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Die Paläoanthropologie (aus altgriechisch παλαιός palaiós „alt“, ἄνθρωπος ánthropos „Mensch“ und -logie „Lehre“), auch Paläanthropologie oder gelegentlich Prähistorische Anthropologie, ist die Wissenschaft von den alten, stammesgeschichtlich frühen und zumeist ausgestorbenen Arten der Hominini. Forschungsgegenstand ist somit die Epoche seit der Trennung der beiden Linien, die vor etwa sechs bis acht Millionen Jahren einerseits zu den Schimpansen, andererseits zum anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) führte. Paläoanthropologen erforschen und rekonstruieren folglich die Stammesgeschichte des Menschen und das Entstehen seiner spezifischen Merkmale im Verlauf der Hominisation.

Die Paläoanthropologie ist ein Teilgebiet der Anthropologie und der Evolutionsbiologie. Eine enge Verwandtschaft besteht mit der Paläontologie und der Prähistorischen Archäologie.

Fragestellungen

„Das Ziel des Anthropologen ist es, die evolutionären Ereignisse zu verstehen, die ein affenähnliches Wesen in Menschen wie uns verwandelt haben.“ (Richard Leakey)Winfried Henke zufolge lauten die Kernfragen der Paläoanthropologie:

  • „wer sind unsere nächsten lebenden Verwandten in der Primaten­ordnung,
  • wann und wo, d. h. an welcher Stelle im Primatenstammbaum, zweigte die zum Menschen führende Stammlinie ab,
  • welche speziellen evolutionsökologischen Rahmenbedingungen ermöglichten den Prozess der Menschwerdung;
  • wie viele fossile hominine Vorläuferformen gab es, und
  • wie verlief die evolutive Entstehung unseres spezifisch menschlichen Merkmalgefüges (insbesondere Geschichtlichkeit, Sprache, Moral)?“

Die Rekonstruktion der Stammesgeschichte vollzieht sich – wie generell in der Paläontologie – in mehreren Stufen. Zunächst wird der Gradient der Veränderung eines Merkmals bei den Fossilien ermittelt, das heißt, die Veränderung des Merkmals im Verlaufe längerer Zeitspannen. Danach wird die Richtung des Wandels dieser Merkmale bestimmt, also der Gestaltwandel von ursprünglichen Merkmalen über Zwischenstadien zu abgeleiteten Merkmalen. Dies bildet die Grundlage für die Definition von fossilen Arten, die jeweils anhand von evolutiven Neuheiten von Vorläufer-Arten abgegrenzt werden. In einem weiteren Schritt folgt die Konstruktion eines Kladogramms, einer graphischen Darstellung der Verwandtschaftsverhältnisse der Arten ohne Zeitachse. Schließlich wird unter Einbeziehung weiterer Analyseschritte – wie Stratigraphie, Chronologie und Verbreitungsgebiet eines Taxons – ein Stammbaum konstruiert. Abschließend werden unter Einbeziehung aller Forschungsergebnisse Szenarien („Lebensbilder“) erstellt, beispielsweise – im Vergleich mit heute lebenden Primaten – Modelle über die Fortbewegungs­weise der Vorfahren des Homo sapiens, über ihre Ernährungsgewohnheiten, ihre ökologischen Nischen und ihr Sozialverhalten.

Als besondere schwierig gestaltet es sich in der Paläontologie (und damit auch in der Paläoanthropologie), anatomisch ähnliche Fossilien unterschiedlichen Arten zuzuordnen und sie so gegeneinander abzugrenzen. Lebende Taxa können in der Regel dann voneinander unterschieden werden, wenn sie sich in folgenden Eigenschaften unterscheiden, wobei Besonderheiten bei einem einzigen Kriterium bereits hinreichend sein können:Genotyp, Ontogenese sowie Besonderheiten der Lebensabschnitte vor und nach dem Erwachsenwerden (zum Beispiel Länge der Kindheit, Dauer der Lebenserwartung nach der Menopause), Phänotyp der erwachsenen Individuen, Verhalten. Paläoanthropologen können in aller Regel nur auf wenige und zudem oft deformierte und aus wenigen Fundstätten stammende Knochen zurückgreifen, das heißt – da überdies Weichteilgewebe nicht überliefert ist – auf allenfalls grobe Anhaltspunkte für den einstmaligen Phänotyp; heute lebende Meerkatzen-Arten können beispielsweise anhand ihrer Knochen und ihrer Zähne nur mit erheblichen Unsicherheiten unterschieden werden.

