Die Viskosität ist die Zähflüssigkeit oder Zähigkeit von Flüssigkeiten und Gasen Fluiden Sie bemisst den Widerstand den
Viskosität

Die Viskosität ist die Zähflüssigkeit oder Zähigkeit von Flüssigkeiten und Gasen (Fluiden). Sie bemisst den Widerstand, den ein fließfähiges (vorwiegend flüssiges oder gasförmiges) Stoffsystem seiner irreversiblen Verformung entgegensetzt. Sie ist um so größer, je mehr Spannung aufgebracht werden muss, um eine bestimmte Verformungsgeschwindigkeit zu erreichen. Im Unterschied zur Elastizität wird die zur Verformung aufgewandte Energie in Wärme verwandelt, ähnlich wie bei mechanischer Reibung. Unabhängig davon ist die kinetische Energie der bewegten Flüssigkeit (oder des bewegten Gases) zu betrachten, die – wie immer – nur von Geschwindigkeit und Masse abhängt, aber nicht von der Viskosität.
Physikalische Größe | ||||||||||
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Name | dynamische Viskosität | |||||||||
Formelzeichen | , | |||||||||
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Physikalische Größe | ||||||||||
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Name | kinematische Viskosität | |||||||||
Formelzeichen | ||||||||||
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Die Viskosität resultiert zu einem Teil aus den Anziehungskräften zwischen den Teilchen des Fluids (Kohäsion). Bei dünnflüssigeren Fluiden hat zusätzlich der Impulsfluss im Fluid eine Bedeutung. Je höher die Viskosität ist, desto dickflüssiger (weniger fließfähig) ist das Fluid; je niedriger die Viskosität, desto dünnflüssiger (fließfähiger) ist es.
Ohne weitere Angaben ist der Widerstand des Fluids gegenüber Scherung gemeint. Sie wird daher als Scherviskosität bezeichnet, zur Abgrenzung gegenüber der Dehnviskosität bei Dehnung sowie der Volumenviskosität bei gleichmäßigem Druck. Des Weiteren wird zwischen der dynamischen Viskosität und der kinematischen Viskosität unterschieden. Die dynamische Viskosität ist das Verhältnis von Schubspannung und Geschwindigkeitsgradient. Der Kehrwert der dynamischen Viskosität ist die Fluidität. Die dynamische Viskosität und die kinematische Viskosität stehen über die Dichte in direktem Zusammenhang,
- .
Teilchen zäher Flüssigkeiten sind stärker aneinander gebunden und somit weniger beweglich; Viskosität ist somit auch die Eigenschaft eines Fluids, ihrer Verformung einen Widerstand entgegenzusetzen. Der Verformungswiderstand ist bei höherer Viskosität stärker als bei niedriger. Die Viskosität von Feststoffen ist sehr viel höher als die von Flüssigkeiten und damit schwer bestimmbar. „Fließbewegungen“ von Feststoffen finden sich beispielsweise bei tektonischen Faltungen in der Geologie. Statt Viskosität werden Begriffe wie Verlustfaktor, Speicher- und Verlustmodul verwendet.
Die Viskosität taucht in der Berechnung des viskosen Spannungstensors auf. Die Bestimmung der Viskosität ist wichtig, um die Schmiereigenschaften von Schmierstoffen abzuschätzen.
Das Wort Viskosität geht auf den typisch zähflüssigen Saft der Beeren in der Pflanzengattung Misteln (Viscum) zurück. Aus solchen Misteln wurde Vogelleim gewonnen. „Viskos“ bedeutet „zäh wie Vogelleim“.
Definition
Man stelle sich zwei im Abstand parallel angeordnete Platten der Fläche vor. Zwischen diesen Platten befindet sich eine Flüssigkeit, die an beiden Platten haftet. In unserer Vorstellung soll der Raum mit der Flüssigkeit in Schichten unterteilt sein. Wird nun die obere Platte mit der Geschwindigkeit bewegt, so bewegt sich die Schicht in unmittelbarer Nachbarschaft auf Grund der Haftung ebenfalls mit der Geschwindigkeit . Da die untere Platte ruht, ruht auch ihre Nachbarschicht. Die innenliegenden Flüssigkeitsschichten gleiten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten aneinander vorbei. Die Geschwindigkeit nimmt von der ruhenden Platte zur bewegten zu.
Von der obersten, an der Platte haftenden Schicht geht eine Tangentialkraft auf die darunterliegende Schicht aus. Diese bewegt sich folglich mit der Geschwindigkeit Diese Schicht wirkt wiederum auf die darunterliegende Schicht und bewegt sie mit der Geschwindigkeit
Im Experiment lässt sich zeigen, dass im Idealfall die Kraft , die nötig ist, um die obere Platte zu bewegen, proportional zur Fläche , dem Geschwindigkeitsunterschied und antiproportional zum Abstand der Platten ist:
- und und
Hieraus ergibt sich die Gleichung
Die Proportionalitätskonstante ist die dynamische Viskosität. Die Änderung der Geschwindigkeit senkrecht zur Bewegungsrichtung, also der Geschwindigkeitsgradient
auch mit oder bezeichnet, wird Verformungsgeschwindigkeit, Schergeschwindigkeit oder Scherrate genannt. Mit der Schubspannung
ergibt sich der Zusammenhang
Einheiten
Im SI-Einheitensystem gilt: Ein Stoff, der sich zwischen zwei Platten befindet, hat die dynamische Viskosität 1 Ns/m², wenn bei einer Größe der Platten von 1 m² und einem Plattenabstand von 1 m eine Kraft von 1 N benötigt wird, um die Platten mit einer Geschwindigkeit von 1 m/s gegeneinander zu verschieben. Für die physikalische Einheit der dynamischen Viskosität gilt also:
Für die SI-Einheit der kinematischen Viskosität gilt:
In der Praxis wird für die dynamische Viskosität neben der Pa·s (Pascalsekunde) außerdem der tausendste Teil der SI-Einheit mPa·s (Millipascalsekunde) für Medien niedriger Viskosität verwendet.
Im CGS-System wird die dynamische Viskosität in Poise (P) gemessen, wobei 1 P = 1 dyn·s/cm2 = 0,1 N·s/m2 = 1 dPa·s (Dezipascalsekunde), und die kinematische Viskosität in Stokes (St) mit 1 St = 1 cm2/s = 10−4 m2/s.
Das Engler-Grad ist eine veraltete Einheit für die Viskosität. Diese Einheit gibt die Viskosität im Vergleich zu Wasser an.
Siehe auch Grad MacMichael.
Viskosität von Flüssigkeiten
Den Effekt innerer Reibung kann man sich vereinfacht durch die Bewegung zweier übereinander liegender, verzahnter Molekülschichten vorstellen (siehe Abb. 2, Punkt 1). Beim Fließen gleiten die Moleküle aneinander vorbei, und um die Verzahnung zu überwinden, benötigt man eine gewisse Kraft. Den Zusammenhang zwischen dieser Kraft und den Eigenschaften des vorliegenden Fluids definiert die Viskosität. Erkennbar wird dieser Zusammenhang besonders gut an der homologen Reihe der Alkane (kettenförmige Kohlenwasserstoffe), hier steigt die Viskosität mit der Kettenlänge und damit den zunehmenden intermolekular wirkenden Van-der-Waals-Kräften kontinuierlich an. Bei den mittleren Alkanen (ab Nonan, neun C-Atome) hat sie bereits einen Wert ähnlich dem von Wasser.
Sehr gut veranschaulichen kann man sich die Viskosität auch an folgendem Beispiel: gleitet Wind über das Wasser eines Ozeans, erzeugt dies eine Bewegung der Wasserschicht an der Oberfläche. Je tiefer man nun taucht, desto ruhiger wird das Wasser, bis man einen Punkt erreicht, wo keine Strömung herrscht.
Laminare Strömungen
Die einzelnen Flüssigkeitsschichten bewegen sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit , es entsteht ein Geschwindigkeitsgradient (siehe Abb. 2, Punkt 2). Bei Fließgewässern, Rohrleitungen und Blutgefäßen wird dieses Strömungsverhalten Laminare Strömung genannt. Das Geschwindigkeitsprofil laminarer Strömungen hängt von der Viskosität der strömenden Flüssigkeit ab. Je höher die Viskosität, desto geringer ist der Geschwindigkeitsgradient vom Röhren- oder Rinnenrand zur Gefäßmitte.
