Mit Maßwerk bezeichnet man in der Architektur die filigrane Arbeit von Steinmetzen zur Gliederung von Fenstern Balustrad
Maßwerk

Mit Maßwerk bezeichnet man in der Architektur die filigrane Arbeit von Steinmetzen zur Gliederung von Fenstern, Balustraden und geöffneten Wänden. Das Maßwerk besteht aus geometrischen Mustern, die als Steinprofile umgesetzt werden, wobei der Stein komplett durchbrochen (skelettiert) wird.
Das Maßwerk ist ein Element der gotischen Architektur und ist eines der wichtigsten Merkmale der Hoch- und Spätgotik, wo es ein unabdingbarer Bestandteil der Fenster war. Die Gotik setzte Maßwerk an vielen weiteren Stellen ein, zum Beispiel an den Balustraden der Laufgänge (Triforium), Emporen, an Turmhelmen oder durchbrochenen und vorgespannten Wänden in der Fassade.
Definitionen
Nach älterer Terminologie wird in Maßwerkfenstern nur der obere, besonders dekorative Teil als Maßwerk bezeichnet, die Pfosten zur Einteilung der Fläche darunter in Bahnen als Stabwerk. Nach neuerer Definition umfasst der Begriff Maßwerk die gesamte Gliederung der Fensterfläche durch steinerne Elemente. Der schmuckvolle obere Teil wird, wie auch schon vorher, als Couronnement (franz. für Bekrönung) bezeichnet. Beim Stabwerk unterscheidet man Wandpfosten, die mit der Laibung verbunden sind, also Teile des Rahmens bilden, von Mittelpfosten.
In hochgotischen Maßwerken bestehen alle Teile aus fein modellierten Profilen, und zumeist ist jede Fläche verglast, auch kleinste Zwickel. In frühgotischen Vorformen von Maßwerk sind im oberen Teil nur einzelne Glasflächen in eine zusammenhängende Steinfläche eingebettet. Solche Formen nennt man Plattenmaßwerk.
Werden Maßwerkdekorationen als Blende einer geschlossenen Wandfläche aufgelegt, spricht man von Blendmaßwerk. Stehen sie frei vor einer Wand, bezeichnet man sie als Schleiermaßwerk.
Technik
Das feine Maßwerk musste mit Eisendübeln stabilisiert werden, einfaches Vermauern mit Mörtel reichte nicht aus. Dazu wurden an den Stoßflächen dünne Löcher geschlagen, die eiserne Dübel aufnahmen. Der verbleibende Hohlraum wurde mit Blei ausgegossen. Die zum Teil sehr langen Stäbe zwischen den Lanzettfenstern sind zusätzlich mit horizontalen Eisenstäben untereinander verbunden und teilen die Fenster in rechteckige Felder, die einzelne Scheiben der Buntglas-Fenster aufnahmen. Bei großen und sehr großen Fenstern wird das Maßwerk vor allem von den Eisenstäben stabilisiert, von denen die Sturmeisen die Aufgabe haben, den Winddruck aufzunehmen. Das Maßwerk an Balustraden besteht manchmal aus rechteckigen Steintafeln, die in der gewünschten Form durchbrochen wurden. Im Außenbau sind Maßwerke als filigrane Bauteile stark durch Verwitterung gefährdet und sind je nach Grad der Verwitterung Gegenstand von teilweisem oder komplettem Austausch.
Bei Backsteinbauten wurde Maßwerk manchmal im Gegensatz zum übrigen Gebäude aus Werkstein ausgeführt, bei manchen aber aus vor dem Brennen speziell zugeschnittenen Ziegelsteinen, genannt Formsteinen, oder aus größeren Terrakottaelementen.
