Die Reichstürkenhilfe war eine Steuer die der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs während der Türkenkriege von den Reic
Reichstürkenhilfe

Die Reichstürkenhilfe war eine Steuer, die der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs während der Türkenkriege von den Reichsständen zur Abwehr der „Türkengefahr“ einforderte.
Geschichte
Seit dem Fall Konstantinopels im Jahre 1453 wurden die westwärts und auf dem Balkan vorstoßenden türkischen Heere zu einer ständigen Bedrohung für die Herrscher Europas und damit für das Heilige Römische Reich. Auf den Reichstagen in Frankfurt (1454, 1486 und 1489), in Regensburg (1467 und 1471) und Nürnberg (1480, 1481, 1487 und 1491) ließ sich Kaiser Friedrich III. Geldmittel und Truppen für einen Feldzug gegen die Türken bewilligen. Die Reichsstände erbrachten die zugesagten Leistungen aber nur zögernd, unvollständig oder überhaupt nicht. Aus Sicht des Kaisers erwies es sich dabei als problematisch, dass es keine festen Einnahmen für das Reich gab, sondern er sich für jedes Vorhaben eine eigene Steuer durch den Reichstag bewilligen lassen musste.
Unter dem Eindruck der bedrohlichen Nachrichten aus Ungarn im Sommer 1521, wie der Einnahme von Belgrad durch die Türken, forderte Kaiser Karl von den deutschen Fürsten und Städten eine Hilfeleistung mit Truppen oder Geld zur Abwehr türkischer Angriffe, welche die Reichsstände jedoch ablehnten. Auf dem Reichstag zu Worms (1521) erreichte Kaiser Karl V. aber die Anlage eines Matrikels, in dem für alle reichsangehörigen Territorien und Herrschaften ein Steuerbetrag festgesetzt war. Dieses hatte für ihn den Vorteil, dass damit – im Gegensatz zum vorherigen System des Gemeinen Pfennigs – die Reichsstände in ihrem jeweiligen Herrschaftsbereich und nicht mehr das Reich selbst die Steuer eintreiben mussten. Die Steuer war auch relativ flexibel handhabbar, da sich die Einnahmen durch die Vervielfachung des einmal festgelegten Betrags (ähnlich dem heutigen Hebesatz im Steuerrecht) erhöhen ließen.
Der ursprüngliche Grundbetrag entsprach einem Römermonat, wobei das Steueraufkommen zu Anfang bei weitem nicht den Erwartungen entsprach, weil die schnell erstellte Matrikel auch Gebiete enthielt, die gar nicht existierten oder (im Fall von Böhmen) nicht mehr zum Reich gehörten. Erst nachdem die Listen mehrmals geändert worden waren, war es gelungen, die Besteuerung dem tatsächlichen Bedarf anzupassen.
Die in den Matrikelbeiträgen festgelegten Beträge waren für die Reichsstände vorteilhaft, weil sie – ebenfalls im Gegensatz zum vorherigen System des Gemeinen Pfennigs – nicht aus dem persönlichen Vermögen des Landesherrn, des Adels oder der Geistlichkeit bezahlt, sondern komplett auf die Untertanen umgelegt wurden. Winfried Schulze beschrieb es so, dass die Hauptlast der Reichstürkensteuer im späten 16. Jahrhundert von den bäuerlichen und bürgerlichen Untertanen getragen werden musste. Dabei war die Art der Erhebung im Reich unterschiedlich geregelt.
In Erwartung weiterer türkischer Vorstöße bemühte sich Karls Reichsregiment unter Vorsitz seines Bruders und Stellvertreters Ferdinand seit Dezember 1521, eine Reichstürkenhilfe zustande zu bringen, und schlug vor, dafür die dem Kaiser auf dem Wormser Reichstag 1521 bewilligte Romzugshilfe, den Römermonat, als Türkenhilfe zu verwenden. Erst als das türkische Heer im Ersten Österreichischen Türkenkrieg in Ungarn immer weiter zur Grenze des Reiches vorrückte und es nach der Schlacht bei Mohács (1526), der Belagerung Wiens 1529 und nach der Einnahme von Buda 1541 als konkrete Gefahr angesehen wurde, gelang es mit Matrikelbeiträgen zu einer verlässlicheren Reichsfinanzierung zu kommen.