Aus diesem Grunde wird in der Medizin bei kritisch verminderter Durchblutung (beispielsweise Gehirndurchblutung beim Schlaganfall) die Viskosität des Blutes durch Hämodilution (Blutverdünnung) mittels Infusion von Plasmaexpandern (Blutverdünnung) vermindert, um die Kapillardurchblutung zu verbessern. Diese Hämodilution ist nicht zu verwechseln mit der Antikoagulation (Gerinnungshemmung). Letztere wird entweder zusätzlich angewandt, oder – bei gleichzeitiger Blutung – vermieden.
In der Erdölförderung wird von der Viskosität des Rohöls abhängig gemacht, ob es zur Weiterverarbeitung in Pipelines oder in Tankfahrzeugen, nicht zuletzt per Eisenbahn transportiert wird.
Newtonsche Fluide
Handelt es sich um sehr dünne Fluidschichten, so ist der Geschwindigkeitsverlauf linear, wie in obiger Herleitung. Dieser Zusammenhang wurde bereits 1687 von Isaac Newton unterstellt:
“The resistance which arises from the lack of slipperiness originating in a fluid – other things being equal – is proportional to the velocity by which the parts of the fluid are being separated from each other.”
„Der Widerstand, der durch den Mangel an Gleitfähigkeit innerhalb einer Flüssigkeit entsteht, ist – vorausgesetzt, dass alle anderen Bedingungen gleich bleiben – proportional zu der Geschwindigkeit, mit der die Flüssigkeitsteilchen voneinander getrennt werden.“
Flüssigkeiten, die diesem linearen Zusammenhang folgen, werden deswegen als Newtonsche Fluide bezeichnet. Ist von abhängig, so bezeichnet man die Flüssigkeit als nicht-newtonsch oder nichtnewtonsch. Beim Newtonschen Viskositätsgesetz wird stets laminare Strömung sowie Temperatur- und Druckunabhängigkeit der Flüssigkeitseigenschaften angenommen. Für diese Stoffe stellt sich das im Schubspannungs-Schergeschwindigkeits-Diagramm gezeigte, lineare Geschwindigkeitsprofil ein (Abb. 3, Kurve 2: Newtonsches Fluid).
In den rheologischen Modellen wird das Newtonsche Verhalten durch das Newton-Element, einem Dämpfungszylinder ähnlich einem Stoßdämpfer, dargestellt.
Nicht-Newtonsche Fluide
Viele Substanzen folgen diesem Gesetz jedoch nicht, sondern zeigen ein zeit- oder schergeschwindigkeitsabhängiges Verhalten. Dabei unterscheidet man verschiedene Arten der Abweichung:
- Fließgrenze, es muss erst eine gewisse Mindestschubspannung vorhanden sein, um ein Fließen zu erreichen (plastisches Fließen). Diese Art Fluid wird auch als Bingham-Fluid bezeichnet
- Strukturviskosität / Dilatanz, dabei ist die Viskosität keine Konstante, sondern ändert sich mit dem Schergefälle
- Thixotropie / Rheopexie, hierbei zeigen sich zeitabhängige Strukturveränderungen, so dass je nach Zeitdauer seit der letzten Fließbewegung andere Viskositätswerte zu finden sind.
Im allgemeinen Fall muss das Schergefälle aus dem Scherwinkel in der Flüssigkeit berechnet werden und nicht über den Geschwindigkeitsgradienten. Das Verhältnis wird in diesem Fall auch scheinbare Viskosität genannt.
Viskoelastische Materialien können mit der komplexen Viskosität, bei der von einer sinusförmigen Scherung ausgegangen wird, beschrieben werden.
Typische Nicht-Newtonsche Fluide sind zusammengesetzte Substanzen wie Blut und Ketchup. Da Blut sowohl aus den festen Substanzen des Hämatokrits als auch des Blutplasmas besteht, das Mischungsverhältnis jedoch stark variiert, verändert sich auch die Viskosität. Bei hohem Anteil der festen Substanzen ist z. B. die Leistungsfähigkeit in Ausdauer-Sportarten deutlich erhöht, bei zu hohen durch Doping kann dies zum Tod führen.
Temperaturabhängigkeit
Die dynamische Viskosität der meisten Flüssigkeiten nimmt mit steigender Temperatur ab und kann oft mit der Arrhenius-Andrade-Beziehung beschrieben werden:
mit
- eine Materialkonstante
- die Aktivierungsenergie (auch Platzwechselenergie)
- die allgemeine Gaskonstante
- die absolute Temperatur.
Bei Flüssigkeiten in der Nähe (d. h. bis ca. 100 K über) der Glasübergangstemperatur gilt meist die WLF-Beziehung. Hier dominiert nämlich das sehr geringe freie Volumen, das in der Nähe der Glasübergangstemperatur viel stärker von der Temperatur abhängt als die Kettenbeweglichkeit, die hinter der Arrhenius-Andrade-Beziehung steht.
Die Abhängigkeit der kinematischen Viskosität von der Temperatur wird bei Ölen durch den Viskositätsindex beschrieben.
Speziell für Wasser lässt sich die Viskosität im Temperaturbereich zwischen 0 °C und 100 °C mit nachfolgend angegebener Gebrauchsformel ermitteln. Dabei ist die Temperatur in der Einheit Kelvin einzusetzen. Der damit berechnete Wert entspricht der dynamischen Viskosität in der Einheit Pa·s.
An Wasserhähnen äußert sich die Temperaturabhängigkeit der Viskosität in der Änderung des Strömungsgeräusches bei Ansteigen der Wassertemperatur.
Messung
Die Viskosität von Flüssigkeiten kann mit einem Viskosimeter z. B. gemäß EN ISO 3219 gemessen werden. Ein Rheometer ermöglicht es, darüber hinaus noch weitere rheologische Eigenschaften, auch von Festkörpern, zu bestimmen. Bei beiden Gerätetypen wird entsprechend der Viskositätsdefinition die zu messende Probe im Spalt zwischen zwei Körpern (z. B. zwei koaxialen Zylindern oder zwei parallelen Platten) eingebracht. Ein Teil der Anordnung rotiert oder oszilliert mit definierter Geschwindigkeit, während der andere ruht. Aus der Geometrie der Messanordnung und der Geschwindigkeit des bewegten Teiles ergibt sich die Schergeschwindigkeit. Das zur Aufrechterhaltung der Bewegung notwendige Drehmoment wird gemessen, woraus sich dann die Schubspannung und damit die Viskosität ermitteln lässt.
Eine schnelle und einfache, jedoch sehr ungenaue Methode der Viskositätsbestimmung ist der Auslaufbecher.
Typische Werte
- Farblegende
Wasser Kohlenwasserstoffe Lebensmittel Sauerstoff- und Chlorkohlenwasserstoffe Erdöl-„Produkte“ Metalle Mineralisches Sonstiges
Stoff | Viskosität | |
---|---|---|
Dynamische η (mPa·s bzw. cP) | Kinematische ν (mm²/s) | |
Wasser | (0 °C)1,791 | 1,792 |
Wasser | (5 °C)1,518 | 1,518 |
Wasser | (10 °C)1,306 | 1,306 |
Wasser | (20 °C)1,001 | 1,003 |
Wasser | (25 °C)0,891 | 0,893 |
Wasser | (30 °C)0,797 | 0,801 |
Wasser | (50 °C)0,546 | 0,553 |
Wasser | (80 °C)0,354 | 0,364 |
Wasser (100 °C) | 0,282 | 0,294 |
Wasser (200 °C, 1,55 MPa) | 0,135 | 0,156 |
Wasser (300 °C, 8,6 MPa) | 0,0859 | 0,1206 |
Blut (37 °C, in großen Gefäßen) | 3 bis 4 | |
Traubensaft | 2 bis 5 | |
Olivenöl | ≈ 102 | |
Honig | ≈ 104 | |
Sirup | 104 bis 105 | |
Kaffeesahne | ≈ 10 | |
Ethylenglycol (20 °C) | 20,81 | 18,7 |
Pentan | 0,224 | 0,356 |
Hexan | 0,320 | 0,485 |
Heptan | 0,410 | 0,603 |
Octan | 0,538 | 0,769 |
Nonan | 0,711 | |
Decan | 0,920 | |
Dodecan | 1,52 | 2,02 |
Benzol | 0,601 | 0,683 |
Paraffinöl | 102 bis 106 | |
Diethylether | 0,240 | 0,338 |
Diisopropylether | 0,33 | |
Ethanol | 1,19 | |
Essigsäure 80 % | 2,31 | |
Glycerin (rein) | 1480 | 1170 |
Chloroform | 0,56 | |
Lack | ≈ 102 | |
Polymerschmelzen | 103 bis 1013 | |
Petroleum | 0,65 bis 1,5 | 0,8 bis 2 |
Motoröl (150 °C) | ≈ 3 | |
Motoröl (25 °C) | ≈ 100 | |
Schweröl RMA 30 (50 °C) | 30 | |
Schweröl RMK 700 (50 °C) | 700 | |
Bitumen (je nach Sorte) | 107 bis 1014 | |
Asphalt (je nach Rezeptur) | 1011 bis 1016 | |
Quecksilber | 1,55 | 0,115 |
Gallium | 2,03 | 0,344 |
Aluminiumschmelze (700 °C) | ≈ 2 | ≈ 0,85 |
Magnesiumschmelze (652 °C) | 1,24 | |
Magnesiumschmelze (725 °C) | 0,96 | |
Glas (Verarbeitungstemperatur) | 106 bis 1012 | |
Glas (Raumtemperatur) | 1022 bis 1024 | |
Silikatarme Schmelze (Basaltlava) 1400 °C | 100 bis 101 | |
Silikatreiche Schmelze (Rhyolithlava) 1400 °C | 105 bis 107 | |
Steinsalz | 1018 bis 1021 | |
Zähigkeit des Erdmantels bei der postglazialen Landhebung | ≈ 1024 |
- Anmerkungen
- Sofern nicht anders vermerkt, beziehen sich die Werte auf die Viskosität bei 20 °C. Millipascal-Sekunden mPa·s sind identisch mit der früher gebräuchlichen Einheit Zentipoise (cP).