Geschichte
Schon mehrere Jahrzehnte vor der Gliederung aufrechter Fenster durch Maßwerk begann man Rundfenster durch steinerne Streben zu gliedern. Die deutsche Literatur spricht hier von Radfenstern, in anderen Sprachen werden diese aber nicht begrifflich von Rosenfenstern unterschieden. Erste Beispiele in Italien sind schwierig zu datieren, so werden für die Westrose von Santa Maria Asunta in Lugnano in Teverina, Umbrien, Entstehungszeiten zwischen dem späten 11. Jahrhundert und 1230 erwogen. Das Glücksradfenster am romanischen Nordquerhaus von St.-Étienne in Beauvais entstand um 1145, also etwa gleichzeitig mit den ersten gotischen Bauten in der Umgebung von Paris. Diese Radfenster stellten geringere Anforderungen an die Bautechnik, da jede Speiche aus einem Stein gemeißelt werden konnte, während bei größeren Fenstern mehrere Steinelemente durch Eisenstifte miteinander verbunden werden mussten.
Die immer größer werdenden Glasflächen der spätromanischen und frühgotischen Fenster wurden schon vor der ‚Erfindung‘ des Maßwerks durch eine Vielzahl von Eisenankern gegen Winddruck und Eigengewichtskräfte stabilisiert (Beispiel: Westfenster der Kathedrale von Le Mans). Das Maßwerk bot Auftraggebern und Architekten des Hoch- und Spätmittelalters die Möglichkeit, ästhetische Ansprüche und technische Notwendigkeiten zu einer – über Jahrhunderte währenden – Einheit zu verbinden.
Vom Maßwerk im eigentlichen Sinne spricht man aber nur, wenn die geometrischen Formen aus Steinprofilen zusammengesetzt sind. Die ersten Maßwerkfenster sind in den hochgotischen Chorkapellen der Kathedrale von Reims zu finden, deren Bau 1211 begonnen wurde. Das in der frühen Hochgotik zweibahnige Fenster wurde mit zunehmender Größe weiter gegliedert, indem die beiden Lanzetten wiederum geteilt wurden, so dass vierbahnige Fenster entstanden. Erst später lösten sich die Baumeister von dieser strengen Gliederung und setzten eine beliebige Zahl von gleich großen Lanzetten ein. Bei einem systematisch ausgeführten Maßwerk liegen die Profilschichten der kleineren Formen tiefer (d. h. weiter hinten) als die der großen Formen, die die kleinen überfangen, so dass eine hierarchische Schichtung der Maßwerkformen entsteht. Eine Sonderform der gotischen Fenster ist die kreisrunde Rose, bei der das Maßwerk rotationssymmetrisch angeordnet ist.
Das Rippengewölbe der Gotik wurde gelegentlich auch als Maßwerk-Gewölbe ausgeführt. Dabei wurden die Kappen nicht gefüllt, sondern zusätzlich freistehende Rippen („Luftrippen“) als Maßwerk vor dem eigentlichen Gewölbe aufgebaut.
Das Maßwerk wurde beim Bau vermutlich auf einer aus Brettern gezimmerten Ebene, dem Rissboden, mit Zirkel und Schnüren in originaler Größe aufgezeichnet und dann in Stein gemeißelt. Auf dem Rissboden konnte das Fenster zur Probe zusammengebaut und auf Passung geprüft werden.
Stilgeschichte
Die Formwandlungen des Maßwerks sind ein wichtiges Mittel zur Einteilung der Architekturgeschichte der Gotik. Begriffe für Stilphasen sind oft von Maßwerkformen abgeleitet: Rayonnant, französisch „strahlend“, für die hochgotische Phase, in der die Fensterrosen in radial ausstrahlende Bahnen aufgeteilt sind. Flamboyant, französisch „flammend“, für die spätgotische Phase, in der das Maßwerk flammende und asymmetrisch züngelnde Formen bildet. Decorated, englisch „geschmückt“, für die von reichem Maßwerkdekor bestimmte gotische Stilphase in England. Perpendicular, englisch „senkrecht“, für die Spätphase der englischen Gotik, in der senkrechte Stäbe das Maßwerk kennzeichnen. In der deutschen Gotik wird der Übergang von der Hoch- zur Spätgotik auch durch das Auftreten von kurvigen Maßwerkformen wie Fischblase oder Schneuß definiert. Neben derart phantasievollen Formen, die dem französischen Flamboyant entsprechen, aber in Deutschland schon etwa 30 Jahre früher aufkamen, gab es in Deutschland eine Vereinfachungstendenz, besonders in Ostseenähe wurden Fenster allein durch Stabwerk gegliedert, nicht einmal die Bahnen mit Spitzbögen abgeschlossen. Manche dieser Fenster sind seit Restaurierungen im 19. oder 20. Jahrhundert „gotischer“ (nämlich mit Spitzbögen über jeden einzelnen Bahn) gestaltet, als sie im Original waren.