David Pilbeam, Professor für die Evolution des Menschen an der Harvard University und Kurator für Paläoanthropologie am Peabody Museum of Archaeology and Ethnology hat die Schwierigkeiten der Theorie­bildung auf dem Gebiet der Paläoanthropologie 1987 so beschrieben:

„Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass viele Aussagen, die wir über das Wie und Warum der Evolution des Menschen machen, genau so viel aussagen über uns als Paläoanthropologen und die Gesellschaft in der wir leben, wie über all das, was ‚wirklich‘ passiert ist.“

Historisches

Frühe Belege für die Verwendung des Fachausdrucks Paläoanthropologie („paléo-anthropologie“) gibt es Bernard Wood zufolge seit dem Anfang der 1870er-Jahre – rund 10 Jahre nach Entdeckung des ersten Neandertalers – in Schriften der französischen Naturforscher Louis Lortet und Gatien Chaplain-Duparc (1819–1888). Als paléo-anthropologie galt ihnen zunächst jede Form der Forschung über Vorgeschichte und „Steinzeit“, aber bereits 1879 engte Clémence Royer die Bedeutung des Wortes ein auf das Studium „verlorener menschlicher Rassen“ anhand ihrer fossilen Überreste. Zugleich wurde der prähistorischen Archäologie als eigenständigem Fachgebiet das Studium der Artefakte jener „verlorenen Rassen“ zugedacht. Im akademischen Bereich durchgesetzt hat sich die Bezeichnung Paläoanthropologie Wood zufolge ab 1890 durch den einflussreichen französischen Arzt und Anthropologen Paul Topinard, genauer: durch dessen Vortrag La paléoanthropologie im Jahr 1889 auf dem Congrès International d’Anthropologie et d’Archéologie Préhistoriques. 1892 erschien eine zustimmende Rezension des Vortrags in The American Naturalist, zugleich wurde die Paläoanthropologie im Annual Report of the Board of Regents of the Smithsonian Institution als Forschungsbereich der prähistorischen Anthropologie ausgewiesen, was beides zur Folge hatte, dass die Bezeichnung auch in Nordamerika etabliert wurde.

Fächerübergreifende Forschung

Die Paläoanthropologie ist gleichermaßen ein interdisziplinäres und ein multidisziplinäres Arbeitsfeld, das jedoch von europäischen und von nordamerikanischen Forschern unterschiedlich weit gefasst wird. In Europa ist die Bezeichnung Paläoanthropologie synonym mit „Paläontologie der Hominini“, während in Nordamerika unter Paläoanthropologie eine enge Verbindung von „Paläontologie der Hominini“ und Archäologie verstanden wird. In jedem Fall stützen sich Paläoanthropologen vor allem auf Fossilfunde, die im Zusammenhang mit archäologischen Befunden und Befunden aus benachbarten Forschungsdisziplinen wie Anthropologie, Biowissenschaften und den Geowissenschaften auf der Grundlage der Theorie der biologischen Evolution interpretiert werden.

Zu diesen benachbarten Forschungsdisziplinen gehören aus dem Gebiet der Biowissenschaften u. a. Systematik, Anatomie, Biostratigraphie, Evolutionsökologie, Paläoökologie, Paläogenetik, Paläogeographie, Paläoklimatologie, Paläolimnologie, Paläophysiologie und Palichnologie, ferner Taphonomie, Konstruktions-Morphologie (speziell: Funktionsmorphologie); aus dem Gebiet der Geowissenschaften sind u. a. beteiligt: Geologie, Geomorphologie, Geochronologie, Mineralogie, Klimatologie, Pedologie, Stratigraphie, Vulkanologie; und aus dem Gebiet von Anthropologie und Archäologie sind u. a. beteiligt: Kulturanthropologie, Osteologie, Archäometrie, Ethnologie, Linguistik.