Auf dem Reichstag in Regensburg setzte Rudolf II. die bis zu diesem Zeitpunkt höchste Forderung von 86 Römermonaten durch. Die gewaltige Summe von 5.000.000 Gulden sollte in acht Raten zwischen 1603 und 1606 gezahlt werden. Auf die Fürstabtei Fulda entfielen dabei 62.938 Gulden, was 155,78 Römermonaten entsprach. Daneben wurden 12.153 Gulden, was knapp 20 Prozent der Einnahmen entsprach, von der Abtei selbst einbehalten zur Sanierung des eigenen Haushalts.
Mitte des 16. Jahrhunderts erbrachte ein Römermonat 80.000 Gulden, während es um die Jahrhundertwende zum 17. Jahrhundert, wegen vieler nicht eintreibbarer Forderungen und aufgrund von säumigen Zahlern, nur noch 60.000 Gulden waren.
Reichsrechtlicher Status der Türkenhilfe
Eine Erhebung der Türkensteuer hatte für die Reichsstände keine reichsrechtliche Grundlage. Obwohl weite Teile Ungarns nach 1526 an die Habsburger als deutsche Könige und Kaiser übergingen, blieb Ungarn ein eigenständiges Königreich außerhalb des Reichsverbands. So stellte die Reichstürkenhilfe im gesamten 16. Jahrhundert prinzipiell eine „praecaria voluntaria“, eine freiwillige Gabe dar. Die habsburgischen Kaiser versuchten immer wieder, die Freiwilligkeit der Türkenhilfe in eine rechtliche Verpflichtung umzukonstruieren. Dennoch bedurfte es zur Verabschiedung der Türkenhilfe eines mehrheitlichen Reichstagsbeschlusses. Die Belagerung Wiens 1529 führte jedoch zeitweise zu einem Umdenken der Reichsstände.
Die Zustimmung zur Türkensteuer bedurfte einer Mehrheit im Reichstag, der von den katholischen Ständen bestimmt war. Für die protestierenden Stände war die Lage problematisch. im Frühjahr 1531 teilten sie dem Kaiser mit, dass sie schwerlich zur Leistung der Türkenhilfe willens und imstande seien, solange sie mit Reichsacht und Reichsexekution bedroht würden. Ihre Befürchtung war, dass der Kaiser ihnen militärisch in den Rücken fallen würde, wenn sie ihre Verteidigungsmittel für den Kampf gegen die Ungläubigen dem Reich zur Verfügung stellten, damit aber gleichzeitig ihre militärische Position und eigene Verteidigungsfähigkeit im Reich schwächten. Daraufhin bot Karl den Protestanten gegen den Willen der Katholiken einen befristeten Religionsfrieden an, der faktisch die Aufhebung des Wormser Edikts bedeutete.
Türkensteuerliste
Zur Ermittlung und Erhebung der Sonderabgabe wurde die „Türkensteuerliste“ geschaffen, in die das Türkengeld eingetragen wurde. Erstmals erfolgte die Ausschreibung am 10. März 1481 und unterlag der Verwendung durch die Reichsstände, denn es sollte „nur mit Rat und Wissen derer, so von den Landen hierzu geordnet, ausgegeben und gebrauchet werden.“
Es war eine allgemeine Vermögens- und Kopfsteuer, welche zur Deckung der Kosten einer dem Kaiser Friedrich III. gegen die „ungläubigen Türken“ zu leistenden, bewaffneten Hilfe erhoben wurde.
Die Aufstellung der nächsten Reichstürkenhilfe ging auf den Wormser Reichsmatrikel von 1521 zurück. Dieser Matrikel wurde zum bevorstehenden Romzug Kaiser Karls V. erstellt. Es kam auch zur Unterstützung des Reiches für Staaten, die außerhalb des Reiches lagen, jedoch durch ihre geographische Lage für das Reich eine Art „Pufferzone“ bedeuteten. Diese Pufferzone war die Militärgrenze. Dazu zählte u. a. das Königreich Ungarn und die venezianischen Seerepubliken Venedig und Dalmatien. Dennoch gelang es den Türken, Dalmatien größtenteils nach der Ersten Wiener Türkenbelagerung in 1526 zu besetzen.