- Kathedrale von Chartres: Obergaden Plattenmaßwerk (ca. 1215–1220), unten Frühgotik und Flamboyant
- Chorhaupt von Notre-Dame de Paris: Obergaden nach 1220 ersetzt, Kapellen 1235–1245 angefügt
- Notre-Dame de Paris, Nordquerhaus: Rayonnant-Rosenfenster nach 1250
- Marburger Elisabethkirche: Maßwerk ab 1240
- Kathedrale von Reims, Nordquerhaus um 1240, Turmöffnungen und Rosenfenster Gothique classique
- Kathedrale von Reims, mittleres Westportal, nach 1250, Rayonnant-Rosenfenster statt Tympanon
- Perpendicular Style: Fächergewölbe und Fenster der Abteikirche von Bath
- Kathedrale von Sens, Rosenfenster am Südquerhaus, Ende 15. Jh., Flamboyant
- Gmünder Münster, spätgotisches Maßwerk mit sphärischen Dreiecken, nach 1382
- Marienkirche Stralsund, 184–1394, spätgotisches Nur-Stabwerk
- Bremer Dom, Nordseite, unten Y-Maßwerk 1502–1522, oben Flamboyant neugotisch 1822
- St-Eustache de Paris, 1532–1633, Mischung von Gotik und Renaissance
Maßwerkformen
- drei Nonnenköpfe
- obenliegendes Dreiblatt,
zwei Nonnenköpfe - zwei Fischblasen,
zwei Nonnenköpfe - Fischblasen im Kreis
oder Zweischweif - 1. u. 2. Dreipass – 3. Vierpass – 4. Fünfpass
Die Fenster der hoch- und spätgotischen Kirchen sind ohne Maßwerk nicht denkbar, da sie aufgrund ihrer enormen Größe eine zusätzliche Gliederung benötigten. Das spitzbogige Fenster besteht typischerweise aus zwei oder mehreren senkrechten Bahnen, den so genannten Lanzetten, die ebenfalls mit einem Spitzbogen enden und meist bis zur Höhe des Bogenansatzes reichen. Der Bereich darüber im Bogenfeld ist feiner gegliedert mit zusätzlichen geometrischen Figuren. Er wird Couronnement (frz. Bekrönung, eingedeutscht auch: Kronument) genannt. Diese Figuren haben ihre eigene Namen, z. B.:
- Fischblase;
- Dreischneuß;
- Nonnenkopf (zweiteiliges Maßwerk);
- Drei- oder Vierpass samt Variationen davon: Drei-, Vierblatt usw.;
- Vielpass, d. h. Fünfpass, Sechspass, Achtpass, Zwölfpass usw.;
- , z. B. das berühmte Drei-Hasen-Fenster im Kreuzgang des Doms von Paderborn – das Wahrzeichen der Stadt.
- Y-Maßwerk, anstelle eines feinen Couronnememts gabeln sich der oder die Mittelpfosten des Stabwerks im Bereich der Fensterarkatur.
