Die französische Doktrin ist eine von Frankreich entwickelte und erstmals im Algerienkrieg in den 1950er Jahren angewand
Französische Doktrin

Die französische Doktrin ist eine von Frankreich entwickelte und erstmals im Algerienkrieg in den 1950er Jahren angewandte Sammlung von Methoden, die vom Staat bzw. dessen Sicherheitskräften (Militär, Polizei oder Geheimdienste) angewendet werden, um systematisch militante Widerstandsgruppen oder auch Oppositionelle zu bekämpfen. Sie umfasst unter anderem die meist geheim ausgeführte massenhafte Verhaftung, systematische Folter und illegale Tötung von verdächtigen Personen, das so genannte „Verschwindenlassen“. Das französische Militär bekämpfte mit diesen Methoden militärisch erfolgreich die im Untergrund kämpfende Befreiungsbewegung FLN, die mit Gewalt die staatliche Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich erzwingen wollte. Das Bekanntwerden der menschenrechtsverletzenden Methoden, mit denen das Militär die FLN dezimiert hatte, löste jedoch in Teilen der französischen Öffentlichkeit Empörung aus und führte in der Folge zu einer deutlichen innen- und außenpolitischen Schwächung des Landes. Am 1. November 1954 begann der Algerienkrieg; am 20. Mai 1961 begannen direkte Verhandlungen zwischen der französischen Regierung und der FLN; am 18. März 1962 wurden die Verträge von Évian geschlossen und am 25. September 1962 wurde die Demokratische Republik Algerien ausgerufen.
Die Doktrin ist thematisch eng mit dem Begriff des schmutzigen Kriegs verbunden und gehört zum militärtheoretischen Gebiet der asymmetrischen Kriegführung. Derartige Methoden sind seitdem auch in vielen anderen Ländern im Rahmen sogenannter Aufstandsbekämpfungsmaßnahmen (engl. counterinsurgency) zum Einsatz gekommen. Massiv und mit insgesamt etwa 400.000 zivilen Todesopfern wurden sie in lateinamerikanischen Militärdiktaturen in den 1970er und 1980er Jahren zur Unterdrückung breiter Bevölkerungsschichten eingesetzt. Dabei haben französische Veteranen des Algerienkriegs eine maßgebliche Rolle als Berater und Ausbilder des dortigen Militärs und der Geheimdienste gespielt, siehe dazu auch Operation Condor. Derartige Verbrechen blieben bis etwa zum Ende des 20. Jahrhunderts aus verschiedenen Gründen meist straflos. Im neuen Jahrtausend haben Entwicklungen auf nationaler und internationaler Ebene zu einer Verstärkung der Strafverfolgung solcher Menschenrechtsverletzungen geführt.
Entwicklung und Merkmale
Der französische Offizier Roger Trinquier (1908–1986) entwickelte die Doktrin und schrieb darüber ein Buch mit dem Titel La Guerre moderne. Militärstrategisch thematisiert sie den Fall, dass der Gegner der eigenen Kräfte nicht ein anderer Staat ist, vertreten durch eine reguläre Armee, sondern eine Untergrund- bzw. Guerillabewegung, deren Mitglieder sich aus der Zivilbevölkerung rekrutieren und daher schwer zu identifizieren sind. Hintergrund und Motivation ihrer Entwicklung war, dass Frankreich in seinen Kolonien ab etwa dem Ende der 1940er Jahre mit militanten Befreiungs- bzw. Unabhängigkeitsbewegungen konfrontiert war, vor allem im Indochinakrieg und im Algerienkrieg. Wegen ihrer weit gehenden Verwurzelung in der einheimischen Zivilbevölkerung und ihres Charakters als Guerillabewegungen, deren Kämpfer bei Bedarf in der Bevölkerung untertauchten, waren diese Gegner mit herkömmlichen militärischen Methoden kaum zu bekämpfen. Derartige militärische Szenarien und die entsprechenden Militär-Strategien sind heute unter den Begriffen asymmetrische Kriegführung und Counterinsurgency (engl., auf Deutsch Aufstandsbekämpfung) bekannt.
Der Offizier Trinquier erkannte als einer der ersten die Ohnmacht der herkömmlichen Militärstrategie vor solchen Situationen und entwickelte in der Folge Methoden, die er zusammenfassend moderne Kriegführung nannte und in seinem 1961 erschienenen Buch La guerre moderne (franz., auf Deutsch etwa: Der moderne Krieg, oder auch Moderne Kriegführung) beschrieb. Weil Frankreichs Militär die Methoden schnell adaptierte und erstmals in Algerien radikal umsetzte, wurden sie als französische Doktrin bekannt.
Merkmale der französischen Doktrin bzw. von Trinquiers moderner Kriegführung sind vor allem:
- Überwiegend nächtliche, meist inoffizielle bzw. geheime Verhaftungen von Personen, die verdächtig sind, der zu bekämpfenden Gruppe anzugehören. Dies geschieht durch meist anonym bleibende Mitglieder von Militär, Polizei oder Geheimpolizei, um verdächtige Menschen in den eigenen Gewaltbereich zu bringen (siehe Verschwindenlassen und Desaparecidos)
- Systematische Anwendung von Folter an den Verhafteten zur Informationsgewinnung, das heißt vor allem zur Gewinnung neuer Namen weiterer anschließend ebenfalls zu verhaftender und zu folternder Verdächtiger; gleichzeitig mit dem Ziel der Einschüchterung und Abschreckung der Widerstandsbewegung als Ganzes
- Illegale Tötung eines großen Teils der Verhafteten, um der Widerstandsbewegung die Basis zu entziehen
- Optional: Das Begehen von terroristischen Anschlägen unter „falscher Flagge“, das heißt für die von Angehörigen der eigenen Sicherheitskräfte unter strengster Geheimhaltung begangenen Taten macht man bewusst fälschlich die feindliche Gruppe verantwortlich, etwa um eine Verschärfung der Verfolgung zu rechtfertigen.