- Türkensteuer in Sachsen
Im ernestinischen Sachsen wurde beispielsweise durch Kurfürst Friedrich in Umsetzung des Reichstagsbeschlusses, der 1517 in Worms erging, die Türkensteuer erhoben, 1531 forderte Kurfürst Johann, die „Türkenhülfe“ für „drangsalige Sorgfältigkeiten und Noth in Glaubens- und Religionssachen“. Im Jahr 1542 erließ Kurfürst Johann Friedrich am 15. April erneut eine Türkensteuerregelung, „dem Türcken zu widerstandt“.
Seit der Niederlage der Türken vor Wien im Jahre 1683 in der Schlacht am Kahlenberg blieben diese zwar in Europa zunächst präsent, wurden im Laufe der folgenden beiden Jahrhunderte aber weitgehend verdrängt, unter anderem durch die russische Südexpansion.
Bedeutung hat die Türkensteuer auch für Historiker und Chronisten, da die aufgestellten Steuerlisten in vielen Fällen den ersten Nachweis der Gründung von Siedlungen und auch von Einwohnerzahlen für Gemeinden bilden.
- Türkensteuer in den Fürstbistümern Basel und Konstanz
Die Quinquenal-Türkensteuer (alle fünf Jahre einzutreibende Steuer) wurde von der gesamten Geistlichkeit in allen österreichischen Ländern erhoben, um damit die Instandstellung und den Unterhalt der ungarischen Festungen an der türkischen Grenze zu unterstützen. Diese Steuer wurde deshalb auch im österreichischen, zum Fürstbistum Basel gehörigen Fricktal eingetrieben.
Die erstmalige Eintreibung dieser Steuern 1726 hat der Papst bewilligt und diese danach immer wieder für 5 Jahre erneuert, bis er 1753 gleich eine Bewilligung für 15 Jahre erteilte. Kollektor war der Bischof von Konstanz; Subkollektor für die Kapitel Sis- und Frickgau war der jeweilige Dekan. Als die österreichische Regierung in Freiburg im Breisgau 1768 eine erneute Verlängerung auf 5 Jahre anzeigte, stellte sich heraus, dass der Kaiser diese Verfügung allein getroffen hatte, ohne die Bewilligung des Papstes eingeholt zu haben. Darauf wurde die Zahlung durch den Bischof verweigert. Auf die gerichtliche Androhung der österreichischen Regierung erwiderte der Bischof von Basel, er könne unter solchen Umständen (Fehlen der päpstlichen Bewilligung) nichts tun, er werde nicht autoritativ eingreifen.
Siehe auch
- Terz (Steuer)
- Quart (Steuer)
Literatur
- Helmut von Jan: Das Türkensteuerregister des kurpfälzischen Oberamts Neustadt von 1584, aus dem Staatsarchiv Speyer, 6 Lieferungen mit Einführung, Hrsg.: Pfälzisch-Rheinische Familienkunde 1962–1964.
- Elisabeth Dressel, Andrea Harnisch: Findbuch für Vogtländische Steuer- und Nichtsteuerzahler 1529/1545. Eigenverlag, Hamburg, Plauen 2002.
- Thomas Heiler (Hrsg.): Das Türkensteuerregister der Fürstabtei Fulda von 1605. Parzeller, Fulda 2004, ISBN 3-7900-0362-X (Veröffentlichungen des Fuldaer Geschichtsvereins, Band 64).
- Wolfgang von Hippel (Hrsg.): Türkensteuer und Bürgerzählung: Statistische Materialien zu Bevölkerung und Wirtschaft des Herzogtums Württemberg im 16. Jahrhundert. Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020763-9 (Eine Veröffentlichung der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg).
- Alfons Pausch: Türkensteuer im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Dokumente aus dem 16. Jahrhundert. Deubner, Köln 1986, ISBN 3-88606-107-8.