Verwendung
Kathedrale von Amiens, Westfassade 1220–1236: Maßwerk an den Unterkanten der Stufenportale und in den Bögen der Galerie | |
Kloster Haina, Nordhessen, Ostfenster des Chors: komplexes Maßwerk um 1240 | |
Kathedrale von Reims: Mittleres Westportal, zw. 1252 und 1286, Maßwerkrosette statt der bis dahin üblichen steinernen Tympana | |
Baptisterium auf dem Campo Santo, Pisa: Wimperge aus Maßwerk, ab 1270 | |
Regensburger Dom – südliches Querschiff: Triforium 1310, großes Fenster 1315 | |
Giebelfeld mit vorgespanntem Schleierfachwerk bzw. Schleiermaßwerk und Schleierstabwerk | |
großes Fenster durch doppelte Teilung und ein mittiges Lanzettfenster in neun „Bahnen“ geteilt | |
Straßburger Münster: große Westrose, um 1330 | |
Dom St. Johannes und Donatus, Meißen: Maßwerk-Gewölbe in der Fürstenkapelle, zw. 1415 u. 1428, Moyses von Altenburg, | |
Katharinenkirche in Brandenburg: Giebel der Schöppenkapelle, bekrönt mit Maßwerk aus Terrakotta, 1. Viertel 15. Jh. | |
Rathaus in Bad Waldsee, Zinnengiebel mit Maßwerkbalustrade, 1426, aber Spitze mit Voluten jünger | |
Konstanzer Münster: Spitzbogenfenster mit spätgotischem Maßwerk, 1423 und 1453 | |
Altstadtrathaus in Braunschweig: Maßwerk der oberen Lauben, 1447–1468 | |
Rathauses von Löwen: Maßwerkbalustraden auf Dachtraufen, Giebelschrägen und Galerien, 1448–1469 | |
Bürgermeisterhaus, Herford: Maßwerkbekrönung auf einem Stufengiebel, 1538 | |
St. Johannis (Göttingen): Blendmaßwerk am Strebepfeiler, erneuert durch Conrad Wilhelm Hase ab 1895 |
Hölzernes Maßwerk
In der Gotik und dann wieder in der Neugotik gestaltete man gerne Wandverkleidungen, Profanmöbel (Sessel, Schränke und Truhen) und hölzerne Einrichtungsgegenstände für Kirchen (Kirchenbänke, Altäre, Kanzeln und Emporen) mit filigranen Schnitzereien, die dem gotischen Maßwerk nachempfunden waren. Auch diese Kunstschreiner-Arbeiten werden daher als Maßwerk bezeichnet. So setzte beispielsweise Erhart Falckener häufig fein ausgestochenes Blendmaßwerk auf die Flachschnittflächen seiner Kirchenmöbel.
Eisernes Maßwerk
In der Neugotik wurde Maßwerk auch in Gusseisen ausgeführt. Bekanntestes Beispiel ist der Vierungsturm der Kathedrale von Rouen, dessen 151,5 m hohe Turmspitze im Jahre 1877 komplett aus Gusseisen fertiggestellt wurde. Bis zur Fertigstellung des Kölner Doms 1880 hatte damit Rouen das höchste Gebäude der Welt.
Literatur
- Günther Binding: Maßwerk. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1989, ISBN 3-534-01582-7.
- Leonhard Helten: Mittelalterliches Maßwerk. Entstehung – Syntax – Topologie. Reimer Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-496-01342-7.
- Lottlisa Behling: Gestalt und Geschichte des Maßwerks. 2., erw. Auflage. Böhlau Verlag, Köln 1978, ISBN 3-412-03077-5 [Nachdruck der 1. Aufl. Halle a. d. Saale, 1944, mit Ergänzungen zu der in den Anmerkungen der 1. Aufl. verzeichneten Literatur, in einem Extra-Abschnitt an den nachgedruckten Text angefügt].
- Christian Kayser: Die Baukonstruktion gotischer Fenstermaßwerke in Mitteleuropa (= Studien zur internationalen Architektur- und Kunstgeschichte. Bd. 93). Imhof Verlag, Petersberg 2012, ISBN 978-3-86568-758-6.