Anwendung
Erste Anwendung im Algerienkrieg
Die bis heute bekannteste, wenn auch nicht umfangreichste Anwendung dieser Methoden fand durch französische Fallschirmjäger-Regimenter (Paras) während der Schlacht von Algier 1957 im Algerienkrieg statt und wurde danach auf ganz Algerien ausgeweitet. Dabei versuchte die 10. französische Fallschirmjägerdivision unter General Jacques Massu, die Kasbah (Altstadt) der Hauptstadt Algier von Aufständischen der algerischen Befreiungs- bzw. Untergrundbewegung FLN zu „säubern“. Zuvor hatte die FLN im September 1956 mit mehreren schweren Bombenattentaten damit begonnen, ihre Hauptaktivität in die Hauptstadt Algier zu verlagern. Von Anschlägen dort versprach sie sich eine größere politische Wirkung. Unter anderem waren ein Air-France-Büro und mehrere bei Franzosen beliebte Bars und Cafés von Anschlägen betroffen, wobei es zahlreiche Tote und Verletzte gab. Die Gegenmaßnahmen der Franzosen waren durch rücksichtsloses Vorgehen gegen die arabische Zivilbevölkerung, den massiven Einsatz von schwerster Folter und extralegale Hinrichtungen von FLN-Verdächtigen gekennzeichnet. In der Folge wurde die so bekämpfte FLN durch die überwiegende Tötung bzw. Gefangennahme der Mehrzahl ihrer Mitglieder fast vollständig vernichtet.
Die Strategie brachte Frankreich nicht den erhofften Erfolg, sondern führte in die Niederlage. Nachdem die Unmenschlichkeit der Methoden im Heimatland und international bekannt geworden war, zum Beispiel veröffentlichte der Journalist und FLN-Kämpfer Henri Alleg im Februar 1958 den Bericht La Question, nachdem er selber inhaftiert und gefoltert worden war, führten massive politische Proteste zu einer deutlichen Schwächung der innen- und außenpolitischen Position Frankreichs in Bezug auf die Algerienfrage. Prominente französische Intellektuelle wie Jean-Paul Sartre und der in Algerien geborene Albert Camus äußerten öffentlich, die Terrorismusbekämpfungsmethoden im Rahmen der Doktrin seien der französischen Demokratie unwürdig. Dies trug dazu bei, dass Frankreich sich 1962 aus seiner bis dahin größten Kolonie Algerien zurückzog. Algerien wurde am 5. Juli 1962 unabhängig.
Export nach Lateinamerika und dortige Anwendung in den 1970er und 1980er Jahren
Die französische Journalistin Marie-Monique Robin hat umfangreich dazu publiziert, dass die französische Doktrin noch während des Algerienkriegs ab etwa 1959 von Frankreich nach Lateinamerika exportiert wurde, wo sie ab den 1970er Jahren zuerst im großen Stil in der ab 1973 und in Argentinien ab 1976 Anwendung fand. Französische Militärberater und Geheimdienstberater spielten demnach eine wichtige Rolle bei der Ausbildung einiger der an der Operation Condor beteiligten Geheimdienste, ebenso die von den USA in Panama betriebene School of the Americas.
Hintergrund war, dass in Lateinamerika in den 1970er und 1980er Jahren fast alle Länder längere Zeit von rechtsgerichteten, oft von den USA politisch unterstützten Militärdiktaturen regiert wurden. Diese unterdrückten fast durchweg mit Gewalt die meist links stehende Opposition, die sich teilweise in militanten Untergrundorganisationen wie den argentinischen Montoneros organisiert hatte, in so genannten Schmutzigen Kriegen. Ein verbreitetes Mittel dazu war das heimliche Verschwindenlassen von verdächtigen oder auch nur missliebigen Personen durch anonym bleibende Mitglieder von Sicherheitskräften. Die Opfer wurden während der Haft in Geheimgefängnissen meist gefoltert und erniedrigt, und in sehr vielen Fällen anschließend ermordet (siehe Desaparecidos). Dabei konnte es zur Verhaftung und Ermordung teilweise schon ausreichen, wenn der Name in „verdächtigem“ Zusammenhang auftauchte oder das Opfer zufällig einen (bereits verhafteten) Verdächtigen kannte, der den Namen unter der Not der Folter genannt hatte. Robin fand Beweise und Zeugen dafür, dass französische Geheimdienst- und Militärberater in Chile und Argentinien direkt und operativ an der Umsetzung der Unterdrückungssysteme beteiligt waren. Die Methoden wurden von dort wiederum in andere Länder des Kontinents wie Honduras, Guatemala und El Salvador exportiert, etwa durch die argentinische Geheimdiensteinheit Batallón de Inteligencia 601.
Allein während der Militärdiktatur in Argentinien von 1976 bis 1983 verschwanden auf diese Weise bis zu 30.000 Menschen spurlos. Die Gesamtbilanz der lateinamerikanischen Repressionspolitik in den 1970er und 1980er Jahren liegt nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen bei etwa 50.000 Ermordeten, 350.000 dauerhaft „Verschwundenen“ und 400.000 Gefangenen.
Erneute Anwendung in Algerien durch die ehemaligen Opfer
Im algerischen Bürgerkrieg ab 1991 zwischen der Regierung Algeriens und verschiedenen islamistischen Gruppierungen starben nach stark variierenden Schätzungen zwischen 60.000 und 150.000 Menschen. Die algerische Regierung, die sich selbst in der Tradition der Untergrundbewegung FLN der 1950er Jahre sieht (siehe oben), wandte dabei die Methoden der französischen Doktrin gegen die eigene Bevölkerung an. Diese Vorgänge wurden bis heute nicht aufgeklärt; am Ende des Konflikts inszenierte die Regierung im Jahr 2005 eine Generalamnestie, die ohne jegliche Aufklärungsbemühungen einen Schlussstrich unter den Ereignissen dieser Periode schaffen sollte.
Weitere Fälle
Die grundlegenden Methoden der Doktrin kommen bis heute in asymmetrischen Konflikten zum Einsatz, das heißt in Fällen, wo sich ein Staat bzw. eine reguläre Armee einer asymmetrischen Konfliktsituation mit gegnerischen Untergrundkämpfern gegenübersieht. Eine Auswahl an Fällen ist im Artikel Schmutziger Krieg dargestellt. Wegen der oben geschilderten dramatischen politischen Nachteile, die Frankreich infolge des Bekanntwerdens dieser militärisch eigentlich „erfolgreichen“ Aktivitäten im Algerienkrieg erfuhr, wurde die strengste Geheimhaltung solcher Maßnahmen zu einem zentralen Merkmal bei späteren Anwendern.