- Der Wert von 3–4 mPa·s bezieht sich auf die Viskosität von Blut in großen Gefäßen, bei schneller Strömung und bei normalem Hämatokrit. Die Viskosität von Blut hängt ab von der Menge der Bestandteile (bes. Hämatokrit), aber auch von Gefäßdurchmesser und Strömungsgeschwindigkeit, denn Blut ist eine Nicht-Newtonsche Flüssigkeit. In engen Kapillaren können sich die sonst bikonkaven (scheibchenförmigen) roten Blutkörperchen verformen, wodurch die Viskosität wesentlich sinkt, auch der Fåhræus-Lindqvist-Effekt trägt zu einer Abnahme bei. In größeren Gefäßen und bei langsamem Fluss können sich rote Blutkörperchen zu Aggregaten zusammenlagern, wodurch sich die Viskosität erhöht. Weniger viskos ist Blutplasma mit einem Wert von 1,2 mPa·s.
- Bei Polymeren gibt es einen sehr breiten Bereich an Viskositäten, der im Wesentlichen von der Kettenlänge und deren Verzweigungsstruktur, aber auch von der Schergeschwindigkeit abhängt, da sie Strukturviskosität aufweisen. Es ist deshalb nicht sinnvoll, für Polymere einen einzigen Viskositätswert anzugeben. Die genannten Werte dienen nur als Größenordnung. Hergestellt werden z. B. Silikonöle (PDMS) mit definierten Viskositäten zwischen 0,6 mPa·s bei 25 °C und 1000 Pa·s bei 27 °C. Polymerschmelzen können aber auch noch sehr viel höhere Viskositäten aufweisen. Bei einem UHMW-HDPE (für Hüftgelenksimplantate) wurden bei 150 °C Viskositäten jenseits der 1010 Pa·s gemessen.
- Es muss betont werden, dass die Angabe eines Viskositätswertes allein bei Substanzen mit Viskositäten über 10000 Pa·s nicht mehr sinnvoll ist. Für solche Substanzen sollte stattdessen der komplexe Schubmodul angegeben werden (Thomas Mezger: Das Rheologie Handbuch. Vincentz Network GmbH, 2007). Die hier angegebenen Werte dienen nur der groben Veranschaulichung der Größenordnung.
- Die Viskosität eines kristallinen Festkörpers ist prinzipiell unendlich groß. Da auf lange Sicht durch die unvermeidlichen Fehlstellen im Kristallit dennoch eine irreversible Deformation auftreten kann, erhält man bei realen kristallinen Stoffen dennoch zwar sehr große, aber endliche Werte.
Viskosität von Gasen
Bei Fluiden mit niedriger Viskosität entspricht das Bild der inneren Reibung „nicht den physikalisch korrekten Vorstellungen über molekülbedingte Transportvorgänge in Fluiden“. Stattdessen resultiert hier die Viskosität im Fluid aus einem Impulsfluss, der mit dem folgenden Bild veranschaulicht werden kann: Die Stromfäden in der Strömung werden durch Züge versinnbildlicht, die mit unterschiedlicher Geschwindigkeit parallel nebeneinanderher fahren und mit Sandsäcken beladen sind. Die Sandsäcke entsprechen den Fluidelementen im Stromfaden. Personen auf den Zügen werfen die Sandsäcke auf den jeweils anderen Zug, was der zufälligen thermischen Bewegung der Fluidelemente zwischen den Stromfäden gleichkommt. Landet ein Sack des langsameren Zuges auf dem schnelleren, dann nimmt der Sandsack Impuls auf, den der schnellere Zug an ihn abgibt und so selbst langsamer wird. Wenn umgekehrt ein Sack des schnelleren Zuges auf dem langsameren landet, nimmt der Zug den Impuls des Sandsacks auf und wird so selbst schneller. Durch diesen Impulsaustausch wird der schnellere Zug abgebremst und der langsamere beschleunigt.
Viskosität stellt demnach einen Impulsfluss von einem schneller fließenden Stromfaden auf einen langsamer fließenden dar. In einer Kontinuumsströmung tauschen die Fluidelemente Impulse über die zwischen ihnen wirkenden Spannungen aus. Zwischen den unterschiedlich schnell nebeneinanderher fließenden Stromfäden kommt es zu Schubspannungen, die sich makroskopisch als Viskosität bemerkbar machen.
Abschätzung
Für Gase lässt sich die Viskosität anhand einer mikroskopischen Betrachtung des Impulsflusses abschätzen:
mit der freien Weglänge für die Gasteilchen, der Masse der Gasteilchen , der mittleren Teilchengeschwindigkeit und der Teilchenzahldichte .
Die Viskosität von Gasen ist bei niedrigen Drücken (≈ 0,1 bis 10 bar) unabhängig vom Druck. Dies gilt solange, wie die freie Weglänge klein gegenüber den Gefäßabmessungen und groß gegenüber den Molekülabmessungen ist. Mit anderen Worten: Für ein sehr dünnes oder ein sehr dichtes Gas wird die Viskosität doch wieder vom Druck beziehungsweise der Dichte des Gases abhängig.
Grundsätzlich abhängig ist die Viskosität aber von der Temperatur. Mit zunehmender Temperatur steigt die Viskosität, da die mittlere Teilchengeschwindigkeit proportional zu wächst (siehe unten). Dieses Verhalten ist bei den meisten Flüssigkeiten genau entgegengesetzt. Die folgende Tabelle listet zu einigen Gasen die Viskositäten und freien Weglängen auf.
Gas unter Norm- bedingungen | η (µPa·s) | λ (nm) |
---|---|---|
Luft | 18,2 | 59,8 |
Sauerstoff (O2) | 19,2 | 63,3 |
Kohlendioxid (CO2) | 13,8 | 39,0 |
Stickstoff (N2) | 16,6 | 58,8 |
Argon (Ar) | 21,0 | 62,6 |
Neon (Ne) | 29,7 | 124,0 |
Helium (He) | 18,6 | 174,0 |
Wasserstoff (H2) | 8,4 | 111,0 |
Kinetische Gastheorie
Nach Hirschfelder kann die Viskosität reiner Gase mit Hilfe der kinetischen Gastheorie in einem großen Temperaturbereich (etwa von 200 bis 3000 Kelvin) berechnet werden.
Hierbei ist die Molekülmasse, die Boltzmann-Konstante, die Temperatur, der Lennard-Jones-Stoßdurchmesser und das reduzierte Stoßintegral, das von der reduzierten Temperatur abhängt. ist die Energie des Lennard-Jones-Potentials. Werte für die Lennard-Jones-Parameter und das reduzierte Stoßintegral sind in Lienhards Lehrbuch zur Wärmeübertragung in Kapitel 11 aufgeführt. Das reduzierte Stoßintegral ist so definiert, dass für ein ideales Gas, bei dem Teilchenwechselwirkungen wie Stöße harter Kugeln betrachtet werden, gilt.
