgebiet ist die Hamatologie und Onkologie daneben werden sie auch in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose Rheumatoider Arthritis RA oder CIDP chronische inflammatorische demyelisierende Polyneuropathie akute inflammatorische demyelisierende Polyneuropathie MMN Multifokale motorische Neuropathie und verwandten neuromuskularen Erkrankungen eingesetzt Hierbei erkennen diese Antikorper pro inflammatorische Zytokine wie Interleukin 1 oder Lymphotoxin a Antikorper gegen den B Zell Oberflachenmarker CD20 erkennen zwar nur naive antigenunerfahrene und Gedachtnis B Zellen jedoch keine Plasmazellen CD20neg dennoch ist auch diese Therapie relativ erfolgreich Damit stellen Antikorper eine Medikamentenklasse dar die erstmals in der Lage ist spezifisch in die entzundlichen Vorgange einzugreifen Biologicals Auch dienen Antikorper T Zell Rezeptoren in jungster Zeit zur gentechnischen Erzeugung von chimaren Antigen Rezeptoren CAR d h Zwittermolekulen die halb aus einem Antikorper Arm gegen eine Tumorzelle halb aus einem Arm zum Anlocken z B einer Killer T Zelle bestehen Dies findet Anwendung in der spezifischen Krebsbekampfung durch CAR T Zell Therapie wobei gegen etwaige Nebenwirkungen einer solchen Therapie in die CAR Molekule auch Suizidschalter eingebaut werden Das Suizidelement oft kunstliche Dimerisierungsdomanen aus ganz anderen Proteinen kann durch externes Verabreichen von kleinmolekuligen Arzneistoffen wie Tacrolimus aktiviert werden und fuhrt so zum Absterben der CAR T Zelle und zum molekularen An Abschalten der Therapie In der Immunszintigrafie werden Antikorper auch dazu verwendet bestimmte Zielstrukturen beispielsweise Tumorzellen im Korper ausfindig zu machen Dazu wird an den Antikorper ein meist sehr kurzlebiges Radionuklid gekoppelt Mittels Szintigrafie oder Positronen Emissions Tomographie kann man dann feststellen wo sich der Antikorper bzw dessen Zielstruktur Target genau befindet Fruher war der konstante Teil der Antikorper noch murinen aus der Maus Ursprungs was zu Abstossungsreaktionen durch das Immunsystem fuhren konnte Um dieses Problem zu umgehen werden neuerdings sogenannte humanisierte Antikorper verwendet Herkommliche monoklonale Antikorper enthalten neben der die Spezifitat gegen humane Antigene vermittelnden variablen Region immer noch Proteinbestandteile der Maus die das menschliche Immunsystem moglicherweise als fremdartig abstosst Mit Hilfe molekularbiologischer Verfahren werden deshalb die murinen Teile der konstanten Abschnitte entfernt und durch baugleiche konstante Teile menschlicher Antikorper ersetzt Die konstanten Abschnitte der Antikorper spielen fur die spezifische Bindung des monoklonalen Antikorpers keine Rolle Der so entstandene monoklonale Antikorper wird als humanisierter monoklonaler Antikorper bezeichnet und wird vom Immunsystem des Menschen nicht mehr abgestossen Humanisierte Antikorper werden in einer Kultur aus Hamster Ovarialzellen hergestellt weshalb ihre Produktion sehr viel aufwandiger und deshalb auch teurer als die Produktion in Mikroorganismen ist Bei der Radioimmuntherapie ist eine ionisierende Strahlungsquelle mit moglichst kurzer Reichweite an einen Antikorper gekoppelt Zum Einsatz kommen hier vor allem kurzlebige Beta seltener Alphastrahler mit kurzer Reichweite im Gewebe Bei der Impfstoffentwicklung gegen variable Pathogene werden breitneutralisierende Antikorper bnAb untersucht die gegen mehrere Stamme eines Virus wirksam sind beispielsweise breitneutralisierende Anti IAV Antikorper und breitneutralisierende Anti HIV Antikorper Anwendung von Antikorpern in der BiologieDie hohe Spezifitat mit der Antikorper ihr Antigen erkennen macht man sich in der Biologie zu Nutze um das Antigen in den allermeisten Fallen ein Protein sichtbar zu machen Die Antikorper sind entweder direkt mit einem Enzym setzt ein Substrat in Farbe oder Chemolumineszenz um mit Fluoreszenzfarbstoffen oder mit radioaktiven Isotopen gekoppelt gelabelt oder werden mit einem Sekundarantikorper der an den ersten Primarantikorper bindet und entsprechend gelabelt ist nachgewiesen Abzyme Immunfarbungen darunter FACS Quantifizierung von