So bestritten hochrangige Vertreter der von französischen Offizieren in der Doktrin geschulten argentinischen Militärdiktatur (1976–1983) konsequent bis zum Ende ihrer Herrschaft und noch lange darüber hinaus, mit dem von ihnen verantworteten spurlosen „Verschwinden“ von bis zu 30.000 Menschen („Desaparecidos“) auch nur das Geringste zu tun zu haben. Der argentinische Ex-Diktator Jorge Rafael Videla gab erst im Jahr 2012 vor Gericht zu, dass seine Regierung tatsächlich für das heimliche gewaltsame „Verschwindenlassen“ und die anschließende Ermordung tausender Menschen verantwortlich gewesen war, stellte dies aber als damals „notwendiges militärisches Mittel“ dar.
Phoenix-Programm im Vietnamkrieg
Inspiriert von Trinquiers Methoden war auch das Phoenix-Programm des US-Geheimdiensts CIA während des Vietnamkriegs ab etwa 1968. Es hatte das Ziel, Mitglieder der Widerstandsbewegung FNL (Vietcong) in Südvietnam zu identifizieren und gefangen zu nehmen oder zu töten. Evan J. Parker, ein leitender Offizier des Programms, hatte in den 1950er Jahren eng mit Trinquier während des französischen Indochinakriegs zusammengearbeitet, die Lehren seines Buchs wurden zu einer der Grundlagen des Programms. Barton Osborne, ein Phoenix-Offizier, bezeugte gegenüber dem US-Kongress, dass er Folterfälle miterlebt habe wie den, bei dem einem Verdächtigen ein 15 cm langer Holzstift durch das Ohr ins Gehirn getrieben wurde. In seinen eineinhalb Jahren bei Phoenix habe „nicht ein einziger Verdächtiger ein Verhör überlebt.“ Der damalige CIA-Direktor William Colby bezeugte, dass das Programm zum Tod von 20.000 Zivilisten geführt habe; die südvietnamesische Regierung schätzte die Zahl auf etwa 40.000.
Spätfolgen
Tabuisierung der Geschehnisse in Frankreich
In Frankreich, besonders im Staatsapparat, galt es lange als tabu, überhaupt vom „Algerienkrieg“ (Guerre d’Algérie) zu sprechen. Vielmehr sprach man euphemistisch von „événements d’Algérie“ (etwa: Ereignisse in Algerien). Erst 1999 wurde ein Gesetz verabschiedet, das den Ausdruck Guerre d’Algérie offiziell erlaubte. Zu dieser Verdrängung gehörte auch, dass das Massaker von Paris 1961, bei dem nach Schätzungen mindestens 200 Algerier getötet wurden, erst 1998 offiziell untersucht wurde. Eine nennenswerte gesellschaftliche Debatte über die französische Doktrin, also den systematischen Einsatz von Folter, die illegalen Hinrichtungen und weiteren Kriegsverbrechen an nicht-europäischstämmigen Algeriern während des Krieges, fand zum ersten Mal überhaupt in den Jahren 2000 bis 2002 statt. Besonders in konservativen Kreisen werden die Geschehnisse nach wie vor häufig negiert oder verharmlost.
Rechtliche Einordnung / Weiterentwicklung des internationalen Rechts
Wegen ihrer politischen Brisanz und der zumindest teilweisen Illegalität werden solche Methoden meist unter strengster Geheimhaltung angewendet, daher wird ihr volles Ausmaß in der Regel selten oder erst mit großer zeitlicher Verzögerung bekannt. Wegen der massiven staatlichen Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilisten, die wegen der Vorgehensweise prinzipiell die Folter und Ermordung einer Vielzahl von Unschuldigen als militärischen „Begleitschaden“ einschließen, wird ein derartiges Vorgehen heute oft als Staatsterrorismus oder auch als Staatsterror bezeichnet.
Mit dem sukzessiven Ende der Phase der Diktaturen in Lateinamerika in den 1980er und 1990er Jahren hatten viele Länder unter dem Druck der Militärs zunächst weit reichende Amnestiegesetze erlassen, die die Strafverfolgung innerhalb dieser Länder praktisch unmöglich machten, etwa das argentinische Schlussstrichgesetz. Zugleich sah in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das internationale Recht (Völkerrecht) faktisch keinerlei Mittel vor, Verbrechen wie Folter, das systematische Verschwindenlassen von Menschen oder extralegale Hinrichtungen außerhalb des Landes der Tat selbst zu verfolgen, also etwa durch die Gerichte eines anderen Landes. In der Folge blieben die Vorgänge in Lateinamerika lange Zeit völlig folgenlos für die Täter, da sie in den Heimatländern wenig bis nichts zu befürchten hatten. Dies hat sich jedoch in der Zwischenzeit fundamental geändert. In vielen Ländern Lateinamerikas, wie etwa Argentinien und Chile, wurden und werden die entsprechenden Ereignisse mittlerweile gerichtlich aufgearbeitet und zahlreiche damalige Verantwortliche verurteilt; in anderen wie El Salvador wurden Wahrheitskommissionen zu ihrer Aufklärung eingesetzt. In Frankreich selbst wurden diese geschichtlichen Ereignisse bis in die jüngste Zeit gesellschaftlich und auch juristisch weitgehend ignoriert bzw. auch tabuisiert. In anderen Fällen, wie nach dem Algerischen Bürgerkrieg der 1990er Jahre, wurden solche Geschehnisse im Nachhinein durch staatliche Generalamnestien ohne jegliche Aufklärungsbemühungen für abgeschlossen erklärt.
Die unbefriedigende Situation – bezüglich der Straflosigkeit für die Täter – in den 1980er und 1990er Jahren führte zu erheblichen internationalen politischen und juristischen Anstrengungen, derartige Taten in Zukunft nach internationalem Recht verfolgbar zu machen. Mit dem Inkrafttreten des so genannten Rom-Statut im Jahr 2002, das die völkerrechtliche Grundlage des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag bildet, wurde das Verschwindenlassen erstmals im internationalen Recht als Verbrechen gegen die Menschlichkeit kodifiziert. Außerdem erarbeiteten etwa gleichzeitig zum Rom-Statut Gremien innerhalb der UNO ab etwa 1980 schrittweise die UN-Konvention gegen Verschwindenlassen, die 2006 verabschiedet wurde und 2010 in Kraft trat.