Weblinks
- Literatur von und über Maßwerk im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Beispiele für gotisches Maßwerk
- Ferdinand Luthmer, Deutsche Möbel der Vergangenheit (PDF; 18,2 MB)
Einzelnachweise
- Vgl. Wilfried Koch, Baustilkunde: das Standardwerk zur europäischen Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart. 33. Auflage. Prestel, München 2016, ISBN 978-3-7913-4997-8, S. 445, Stichwort 241.6
- Christian Kayser: Die Baukonstruktiom gotischer fenstermaßwerke in Mitteleuropa. Michael Imhof Verlag, 2012, ISBN 978-3-86568-758-6, S. 16 ff., Definitionen und Begriffsbestimmungen
- Italia nell'Arte Medievale: Santa Maria Assunta a Lugnano in Teverina
- Christian Kayser: Die Baukonstruktion gotischer Fenstermaßwerke in Mitteleuropa, Michael Imhof Verlag 2012, ISBN 978-3-86568-758-6, S. 300–303
- Christian Kayser: Die Baukonstruktion gotischer Fenstermaßwerke in Mitteleuropa, Michael Imhof Verlag 2012, ISBN 978-3-86568-758-6, S. 404–409
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Mit Masswerk bezeichnet man in der Architektur die filigrane Arbeit von Steinmetzen zur Gliederung von Fenstern Balustraden und geoffneten Wanden Das Masswerk besteht aus geometrischen Mustern die als Steinprofile umgesetzt werden wobei der Stein komplett durchbrochen skelettiert wird Sudliches Querhausfenster des Magdeburger Doms unten Gliederung durch Stabwerk in sechs Bahnen oben Couronnement aus Kreisen und spharischen Drei und Vierecken Das Masswerk ist ein Element der gotischen Architektur und ist eines der wichtigsten Merkmale der Hoch und Spatgotik wo es ein unabdingbarer Bestandteil der Fenster war Die Gotik setzte Masswerk an vielen weiteren Stellen ein zum Beispiel an den Balustraden der Laufgange Triforium Emporen an Turmhelmen oder durchbrochenen und vorgespannten Wanden in der Fassade DefinitionenNach alterer Terminologie wird in Masswerkfenstern nur der obere besonders dekorative Teil als Masswerk bezeichnet die Pfosten zur Einteilung der Flache darunter in Bahnen als Stabwerk Nach neuerer Definition umfasst der Begriff Masswerk die gesamte Gliederung der Fensterflache durch steinerne Elemente Der schmuckvolle obere Teil wird wie auch schon vorher als Couronnement franz fur Bekronung bezeichnet Beim Stabwerk unterscheidet man Wandpfosten die mit der Laibung verbunden sind also Teile des Rahmens bilden von Mittelpfosten In hochgotischen Masswerken bestehen alle Teile aus fein modellierten Profilen und zumeist ist jede Flache verglast auch kleinste Zwickel In fruhgotischen Vorformen von Masswerk sind im oberen Teil nur einzelne Glasflachen in eine zusammenhangende Steinflache eingebettet Solche Formen nennt man Plattenmasswerk Werden Masswerkdekorationen als Blende einer geschlossenen Wandflache aufgelegt spricht man von Blendmasswerk Stehen sie frei vor einer Wand bezeichnet man sie als Schleiermasswerk TechnikDas feine Masswerk musste mit Eisendubeln stabilisiert werden einfaches Vermauern mit Mortel reichte nicht aus Dazu wurden an den Stossflachen dunne Locher geschlagen die eiserne Dubel aufnahmen Der verbleibende Hohlraum wurde mit Blei ausgegossen Die zum Teil sehr langen Stabe zwischen den Lanzettfenstern sind zusatzlich mit horizontalen Eisenstaben untereinander verbunden und teilen die Fenster in rechteckige Felder die einzelne Scheiben der Buntglas Fenster aufnahmen Bei grossen und sehr grossen Fenstern wird das Masswerk vor allem von den Eisenstaben stabilisiert von denen die Sturmeisen die Aufgabe haben den Winddruck aufzunehmen Das Masswerk an Balustraden besteht manchmal aus rechteckigen Steintafeln die in der gewunschten Form