Physik des Reibungstensors
Die Viskosität begründet sich aus dem Experiment, nach dem zur Aufrechterhaltung einer Scherströmung eine Kraft erforderlich ist. Diese Kraft bewirkt einen Impulsaustausch innerhalb der Strömung bzw. mit dem Rand, weshalb sie zur Kategorie der Oberflächenkräfte zählt. Kontinuumsströmungen tauschen Impuls über mechanische Spannungen aus, wobei ein Spannungsanstieg eine Beschleunigung bewirkt. Im Kontinuum lässt sich die beschleunigende Kraft in der allgemeinsten Form als Divergenz eines Tensors formulieren:
wobei die Komponente des Spannungstensors auf Grund der Viskosität ist und zäher Spannungstensor oder Reibungstensor heißt. Der Nabla-Operator bildet hier die Divergenz div des Reibungstensors.
Aus dem Experiment folgt unmittelbar, dass der Reibungstensor eine Funktion der räumlichen Änderung der Strömungsgeschwindigkeit ist:
Der Operator grad bildet aus der Geschwindigkeit den Geschwindigkeitsgradient. Da kein Impulsfluss bei homogener Strömung oder enthält der Reibungstensor keine Komponenten, die unabhängig vom Geschwindigkeitsgefälle sind. In Newtonschen Fluiden sind die Spannungen linear in den Geschwindigkeitsgradienten, eine Annahme, die gerechtfertigt ist, wenn der Geschwindigkeitsgradient im Sinne der Hydrodynamik klein ist.
Weiterhin tritt keine Viskosität auf, wenn sich die Strömung in starrer Rotation ( mit dem Abstandsvektor von der Drehachse) befindet, wobei die Winkelgeschwindigkeit ist, die aus dem schiefsymmetrischen Anteil des Geschwindigkeitsgradienten resultiert, siehe Kinematik in der Strömungsmechanik. Dieser schiefsymmetrische Anteil hat mithin keinen Einfluss auf die Spannungen, weswegen allein der symmetrische Anteil D des Geschwindigkeitsgradienten
Spannungen verursacht. Das hochgestellte T bildet die Transposition. Mit der weiteren Annahme einer isotropen Flüssigkeit werden die unmittelbaren Stoffeigenschaften durch skalare Größen beschrieben. Damit wird der Reibungstensor:
Darin ist das Kronecker-Delta, die Volumenviskosität, die erste Lamé-Konstante, der Spur-Operator und ist der Einheitstensor. Der erste Term beschreibt die Viskosität durch volumentreue Deformation (der Tensor in den eckigen Klammern ist spurfrei oder deviatorisch). Der zweite Term stellt die Viskosität durch Volumenänderung dar. Dieser Term wird bei Inkompressibilität verschwinden, denn dann ist .
Literatur
- Joseph O. Hirschfelder, Charles F. Curtiss, Robert Byron Bird: Molecular Theory of Gases and Liquids. Wiley, 1964, ISBN 0-471-40065-3.
- John H. Lienhard IV und John H. Lienhard V: A Heat Transfer Textbook. 3. Auflage. Phlogiston, Cambridge 2005.
- Peter W. Atkins: Physikalische Chemie / A. Höpfner (Übers.). 3., korr. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2002, ISBN 3-527-30236-0.
- J. M. Dealy: Structure and Rheology of Molten Polymers. Hanser Fachbuchverlag, München 2006.
- C. Gabriel: Einfluss der molekularen Struktur auf das viskoelastische Verhalten von Polyethylenschmelzen. Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen 2001.
- C. Piel, F. J. Stadler, J. Kaschta, S. Rulhoff, H. Münstedt, W. Kaminsky: Structure-property relationships of linear and long-chain branched metallocene high-density polyethylenes and SEC-MALLS. In: Macromolecular Chemistry and Physics. Band 207, Nr. 1, 2006, S. 26–38.
- Lothar Gehm: RHEOLOGIE – Praxisorientierte Grundlagen und Glossar. Vincentz, 1998, ISBN 3-87870-449-6.
- F. R. Schwarzl: Polymermechanik. Springer, Heidelberg / Berlin / New York 1993.
Weblinks
- Viskosität ( vom 29. September 2007 im Internet Archive) (PDF-Datei; 157 kB)
- Video: Viskosität und NEWTONscher Impulstransport – Warum braucht man mehr Kraft, wenn man schneller umrührt?. Jakob Günter Lauth (SciFox) 2013, zur Verfügung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek (TIB), doi:10.5446/15655.
Einzelnachweise
- Bedeutungsübersicht: Viskosität. Duden online, abgerufen am 26. März 2017.
- DIN 1342-2:2003-11
- Viskosität. In: Lexikon der Physik. Spektrum Akademischer Verlag, abgerufen am 16. November 2017.
- Viskosität Definition. In: Aral. Abgerufen am 12. Dezember 2023.
- http://www.eisenbahnkultur.de/Strecke-219a/strecke-219a.html – Quelle für den Bahntransport von Rohöl vom Ölfeld bei Barenburg in Richtung Raffinerie
- Valentin Schröder: Prüfungstrainer Strömungsmechanik. Vieweg & Teubner, 2011, S. 1, doi:10.1007/978-3-8348-8274-5_1.
- Deepak Doraiswamy: The Origins of Rheology: A Short Historical Excursion. In: The Society of Rheology (Hrsg.): Rheology Bulletin. Band 71, Nr. 2, Januar 2002, S. 2 (englisch). The Origins of Rheology: A Short Historical Excursion ( vom 19. August 2019 im Internet Archive)
- Alexander Y. Malkin, Avraam I. Isayev: Rheology. Concepts, Methods and Application. 2. Auflage. Toronto 2012.
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Autor: www.NiNa.Az
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Die Viskositat ist die Zahflussigkeit oder Zahigkeit von Flussigkeiten und Gasen Fluiden Sie bemisst den Widerstand den ein fliessfahiges vorwiegend flussiges oder gasformiges Stoffsystem seiner irreversiblen Verformung entgegensetzt Sie ist um so grosser je mehr Spannung aufgebracht werden muss um eine bestimmte Verformungsgeschwindigkeit zu erreichen Im Unterschied zur Elastizitat wird die zur Verformung aufgewandte Energie in Warme verwandelt ahnlich wie bei mechanischer Reibung Unabhangig davon ist die kinetische Energie der bewegten Flussigkeit oder des bewegten Gases zu betrachten die wie immer nur von Geschwindigkeit und Masse abhangt aber nicht von der Viskositat Physikalische GrosseName dynamische ViskositatFormelzeichen h displaystyle eta m displaystyle mu Grossen und Einheitensystem Einheit DimensionSI Pa s N s m 2 kg m 1 s 1 M L 1 T 1cgs P M L 1 T 1Physikalische GrosseName kinematische ViskositatFormelzeichen n displaystyle nu Grossen und Einheitensystem Einheit DimensionSI m2 s 1 L2 T 1cgs St L2 T 1 Die Viskositat resultiert zu einem Teil aus den Anziehungskraften zwischen den Teilchen des Fluids Kohasion Bei dunnflussigeren Fluiden hat zusatzlich der Impulsfluss im Fluid eine Bedeutung Je hoher die Viskositat ist desto dickflussiger weniger fliessfahig ist das Fluid je niedriger die Viskositat desto dunnflussiger fliessfahiger ist es Ohne weitere Angaben ist der Widerstand des Fluids gegenuber Scherung gemeint Sie wird daher als Scherviskositat bezeichnet zur Abgrenzung gegenuber der Dehnviskositat bei Dehnung sowie der Volumenviskositat bei gleichmassigem Druck Des Weiteren wird zwischen der dynamischen Viskositat h displaystyle eta und der kinematischen Viskositat n displaystyle nu unterschieden Die dynamische Viskositat ist das Verhaltnis von Schubspannung und Geschwindigkeitsgradient Der Kehrwert der dynamischen Viskositat ist die Fluiditat Die dynamische Viskositat h displaystyle eta und die kinematische Viskositat n displaystyle nu stehen uber die Dichte r displaystyle rho in direktem Zusammenhang h n r displaystyle eta nu cdot rho Teilchen zaher Flussigkeiten sind starker aneinander gebunden und somit weniger beweglich Viskositat ist somit auch die Eigenschaft eines Fluids ihrer Verformung einen Widerstand entgegenzusetzen