Aktuelle juristische Aufarbeitung der Vorgänge in Lateinamerika
Mit großer zeitlicher Verzögerung hat etwa ab dem Jahr 2000 eine juristische Aufarbeitung derartiger Verbrechen in vielen Ländern Lateinamerikas begonnen, die heute noch in vollem Gang ist. Zahlreiche ehemalige Offiziere und Diktatoren wurden in jüngerer und jüngster Zeit zu teils lebenslangen Haftstrafen verurteilt, meist wegen Mordes, Folter, des Verschwindenlassens von Menschen oder wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dazu gehört etwa der damalige argentinische Diktator Jorge Rafael Videla. Anfang Juli 2012 wurde Videla vom Bundesgericht in Buenos Aires erneut zu einer Haftstrafe von 50 Jahren verurteilt, er verbüßte jedoch bereits vorher eine lebenslange Haftstrafe wegen anderer Vergehen.
Filme zum Thema
- Schlacht um Algier – Halbdokumentarischer Spielfilm (1966) über die Umsetzung der Doktrin in Algerien
- Sie fürchten weder Tod noch Teufel – Spielfilm (1966)
- Intimate Enemies – Der Feind in den eigenen Reihen – Spielfilm (2007)
Literatur
- Roger Trinquier: La guerre moderne. Paris 1961, (engl. Übers.: Modern warfare. A French view of counter-insurgency. London 1964).
- Jéronimo L. S. Barbin: Imperialkriegführung im 21. Jahrhundert. Von Algier nach Bagdad: Die kolonialen Ursprünge der COIN-Doktrin, Berlin 2015.
Weblinks
- arte-Reportage zum Thema
- „Todesschwadronen – Wie Frankreich Folter und Terror exportierte“
Einzelnachweise
- Christiane Kohser-Spohn, Frank Renken (Hrsg.): Trauma Algerienkrieg: Zur Geschichte und Aufarbeitung eines tabuisierten Konflikts. Campus, 2006, ISBN 3-593-37771-3.
- "Operation Condor" ( vom 12. September 2008 im Internet Archive) – Terror im Namen des Staates. tagesschau.de, 12. September 2008.
- Giles Tremlett: Operation Condor: the cold war conspiracy that terrorised South America. During the 1970s and 80s, eight US-backed military dictatorships jointly plotted the cross-border kidnap, torture, rape and murder of hundreds of their political opponents. Now some of the perpetrators are finally facing justice. Abgerufen am 13. April 2021 (englisch).
- Habib Souaïdia: Schmutziger Krieg in Algerien. Bericht eines Ex-Offiziers der Spezialkräfte der Armee (1992–2000). Chronos-Verlag, Zürich 2001, ISBN 978-3-0340-0537-1, S. 113 (Übersetzung aus dem Französischen): „Wenn sich die Männer des DRS den Bart wachsen liessen, wusste ich, dass sie sich auf einen ‚schmutzigen Auftrag‘ vorbereiteten, bei dem sie sich als Terroristen ausgaben.“
- Marie-Monique Robin: Todesschwadronen – Wie Frankreich Folter und Terror exportierte. In: Arte Programmarchiv. 8. September 2004, archiviert vom 29. September 2007; abgerufen am 9. März 2018. (nicht mehr online verfügbar) am
- Afrique : guerres depuis 1960. Archiviert vom 26. Mai 2016; abgerufen am 24. September 2024 (französisch). am
- Aufschlussreiche Spuren im Sand. Abgerufen am 12. März 2019.
- Der schmutzige Krieg. In: 3sat.online. 16. Mai 2001, archiviert vom 13. Februar 2005; abgerufen am 16. Dezember 2008. (nicht mehr online verfügbar) am
- Algeriens schmutziger Krieg. Geheimdienstler packen aus. In: Le Monde Diplomatique. 17. März 2004, archiviert vom 4. Juni 2008; abgerufen am 16. Dezember 2008. (nicht mehr online verfügbar) am
- Algerien: Die Mordmaschine. (PDF; 870 kB) In: Algeria-Watch. Bericht über Folter, geheime Haftzentren und die Organisation der Mordmaschine, Januar 2004, abgerufen am 24. September 2024.
- Klare Mehrheit für Rebellen-Amnestie in Algerien. Deutsche Welle, 30. September 2005, abgerufen am 24. September 2024.
- Rafael Videla Admits His Government Killed and Disappeared Thousands. ( vom 18. Juni 2012 im Internet Archive) Fox News Latino, 16. April 2012.
- Alexander Cockburn, Jeffrey St. Clair: Phoenix And The Anatomy Of Terror. In: counterpunch.org. 8. November 2001, abgerufen am 24. September 2024 (englisch).
- Marie-Monique Robin in dem Dokumentarfilm Todesschwadronen – Französische Schule. (orig. Escadrons de la mort – l’école française).
- Jeremy Kuzmarov: The Phoenix Program Was a Disaster in Vietnam and Would Be in Afghanistan--And the NYT Should Know that. In: History News Network. George Mason University, 6. September 2009, abgerufen am 24. September 2024 (englisch).
- Loi n° 99-882 du 18 octobre 1999: Loi relative à la substitution, à l’expression „aux opérations effectuées en Afrique du Nord“, de l’expression „à la guerre d’Algérie ou aux combats en Tunisie et au Maroc“. Abgerufen am 24. September 2024.
- Daniel Mollenhauer: Frankreich und der Algerienkrieg. In: www.sehepunkte.de. Abgerufen am 12. März 2019.
- Koalition gegen Straflosigkeit. ( vom 12. August 2012 im Internet Archive) Wahrheit und Gerechtigkeit für die deutschen Verschwundenen in Argentinien.
- Mirjam Gehrke: Junta-Mitglieder wegen Kinderraubs vor Gericht. Deutsche Welle, 1. März 2011, abgerufen am 24. September 2024.
- Argentinien: Ex-Diktatoren Videla und Bignone wegen Babyraubes verurteilt. In: Zeit Online. Zeit Online GmbH, 6. Juli 2012, abgerufen am 24. September 2024.