- Wolfgang Steglich: Die Reichstürkenhilfe in der Zeit Karls V. In: Militärgeschichtliche Zeitschrift. 11, 1972, S. 7–55. (Link zum Digitalisat)
- Franz Pichler: Die steuerliche Belastung der steirischen Bevölkerung durch die Landesdefension gegen die Türken. In: Mitteilungen des steiermärkischen Landesarchives MStLA, Band 35/36, Jahrgang 1985/1986. Pichler, steuerliche Belastung (PDF; 3 MB)
- Ascan Westermann: Die Türkenhilfe und die politisch-kirchlichen Parteien auf dem Reichstag zu Regensburg 1532. Kraus, Nendeln/Liechtenstein 1979 (Nachdruck der Ausgabe Heidelberg 1910), ISBN 3-262-01431-1.Digitalisat
- Karl-Otto Bull: Die durchschnittlichen Vermögen in den altwürttembergischen Städten und Dörfern um 1545 nach den Türkensteuerlisten. Teil 12,1. In: Schröder, Karl Heinz; Miller, Max (Hrsg.): Historischer Atlas von Baden-Württemberg. Im Auftrag der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, ohne Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-921201-10-1.
- Winfried Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert: Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer äußeren Bedrohung. C.H. Beck, München 1978, ISBN 3-406-01680-4
Weblinks
- Uwe Becker: Der Einfluss der Türkengefahr auf die Reichsinstitutionen im 16. Jhd. Website Osmanisches Reich
- Peter Gottinger: Osmanengefahr und Reformation im Heiligen Römischen Reich 1532-1547 Wien 2015
- Anna Aurast: Türkensteuerlisten Türkenschatzungsliste für Trossingen, Amt Tuttlingen, (Quelle: Landesarchiv BW, HStAS A 54 a St. 160, Bl. 22r)
Einzelnachweise
- Thomas Heiler: Das Türkensteuerregister der Fürstabtei Fulda von 1605, (Veröffentlichung in den Fuldaer Geschichtsblättern des Fuldaer Geschichtsvereins; Nr. 64), Fulda, Parzeller-Verlag, 2004, ISBN 3-7900-0362-X, S. 14–16.
- Wolfgang Steglich: Die Reichstürkenhilfe in der Zeit Karls V., in: Militärgeschichtliche Zeitschrift, Band 11 (1972), Heft 1, S. 10 (Link zum Digitalisat, Abruf am 10. August 2024)
- Wolfgang Steglich: Die Reichstürkenhilfe in der Zeit Karls V. S. 11
- Thomas Heiler: Das Türkensteuerregister der Fürstabtei Fulda von 1605, S. 18/19
- Peter Gottinger: Osmanengefahr und Reformation im Heiligen Römischen Reich 1532-1547 S. 27
- Peter Gottinger: Osmanengefahr und Reformation im Heiligen Römischen Reich 1532-1547 S. 50
- Otto Kius: Das Finanzwesen des ernestinischen Hauses Sachsen im sechszehnten Jahrhundert, Verlag Hermann Böhlau, Weimar 1863, S. 70 Digitalisat, abgerufen am 27. Januar 2015
- Gottfried August Arndt: Archiv der Sächsischen Geschichte, 2. Teil, Verlag Weidmanns Erben und Reich, Leipzig 1785, S. 317–332 Digitalisat, abgerufen am 27. Januar 2015
- Bischof von Basel: Quinquenal-Türkensteuer, 28.01.1726 - 22.11.1769, im Archiv des ehemaligen Fürstbistums Basel, (Onlinekatalog), abgerufen am 1. März 2018.
- Bischof von Basel: Akten und Korrespondenz betr. die von der gesamten Geistlichkeit in allen österr. Ländern geforderten Steuern, wozu auch das Fricktal kontribuiren sollte, erhoben für den Krieg zwischen Österreich und Preussen (Siebenjährigen Krieg) und zur Tilgung der deswegen entstandenen Staatsschuld, 06.11.1758 - 25.09.1773, im Archiv des ehemaligen Fürstbistums Basel, Onlinekatalog, abgerufen am 1. März 2018.