durchbrochen wurden Im Aussenbau sind Masswerke als filigrane Bauteile stark durch Verwitterung gefahrdet und sind je nach Grad der Verwitterung Gegenstand von teilweisem oder komplettem Austausch Bei Backsteinbauten wurde Masswerk manchmal im Gegensatz zum ubrigen Gebaude aus Werkstein ausgefuhrt bei manchen aber aus vor dem Brennen speziell zugeschnittenen Ziegelsteinen genannt Formsteinen oder aus grosseren Terrakotta elementen GeschichteSaint Etienne Beauvais Glucksradfenster am Nordquerhaus um 1145Kathedrale von Reims eine der Chorkapellen zwei Bahnen unter einer gelappten Rundscheibe kurz vor 1220 Schon mehrere Jahrzehnte vor der Gliederung aufrechter Fenster durch Masswerk begann man Rundfenster durch steinerne Streben zu gliedern Die deutsche Literatur spricht hier von Radfenstern in anderen Sprachen werden diese aber nicht begrifflich von Rosenfenstern unterschieden Erste Beispiele in Italien sind schwierig zu datieren so werden fur die Westrose von Santa Maria Asunta in Lugnano in Teverina Umbrien Entstehungszeiten zwischen dem spaten 11 Jahrhundert und 1230 erwogen Das Glucksradfenster am romanischen Nordquerhaus von St Etienne in Beauvais entstand um 1145 also etwa gleichzeitig mit den ersten gotischen Bauten in der Umgebung von Paris Diese Radfenster stellten geringere Anforderungen an die Bautechnik da jede Speiche aus einem Stein gemeisselt werden konnte wahrend bei grosseren Fenstern mehrere Steinelemente durch Eisenstifte miteinander verbunden werden mussten Die immer grosser werdenden Glasflachen der spatromanischen und fruhgotischen Fenster wurden schon vor der Erfindung des Masswerks durch eine Vielzahl von Eisenankern gegen Winddruck und Eigengewichtskrafte stabilisiert Beispiel Westfenster der Kathedrale von Le Mans Das Masswerk bot Auftraggebern und Architekten des Hoch und Spatmittelalters die Moglichkeit asthetische Anspruche und technische Notwendigkeiten zu einer uber Jahrhunderte wahrenden Einheit zu verbinden Vom Masswerk im eigentlichen Sinne spricht man aber nur wenn die geometrischen Formen aus Steinprofilen zusammengesetzt sind Die ersten Masswerkfenster sind in den hochgotischen Chorkapellen der Kathedrale von Reims zu finden deren Bau 1211 begonnen wurde Das in der fruhen Hochgotik zweibahnige Fenster wurde mit zunehmender Grosse weiter gegliedert indem die beiden Lanzetten wiederum geteilt wurden so dass vierbahnige Fenster entstanden Erst spater losten sich die Baumeister von dieser strengen Gliederung und setzten eine beliebige Zahl von gleich grossen Lanzetten ein Bei einem systematisch ausgefuhrten Masswerk liegen die Profilschichten der kleineren Formen tiefer d h weiter hinten als die der grossen Formen die die kleinen uberfangen so dass eine hierarchische Schichtung der Masswerkformen entsteht Eine Sonderform der gotischen Fenster ist die kreisrunde Rose bei der das Masswerk rotationssymmetrisch angeordnet ist Das Rippengewolbe der Gotik wurde gelegentlich auch als Masswerk Gewolbe ausgefuhrt Dabei wurden die Kappen nicht gefullt sondern zusatzlich freistehende Rippen Luftrippen als Masswerk vor dem eigentlichen Gewolbe aufgebaut Das Masswerk wurde beim Bau vermutlich auf einer aus Brettern gezimmerten Ebene dem Rissboden mit Zirkel und Schnuren in originaler Grosse aufgezeichnet und dann in Stein gemeisselt Auf dem Rissboden konnte das Fenster zur Probe zusammengebaut und auf Passung gepruft werden StilgeschichteDie Formwandlungen des Masswerks sind ein wichtiges Mittel zur Einteilung der Architekturgeschichte der Gotik Begriffe fur Stilphasen sind oft von Masswerkformen abgeleitet Rayonnant franzosisch strahlend fur die