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Die franzosische Doktrin ist eine von Frankreich entwickelte und erstmals im Algerienkrieg in den 1950er Jahren angewandte Sammlung von Methoden die vom Staat bzw dessen Sicherheitskraften Militar Polizei oder Geheimdienste angewendet werden um systematisch militante Widerstandsgruppen oder auch Oppositionelle zu bekampfen Sie umfasst unter anderem die meist geheim ausgefuhrte massenhafte Verhaftung systematische Folter und illegale Totung von verdachtigen Personen das so genannte Verschwindenlassen Das franzosische Militar bekampfte mit diesen Methoden militarisch erfolgreich die im Untergrund kampfende Befreiungsbewegung FLN die mit Gewalt die staatliche Unabhangigkeit Algeriens von Frankreich erzwingen wollte Das Bekanntwerden der menschenrechtsverletzenden Methoden mit denen das Militar die FLN dezimiert hatte loste jedoch in Teilen der franzosischen Offentlichkeit Emporung aus und fuhrte in der Folge zu einer deutlichen innen und aussenpolitischen Schwachung des Landes Am 1 November 1954 begann der Algerienkrieg am 20 Mai 1961 begannen direkte Verhandlungen zwischen der franzosischen Regierung und der FLN am 18 Marz 1962 wurden die Vertrage von Evian geschlossen und am 25 September 1962 wurde die Demokratische Republik Algerien ausgerufen Die Doktrin ist thematisch eng mit dem Begriff des schmutzigen Kriegs verbunden und gehort zum militartheoretischen Gebiet der asymmetrischen Kriegfuhrung Derartige Methoden sind seitdem auch in vielen anderen Landern im Rahmen sogenannter Aufstandsbekampfungsmassnahmen engl counterinsurgency zum Einsatz gekommen Massiv und mit insgesamt etwa 400 000 zivilen Todesopfern wurden sie in lateinamerikanischen Militardiktaturen in den 1970er und 1980er Jahren zur Unterdruckung breiter Bevolkerungsschichten eingesetzt Dabei haben franzosische Veteranen des Algerienkriegs eine massgebliche Rolle als Berater und Ausbilder des dortigen Militars und der Geheimdienste gespielt siehe dazu auch Operation Condor Derartige Verbrechen blieben bis etwa zum Ende des 20 Jahrhunderts aus verschiedenen Grunden meist straflos Im neuen Jahrtausend haben Entwicklungen auf nationaler und internationaler Ebene zu einer Verstarkung der Strafverfolgung solcher Menschenrechtsverletzungen gefuhrt Zeichnung von Roger Trinquier Fallschirmjager Offizier und Theoretiker der franzosischen DoktrinEntwicklung und Merkmale Hauptartikel Roger Trinquier und Asymmetrische Kriegfuhrung Der franzosische Offizier Roger Trinquier 1908 1986 entwickelte die Doktrin und schrieb daruber ein Buch mit dem Titel La Guerre moderne Militarstrategisch thematisiert sie den Fall dass der Gegner der eigenen Krafte nicht ein anderer Staat ist vertreten durch eine regulare Armee sondern eine Untergrund bzw Guerillabewegung deren Mitglieder sich aus der Zivilbevolkerung rekrutieren und daher schwer zu identifizieren sind Hintergrund und Motivation ihrer Entwicklung war dass Frankreich in seinen Kolonien ab etwa dem Ende der 1940er Jahre mit militanten Befreiungs bzw Unabhangigkeitsbewegungen konfrontiert war vor allem im Indochinakrieg und im Algerienkrieg Wegen ihrer weit gehenden Verwurzelung in der einheimischen Zivilbevolkerung und ihres Charakters als Guerillabewegungen deren Kampfer bei Bedarf in der Bevolkerung untertauchten waren diese Gegner mit herkommlichen militarischen Methoden kaum zu bekampfen Derartige militarische Szenarien und die entsprechenden Militar Strategien sind heute unter den Begriffen asymmetrische Kriegfuhrung und Counterinsurgency engl auf Deutsch Aufstandsbekampfung bekannt Der Offizier Trinquier erkannte als einer der ersten die Ohnmacht der herkommlichen Militarstrategie vor solchen Situationen und entwickelte in der Folge Methoden die er zusammenfassend moderne Kriegfuhrung nannte und in seinem 1961 erschienenen Buch La guerre moderne franz auf Deutsch etwa Der moderne Krieg oder auch Moderne Kriegfuhrung beschrieb Weil Frankreichs Militar die Methoden schnell adaptierte und erstmals in Algerien radikal umsetzte wurden sie als franzosische Doktrin bekannt Merkmale der franzosischen Doktrin bzw von Trinquiers moderner Kriegfuhrung sind vor allem Uberwiegend nachtliche meist inoffizielle bzw geheime Verhaftungen von Personen die verdachtig sind der zu bekampfenden Gruppe anzugehoren Dies geschieht durch meist anonym bleibende Mitglieder von Militar Polizei oder Geheimpolizei um verdachtige Menschen in den eigenen Gewaltbereich zu bringen siehe Verschwindenlassen und Desaparecidos Systematische Anwendung von Folter an den Verhafteten zur Informationsgewinnung das heisst vor allem zur Gewinnung neuer Namen weiterer anschliessend ebenfalls zu verhaftender und zu folternder Verdachtiger gleichzeitig mit dem Ziel der Einschuchterung und Abschreckung der Widerstandsbewegung als Ganzes Illegale Totung eines grossen Teils der Verhafteten um der Widerstandsbewegung die Basis zu entziehen Optional Das Begehen von terroristischen Anschlagen unter falscher Flagge das heisst fur die von Angehorigen der eigenen Sicherheitskrafte unter strengster Geheimhaltung begangenen Taten macht man bewusst falschlich die feindliche Gruppe verantwortlich etwa um eine Verscharfung der Verfolgung zu rechtfertigen AnwendungErste Anwendung im Algerienkrieg track source source source source source source US Wochenschau 1956 France Digs In for Total Algerian War Frankreich grabt sich fur einen totalen Krieg in Algerien ein Hauptartikel Algerienkrieg Schlacht von Algier und Schlacht von Algier Die bis heute bekannteste wenn auch nicht umfangreichste Anwendung