Der Verformungswiderstand ist bei hoherer Viskositat starker als bei niedriger Die Viskositat von Feststoffen ist sehr viel hoher als die von Flussigkeiten und damit schwer bestimmbar Fliessbewegungen von Feststoffen finden sich beispielsweise bei tektonischen Faltungen in der Geologie Statt Viskositat werden Begriffe wie Verlustfaktor Speicher und Verlustmodul verwendet Die blaugrune Flussigkeit links ist niederviskos wie Wasser die orange rechts hochviskos wie Honig Die Viskositat taucht in der Berechnung des viskosen Spannungstensors auf Die Bestimmung der Viskositat ist wichtig um die Schmiereigenschaften von Schmierstoffen abzuschatzen Das Wort Viskositat geht auf den typisch zahflussigen Saft der Beeren in der Pflanzengattung Misteln Viscum zuruck Aus solchen Misteln wurde Vogelleim gewonnen Viskos bedeutet zah wie Vogelleim DefinitionAbbildung 1 Definition der Viskositat Das Fluid blau wird zwischen ruhender Platte unten und mit Geschwindigkeit v displaystyle v bewegter Platte oben geschert Man stelle sich zwei im Abstand d displaystyle d parallel angeordnete Platten der Flache A displaystyle A vor Zwischen diesen Platten befindet sich eine Flussigkeit die an beiden Platten haftet In unserer Vorstellung soll der Raum mit der Flussigkeit in Schichten unterteilt sein Wird nun die obere Platte mit der Geschwindigkeit v displaystyle v bewegt so bewegt sich die Schicht in unmittelbarer Nachbarschaft auf Grund der Haftung ebenfalls mit der Geschwindigkeit v displaystyle v Da die untere Platte ruht ruht auch ihre Nachbarschicht Die innenliegenden Flussigkeitsschichten gleiten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten aneinander vorbei Die Geschwindigkeit nimmt von der ruhenden Platte zur bewegten zu Von der obersten an der Platte haftenden Schicht geht eine Tangentialkraft auf die darunterliegende Schicht aus Diese bewegt sich folglich mit der Geschwindigkeit v1 displaystyle v 1 Diese Schicht wirkt wiederum auf die darunterliegende Schicht und bewegt sie mit der Geschwindigkeit v2 displaystyle v 2 Im Experiment lasst sich zeigen dass im Idealfall die Kraft F displaystyle F die notig ist um die obere Platte zu bewegen proportional zur Flache A displaystyle A dem Geschwindigkeitsunterschied Dv displaystyle Delta v und antiproportional zum Abstand der Platten Dy displaystyle Delta y ist F A displaystyle F sim A und F Dv displaystyle F sim Delta v und F 1Dy displaystyle F sim frac 1 Delta y Hieraus ergibt sich die Gleichung F hADvDy displaystyle F eta A frac Delta v Delta y Die Proportionalitatskonstante h displaystyle eta ist die dynamische Viskositat Die Anderung der Geschwindigkeit senkrecht zur Bewegungsrichtung also der Geschwindigkeitsgradient g DvDy dvdy displaystyle dot gamma frac Delta v Delta y frac mathrm d v mathrm d y auch mit D displaystyle D oder G displaystyle G bezeichnet wird Verformungsgeschwindigkeit Schergeschwindigkeit oder Scherrate genannt Mit der Schubspannung t FA displaystyle tau frac F A ergibt sich der Zusammenhang t h g displaystyle tau eta cdot dot gamma EinheitenIm SI Einheitensystem gilt Ein Stoff der sich zwischen zwei Platten befindet hat die dynamische Viskositat 1 Ns m wenn bei einer Grosse der Platten von 1 m und einem Plattenabstand von 1 m eine Kraft von 1 N benotigt wird um die Platten mit einer Geschwindigkeit von 1 m s gegeneinander zu verschieben Fur die physikalische Einheit der dynamischen Viskositat gilt also 1N h m2 mm s h N sm2 kgm s 1Pa s displaystyle mathrm 1 N eta cdot left frac m 2 cdot m m cdot s right Rightarrow eta frac N cdot s m 2 frac kg m cdot s 1 Pa cdot s Fur die SI Einheit der kinematischen Viskositat gilt n m2s displaystyle nu mathrm frac m 2 s In der Praxis wird fur die dynamische Viskositat neben der Pa s Pascalsekunde ausserdem der tausendste Teil der SI Einheit mPa s Millipascalsekunde fur Medien niedriger Viskositat verwendet Im CGS System wird die dynamische Viskositat in Poise P gemessen wobei 1 P 1 dyn s cm2 0 1 N s m2 1 dPa s Dezipascalsekunde und die kinematische Viskositat in Stokes St mit 1 St 1 cm2 s 10 4 m2 s Das Engler Grad ist eine veraltete Einheit fur die Viskositat Diese Einheit gibt die Viskositat im Vergleich zu Wasser an Siehe auch Grad MacMichael Viskositat von FlussigkeitenAbbildung 2 Modellvorstellung zur Viskositat Links eine Veranschaulichung zum Geschwindigkeitsgradienten 2 sowie die Form des Gradienten fur den Betrag der Geschwindigkeit gestrichelt Fur den genauen Verlauf siehe Korkenzieherstromung Rechts eine Veranschaulichung fur die verzahnten Molekulschichten 1 Den Effekt innerer Reibung kann man sich vereinfacht durch die Bewegung zweier ubereinander liegender verzahnter Molekulschichten vorstellen siehe Abb 2 Punkt 1 Beim Fliessen gleiten die Molekule aneinander vorbei und um die Verzahnung zu uberwinden benotigt man eine gewisse Kraft Den Zusammenhang zwischen dieser Kraft und den Eigenschaften des vorliegenden Fluids definiert die Viskositat Erkennbar wird dieser Zusammenhang besonders gut an der homologen Reihe der Alkane kettenformige Kohlenwasserstoffe hier steigt die Viskositat mit der Kettenlange und damit den zunehmenden intermolekular wirkenden Van der Waals Kraften kontinuierlich an Bei den mittleren Alkanen ab Nonan neun C Atome hat sie bereits einen Wert ahnlich dem von Wasser Sehr gut veranschaulichen kann man sich die Viskositat auch an folgendem Beispiel gleitet Wind uber das Wasser eines Ozeans erzeugt dies eine Bewegung der Wasserschicht an der Oberflache Je tiefer man nun taucht desto ruhiger wird das Wasser bis man einen Punkt erreicht wo keine Stromung herrscht Laminare Stromungen Laminare Stromung in einer Rohre Die einzelnen Flussigkeitsschichten bewegen sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit v displaystyle v es entsteht ein Geschwindigkeitsgradient siehe Abb 2 Punkt 2 Bei Fliessgewassern Rohrleitungen und Blutgefassen wird dieses Stromungsverhalten Laminare Stromung genannt Das Geschwindigkeitsprofil laminarer Stromungen hangt von der Viskositat der stromenden Flussigkeit ab Je hoher die Viskositat desto geringer ist der Geschwindigkeitsgradient vom Rohren oder Rinnenrand zur Gefassmitte Aus diesem Grunde wird in der Medizin bei kritisch verminderter Durchblutung beispielsweise Gehirn durchblutung beim Schlaganfall die Viskositat des Blutes durch Hamodilution Blutverdunnung mittels Infusion von Plasmaexpandern Blutverdunnung vermindert um die Kapillardurchblutung zu verbessern Diese Hamodilution ist nicht zu verwechseln mit der Antikoagulation Gerinnungshemmung Letztere wird entweder zusatzlich angewandt oder bei gleichzeitiger Blutung vermieden In der Erdolforderung wird von der Viskositat des Rohols abhangig gemacht ob es zur Weiterverarbeitung in Pipelines oder in Tankfahrzeugen nicht zuletzt per Eisenbahn transportiert wird Newtonsche Fluide Handelt es sich um sehr dunne Fluidschichten so ist der Geschwindigkeitsverlauf linear wie in obiger Herleitung Dieser Zusammenhang wurde bereits 1687 von Isaac Newton unterstellt The resistance which arises from the lack of slipperiness originating in a fluid other things being equal is proportional to the velocity by which the parts of the fluid are