Ein Beispiel für fächerübergreifende Forschung ist der Versuch, die Ernährung der Angehörigen einer fossilen Art zu rekonstruieren. Anhand der Zahnmerkmale kann häufig zwar eine grobe Unterscheidung von überwiegend Fleischfressern (Scherengebiss) und überwiegend Pflanzenfressern (Hypsodontie) vorgenommen werden, dies schließt aber keineswegs – zum Beispiel während bestimmter Jahreszeiten – abweichende Ernährungsgewohnheiten aus. Insbesondere um die bevorzugte Nahrung verwandter fossiler Arten voneinander unterscheiden zu können, müssen Ergebnisse beispielsweise von Rekonstruktionen der Morphologie des gesamten Kauapparats, des Paläohabitats und der Paläoökologie einbezogen werden, ferner – sofern vorhanden – archäologische Befunde (Bau und mutmaßliche Funktion von Steingerät, Schnittspuren an fossilen Knochen, Anhäufungen von Nahrungsresten). Darüber hinaus wurden diverse chemische und physikalische Methoden entwickelt, um die Ernährung auf der Ebene des Individuums nachzuvollziehen. So kann beispielsweise aus dem mikroskopisch sichtbar zu machenden Zahnschmelz-Abrieb auf die Härte der regelmäßig verzehrten Nahrung geschlossen werden, auch werden gelegentlich im Zahnbelag eingebettete, versteinerte Samen oder Stärkekörner (Phytolithen) entdeckt. Zu den physikalischen Methoden gehören ferner – neben der seit 1946 bekannten C14-Datierung und anderen radiometrischen Datierungsmethoden – die Bestimmung der Isotopenverhältnisse von 13C und 12C, von 15N und 14N sowie von 18O und 16O: Anhand von δ13C kann die Bevorzugung von C3-Pflanzen von der Bevorzugung von C4-Pflanzen unterschieden werden; anhand von Δ15N können Fleischfresser und Pflanzenfresser unterschieden werden; anhand von Δ18O kann unterschieden werden, ob ein Tier primär Wasser aus offenem Gewässer getrunken oder ob es seinen Flüssigkeitsbedarf primär durch das Verzehren von Laub gedeckt hat.

Siehe auch

  • Wiege der Menschheit
  • Out-of-Africa-Theorie
  • Liste bekannter Paläoanthropologen

Literatur

Eine kommentierte Literaturliste befindet sich auf dieser Seite.

  • (Hrsg.): A Companion to Paleoanthropology. Wiley-Blackwell, 2013, ISBN 978-1-118-33237-5.
  • Winfried Henke: Paläoanthropologie – Standortbestimmung einer innovativen Disziplin. In: Archäologische Informationen. Band 30, Nr. 1, 2007, S. 1–23 (= Bulletin de la Société Suisse d'Anthropologie, Band 13, Nr. 1, 2007), mailman.uni-hildesheim.de, Volltext (PDF; 965 kB).
  • Winfried Henke: Historical Overview of Paleoanthropological Research. In: Winfried Henke, Ian Tattersall (Hrsg.): Handbook of Palaeoanthropology. Band 1, Springer, Berlin/ Heidelberg/ New York 2007, ISBN 978-3-540-32474-4, Kapitel 1, S. 1–56.
  • Misia Landau: Narratives of Human Evolution. Yale University Press, 1991, ISBN 0-300-04940-4.
  • Roger Lewin: Bones of Contention. Controversies in the Search for Human Origins. Touchstone 1988, ISBN 0-671-66837-4.
  • W. Eric Meikle, Sue Taylor Parker: Naming our Ancestors. An Anthology of Hominid Taxonomy. Waveland Press, Prospect Heights (Illinois) 1994, ISBN 0-88133-799-4, S. 22–35.
  • Alan G. Morris: Bones and Bodies. How South African Scientists Studied Race. Wits University Press, Johannesburg 2022, doi:10.18772/12022027236.
  • Richard J. Smith: Explanations for adaptations, just-so stories, and limitations on evidence in evolutionary biology. In: Evolutionary Anthropology. Band 25, Nr. 6, 2016, S. 276–287, doi:10.1002/evan.21495.
  • Richard J. Smith und Bernard Wood: The principles and practice of human evolution research: Are we asking questions that can be answered? In: Comptes Rendus Palevol. Band 16, Nr. 5–6, 2017, S. 670–679, doi:10.1016/j.crpv.2016.11.005.
    • eine Antwort auf Smith und Smith/Wood: Brian Villmoare und William Kimbel: On the scientific credibility of paleoanthropology. In: Evolutionary Anthropology. Online-Vorabveröffentlichung vom 11. Juni 2024, doi:10.1002/evan.22037.
  • Jeffrey H. Schwartz, Ian Tattersall: Fossil evidence for the origin of Homo sapiens. In: American Journal of Physical Anthropology. Band 143, Supplement 51 (= Yearbook of Physical Anthropology). 2010, S. 94–121, doi:10.1002/ajpa.21443.
  • Wenda Trevathan (Hrsg.): The International Encyclopedia of Biological Anthropology. Wiley-Blackwell, 2018, doi:10.1002/9781118584538. Zusammenfassungen/Suchmaske
  • Sherwood L. Washburn: The new physical anthropology. In: Transactions of the New York Academy of Sciences, Series II. Band 13, Nr. 7, 1951, S. 298–304, doi:10.1111/j.2164-0947.1951.tb01033.x.
  • Bernard Wood: Wiley-Blackwell Encyclopedia of Human Evolution. Wiley-Blackwell, Chichester 2011, ISBN 978-1-4051-5510-6 (erhältlich auch als E-Book / Kindle Edition).
  • Emily K. Wilson: Women's experiences in early physical anthropology. In: American Journal of Physical Anthropology. Band 170, Nr. 2, 2019, S. 308–318, doi:10.1002/ajpa.23912.