dieser Methoden fand durch franzosische Fallschirmjager Regimenter Paras wahrend der Schlacht von Algier 1957 im Algerienkrieg statt und wurde danach auf ganz Algerien ausgeweitet Dabei versuchte die 10 franzosische Fallschirmjagerdivision unter General Jacques Massu die Kasbah Altstadt der Hauptstadt Algier von Aufstandischen der algerischen Befreiungs bzw Untergrundbewegung FLN zu saubern Zuvor hatte die FLN im September 1956 mit mehreren schweren Bombenattentaten damit begonnen ihre Hauptaktivitat in die Hauptstadt Algier zu verlagern Von Anschlagen dort versprach sie sich eine grossere politische Wirkung Unter anderem waren ein Air France Buro und mehrere bei Franzosen beliebte Bars und Cafes von Anschlagen betroffen wobei es zahlreiche Tote und Verletzte gab Die Gegenmassnahmen der Franzosen waren durch rucksichtsloses Vorgehen gegen die arabische Zivilbevolkerung den massiven Einsatz von schwerster Folter und extralegale Hinrichtungen von FLN Verdachtigen gekennzeichnet In der Folge wurde die so bekampfte FLN durch die uberwiegende Totung bzw Gefangennahme der Mehrzahl ihrer Mitglieder fast vollstandig vernichtet Die Strategie brachte Frankreich nicht den erhofften Erfolg sondern fuhrte in die Niederlage Nachdem die Unmenschlichkeit der Methoden im Heimatland und international bekannt geworden war zum Beispiel veroffentlichte der Journalist und FLN Kampfer Henri Alleg im Februar 1958 den Bericht La Question nachdem er selber inhaftiert und gefoltert worden war fuhrten massive politische Proteste zu einer deutlichen Schwachung der innen und aussenpolitischen Position Frankreichs in Bezug auf die Algerienfrage Prominente franzosische Intellektuelle wie Jean Paul Sartre und der in Algerien geborene Albert Camus ausserten offentlich die Terrorismusbekampfungsmethoden im Rahmen der Doktrin seien der franzosischen Demokratie unwurdig Dies trug dazu bei dass Frankreich sich 1962 aus seiner bis dahin grossten Kolonie Algerien zuruckzog Algerien wurde am 5 Juli 1962 unabhangig Export nach Lateinamerika und dortige Anwendung in den 1970er und 1980er Jahren Hauptartikel 1970er Jahre die Ara der Juntas im Artikel Beziehungen zwischen Lateinamerika und den Vereinigten Staaten Die franzosische Journalistin Marie Monique Robin hat umfangreich dazu publiziert dass die franzosische Doktrin noch wahrend des Algerienkriegs ab etwa 1959 von Frankreich nach Lateinamerika exportiert wurde wo sie ab den 1970er Jahren zuerst im grossen Stil in der ab 1973 und in Argentinien ab 1976 Anwendung fand Franzosische Militarberater und Geheimdienstberater spielten demnach eine wichtige Rolle bei der Ausbildung einiger der an der Operation Condor beteiligten Geheimdienste ebenso die von den USA in Panama betriebene School of the Americas Hintergrund war dass in Lateinamerika in den 1970er und 1980er Jahren fast alle Lander langere Zeit von rechtsgerichteten oft von den USA politisch unterstutzten Militardiktaturen regiert wurden Diese unterdruckten fast durchweg mit Gewalt die meist links stehende Opposition die sich teilweise in militanten Untergrundorganisationen wie den argentinischen Montoneros organisiert hatte in so genannten Schmutzigen Kriegen Ein verbreitetes Mittel dazu war das heimliche Verschwindenlassen von verdachtigen oder auch nur missliebigen Personen durch anonym bleibende Mitglieder von Sicherheitskraften Die Opfer wurden wahrend der Haft in Geheimgefangnissen meist gefoltert und erniedrigt und in sehr vielen Fallen anschliessend ermordet siehe Desaparecidos Dabei konnte es zur Verhaftung und Ermordung teilweise schon ausreichen wenn der Name in verdachtigem Zusammenhang auftauchte oder das Opfer zufallig einen bereits verhafteten Verdachtigen kannte der den Namen unter der Not der Folter genannt hatte Robin fand Beweise und Zeugen dafur dass franzosische Geheimdienst und Militarberater in Chile und Argentinien direkt und operativ an der Umsetzung der Unterdruckungssysteme beteiligt waren Die Methoden wurden von dort wiederum in andere Lander des Kontinents wie Honduras Guatemala und El Salvador exportiert etwa durch die argentinische Geheimdiensteinheit Batallon de Inteligencia 601 Allein wahrend der Militardiktatur in Argentinien von 1976 bis 1983 verschwanden auf diese Weise bis zu 30 000 Menschen spurlos Die Gesamtbilanz der lateinamerikanischen Repressionspolitik in den 1970er und 1980er Jahren liegt nach Schatzungen von Menschenrechtsorganisationen bei etwa 50 000 Ermordeten 350 000 dauerhaft Verschwundenen und 400 000 Gefangenen Erneute Anwendung in Algerien durch die ehemaligen Opfer Hauptartikel Algerischer Burgerkrieg Im algerischen Burgerkrieg ab 1991 zwischen der Regierung Algeriens und verschiedenen islamistischen Gruppierungen starben nach stark variierenden Schatzungen zwischen 60 000 und 150 000 Menschen Die algerische Regierung die sich selbst in der Tradition der Untergrundbewegung FLN der 1950er Jahre sieht siehe oben wandte dabei die Methoden der franzosischen Doktrin gegen die eigene Bevolkerung an Diese Vorgange wurden bis heute nicht aufgeklart am Ende des Konflikts inszenierte die Regierung im Jahr 2005 eine Generalamnestie die ohne jegliche Aufklarungsbemuhungen einen Schlussstrich unter den Ereignissen dieser Periode schaffen sollte Weitere Falle Hauptartikel Schmutziger Krieg und Verschwindenlassen Die grundlegenden Methoden der Doktrin kommen bis heute in asymmetrischen Konflikten zum Einsatz das heisst in Fallen wo sich ein Staat bzw eine regulare Armee einer asymmetrischen Konfliktsituation mit gegnerischen Untergrundkampfern gegenubersieht Eine Auswahl an Fallen ist im