Autor: www.NiNa.Az
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Die Reichsturkenhilfe war eine Steuer die der Kaiser des Heiligen Romischen Reichs wahrend der Turkenkriege von den Reichsstanden zur Abwehr der Turkengefahr einforderte GeschichteAusschnitt aus einem Verzeichnis der Reichskreise mit Angabe der Turkenhilfe aus dem Jahre 1532 Seit dem Fall Konstantinopels im Jahre 1453 wurden die westwarts und auf dem Balkan vorstossenden turkischen Heere zu einer standigen Bedrohung fur die Herrscher Europas und damit fur das Heilige Romische Reich Auf den Reichstagen in Frankfurt 1454 1486 und 1489 in Regensburg 1467 und 1471 und Nurnberg 1480 1481 1487 und 1491 liess sich Kaiser Friedrich III Geldmittel und Truppen fur einen Feldzug gegen die Turken bewilligen Die Reichsstande erbrachten die zugesagten Leistungen aber nur zogernd unvollstandig oder uberhaupt nicht Aus Sicht des Kaisers erwies es sich dabei als problematisch dass es keine festen Einnahmen fur das Reich gab sondern er sich fur jedes Vorhaben eine eigene Steuer durch den Reichstag bewilligen lassen musste Unter dem Eindruck der bedrohlichen Nachrichten aus Ungarn im Sommer 1521 wie der Einnahme von Belgrad durch die Turken forderte Kaiser Karl von den deutschen Fursten und Stadten eine Hilfeleistung mit Truppen oder Geld zur Abwehr turkischer Angriffe welche die Reichsstande jedoch ablehnten Auf dem Reichstag zu Worms 1521 erreichte Kaiser Karl V aber die Anlage eines Matrikels in dem fur alle reichsangehorigen Territorien und Herrschaften ein Steuerbetrag festgesetzt war Dieses hatte fur ihn den Vorteil dass damit im Gegensatz zum vorherigen System des Gemeinen Pfennigs die Reichsstande in ihrem jeweiligen Herrschaftsbereich und nicht mehr das Reich selbst die Steuer eintreiben mussten Die Steuer war auch relativ flexibel handhabbar da sich die Einnahmen durch die Vervielfachung des einmal festgelegten Betrags ahnlich dem heutigen Hebesatz im Steuerrecht erhohen liessen Der ursprungliche Grundbetrag entsprach einem Romermonat wobei das Steueraufkommen zu Anfang bei weitem nicht den Erwartungen entsprach weil die schnell erstellte Matrikel auch Gebiete enthielt die gar nicht existierten oder im Fall von Bohmen nicht mehr zum Reich gehorten Erst nachdem die Listen mehrmals geandert worden waren war es gelungen die Besteuerung dem tatsachlichen Bedarf anzupassen Die in den Matrikelbeitragen festgelegten Betrage waren fur die Reichsstande vorteilhaft weil sie ebenfalls im Gegensatz zum vorherigen System des Gemeinen Pfennigs nicht aus dem personlichen Vermogen des Landesherrn des Adels oder der Geistlichkeit bezahlt sondern komplett auf die Untertanen umgelegt wurden Winfried Schulze beschrieb es so dass die Hauptlast der Reichsturkensteuer im spaten 16 Jahrhundert von den bauerlichen und burgerlichen Untertanen getragen werden musste Dabei war die Art der Erhebung im Reich unterschiedlich geregelt In Erwartung weiterer turkischer Vorstosse bemuhte sich Karls Reichsregiment unter Vorsitz seines Bruders und Stellvertreters Ferdinand seit Dezember 1521 eine Reichsturkenhilfe zustande zu bringen und schlug vor dafur die dem Kaiser auf dem Wormser Reichstag 1521 bewilligte Romzugshilfe den Romermonat als Turkenhilfe zu verwenden Erst als das turkische Heer im Ersten Osterreichischen Turkenkrieg in Ungarn immer