being separated from each other Der Widerstand der durch den Mangel an Gleitfahigkeit innerhalb einer Flussigkeit entsteht ist vorausgesetzt dass alle anderen Bedingungen gleich bleiben proportional zu der Geschwindigkeit mit der die Flussigkeitsteilchen voneinander getrennt werden Isaac Newton Philosophiae Naturalis Principia Mathematica Abbildung 3 Schubspannungs Schergeschwindigkeits Diagramm 1 Scherverzahendes dilatantes Fluid 2 Newtonsches Fluid 3 Scherverdunnendes pseudoplastisches Fluid 4 Bingham plastisches Fluid 5 Casson plastisches Fluid Nach rechts ist die Schergeschwindigkeit und nach oben die daraus resultierende Schubspannung angetragen Flussigkeiten die diesem linearen Zusammenhang folgen werden deswegen als Newtonsche Fluide bezeichnet Ist h displaystyle eta von v displaystyle v abhangig so bezeichnet man die Flussigkeit als nicht newtonsch oder nichtnewtonsch Beim Newtonschen Viskositatsgesetz wird stets laminare Stromung sowie Temperatur und Druckunabhangigkeit der Flussigkeitseigenschaften angenommen Fur diese Stoffe stellt sich das im Schubspannungs Schergeschwindigkeits Diagramm gezeigte lineare Geschwindigkeitsprofil ein Abb 3 Kurve 2 Newtonsches Fluid In den rheologischen Modellen wird das Newtonsche Verhalten durch das Newton Element einem Dampfungszylinder ahnlich einem Stossdampfer dargestellt Nicht Newtonsche Fluide Viele Substanzen folgen diesem Gesetz jedoch nicht sondern zeigen ein zeit oder schergeschwindigkeitsabhangiges Verhalten Dabei unterscheidet man verschiedene Arten der Abweichung Fliessgrenze es muss erst eine gewisse Mindestschubspannung vorhanden sein um ein Fliessen zu erreichen plastisches Fliessen Diese Art Fluid wird auch als Bingham Fluid bezeichnet Strukturviskositat Dilatanz dabei ist die Viskositat h displaystyle eta keine Konstante sondern andert sich mit dem Schergefalle g displaystyle dot gamma Thixotropie Rheopexie hierbei zeigen sich zeitabhangige Strukturveranderungen so dass je nach Zeitdauer seit der letzten Fliessbewegung andere Viskositatswerte zu finden sind Im allgemeinen Fall muss das Schergefalle g displaystyle dot gamma aus dem Scherwinkel in der Flussigkeit berechnet werden und nicht uber den Geschwindigkeitsgradienten Das Verhaltnis tg displaystyle frac tau dot gamma wird in diesem Fall auch scheinbare Viskositat genannt Viskoelastische Materialien konnen mit der komplexen Viskositat bei der von einer sinusformigen Scherung ausgegangen wird beschrieben werden Typische Nicht Newtonsche Fluide sind zusammengesetzte Substanzen wie Blut und Ketchup Da Blut sowohl aus den festen Substanzen des Hamatokrits als auch des Blutplasmas besteht das Mischungsverhaltnis jedoch stark variiert verandert sich auch die Viskositat Bei hohem Anteil der festen Substanzen ist z B die Leistungsfahigkeit in Ausdauer Sportarten deutlich erhoht bei zu hohen durch Doping kann dies zum Tod fuhren Temperaturabhangigkeit Die dynamische Viskositat der meisten Flussigkeiten nimmt mit steigender Temperatur ab und kann oft mit der Arrhenius Andrade Beziehung beschrieben werden h h0 exp EAR T displaystyle eta eta 0 cdot exp left frac E mathrm A R cdot T right mit h0 displaystyle eta 0 eine Materialkonstante EA displaystyle E mathrm A die Aktivierungsenergie auch Platzwechselenergie R displaystyle R die allgemeine Gaskonstante T displaystyle T die absolute Temperatur Bei Flussigkeiten in der Nahe d h bis ca 100 K uber der Glasubergangstemperatur gilt meist die WLF Beziehung Hier dominiert namlich das sehr geringe freie Volumen das in der Nahe der Glasubergangstemperatur viel starker von der Temperatur abhangt als die Kettenbeweglichkeit die hinter der Arrhenius Andrade Beziehung steht Die Abhangigkeit der kinematischen Viskositat von der Temperatur wird bei Olen durch den Viskositatsindex beschrieben Speziell fur Wasser lasst sich die Viskositat im Temperaturbereich zwischen 0 C und 100 C mit nachfolgend angegebener Gebrauchsformel ermitteln Dabei ist die Temperatur in der Einheit Kelvin einzusetzen Der damit berechnete Wert entspricht der dynamischen Viskositat in der Einheit Pa s hWasser 10 1 T2 34 335 T 2472 displaystyle eta text Wasser frac 1 0 1 cdot T 2 34 335 cdot T 2472 An Wasserhahnen aussert sich die Temperaturabhangigkeit der Viskositat in der Anderung des Stromungsgerausches bei Ansteigen der Wassertemperatur Messung Messanordnungen von links nach rechts koaxiale Zylinder Platte Platte Kegel Platte bewegter Teil in Orange unbewegter Teil in blassem Violett Fluid in Hellblau Die Viskositat von Flussigkeiten kann mit einem Viskosimeter z B gemass EN ISO 3219 gemessen werden Ein Rheometer ermoglicht es daruber hinaus noch weitere rheologische Eigenschaften auch von Festkorpern zu bestimmen Bei beiden Geratetypen wird entsprechend der Viskositatsdefinition die zu messende Probe im Spalt zwischen zwei Korpern z B zwei koaxialen Zylindern oder zwei parallelen Platten eingebracht Ein Teil der Anordnung rotiert oder oszilliert mit definierter Geschwindigkeit wahrend der andere ruht Aus der Geometrie der Messanordnung und der Geschwindigkeit des bewegten Teiles ergibt sich die Schergeschwindigkeit Das zur Aufrechterhaltung der Bewegung notwendige Drehmoment wird gemessen woraus sich dann die Schubspannung und damit die Viskositat ermitteln lasst Eine schnelle und einfache jedoch sehr ungenaue Methode der Viskositatsbestimmung ist der Auslaufbecher Typische Werte Viskositat verschiedener Flussigkeiten in Abhangigkeit von der TemperaturViskositat der Losungen von Glycerin oder Saccharose Rohrzucker in Wasser in Abhangigkeit vom Massenanteil fur die Glycerin Losungen auch bei unterschiedlichen TemperaturenDas Pechtropfenexperiment ein seit 1927 laufendes Langzeit Experiment zur Viskositat von Pech einem superzahen MaterialFarblegendeWasser KohlenwasserstoffeLebensmittel Sauerstoff und ChlorkohlenwasserstoffeErdol Produkte MetalleMineralisches SonstigesStoff ViskositatDynamische h mPa s bzw cP Kinematische n mm s Wasser 00 0 C 1 791 1 792Wasser 00 5 C 1 518 1 518Wasser 0 10 C 1 306 1 306Wasser 0 20 C 1 001 1 003Wasser 0 25 C 0 891 0 893Wasser 0 30 C 0 797 0 801Wasser 0 50 C 0 546 0 553Wasser 0 80 C 0 354 0 364Wasser 100 C 0 282 0 294Wasser 200 C 1 55 MPa 0 135 0 156Wasser 300 C 8 6 MPa 0 0859 0 1206Blut 37 C in grossen Gefassen 3 bis 4Traubensaft 2 bis 5Olivenol 102Honig 104Sirup 104 bis 105Kaffeesahne 10Ethylenglycol 20 C 20 81 18 7Pentan 0 224 0 356Hexan 0 320 0 485Heptan 0 410 0 603Octan 0 538 0 769Nonan 0 711Decan 0 920Dodecan 1 52 2 02Benzol 0 601 0 683Paraffinol 102 bis 106Diethylether 0 240 0 338Diisopropylether 0 33Ethanol 1 19Essigsaure 80 2 31Glycerin rein 1480 1170Chloroform 0 56Lack 102Polymerschmelzen 103 bis 1013Petroleum 0 65 bis 1 5 0 8 bis 2Motorol 150 C 3Motorol 25 C 100Schwerol RMA 30 50 C 30Schwerol RMK 700 50 C 700Bitumen je nach Sorte 107 bis 1014Asphalt je nach Rezeptur 1011 bis 1016Quecksilber 1 55 0 115Gallium 2 03 0 344Aluminiumschmelze 700 C 2 0 85Magnesiumschmelze 652 C 1 24Magnesiumschmelze 725 C 0 96Glas Verarbeitungstemperatur 106 bis 1012Glas Raumtemperatur 1022 bis 1024Silikatarme Schmelze Basaltlava 1400 C 100 bis 101Silikatreiche Schmelze Rhyolithlava 1400 C 105 bis 107Steinsalz 