Zellen mittels fluoreszenzgekoppelter Antikorper gegen Antigene auf der Zelloberflache im Zytoplasma oder im Zellkern Immunfluoreszenz Immunohistochemie Nachweis eines Antigens auf einer Zelloberflache im Zytoplasma oder im Zellkern mittels Antikorpern auf Gewebsdunn Cryo oder Paraffin schnitten und damit indirekter Nachweis von Zelltypen Differenzierungsstadien etc In situ Hybridisierung Western Blot ELISA Quantifizierung von Antigenen oder Antikorpern im Serum Zellkulturuberstanden etc mittels enzymgekoppelter Antikorper ELISPOT Nachweis von antikorper oder antigensezernierenden Zellen Plasmazellen zytokinsezernierende Zellen mittels enzymgekoppelter Antikorper EMSA Beim Nachweis des gebundenen Proteins mittels Supershift Immunprazipitation Chromatin Immunprazipitation Affinitatschromatographie Schnelltests Corona Schnelltest Drugwipe Test SchwangerschaftstestGewinnung von AntikorpernSiehe auch Immunserum Monoklonale Antikorper Hauptartikel Monoklonaler Antikorper Ein monoklonaler Antikorper ist gegen genau ein spezifisches Epitop eines Antigens gerichtet Zunachst mussen wie bei der polyklonalen Antikorperherstellung beschrieben Tiere immunisiert und dann deren Plasmazellen aus Milz oder Lymphknoten gewonnen werden Da die Plasmazellen die Fahigkeit zur Zellteilung verloren haben muss zuerst eine Verschmelzung mit Tumorzellen erfolgen Die so entstandenen Zellhybriden Hybridom Technik erhalten von den Plasmazellen die Eigenschaft einen bestimmten Antikorper zu produzieren und zu sezernieren und von der Tumorzelle die Fahigkeit in Kultur sich theoretisch unendlich oft teilen zu konnen und somit theoretisch unendlich lange zu leben Durch mehrfaches Vereinzeln Klonieren wird ein Stamm von Zellen gewonnen der auf eine einzelne Hybridoma Zelle und somit auf eine einzelne Plasma Zelle zuruckgeht Die so erhaltenen Zelllinien konnen nun in Kultur unendlich stark expandiert werden und damit auch theoretisch unendlich grosse Mengen Antikorper produzieren Da alle Zellen auf eine einzige Zelle zuruckzufuhren sind handelt es sich bei allen Zellen einer Kultur um identische Kopien ein und derselben Zelle Aufgrund dessen produzieren auch alle Zellen einen bestimmten identischen Antikorper der sich hinsichtlich seiner Eigenschaften z B Bindungsstelle am Antigen Starke der Bindung etc genau definieren lasst und in theoretisch unbegrenzter Menge herstellbar ist Rekombinante Antikorper Hauptartikel Rekombinanter Antikorper Rekombinante Antikorper werden in vitro hergestellt das heisst ohne Versuchstier Rekombinante Antikorper werden typischerweise aus Genbibliotheken hergestellt die fur die Herstellung der Antikorper in Mikroorganismen geeignet sind Die Auswahl des richtigen spezifisch bindenden Antikorpers erfolgt dabei nicht durch das Immunsystem eines Tieres Menschen sondern durch einen Bindungsschritt im Reagenzglas Rekombinante Antikorper konnen auf vielfaltige Weise angewendet werden da sie einfach verandert werden konnen denn ihre Erbsubstanz ist bekannt So kann ihre Bindungsstarke oder Stabilitat verbessert werden oder es konnen Proteine mit anderen Funktionen angehangt werden z B zur Erzeugung von bispezifischen Antikorpern oder Immuntoxinen Polyklonale Antiseren Hauptartikel Polyklonaler Antikorper Polyklonale Antiseren sind eine Mischung aus verschiedenen gegen diverse Epitope gerichteten Antikorpern Zunachst muss das Antigen gegen das der Antikorper gerichtet sein soll ausgewahlt und produziert werden Dies kann auf verschiedene Weisen erreicht werden zum Beispiel indem ein Protein isoliert ein Peptid in vitro synthetisiert oder das Protein als ganzes rekombinant in Bakterien hergestellt wird Anschliessend wird das Protein einem Tier eingespritzt dessen Immunsystem dann Antikorper gegen das Protein bildet Dieser Vorgang heisst Immunisierung Als Antikorper Produzenten werden besonders Mause Ratten und Kaninchen aber auch Ziegen Schafe und Pferde verwendet Die Immunisierung wird mehrfach wiederholt Nach ein paar Wochen kann das polyklonale Antiserum entnommen werden Darin sind verschiedene durch die Immunisierung gebildete gegen das Antigen gerichtete Antikorper enthalten