hochgotische Phase in der die Fensterrosen in radial ausstrahlende Bahnen aufgeteilt sind Flamboyant franzosisch flammend fur die spatgotische Phase in der das Masswerk flammende und asymmetrisch zungelnde Formen bildet Decorated englisch geschmuckt fur die von reichem Masswerkdekor bestimmte gotische Stilphase in England Perpendicular englisch senkrecht fur die Spatphase der englischen Gotik in der senkrechte Stabe das Masswerk kennzeichnen In der deutschen Gotik wird der Ubergang von der Hoch zur Spatgotik auch durch das Auftreten von kurvigen Masswerkformen wie Fischblase oder Schneuss definiert Neben derart phantasievollen Formen die dem franzosischen Flamboyant entsprechen aber in Deutschland schon etwa 30 Jahre fruher aufkamen gab es in Deutschland eine Vereinfachungstendenz besonders in Ostseenahe wurden Fenster allein durch Stabwerk gegliedert nicht einmal die Bahnen mit Spitzbogen abgeschlossen Manche dieser Fenster sind seit Restaurierungen im 19 oder 20 Jahrhundert gotischer namlich mit Spitzbogen uber jeden einzelnen Bahn gestaltet als sie im Original waren Kathedrale von Chartres Obergaden Platte nmasswerk ca 1215 1220 unten Fruhgotik und Flamboyant Chorhaupt von Notre Dame de Paris Obergaden nach 1220 ersetzt Kapellen 1235 1245 angefugt Notre Dame de Paris Nordquerhaus Rayonnant Rosen fenster nach 1250 Marburger Elisabethkirche Masswerk ab 1240 Kathedrale von Reims Nordquerhaus um 1240 Turm off nungen und Rosen fenster Gothique classique Kathedrale von Reims mittleres Westportal nach 1250 Rayonnant Rosen fenster statt Tympanon Perpendicular Style Fachergewolbe und Fenster der Abteikirche von Bath Kathedrale von Sens Rosen fenster am Sud quer haus Ende 15 Jh Flamboyant Gmunder Munster spat goti sches Mass werk mit sphari schen Drei ecken nach 1382 Marienkirche Stralsund 184 1394 spatgotisches Nur Stabwerk Bremer Dom Nordseite unten Y Masswerk 1502 1522 oben Flam boyant neugotisch 1822 St Eustache de Paris 1532 1633 Mischung von Gotik und RenaissanceMasswerkformendrei Nonnenkopfe obenliegendes Dreiblatt zwei Nonnenkopfe zwei Fischblasen zwei Nonnenkopfe Fischblasen im Kreis oder Zweischweif 1 u 2 Dreipass 3 Vierpass 4 FunfpassKonstruktionsmoglichkeiten im Masswerkaufriss Die Fenster der hoch und spatgotischen Kirchen sind ohne Masswerk nicht denkbar da sie aufgrund ihrer enormen Grosse eine zusatzliche Gliederung benotigten Das spitzbogige Fenster besteht typischerweise aus zwei oder mehreren senkrechten Bahnen den so genannten Lanzetten die ebenfalls mit einem Spitzbogen enden und meist bis zur Hohe des Bogenansatzes reichen Der Bereich daruber im Bogenfeld ist feiner gegliedert mit zusatzlichen geometrischen Figuren Er wird Couronnement frz Bekronung eingedeutscht auch Kronument genannt Diese Figuren haben ihre eigene Namen z B Fischblase Dreischneuss Nonnenkopf zweiteiliges Masswerk Drei oder Vierpass samt Variationen davon Drei Vierblatt usw Vielpass d h Funfpass Sechspass Achtpass Zwolfpass usw z B das beruhmte Drei Hasen Fenster im Kreuzgang des Doms von Paderborn das Wahrzeichen der Stadt Y Masswerk anstelle eines feinen Couronnememts gabeln sich der oder die Mittelpfosten des Stabwerks im Bereich der Fensterarkatur VerwendungKathedrale von Amiens Westfassade 1220 1236 Masswerk an den Unterkanten der Stufenportale und in den Bogen der GalerieKloster Haina Nordhessen Ostfenster des Chors komplexes Masswerk um 1240Kathedrale von Reims Mittleres Westportal zw 1252 und 1286 Masswerkrosette statt der bis dahin ublichen steinernen TympanaBaptisterium auf dem Campo Santo Pisa Wimperge aus Masswerk ab 1270Regensburger Dom sudliches Querschiff Triforium 