Weblinks

  • Literatur von und über Paläoanthropologie im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Skulls not ours to keep. Überlegungen von Phillip Tobias aus dem Jahr 2005 zur Frage, wem ein entdecktes Fossil gehört.
  • Themenseite Anthropologie auf Spiegel Online

Anmerkungen

  1. Ein solcher Gradient wird in der Fachsprache als Morphokline bezeichnet.

Belege

  1. Richard Leakey: The Origin of Humankind. Phoenix (a division of Orion Books Ltd.), London 1995, S. xiv, ISBN 978-1-85799-334-9.
  2. Winfried Henke: Paläoanthropologie – Standortbestimmung einer innovativen Disziplin. In: Archäologische Informationen. Band 30, Nr. 1, 2007, S. 3 (= Bulletin de la Société Suisse d'Anthropologie, Band 13, Nr. 1, 2007).
  3. Die Darstellung folgt Winfried Henke, Paläoanthropologie – Standortbestimmung einer innovativen Disziplin. S. 7.
  4. Matthew M. Skinner, Bernard Wood: The evolution of modern human life history – a paleontological perspective. In: Kristen Hawkes, Richard R. Paine (Hrsg.): The Evolution of Modern Human Life History. School of American Research Press, Santa Fe 2006, ISBN 978-1-930618-72-5, S. 331–332.
  5. W. Andrew Barr und Bernard Wood: Spatial sampling bias influences our understanding of early hominin evolution in eastern Africa. In: Nature Ecology & Evolution. Online-Veröffentlichung vom 20. August 2024, doi:10.1038/s41559-024-02522-5.
    Fossil hotspots in Africa obscure a more complete picture of human evolution. Auf: eurekalert.org vom 20. August 2024.
  6. Matthew M. Skinner, Bernard Wood: The evolution of modern human life history... 2006, S. 338.
  7. David Pilbeam: Rethinking human origins. In: Russell L. Ciochon, John G. Fleagle (Hrsg.): Primate Evolution and Human Origins. Aldine de Gruyter, New York 1987, ISBN 0-202-01175-5, S. 220.
  8. Eintrag paleoanthropology. In: Bernard Wood (Hrsg.): Wiley-Blackwell Encyclopedia of Human Evolution. Wiley-Blackwell, 2011, ISBN 978-1-4051-5510-6.
  9. Eintrag diet reconstruction. In: Bernard Wood (Hrsg.): Wiley-Blackwell Encyclopedia of Human Evolution. 2 Bände. Wiley-Blackwell, Chichester u. a. 2011, ISBN 978-1-4051-5510-6.
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Autor: www.NiNa.Az