die sich im erkannten Epitop unterscheiden konnen PathologieAls Hypogammaglobulinamie wird der Mangel an Antikorpern und als Agammaglobulinamie ihr volliges Fehlen bezeichnet Ein Zuviel an Antikorpern bezeichnet man als Hypergammaglobulinamie Die Diagnose einer Storung der Antikorper wird in der Regel durch die Eiweisselektrophorese des Blutserums gestellt Eventuell muss diese noch durch eine Immunelektrophorese erganzt werden Ursachen einer ausgepragteren Hypogammaglobulinamie konnen u a sein angeborener Mangel am haufigsten sind der angeborene Immunglobulin A Mangel oder ein Mangel an einer der vier Subklassen von Immunglobulin G Erkrankungen mit Storungen der Lymphozyten Leukamien maligne Lymphome Ursachen einer ausgepragteren Hypergammaglobulinamie konnen u a sein chronische Entzundungen Erkrankungen mit Storungen der Lymphozyten maligne Lymphome z B Plasmozytom Multiples Myelom oder Morbus Waldenstrom LeberzirrhoseModifizierte AntikorperDurch Proteindesign wurden verschiedene Derivate von Antikorpern mit teilweise veranderten Eigenschaften erzeugt z B F ab 2 Fragmente Fab Fragmente scFv Fragmente Einzeldomanenantikorper oder Mikroantikorper LiteraturStefan Dubel Frank Breitling Andre Frenzel Thomas Rostock Andrea L J Marschall Thomas Schirrmann Michael Hust Rekombinante Antikorper Lehrbuch und Kompendium fur Studium und Praxis 2 Auflage Springer Spektrum Berlin 2019 ISBN 978 3 662 50275 4 doi 10 1007 978 3 662 50276 1 Stefan Dubel Janice M Reichert Hrsg Handbook of Therapeutic Antibodies 2 Auflage Wiley VCH Verlag Weinheim 2014 ISBN 978 3 527 32937 3 englisch Jean Lindenmann Origin of the Terms Antibody and Antigen In Scandinavian journal of immunology Band 19 Nummer 4 April 1984 S 281 285 doi 10 1111 j 1365 3083 1984 tb00931 x PMID 6374880 WeblinksCommons Antikorper Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Wiktionary Antikorper Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweiseEduardo Padlan Anatomy of the antibody molecule In Mol Immunol 31 Jahrgang Nr 3 Februar 1994 S 169 217 doi 10 1016 0161 5890 94 90001 9 PMID 8114766 englisch New Sculpture Portraying Human Antibody as Protective Angel Installed on Scripps Florida Campus Abgerufen am 12 Dezember 2008 englisch Protein sculpture inspired by Vitruvian Man Abgerufen am 12 Dezember 2008 englisch Biorama ch Antigen Antikorper Bindung Memento vom 18 Juni 2007 im Internet Archive Walter Siegenthaler Klinische Pathophysiologie Georg Thieme Verlag 2006 ISBN 3 13 449609 7 S 526 Christoph A Diebolder et al Complement is activated by IgG hexamers assembled at the cell surface In Science Band 343 Nr 6176 14 Marz 2014 S 1260 1263 doi 10 1126 science 1248943 PMID 24626930 PMC 4250092 freier Volltext Stefan H E Kaufmann Antikorper und ihre Antigene In Sebastian Suerbaum Gerd Dieter Burchard Stefan H E Kaufmann Thomas F Schulz Hrsg Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie Springer Verlag 2016 ISBN 978 3 662 48678 8 S 52 doi 10 1007 978 3 662 48678 8 8 Stefan H E Kaufmann Antikorper und ihre Antigene In Sebastian Suerbaum Gerd Dieter Burchard Stefan H E Kaufmann Thomas F Schulz Hrsg Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie Springer Verlag 2016 ISBN 978 3 662 48678 8 S 51 doi 10 1007 978 3 662 48678 8 8 Guideline on core SmPC for human normal immunoglobulin for intravenous administration IVIg PDF 264 kB WebSite der EMA Committee for Medicinal Products for Human Use CHMP 21 Oktober 2012 Querschnittsleitlinien BAK zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten PDF 1 5 MB 4 uberarbeitete und aktualisierte Auflage 2014 Vorstand der Bundesarztekammer abgerufen am 4 Juli 2016 Vgl auch Ludwig Heilmeyer Hamolytische Anamien durch unspezifische Antikorper In Munchener Medizinische Wochenschrift Band 95 Nr 1 2 Januar 1953 S 85 88 Erhohte Melderate von schweren hamolytischen Reaktionen nach der intravenosen Gabe von Immunglobulinen Memento vom 3 Juli 2015 im Internet Archive Bulletin zur Arzneimittelsicherheit Seite 15 ff WebSite des PEI Juni 2012 Drug Safety Mail 2013 16 WebSite der AkdA Marz 2013 Normdaten Sachbegriff GND 4002290 0 GND Explorer lobid OGND AKS LCCN sh85064568