1018 bis 1021Zahigkeit des Erdmantels bei der postglazialen Landhebung 1024AnmerkungenSofern nicht anders vermerkt beziehen sich die Werte auf die Viskositat bei 20 C Millipascal Sekunden mPa s sind identisch mit der fruher gebrauchlichen Einheit Zentipoise cP Der Wert von 3 4 mPa s bezieht sich auf die Viskositat von Blut in grossen Gefassen bei schneller Stromung und bei normalem Hamatokrit Die Viskositat von Blut hangt ab von der Menge der Bestandteile bes Hamatokrit aber auch von Gefassdurchmesser und Stromungsgeschwindigkeit denn Blut ist eine Nicht Newtonsche Flussigkeit In engen Kapillaren konnen sich die sonst bikonkaven scheibchenformigen roten Blutkorperchen verformen wodurch die Viskositat wesentlich sinkt auch der Fahraeus Lindqvist Effekt tragt zu einer Abnahme bei In grosseren Gefassen und bei langsamem Fluss konnen sich rote Blutkorperchen zu Aggregaten zusammenlagern wodurch sich die Viskositat erhoht Weniger viskos ist Blutplasma mit einem Wert von 1 2 mPa s Bei Polymeren gibt es einen sehr breiten Bereich an Viskositaten der im Wesentlichen von der Kettenlange und deren Verzweigungsstruktur aber auch von der Schergeschwindigkeit abhangt da sie Strukturviskositat aufweisen Es ist deshalb nicht sinnvoll fur Polymere einen einzigen Viskositatswert anzugeben Die genannten Werte dienen nur als Grossenordnung Hergestellt werden z B Silikonole PDMS mit definierten Viskositaten zwischen 0 6 mPa s bei 25 C und 1000 Pa s bei 27 C Polymerschmelzen konnen aber auch noch sehr viel hohere Viskositaten aufweisen Bei einem UHMW HDPE fur Huftgelenksimplantate wurden bei 150 C Viskositaten jenseits der 1010 Pa s gemessen Es muss betont werden dass die Angabe eines Viskositatswertes allein bei Substanzen mit Viskositaten uber 10000 Pa s nicht mehr sinnvoll ist Fur solche Substanzen sollte stattdessen der komplexe Schubmodul angegeben werden Thomas Mezger Das Rheologie Handbuch Vincentz Network GmbH 2007 Die hier angegebenen Werte dienen nur der groben Veranschaulichung der Grossenordnung Die Viskositat eines kristallinen Festkorpers ist prinzipiell unendlich gross Da auf lange Sicht durch die unvermeidlichen Fehlstellen im Kristallit dennoch eine irreversible Deformation auftreten kann erhalt man bei realen kristallinen Stoffen dennoch zwar sehr grosse aber endliche Werte Viskositat von GasenBei Fluiden mit niedriger Viskositat entspricht das Bild der inneren Reibung nicht den physikalisch korrekten Vorstellungen uber molekulbedingte Transportvorgange in Fluiden Stattdessen resultiert hier die Viskositat im Fluid aus einem Impulsfluss der mit dem folgenden Bild veranschaulicht werden kann Die Stromfaden in der Stromung werden durch Zuge versinnbildlicht die mit unterschiedlicher Geschwindigkeit parallel nebeneinanderher fahren und mit Sandsacken beladen sind Die Sandsacke entsprechen den Fluidelementen im Stromfaden Personen auf den Zugen werfen die Sandsacke auf den jeweils anderen Zug was der zufalligen thermischen Bewegung der Fluidelemente zwischen den Stromfaden gleichkommt Landet ein Sack des langsameren Zuges auf dem schnelleren dann nimmt der Sandsack Impuls auf den der schnellere Zug an ihn abgibt und so selbst langsamer wird Wenn umgekehrt ein Sack des schnelleren Zuges auf dem langsameren landet nimmt der Zug den Impuls des Sandsacks auf und wird so selbst schneller Durch diesen Impulsaustausch wird der schnellere Zug abgebremst und der langsamere beschleunigt Viskositat stellt demnach einen Impulsfluss von einem schneller fliessenden Stromfaden auf einen langsamer fliessenden dar In einer Kontinuumsstromung tauschen die Fluidelemente Impulse uber die zwischen ihnen wirkenden Spannungen aus Zwischen den unterschiedlich schnell nebeneinanderher fliessenden Stromfaden kommt es zu Schubspannungen die sich makroskopisch als Viskositat bemerkbar machen Abschatzung Viskositat verschiedener Gase bei NormaldruckViskositat von Stickstoff in Abhangigkeit vom Druck fur verschiedene TemperaturenViskositat von Stickstoff in Abhangigkeit von der Temperatur fur verschiedene Drucke Fur Gase lasst sich die Viskositat anhand einer mikroskopischen Betrachtung des Impulsflusses abschatzen h 13nmvl displaystyle eta frac 1 3 n m v lambda mit der freien Weglange l displaystyle lambda fur die Gasteilchen der Masse der Gasteilchen m displaystyle m der mittleren Teilchengeschwindigkeit v displaystyle v und der Teilchenzahldichte n displaystyle n Die Viskositat von Gasen ist bei niedrigen Drucken 0 1 bis 10 bar unabhangig vom Druck Dies gilt solange wie die freie Weglange klein gegenuber den Gefassabmessungen und gross gegenuber den Molekulabmessungen ist Mit anderen Worten Fur ein sehr dunnes oder ein sehr dichtes Gas wird die Viskositat doch wieder vom Druck beziehungsweise der Dichte des Gases abhangig Grundsatzlich abhangig ist die Viskositat aber von der Temperatur Mit zunehmender Temperatur steigt die Viskositat da die mittlere Teilchengeschwindigkeit v displaystyle v proportional zu T0 5 displaystyle T 0 5 wachst siehe unten Dieses Verhalten ist bei den meisten Flussigkeiten genau entgegengesetzt Die folgende Tabelle listet zu einigen Gasen die Viskositaten und freien Weglangen auf Gas unter Norm bedingungen h µPa s l nm Luft 18 2 0 59 8Sauerstoff O2 19 2 0 63 3Kohlendioxid CO2 13 8 0 39 0Stickstoff N2 16 6 0 58 8Argon Ar 21 0 0 62 6Neon Ne 29 7 124 0Helium He 18 6 174 0Wasserstoff H2 0 8 4 111 0Kinetische Gastheorie Nach Hirschfelder kann die Viskositat reiner Gase mit Hilfe der kinetischen Gastheorie in einem grossen Temperaturbereich etwa von 200 bis 3000 Kelvin berechnet werden h 5 p m kB T16 p s2 W 2 2 displaystyle eta frac 5 cdot sqrt pi cdot m cdot k mathrm B cdot T 16 cdot pi cdot sigma 2 cdot Omega 2 2 star Hierbei ist m displaystyle m die Molekulmasse kB displaystyle k mathrm B die Boltzmann Konstante T displaystyle T die Temperatur s displaystyle sigma der Lennard Jones Stossdurchmesser und W 2 2 displaystyle Omega 2 2 star das reduzierte Stossintegral das von der reduzierten Temperatur T kBT ϵ displaystyle T star k mathrm B T epsilon abhangt ϵ displaystyle epsilon ist die Energie des Lennard Jones Potentials Werte fur die Lennard Jones Parameter und das reduzierte Stossintegral sind in Lienhards Lehrbuch zur Warmeubertragung in Kapitel 11 aufgefuhrt Das reduzierte Stossintegral W 2 2 displaystyle Omega 2 2 star ist so definiert dass fur ein ideales Gas bei dem Teilchenwechselwirkungen wie Stosse harter Kugeln betrachtet werden W 2 2 1 displaystyle Omega 2 2 star 1 gilt Physik des ReibungstensorsDie Viskositat begrundet sich aus dem Experiment nach dem zur Aufrechterhaltung einer Scherstromung eine Kraft erforderlich ist Diese Kraft bewirkt einen Impulsaustausch innerhalb der Stromung bzw mit dem Rand weshalb sie zur Kategorie der Oberflachenkrafte zahlt Kontinuumsstromungen tauschen Impuls uber mechanische Spannungen aus wobei ein Spannungsanstieg eine Beschleunigung bewirkt Im Kontinuum lasst sich die beschleunigende Kraft in der allgemeinsten Form als Divergenz eines Tensors formulieren F S div S displaystyle vec F nabla cdot mathbf S operatorname div mathbf S wobei S displaystyle mathbf S die Komponente des Spannungstensors auf