weiter zur Grenze des Reiches vorruckte und es nach der Schlacht bei Mohacs 1526 der Belagerung Wiens 1529 und nach der Einnahme von Buda 1541 als konkrete Gefahr angesehen wurde gelang es mit Matrikelbeitragen zu einer verlasslicheren Reichsfinanzierung zu kommen Auf dem Reichstag in Regensburg setzte Rudolf II die bis zu diesem Zeitpunkt hochste Forderung von 86 Romermonaten durch Die gewaltige Summe von 5 000 000 Gulden sollte in acht Raten zwischen 1603 und 1606 gezahlt werden Auf die Furstabtei Fulda entfielen dabei 62 938 Gulden was 155 78 Romermonaten entsprach Daneben wurden 12 153 Gulden was knapp 20 Prozent der Einnahmen entsprach von der Abtei selbst einbehalten zur Sanierung des eigenen Haushalts Mitte des 16 Jahrhunderts erbrachte ein Romermonat 80 000 Gulden wahrend es um die Jahrhundertwende zum 17 Jahrhundert wegen vieler nicht eintreibbarer Forderungen und aufgrund von saumigen Zahlern nur noch 60 000 Gulden waren Reichsrechtlicher Status der TurkenhilfeEine Erhebung der Turkensteuer hatte fur die Reichsstande keine reichsrechtliche Grundlage Obwohl weite Teile Ungarns nach 1526 an die Habsburger als deutsche Konige und Kaiser ubergingen blieb Ungarn ein eigenstandiges Konigreich ausserhalb des Reichsverbands So stellte die Reichsturkenhilfe im gesamten 16 Jahrhundert prinzipiell eine praecaria voluntaria eine freiwillige Gabe dar Die habsburgischen Kaiser versuchten immer wieder die Freiwilligkeit der Turkenhilfe in eine rechtliche Verpflichtung umzukonstruieren Dennoch bedurfte es zur Verabschiedung der Turkenhilfe eines mehrheitlichen Reichstagsbeschlusses Die Belagerung Wiens 1529 fuhrte jedoch zeitweise zu einem Umdenken der Reichsstande Die Zustimmung zur Turkensteuer bedurfte einer Mehrheit im Reichstag der von den katholischen Standen bestimmt war Fur die protestierenden Stande war die Lage problematisch im Fruhjahr 1531 teilten sie dem Kaiser mit dass sie schwerlich zur Leistung der Turkenhilfe willens und imstande seien solange sie mit Reichsacht und Reichsexekution bedroht wurden Ihre Befurchtung war dass der Kaiser ihnen militarisch in den Rucken fallen wurde wenn sie ihre Verteidigungsmittel fur den Kampf gegen die Unglaubigen dem Reich zur Verfugung stellten damit aber gleichzeitig ihre militarische Position und eigene Verteidigungsfahigkeit im Reich schwachten Daraufhin bot Karl den Protestanten gegen den Willen der Katholiken einen befristeten Religionsfrieden an der faktisch die Aufhebung des Wormser Edikts bedeutete TurkensteuerlisteZur Ermittlung und Erhebung der Sonderabgabe wurde die Turkensteuerliste geschaffen in die das Turkengeld eingetragen wurde Erstmals erfolgte die Ausschreibung am 10 Marz 1481 und unterlag der Verwendung durch die Reichsstande denn es sollte nur mit Rat und Wissen derer so von den Landen hierzu geordnet ausgegeben und gebrauchet werden Es war eine allgemeine Vermogens und Kopfsteuer welche zur Deckung der Kosten einer dem Kaiser Friedrich III gegen die unglaubigen Turken zu leistenden bewaffneten Hilfe erhoben wurde Die Aufstellung der nachsten Reichsturkenhilfe ging auf den Wormser Reichsmatrikel von 1521 zuruck Dieser Matrikel wurde zum bevorstehenden Romzug Kaiser Karls V erstellt Es kam auch zur Unterstutzung des Reiches fur Staaten die ausserhalb des Reiches lagen jedoch durch ihre geographische Lage fur