Veröffentlichungsdatum: 26 Jun 2025 / 01:06

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Die Palaoanthropologie aus altgriechisch palaios palaios alt ἄn8rwpos anthropos Mensch und logie Lehre auch Palaanthropologie oder gelegentlich Prahistorische Anthropologie ist die Wissenschaft von den alten stammesgeschichtlich fruhen und zumeist ausgestorbenen Arten der Hominini Forschungsgegenstand ist somit die Epoche seit der Trennung der beiden Linien die vor etwa sechs bis acht Millionen Jahren einerseits zu den Schimpansen andererseits zum anatomisch modernen Menschen Homo sapiens fuhrte Palaoanthropologen erforschen und rekonstruieren folglich die Stammesgeschichte des Menschen und das Entstehen seiner spezifischen Merkmale im Verlauf der Hominisation Zahne sind die dauerhaftesten Zeugnisse fur die Entwicklung des Menschen hominine Backenzahne aus Java Sammlung Koenigswald im Senckenberg Forschungsinstitut FrankfurtFossile Schweinezahne hier aus Java sind ein wichtiges Leitfossil der Biostratigraphie Sammlung Koenigswald im Senckenberg Forschungsinstitut Die Palaoanthropologie ist ein Teilgebiet der Anthropologie und der Evolutionsbiologie Eine enge Verwandtschaft besteht mit der Palaontologie und der Prahistorischen Archaologie Fragestellungen Das Ziel des Anthropologen ist es die evolutionaren Ereignisse zu verstehen die ein affenahnliches Wesen in Menschen wie uns verwandelt haben Richard Leakey Winfried Henke zufolge lauten die Kernfragen der Palaoanthropologie wer sind unsere nachsten lebenden Verwandten in der Primaten ordnung wann und wo d h an welcher Stelle im Primatenstammbaum zweigte die zum Menschen fuhrende Stammlinie ab welche speziellen evolutionsokologischen Rahmenbedingungen ermoglichten den Prozess der Menschwerdung wie viele fossile hominine Vorlauferformen gab es und wie verlief die evolutive Entstehung unseres spezifisch menschlichen Merkmalgefuges insbesondere Geschichtlichkeit Sprache Moral Die Rekonstruktion der Stammesgeschichte vollzieht sich wie generell in der Palaontologie in mehreren Stufen Zunachst wird der Gradient der Veranderung eines Merkmals bei den Fossilien ermittelt das heisst die Veranderung des Merkmals im Verlaufe langerer Zeitspannen Danach wird die Richtung des Wandels dieser Merkmale bestimmt also der Gestaltwandel von ursprunglichen Merkmalen uber Zwischenstadien zu abgeleiteten Merkmalen Dies bildet die Grundlage fur die Definition von fossilen Arten die jeweils anhand von evolutiven Neuheiten von Vorlaufer Arten abgegrenzt werden In einem weiteren Schritt folgt die Konstruktion eines Kladogramms einer graphischen Darstellung der Verwandtschaftsverhaltnisse der Arten ohne Zeitachse Schliesslich wird unter Einbeziehung weiterer Analyseschritte wie Stratigraphie Chronologie und Verbreitungsgebiet eines Taxons ein Stammbaum konstruiert Abschliessend werden unter Einbeziehung aller Forschungsergebnisse Szenarien Lebensbilder erstellt beispielsweise im Vergleich mit heute lebenden Primaten Modelle uber die Fortbewegungs weise der Vorfahren des Homo sapiens uber ihre Ernahrungsgewohnheiten 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beispielsweise anhand ihrer Knochen und ihrer Zahne nur mit erheblichen Unsicherheiten unterschieden werden David Pilbeam Professor fur die Evolution des Menschen an der Harvard University und Kurator fur Palaoanthropologie am Peabody Museum of Archaeology and Ethnology hat die Schwierigkeiten der Theorie bildung auf dem Gebiet der Palaoanthropologie 1987 so beschrieben Ich bin zu der Uberzeugung gelangt dass viele Aussagen die wir uber das Wie und Warum der Evolution des Menschen machen genau so viel aussagen uber uns als Palaoanthropologen und die Gesellschaft in der wir leben wie uber all das was wirklich passiert ist HistorischesFruhe Belege fur die Verwendung des Fachausdrucks Palaoanthropologie paleo anthropologie gibt es Bernard Wood zufolge seit dem Anfang der 1870er Jahre rund 10 Jahre nach Entdeckung des ersten Neandertalers in Schriften der franzosischen Naturforscher Louis Lortet und Gatien Chaplain