Artikel Schmutziger Krieg dargestellt Wegen der oben geschilderten dramatischen politischen Nachteile die Frankreich infolge des Bekanntwerdens dieser militarisch eigentlich erfolgreichen Aktivitaten im Algerienkrieg erfuhr wurde die strengste Geheimhaltung solcher Massnahmen zu einem zentralen Merkmal bei spateren Anwendern So bestritten hochrangige Vertreter der von franzosischen Offizieren in der Doktrin geschulten argentinischen Militardiktatur 1976 1983 konsequent bis zum Ende ihrer Herrschaft und noch lange daruber hinaus mit dem von ihnen verantworteten spurlosen Verschwinden von bis zu 30 000 Menschen Desaparecidos auch nur das Geringste zu tun zu haben Der argentinische Ex Diktator Jorge Rafael Videla gab erst im Jahr 2012 vor Gericht zu dass seine Regierung tatsachlich fur das heimliche gewaltsame Verschwindenlassen und die anschliessende Ermordung tausender Menschen verantwortlich gewesen war stellte dies aber als damals notwendiges militarisches Mittel dar Phoenix Programm im Vietnamkrieg Hauptartikel Phoenix Programm Inspiriert von Trinquiers Methoden war auch das Phoenix Programm des US Geheimdiensts CIA wahrend des Vietnamkriegs ab etwa 1968 Es hatte das Ziel Mitglieder der Widerstandsbewegung FNL Vietcong in Sudvietnam zu identifizieren und gefangen zu nehmen oder zu toten Evan J Parker ein leitender Offizier des Programms hatte in den 1950er Jahren eng mit Trinquier wahrend des franzosischen Indochinakriegs zusammengearbeitet die Lehren seines Buchs wurden zu einer der Grundlagen des Programms Barton Osborne ein Phoenix Offizier bezeugte gegenuber dem US Kongress dass er Folterfalle miterlebt habe wie den bei dem einem Verdachtigen ein 15 cm langer Holzstift durch das Ohr ins Gehirn getrieben wurde In seinen eineinhalb Jahren bei Phoenix habe nicht ein einziger Verdachtiger ein Verhor uberlebt Der damalige CIA Direktor William Colby bezeugte dass das Programm zum Tod von 20 000 Zivilisten gefuhrt habe die sudvietnamesische Regierung schatzte die Zahl auf etwa 40 000 SpatfolgenTabuisierung der Geschehnisse in Frankreich In Frankreich besonders im Staatsapparat galt es lange als tabu uberhaupt vom Algerienkrieg Guerre d Algerie zu sprechen Vielmehr sprach man euphemistisch von evenements d Algerie etwa Ereignisse in Algerien Erst 1999 wurde ein Gesetz verabschiedet das den Ausdruck Guerre d Algerie offiziell erlaubte Zu dieser Verdrangung gehorte auch dass das Massaker von Paris 1961 bei dem nach Schatzungen mindestens 200 Algerier getotet wurden erst 1998 offiziell untersucht wurde Eine nennenswerte gesellschaftliche Debatte uber die franzosische Doktrin also den systematischen Einsatz von Folter die illegalen Hinrichtungen und weiteren Kriegsverbrechen an nicht europaischstammigen Algeriern wahrend des Krieges fand zum ersten Mal uberhaupt in den Jahren 2000 bis 2002 statt Besonders in konservativen Kreisen werden die Geschehnisse nach wie vor haufig negiert oder verharmlost Rechtliche Einordnung Weiterentwicklung des internationalen Rechts Das Gebaude des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag der auch seit dem Jahr 2002 begangene Verbrechen des Verschwindenlassens international verfolgen kann Hauptartikel Internationales Recht im Artikel Verschwindenlassen Wegen ihrer politischen Brisanz und der zumindest teilweisen Illegalitat werden solche Methoden meist unter strengster Geheimhaltung angewendet daher wird ihr volles Ausmass in der Regel selten oder erst mit grosser zeitlicher Verzogerung bekannt Wegen der massiven staatlichen Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilisten die wegen der Vorgehensweise prinzipiell die Folter und Ermordung einer Vielzahl von Unschuldigen als militarischen Begleitschaden einschliessen wird ein derartiges Vorgehen heute oft als Staatsterrorismus oder auch als Staatsterror bezeichnet Mit dem sukzessiven Ende der Phase der Diktaturen in Lateinamerika in den 1980er und 1990er Jahren hatten viele Lander unter dem Druck der Militars zunachst weit reichende Amnestiegesetze erlassen die die Strafverfolgung innerhalb dieser Lander praktisch unmoglich machten etwa das argentinische Schlussstrichgesetz Zugleich sah in der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts das internationale Recht Volkerrecht faktisch keinerlei Mittel vor Verbrechen wie Folter das systematische Verschwindenlassen von Menschen oder extralegale Hinrichtungen ausserhalb des Landes der Tat selbst zu verfolgen also etwa durch die Gerichte eines anderen Landes In der Folge blieben die Vorgange in Lateinamerika lange Zeit vollig folgenlos fur die Tater da sie in den Heimatlandern wenig bis nichts zu befurchten hatten Dies hat sich jedoch in der Zwischenzeit fundamental geandert In vielen Landern Lateinamerikas wie etwa Argentinien und Chile wurden und werden die entsprechenden Ereignisse mittlerweile gerichtlich aufgearbeitet und zahlreiche damalige Verantwortliche verurteilt in anderen wie El Salvador wurden Wahrheitskommissionen zu ihrer Aufklarung eingesetzt In Frankreich selbst wurden diese geschichtlichen Ereignisse bis in die jungste Zeit gesellschaftlich und auch juristisch weitgehend ignoriert bzw auch tabuisiert In anderen Fallen wie nach dem Algerischen Burgerkrieg der 1990er Jahre wurden solche Geschehnisse im Nachhinein durch staatliche Generalamnestien ohne jegliche Aufklarungsbemuhungen fur abgeschlossen erklart Die unbefriedigende Situation bezuglich der Straflosigkeit fur die Tater in den 1980er und 1990er Jahren fuhrte zu erheblichen internationalen politischen und juristischen Anstrengungen derartige Taten in Zukunft nach