das Reich eine Art Pufferzone bedeuteten Diese Pufferzone war die Militargrenze Dazu zahlte u a das Konigreich Ungarn und die venezianischen Seerepubliken Venedig und Dalmatien Dennoch gelang es den Turken Dalmatien grosstenteils nach der Ersten Wiener Turkenbelagerung in 1526 zu besetzen Turkensteuer in Sachsen Im ernestinischen Sachsen wurde beispielsweise durch Kurfurst Friedrich in Umsetzung des Reichstagsbeschlusses der 1517 in Worms erging die Turkensteuer erhoben 1531 forderte Kurfurst Johann die Turkenhulfe fur drangsalige Sorgfaltigkeiten und Noth in Glaubens und Religionssachen Im Jahr 1542 erliess Kurfurst Johann Friedrich am 15 April erneut eine Turkensteuerregelung dem Turcken zu widerstandt Seit der Niederlage der Turken vor Wien im Jahre 1683 in der Schlacht am Kahlenberg blieben diese zwar in Europa zunachst prasent wurden im Laufe der folgenden beiden Jahrhunderte aber weitgehend verdrangt unter anderem durch die russische Sudexpansion Bedeutung hat die Turkensteuer auch fur Historiker und Chronisten da die aufgestellten Steuerlisten in vielen Fallen den ersten Nachweis der Grundung von Siedlungen und auch von Einwohnerzahlen fur Gemeinden bilden Turkensteuer in den Furstbistumern Basel und Konstanz Die Quinquenal Turkensteuer alle funf Jahre einzutreibende Steuer wurde von der gesamten Geistlichkeit in allen osterreichischen Landern erhoben um damit die Instandstellung und den Unterhalt der ungarischen Festungen an der turkischen Grenze zu unterstutzen Diese Steuer wurde deshalb auch im osterreichischen zum Furstbistum Basel gehorigen Fricktal eingetrieben Die erstmalige Eintreibung dieser Steuern 1726 hat der Papst bewilligt und diese danach immer wieder fur 5 Jahre erneuert bis er 1753 gleich eine Bewilligung fur 15 Jahre erteilte Kollektor war der Bischof von Konstanz Subkollektor fur die Kapitel Sis und Frickgau war der jeweilige Dekan Als die osterreichische Regierung in Freiburg im Breisgau 1768 eine erneute Verlangerung auf 5 Jahre anzeigte stellte sich heraus dass der Kaiser diese Verfugung allein getroffen hatte ohne die Bewilligung des Papstes eingeholt zu haben Darauf wurde die Zahlung durch den Bischof verweigert Auf die gerichtliche Androhung der osterreichischen Regierung erwiderte der Bischof von Basel er konne unter solchen Umstanden Fehlen der papstlichen Bewilligung nichts tun er werde nicht autoritativ eingreifen Siehe auchTerz Steuer Quart Steuer LiteraturHelmut von Jan Das Turkensteuerregister des kurpfalzischen Oberamts Neustadt von 1584 aus dem Staatsarchiv Speyer 6 Lieferungen mit Einfuhrung Hrsg Pfalzisch Rheinische Familienkunde 1962 1964 Elisabeth Dressel Andrea Harnisch Findbuch fur Vogtlandische Steuer und Nichtsteuerzahler 1529 1545 Eigenverlag Hamburg Plauen 2002 Thomas Heiler Hrsg Das Turkensteuerregister der Furstabtei Fulda von 1605 Parzeller Fulda 2004 ISBN 3 7900 0362 X Veroffentlichungen des Fuldaer Geschichtsvereins Band 64 Wolfgang von Hippel Hrsg Turkensteuer und Burgerzahlung Statistische Materialien zu Bevolkerung und Wirtschaft des Herzogtums Wurttemberg im 16 Jahrhundert Kohlhammer Stuttgart 2009 ISBN 978 3 17 020763 9 Eine Veroffentlichung der Kommission fur Geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg Alfons Pausch Turkensteuer im Heiligen Romischen Reich Deutscher Nation Dokumente aus dem 16 