Duparc 1819 1888 Als paleo anthropologie galt ihnen zunachst jede Form der Forschung uber Vorgeschichte und Steinzeit aber bereits 1879 engte Clemence Royer die Bedeutung des Wortes ein auf das Studium verlorener menschlicher Rassen anhand ihrer fossilen Uberreste Zugleich wurde der prahistorischen Archaologie als eigenstandigem Fachgebiet das Studium der Artefakte jener verlorenen Rassen zugedacht Im akademischen Bereich durchgesetzt hat sich die Bezeichnung Palaoanthropologie Wood zufolge ab 1890 durch den einflussreichen franzosischen Arzt und Anthropologen Paul Topinard genauer durch dessen Vortrag La paleoanthropologie im Jahr 1889 auf dem Congres International d Anthropologie et d Archeologie Prehistoriques 1892 erschien eine zustimmende Rezension des Vortrags in The American Naturalist zugleich wurde die Palaoanthropologie im Annual Report of the Board of Regents of the Smithsonian Institution als Forschungsbereich der prahistorischen Anthropologie ausgewiesen was beides zur Folge hatte dass die Bezeichnung auch in Nordamerika etabliert wurde 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Palaophysiologie und Palichnologie ferner Taphonomie Konstruktions Morphologie speziell Funktionsmorphologie aus dem Gebiet der Geowissenschaften sind u a beteiligt Geologie Geomorphologie Geochronologie Mineralogie Klimatologie Pedologie Stratigraphie Vulkanologie und aus dem Gebiet von Anthropologie und Archaologie sind u a beteiligt Kulturanthropologie Osteologie Archaometrie Ethnologie Linguistik Ein Beispiel fur facherubergreifende Forschung ist der Versuch die Ernahrung der Angehorigen einer fossilen Art zu rekonstruieren Anhand der Zahnmerkmale kann haufig zwar eine grobe Unterscheidung von uberwiegend Fleischfressern Scherengebiss und uberwiegend Pflanzenfressern Hypsodontie vorgenommen werden dies schliesst aber keineswegs zum Beispiel wahrend bestimmter Jahreszeiten abweichende Ernahrungsgewohnheiten aus Insbesondere um die bevorzugte Nahrung verwandter fossiler Arten voneinander unterscheiden zu konnen mussen Ergebnisse beispielsweise von Rekonstruktionen der Morphologie des gesamten Kauapparats des Palaohabitats und der Palaookologie einbezogen werden ferner sofern vorhanden archaologische Befunde Bau und mutmassliche Funktion von Steingerat Schnittspuren an fossilen Knochen Anhaufungen von Nahrungsresten Daruber hinaus wurden diverse chemische und physikalische Methoden entwickelt um die Ernahrung auf der Ebene des Individuums nachzuvollziehen So kann beispielsweise aus dem mikroskopisch sichtbar zu machenden Zahnschmelz Abrieb auf die Harte der regelmassig verzehrten Nahrung geschlossen werden auch werden gelegentlich im Zahnbelag eingebettete versteinerte Samen oder Starkekorner Phytolithen entdeckt Zu den physikalischen Methoden gehoren ferner neben der seit 1946 bekannten C14 Datierung und anderen radiometrischen Datierungsmethoden die Bestimmung der Isotopenverhaltnisse von 13C und 12C von 15N und 14N sowie von 18O und 16O Anhand von d13C kann die Bevorzugung von C3 Pflanzen von der Bevorzugung von C4 Pflanzen unterschieden werden anhand von D15N konnen Fleischfresser und Pflanzenfresser unterschieden werden anhand von D18O kann unterschieden werden ob ein Tier primar Wasser aus offenem Gewasser getrunken oder ob es seinen Flussigkeitsbedarf primar durch das Verzehren von Laub gedeckt hat Siehe auchWiege der Menschheit Out of Africa Theorie Liste bekannter PalaoanthropologenLiteraturEine kommentierte Literaturliste befindet sich auf dieser Seite Hrsg A Companion to Paleoanthropology Wiley Blackwell 2013 ISBN 978 1 118 33237 5 Winfried Henke Palaoanthropologie Standortbestimmung einer innovativen Disziplin In Archaologische Informationen Band 30 Nr 1 2007 S 1 23 Bulletin de la Societe Suisse d Anthropologie Band 13 Nr 1 2007 mailman uni hildesheim de Volltext PDF 965 kB Winfried Henke Historical Overview of Paleoanthropological Research In Winfried Henke Ian Tattersall Hrsg Handbook of Palaeoanthropology Band 1 Springer Berlin Heidelberg New York 2007 ISBN 978 3 540 32474 4 Kapitel 1 S 