internationalem Recht verfolgbar zu machen Mit dem Inkrafttreten des so genannten Rom Statut im Jahr 2002 das die volkerrechtliche Grundlage des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag bildet wurde das Verschwindenlassen erstmals im internationalen Recht als Verbrechen gegen die Menschlichkeit kodifiziert Ausserdem erarbeiteten etwa gleichzeitig zum Rom Statut Gremien innerhalb der UNO ab etwa 1980 schrittweise die UN Konvention gegen Verschwindenlassen die 2006 verabschiedet wurde und 2010 in Kraft trat Aktuelle juristische Aufarbeitung der Vorgange in Lateinamerika Protestplakat gegen das 2006 endgultig aufgehobene argentinische Schlussstrichgesetz Seit diesem Zeitpunkt wurden viele ehemalige Folterer und schliesslich auch die befehlsgebenden Diktatoren zu langen Strafen verurteilt Hauptartikel Juristische Aufarbeitung im Artikel Desaparecidos Mit grosser zeitlicher Verzogerung hat etwa ab dem Jahr 2000 eine juristische Aufarbeitung derartiger Verbrechen in vielen Landern Lateinamerikas begonnen die heute noch in vollem Gang ist Zahlreiche ehemalige Offiziere und Diktatoren wurden in jungerer und jungster Zeit zu teils lebenslangen Haftstrafen verurteilt meist wegen Mordes Folter des Verschwindenlassens von Menschen oder wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit Dazu gehort etwa der damalige argentinische Diktator Jorge Rafael Videla Anfang Juli 2012 wurde Videla vom Bundesgericht in Buenos Aires erneut zu einer Haftstrafe von 50 Jahren verurteilt er verbusste jedoch bereits vorher eine lebenslange Haftstrafe wegen anderer Vergehen Filme zum ThemaSchlacht um Algier Halbdokumentarischer Spielfilm 1966 uber die Umsetzung der Doktrin in Algerien Sie furchten weder Tod noch Teufel Spielfilm 1966 Intimate Enemies Der Feind in den eigenen Reihen Spielfilm 2007 LiteraturRoger Trinquier La guerre moderne Paris 1961 engl Ubers Modern warfare A French view of counter insurgency London 1964 Jeronimo L S Barbin Imperialkriegfuhrung im 21 Jahrhundert Von Algier nach Bagdad Die kolonialen Ursprunge der COIN Doktrin Berlin 2015 Weblinksarte Reportage zum Thema Todesschwadronen Wie Frankreich Folter und Terror exportierte EinzelnachweiseChristiane Kohser Spohn Frank Renken Hrsg Trauma Algerienkrieg Zur Geschichte und Aufarbeitung eines tabuisierten Konflikts Campus 2006 ISBN 3 593 37771 3 Operation Condor Memento vom 12 September 2008 im Internet Archive Terror im Namen des Staates tagesschau de 12 September 2008 Giles Tremlett Operation Condor the cold war conspiracy that terrorised South America During the 1970s and 80s eight US backed military dictatorships jointly plotted the cross border kidnap torture rape and murder of hundreds of their political opponents Now some of the perpetrators are finally facing justice Abgerufen am 13 April 2021 englisch Habib Souaidia Schmutziger Krieg in Algerien Bericht eines Ex Offiziers der Spezialkrafte der Armee 1992 2000 Chronos Verlag Zurich 2001 ISBN 978 3 0340 0537 1 S 113 Ubersetzung aus dem Franzosischen Wenn sich die Manner des DRS den Bart wachsen liessen wusste ich dass sie sich auf einen schmutzigen Auftrag vorbereiteten bei dem sie sich als Terroristen ausgaben Marie Monique Robin Todesschwadronen Wie Frankreich Folter und Terror exportierte In Arte Programmarchiv 8 September 2004 archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 29 September 2007 abgerufen am 9 Marz 2018 Afrique guerres depuis 1960 Archiviert vom Original am 26 Mai 2016 abgerufen am 24 September 2024 franzosisch Aufschlussreiche Spuren im Sand Abgerufen am 12 Marz 2019 Der schmutzige Krieg In 3sat online 16 Mai 2001 archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 13 Februar 2005 abgerufen am 16 Dezember 2008 Algeriens schmutziger Krieg Geheimdienstler packen aus In Le Monde Diplomatique 17 Marz 2004 archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 4 Juni 2008 abgerufen am 16 Dezember 2008 Algerien Die Mordmaschine PDF 870 kB In Algeria Watch Bericht uber Folter geheime Haftzentren und die Organisation der Mordmaschine Januar 2004 abgerufen am 24 September 2024 Klare Mehrheit fur Rebellen Amnestie in Algerien Deutsche Welle 30 September 2005 abgerufen am 24 September 2024 Rafael Videla Admits His Government Killed and Disappeared Thousands Memento vom 18 Juni 2012 im Internet Archive Fox News Latino 16 April 2012 Alexander Cockburn Jeffrey St Clair Phoenix And The Anatomy Of Terror In counterpunch org 8 November 2001 abgerufen am 24 September 2024 englisch Marie Monique Robin in dem Dokumentarfilm Todesschwadronen Franzosische Schule orig Escadrons de la mort l ecole francaise Jeremy Kuzmarov The Phoenix Program Was a Disaster in Vietnam and Would Be in Afghanistan And the NYT Should Know that In History News Network George Mason University 6 September 2009 abgerufen am 24 September 2024 englisch Loi n 99 882 du 18 octobre 1999 Loi relative a la substitution a l expression aux operations effectuees en Afrique du Nord de l expression a la guerre d Algerie ou aux combats en Tunisie et au Maroc Abgerufen am 24 September 2024 Daniel Mollenhauer Frankreich und der Algerienkrieg In www sehepunkte de Abgerufen am 12 Marz 2019 Koalition gegen Straflosigkeit Memento vom 12 August 2012 im Internet Archive Wahrheit und Gerechtigkeit fur die deutschen Verschwundenen in Argentinien Mirjam Gehrke Junta Mitglieder wegen Kinderraubs vor Gericht Deutsche Welle 1 Marz 2011 abgerufen am 24 September 2024 Argentinien Ex Diktatoren Videla und Bignone wegen Babyraubes verurteilt In Zeit Online Zeit Online GmbH 6 Juli 2012 abgerufen am 24 September 2024