Jahrhundert Deubner Koln 1986 ISBN 3 88606 107 8 Wolfgang Steglich Die Reichsturkenhilfe in der Zeit Karls V In Militargeschichtliche Zeitschrift 11 1972 S 7 55 Link zum Digitalisat Franz Pichler Die steuerliche Belastung der steirischen Bevolkerung durch die Landesdefension gegen die Turken In Mitteilungen des steiermarkischen Landesarchives MStLA Band 35 36 Jahrgang 1985 1986 Pichler steuerliche Belastung PDF 3 MB Ascan Westermann Die Turkenhilfe und die politisch kirchlichen Parteien auf dem Reichstag zu Regensburg 1532 Kraus Nendeln Liechtenstein 1979 Nachdruck der Ausgabe Heidelberg 1910 ISBN 3 262 01431 1 Digitalisat Karl Otto Bull Die durchschnittlichen Vermogen in den altwurttembergischen Stadten und Dorfern um 1545 nach den Turkensteuerlisten Teil 12 1 In Schroder Karl Heinz Miller Max Hrsg Historischer Atlas von Baden Wurttemberg Im Auftrag der Kommission fur Geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg ohne Verlag Stuttgart 1975 ISBN 3 921201 10 1 Winfried Schulze Reich und Turkengefahr im spaten 16 Jahrhundert Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer ausseren Bedrohung C H Beck Munchen 1978 ISBN 3 406 01680 4WeblinksWiktionary Turkensteuer Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Wikisource Reichsmatrikel von 1521 Quellen und Volltexte Wikisource Verzeichnis der Reichskreise mit Angabe des Turkenhilfe aus dem Jahre 1532 Quellen und Volltexte Uwe Becker Der Einfluss der Turkengefahr auf die Reichsinstitutionen im 16 Jhd Website Osmanisches Reich Peter Gottinger Osmanengefahr und Reformation im Heiligen Romischen Reich 1532 1547 Wien 2015 Anna Aurast Turkensteuerlisten Turkenschatzungsliste fur Trossingen Amt Tuttlingen Quelle Landesarchiv BW HStAS A 54 a St 160 Bl 22r EinzelnachweiseThomas Heiler Das Turkensteuerregister der Furstabtei Fulda von 1605 Veroffentlichung in den Fuldaer Geschichtsblattern des Fuldaer Geschichtsvereins Nr 64 Fulda Parzeller Verlag 2004 ISBN 3 7900 0362 X S 14 16 Wolfgang Steglich Die Reichsturkenhilfe in der Zeit Karls V in Militargeschichtliche Zeitschrift Band 11 1972 Heft 1 S 10 Link zum Digitalisat Abruf am 10 August 2024 Wolfgang Steglich Die Reichsturkenhilfe in der Zeit Karls V S 11 Thomas Heiler Das Turkensteuerregister der Furstabtei Fulda von 1605 S 18 19 Peter Gottinger Osmanengefahr und Reformation im Heiligen Romischen Reich 1532 1547 S 27 Peter Gottinger Osmanengefahr und Reformation im Heiligen Romischen Reich 1532 1547 S 50 Otto Kius Das Finanzwesen des ernestinischen Hauses Sachsen im sechszehnten Jahrhundert Verlag Hermann Bohlau Weimar 1863 S 70 Digitalisat abgerufen am 27 Januar 2015 Gottfried August Arndt Archiv der Sachsischen Geschichte 2 Teil Verlag Weidmanns Erben und Reich Leipzig 1785 S 317 332 Digitalisat abgerufen am 27 Januar 2015 Bischof von Basel Quinquenal Turkensteuer 28 01 1726 22 11 1769 im Archiv des ehemaligen Furstbistums Basel Onlinekatalog abgerufen am 1 Marz 2018 Bischof von Basel Akten und Korrespondenz betr die von der gesamten Geistlichkeit in allen osterr Landern geforderten Steuern wozu auch das Fricktal kontribuiren sollte erhoben fur den Krieg zwischen Osterreich und Preussen Siebenjahrigen Krieg und zur Tilgung der deswegen entstandenen Staatsschuld 06 11 1758 25 09 1773 im Archiv des ehemaligen Furstbistums Basel Onlinekatalog abgerufen am 1 Marz 2018