1310 grosses Fenster 1315Giebelfeld mit vorgespanntem Schleierfachwerk bzw Schleiermasswerk und Schleierstabwerkgrosses Fenster durch doppelte Teilung und ein mittiges Lanzettfenster in neun Bahnen geteiltStrassburger Munster grosse Westrose um 1330Dom St Johannes und Donatus Meissen Masswerk Gewolbe in der Furstenkapelle zw 1415 u 1428 Moyses von Altenburg Katharinenkirche in Brandenburg Giebel der Schoppenkapelle bekront mit Masswerk aus Terrakotta 1 Viertel 15 Jh Rathaus in Bad Waldsee Zinnengiebel mit Masswerkbalustrade 1426 aber Spitze mit Voluten jungerKonstanzer Munster Spitzbogenfenster mit spatgotischem Masswerk 1423 und 1453Altstadtrathaus in Braunschweig Masswerk der oberen Lauben 1447 1468Rathauses von Lowen Masswerkbalustraden auf Dachtraufen Giebelschragen und Galerien 1448 1469Burgermeisterhaus Herford Masswerkbekronung auf einem Stufengiebel 1538St Johannis Gottingen Blendmasswerk am Strebepfeiler erneuert durch Conrad Wilhelm Hase ab 1895Holzernes MasswerkIn der Gotik und dann wieder in der Neugotik gestaltete man gerne Wandverkleidungen Profanmobel Sessel Schranke und Truhen und holzerne Einrichtungsgegenstande fur Kirchen Kirchenbanke Altare Kanzeln und Emporen mit filigranen Schnitzereien die dem gotischen Masswerk nachempfunden waren Auch diese Kunstschreiner Arbeiten werden daher als Masswerk bezeichnet So setzte beispielsweise Erhart Falckener haufig fein ausgestochenes Blendmasswerk auf die Flachschnittflachen seiner Kirchenmobel Eisernes MasswerkIn der Neugotik wurde Masswerk auch in Gusseisen ausgefuhrt Bekanntestes Beispiel ist der Vierungsturm der Kathedrale von Rouen dessen 151 5 m hohe Turmspitze im Jahre 1877 komplett aus Gusseisen fertiggestellt wurde Bis zur Fertigstellung des Kolner Doms 1880 hatte damit Rouen das hochste Gebaude der Welt LiteraturGunther Binding Masswerk Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1989 ISBN 3 534 01582 7 Leonhard Helten Mittelalterliches Masswerk Entstehung Syntax Topologie Reimer Verlag Berlin 2006 ISBN 3 496 01342 7 Lottlisa Behling Gestalt und Geschichte des Masswerks 2 erw Auflage Bohlau Verlag Koln 1978 ISBN 3 412 03077 5 Nachdruck der 1 Aufl Halle a d Saale 1944 mit Erganzungen zu der in den Anmerkungen der 1 Aufl verzeichneten Literatur in einem Extra Abschnitt an den nachgedruckten Text angefugt Christian Kayser Die Baukonstruktion gotischer Fenstermasswerke in Mitteleuropa Studien zur internationalen Architektur und Kunstgeschichte Bd 93 Imhof Verlag Petersberg 2012 ISBN 978 3 86568 758 6 WeblinksCommons Masswerksfenster Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Commons Gables Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Masswerk im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Beispiele fur gotisches Masswerk Ferdinand Luthmer Deutsche Mobel der Vergangenheit PDF 18 2 MB EinzelnachweiseVgl Wilfried Koch Baustilkunde das Standardwerk zur europaischen Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart 33 Auflage Prestel Munchen 2016 ISBN 978 3 7913 4997 8 S 445 Stichwort 241 6 Christian Kayser Die Baukonstruktiom gotischer fenstermasswerke in Mitteleuropa Michael Imhof Verlag 2012 ISBN 978 3 86568 758 6 S 16 ff Definitionen und Begriffsbestimmungen Italia nell Arte Medievale Santa Maria Assunta a Lugnano in Teverina Christian Kayser Die Baukonstruktion gotischer Fenstermasswerke in Mitteleuropa Michael Imhof Verlag 2012 ISBN 978 3 86568 758 6 S 300 303 Christian Kayser Die Baukonstruktion gotischer Fenstermasswerke in Mitteleuropa Michael Imhof Verlag 2012 ISBN 978 3 86568 758 6 S 404 409Normdaten Sachbegriff GND 4037903 6 GND Explorer lobid OGND AKS