1 56 Misia Landau Narratives of Human Evolution Yale University Press 1991 ISBN 0 300 04940 4 Roger Lewin Bones of Contention Controversies in the Search for Human Origins Touchstone 1988 ISBN 0 671 66837 4 W Eric Meikle Sue Taylor Parker Naming our Ancestors An Anthology of Hominid Taxonomy Waveland Press Prospect Heights Illinois 1994 ISBN 0 88133 799 4 S 22 35 Alan G Morris Bones and Bodies How South African Scientists Studied Race Wits University Press Johannesburg 2022 doi 10 18772 12022027236 Richard J Smith Explanations for adaptations just so stories and limitations on evidence in evolutionary biology In Evolutionary Anthropology Band 25 Nr 6 2016 S 276 287 doi 10 1002 evan 21495 Richard J Smith und Bernard Wood The principles and practice of human evolution research Are we asking questions that can be answered In Comptes Rendus Palevol Band 16 Nr 5 6 2017 S 670 679 doi 10 1016 j crpv 2016 11 005 eine Antwort auf Smith und Smith Wood Brian Villmoare und William Kimbel On the scientific credibility of paleoanthropology In Evolutionary Anthropology Online Vorabveroffentlichung vom 11 Juni 2024 doi 10 1002 evan 22037 Jeffrey H Schwartz Ian Tattersall Fossil evidence for the origin of Homo sapiens In American Journal of Physical Anthropology Band 143 Supplement 51 Yearbook of Physical Anthropology 2010 S 94 121 doi 10 1002 ajpa 21443 Wenda Trevathan Hrsg The International Encyclopedia of Biological Anthropology Wiley Blackwell 2018 doi 10 1002 9781118584538 Zusammenfassungen Suchmaske Sherwood L Washburn The new physical anthropology In Transactions of the New York Academy of Sciences Series II Band 13 Nr 7 1951 S 298 304 doi 10 1111 j 2164 0947 1951 tb01033 x Bernard Wood Wiley Blackwell Encyclopedia of Human Evolution Wiley Blackwell Chichester 2011 ISBN 978 1 4051 5510 6 erhaltlich auch als E Book Kindle Edition Emily K Wilson Women s experiences in early physical anthropology In American Journal of Physical Anthropology Band 170 Nr 2 2019 S 308 318 doi 10 1002 ajpa 23912 WeblinksLiteratur von und uber Palaoanthropologie im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Skulls not ours to keep Uberlegungen von Phillip Tobias aus dem Jahr 2005 zur Frage wem ein entdecktes Fossil gehort Themenseite Anthropologie auf Spiegel OnlineAnmerkungenEin solcher Gradient wird in der Fachsprache als Morphokline bezeichnet BelegeRichard Leakey The Origin of Humankind Phoenix a division of Orion Books Ltd London 1995 S xiv ISBN 978 1 85799 334 9 Winfried Henke Palaoanthropologie Standortbestimmung einer innovativen Disziplin In Archaologische Informationen Band 30 Nr 1 2007 S 3 Bulletin de la Societe Suisse d Anthropologie Band 13 Nr 1 2007 Die Darstellung folgt Winfried Henke Palaoanthropologie Standortbestimmung einer innovativen Disziplin S 7 Matthew M Skinner Bernard Wood The evolution of modern human life history a paleontological perspective In Kristen Hawkes Richard R Paine Hrsg The Evolution of Modern Human Life History School of American Research Press Santa Fe 2006 ISBN 978 1 930618 72 5 S 331 332 W Andrew Barr und Bernard Wood Spatial sampling bias influences our understanding of early hominin evolution in eastern Africa In Nature Ecology amp Evolution Online Veroffentlichung vom 20 August 2024 doi 10 1038 s41559 024 02522 5 Fossil hotspots in Africa obscure a more complete picture of human evolution Auf eurekalert org vom 20 August 2024 Matthew M Skinner Bernard Wood The evolution of modern human life history 2006 S 338 David Pilbeam Rethinking human origins In Russell L Ciochon John G Fleagle Hrsg Primate Evolution and Human Origins Aldine de Gruyter New York 1987 ISBN 0 202 01175 5 S 220 Eintrag paleoanthropology In Bernard Wood Hrsg Wiley Blackwell Encyclopedia of Human Evolution Wiley Blackwell 2011 ISBN 978 1 4051 5510 6 Eintrag diet reconstruction In Bernard Wood Hrsg Wiley Blackwell Encyclopedia of Human Evolution 2 Bande Wiley Blackwell Chichester u a 2011 ISBN 978 1 4051 5510 6 Normdaten Sachbegriff GND 4173104 9 GND Explorer 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