Grund der Viskositat ist und zaher Spannungstensor oder Reibungstensor heisst Der Nabla Operator displaystyle nabla bildet hier die Divergenz div des Reibungstensors Aus dem Experiment folgt unmittelbar dass der Reibungstensor eine Funktion der raumlichen Anderung der Stromungsgeschwindigkeit ist S S grad v displaystyle mathbf S mathbf S operatorname grad vec v Der Operator grad bildet aus der Geschwindigkeit v displaystyle vec v den Geschwindigkeitsgradient Da kein Impulsfluss bei homogener Stromung v const displaystyle vec v text const oder grad v 0 displaystyle operatorname grad vec v mathbf 0 enthalt der Reibungstensor keine Komponenten die unabhangig vom Geschwindigkeitsgefalle sind In Newtonschen Fluiden sind die Spannungen linear in den Geschwindigkeitsgradienten eine Annahme die gerechtfertigt ist wenn der Geschwindigkeitsgradient im Sinne der Hydrodynamik klein ist Weiterhin tritt keine Viskositat auf wenn sich die Stromung in starrer Rotation v W r displaystyle vec v vec Omega times vec r mit dem Abstandsvektor r displaystyle vec r von der Drehachse befindet wobei W displaystyle vec Omega die Winkelgeschwindigkeit ist die aus dem schiefsymmetrischen Anteil des Geschwindigkeitsgradienten resultiert siehe Kinematik in der Stromungsmechanik Dieser schiefsymmetrische Anteil hat mithin keinen Einfluss auf die Spannungen weswegen allein der symmetrische Anteil D des Geschwindigkeitsgradienten D 12 grad v grad v 12 2 vx x vx y vy x vx z vz x2 vy y vy z vz ysym 2 vz z displaystyle mathbf D frac 1 2 operatorname grad vec v operatorname grad vec v top frac 1 2 begin pmatrix 2 frac partial v x partial x amp frac partial v x partial y frac partial v y partial x amp frac partial v x partial z frac partial v z partial x amp 2 frac partial v y partial y amp frac partial v y partial z frac partial v z partial y text sym amp amp 2 frac partial v z partial z end pmatrix Spannungen verursacht Das hochgestellte T bildet die Transposition Mit der weiteren Annahme einer isotropen Flussigkeit werden die unmittelbaren Stoffeigenschaften durch skalare Grossen beschrieben Damit wird der Reibungstensor S 2h D 13Sp D 1 zSp D 1bzw Sij h vi xj vj xi 23dij k 13 vk xk zdij k 13 vk xk displaystyle mathbf S 2 eta left mathbf D frac 1 3 operatorname Sp mathbf D mathbf 1 right zeta operatorname Sp mathbf D mathbf 1 quad text bzw quad S ij eta left frac partial v i partial x j frac partial v j partial x i frac 2 3 delta ij sum k 1 3 frac partial v k partial x k right zeta delta ij sum k 1 3 frac partial v k partial x k Darin ist d displaystyle delta das Kronecker Delta z l 23h displaystyle zeta lambda tfrac 2 3 eta die Volumenviskositat l displaystyle lambda die erste Lame Konstante Sp displaystyle operatorname Sp der Spur Operator und 1 displaystyle mathbf 1 ist der Einheitstensor Der erste Term beschreibt die Viskositat durch volumentreue Deformation der Tensor in den eckigen Klammern ist spurfrei oder deviatorisch Der zweite Term stellt die Viskositat durch Volumenanderung dar Dieser Term wird bei Inkompressibilitat verschwinden denn dann ist Sp D div v 0 displaystyle operatorname Sp mathbf D operatorname div vec v 0 LiteraturJoseph O Hirschfelder Charles F Curtiss Robert Byron Bird Molecular Theory of Gases and Liquids Wiley 1964 ISBN 0 471 40065 3 John H Lienhard IV und John H Lienhard V A Heat Transfer Textbook 3 Auflage Phlogiston Cambridge 2005 Peter W Atkins Physikalische Chemie A Hopfner Ubers 3 korr Auflage Wiley VCH Weinheim 2002 ISBN 3 527 30236 0 J M Dealy Structure and Rheology of Molten Polymers Hanser Fachbuchverlag Munchen 2006 C Gabriel Einfluss der molekularen Struktur auf das viskoelastische Verhalten von Polyethylenschmelzen Lehrstuhl fur Polymerwerkstoffe Friedrich Alexander Universitat Erlangen Nurnberg Erlangen 2001 C Piel F J Stadler J Kaschta S Rulhoff H Munstedt W Kaminsky Structure property relationships of linear and long chain branched metallocene high density polyethylenes and SEC MALLS In Macromolecular Chemistry and Physics Band 207 Nr 1 2006 S 26 38 Lothar Gehm RHEOLOGIE Praxisorientierte Grundlagen und Glossar Vincentz 1998 ISBN 3 87870 449 6 F R Schwarzl Polymermechanik Springer Heidelberg Berlin New York 1993 WeblinksCommons Viscosity Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Wiktionary Viskositat Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Wikibooks Tabellenwerte zur dynamischen Viskositat gasformiger Stoffe Lern und Lehrmaterialien Viskositat Memento vom 29 September 2007 im Internet Archive PDF Datei 157 kB Video Viskositat und NEWTONscher Impulstransport Warum braucht man mehr Kraft wenn man schneller umruhrt Jakob Gunter Lauth SciFox 2013 zur Verfugung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek TIB doi 10 5446 15655 EinzelnachweiseBedeutungsubersicht Viskositat Duden online abgerufen am 26 Marz 2017 DIN 1342 2 2003 11 Viskositat In Lexikon der Physik Spektrum Akademischer Verlag abgerufen am 16 November 2017 Viskositat Definition In Aral Abgerufen am 12 Dezember 2023 http www eisenbahnkultur de Strecke 219a strecke 219a html Quelle fur den Bahntransport von Rohol vom Olfeld bei Barenburg in Richtung Raffinerie Valentin Schroder Prufungstrainer Stromungsmechanik Vieweg amp Teubner 2011 S 1 doi 10 1007 978 3 8348 8274 5 1 Deepak Doraiswamy The Origins of Rheology A Short Historical Excursion In The Society of Rheology Hrsg Rheology Bulletin Band 71 Nr 2 Januar 2002 S 2 englisch The Origins of Rheology A Short Historical Excursion Memento vom 19 August 2019 im Internet Archive Alexander Y Malkin Avraam I Isayev Rheology Concepts Methods and Application 2 Auflage Toronto 2012 Arnd Kruger 50 Prozent Hamatokrit eine willkurliche Grenze NZZ 11 Juni 1999 in LimmatsharksZurich online Memento vom 6 Oktober 2014 im Internet Archive Viskositat von Flussigkeiten und Gasen In tec science 25 Marz 2020 abgerufen am 7 Mai 2020 deutsch Water dynamic absolute and kinematic viscosity vs temperature and pressure In engineeringtoolbox com Abgerufen am 5 April 2024 https www nist gov system files documents srd jpcrd382009101p pdf Ralf Brandes Rudi Busse Kreislauf In Schmidt Lang Heckmann Hrsg Physiologie des Menschen 31 Auflage Springer Heidelberg 2010 ISBN 978 3 642 01650 9 S 576f Nikos G Tsierkezos Ioanna E Molinou Thermodynamic Properties of Water Ethylene Glycol at 283 15 293 15 303 15 and 313 15 K In Journal of Chemical amp Engineering Data Band 43 Nr 6 1 November 1998 ISSN 0021 9568 S 989 993 doi 10 1021 je9800914 Dynamic absolute and kinematic viscosity vs temperature and pressure diisopropyl ether In stenutz eu Abgerufen am 5 April 2024 Nikolaj I Koskin Michail G Sirkevic Elementarphysik griffbereit Definitionen Gesetze Tabellen 2013 ISBN 978 3 322 84038 7 S 41 Walter Blanke Thermophysikalische Stoffgrossen Warme und Stoffubertragung 2013 ISBN 978 3 662 10545 0 S 146 H G Scharbert Einfuhrung in die Petrologie und Geochemie der Magmatite 1 Ausgabe Wien 1984 S 60 G Kaufmann K Lambeck Glacial isostatic adjustment and the radial viscosity profile from inverse modeling In Journal of Geophysical Research 107 Jahrgang B11 2002 S 2280 doi 10 1029 2001JB000941 bibcode 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