Das Rührstück ist ein Theaterstück das sein Publikum zu Tränen rühren soll Historisches UmfeldSeit dem Tod des Sonnenkön
Rührstück

Das Rührstück ist ein Theaterstück, das sein Publikum zu Tränen rühren soll.
Historisches Umfeld
Seit dem Tod des Sonnenkönigs 1715 gab es eine Gegenbewegung zur rationalistischen Staatsordnung des Absolutismus, die ihr Heil statt in der vordergründigen, berechnenden Vernunft im reinen Gefühl sah (Empfindsamkeit). Die Strenge des barocken Zeitalters wich dem emotional betonten Rokoko. Ein wichtiger Theoretiker dieser Strömung war etwa Jean-Baptiste Dubos. Jean-Jacques Rousseau wurde eine Generation später mit seinem Erziehungsroman Émile oder Über die Erziehung zu einer Art Medienfigur des 18. Jahrhunderts. Dieser Zeitgeist ließ das Rührstück als eine „halb ernste“ Gattung zwischen Tragödie und Komödie entstehen.
Die sogenannte Ständeklausel behielt die Tragödie im 17./18. Jahrhundert den Aristokraten vor. Die Bürger konnten nur komische Figuren sein. Dies war im Zuge der bürgerlichen Emanzipation in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein Ärgernis. Es wurden daher Möglichkeiten gesucht, bürgerliche Hauptfiguren in ernsten Stücken auftreten zu lassen und ihr Schicksal ernst zu nehmen. Daraus entwickelte sich im Rokoko die Sitte des gemeinsamen Weinens im Theater, das die Standesgrenzen innerhalb des Publikums überbrücken sollte.
Theorie
Eine Theorie des Rührstücks entwarf der französische Philosoph Denis Diderot, der sich mit seinen eigenen Theaterstücken allerdings nicht durchsetzen konnte. Gotthold Ephraim Lessing nahm seine Anregungen auf und versuchte, eine bürgerliche Version der Tragödie zu schaffen (z. B. Emilia Galotti, 1772). Entscheidend für das Rührstück ist, dass nicht im alten Sinne das Zerstörerische aller Leidenschaften angeprangert oder verlacht werden soll (siehe Vanitas), sondern das Aufbauende gewisser Leidenschaften, vor allem der sinnlichen Liebe und des Strebens nach gesellschaftlicher Emanzipation. So konnte das Rührstück entweder in die Richtung einer christlichen Mitleidsethik führen, was seine Aufwertung des Sinnlichen bemäntelte, oder die politisch-gesellschaftliche Solidarität emotional verklären.
Beispiele
Das populäre Rührstück, das manchmal von einer gehobenen „rührenden Komödie“ abgegrenzt wird, wurde immer mit einer gewissen Geringschätzung betrachtet. Das wohl berühmteste, einst ebenso verachtete wie beliebte Rührstück ist August von Kotzebues Menschenhass und Reue (1789). Im deutschen Sprachgebiet sind, neben vielen andern Autoren, August Wilhelm Iffland und später Charlotte Birch-Pfeiffer oder Karl von Holtei mit Rührstücken bekannt geworden.
Bei vielen Rührstücken spielt Gesang oder melodramatische Musik eine wichtige Rolle. Dem Rührstück verwandt sind die Opéra comique und weitere eher sentimentale Genres des Volkstheaters wie das Besserungsstück, das einen letzten Höhepunkt in den Dramen von Ferdinand Raimund erlebte (zum Beispiel Der Verschwender, 1834). Auch die Wiener Operette führt Traditionen des Rührstücks weiter (zum Beispiel Der Zarewitsch, 1927).
Eine moderne Variante des Rührstücks ist das Melodrama, das sich seit der Französischen Revolution entwickelte (zum Beispiel Die Waise und der Mörder, 1816). – Seit dem 20. Jahrhundert gibt es vor allem im Kino das Bedürfnis, über fiktive Schicksale zu weinen.
Literatur
- Horst Albert Glaser: Das bürgerliche Rührstück. Analekten zum Zusammenhang von Sentimentalität mit Autorität in der trivialen Dramatik Schröders, Ifflands, Kotzebues und anderer Autoren am Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Metzler, Stuttgart 1969 (Dichtung und Erkenntnis, Bd. 9).
- Birgit Pargner: Zwischen Tränen und Kommerz. Das Rührtheater Charlotte Birch-Pfeiffers (1800-1868) in seiner künstlerischen und kommerziellen Verwertung. Aisthesis, Bielefeld 1999. ISBN 3-89528-222-7
- Volker Corsten: Von heißen Tränen und großen Gefühlen. Funktionen des Melodramas im „gereinigten“ Theater des 18. Jahrhunderts. Lang, Frankfurt am Main 1999. ISBN 3-631-34974-2
- Lothar Fietz: Zur Genese des englischen Melodramas aus dem Rührstück und der bürgerlichen Tragödie: Lillo, Schröder, Kotzebue, Sheridan, Thompson, Jerrold. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 65, 1991, S. 99–116
Weblinks
Autor: www.NiNa.Az
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Das Ruhrstuck ist ein Theaterstuck das sein Publikum zu Tranen ruhren soll Historisches UmfeldSeit dem Tod des Sonnenkonigs 1715 gab es eine Gegenbewegung zur rationalistischen Staatsordnung des Absolutismus die ihr Heil statt in der vordergrundigen berechnenden Vernunft im reinen Gefuhl sah Empfindsamkeit Die Strenge des barocken Zeitalters wich dem emotional betonten Rokoko Ein wichtiger Theoretiker dieser Stromung war etwa Jean Baptiste Dubos Jean Jacques Rousseau wurde eine Generation spater mit seinem Erziehungsroman Emile oder Uber die Erziehung zu einer Art Medienfigur des 18 Jahrhunderts Dieser Zeitgeist liess das Ruhrstuck als eine halb ernste Gattung zwischen Tragodie und Komodie entstehen Die sogenannte Standeklausel behielt die Tragodie im 17 18 Jahrhundert den Aristokraten vor Die Burger konnten nur komische Figuren sein Dies war im Zuge der burgerlichen Emanzipation in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts ein Argernis Es wurden daher Moglichkeiten gesucht burgerliche Hauptfiguren in ernsten Stucken auftreten zu lassen und ihr Schicksal ernst zu nehmen Daraus entwickelte sich im Rokoko die Sitte des gemeinsamen Weinens im Theater das die Standesgrenzen innerhalb des Publikums uberbrucken sollte TheorieEine Theorie des Ruhrstucks entwarf der franzosische Philosoph Denis Diderot der sich mit seinen eigenen Theaterstucken allerdings nicht durchsetzen konnte Gotthold Ephraim Lessing nahm seine Anregungen auf und versuchte eine burgerliche Version der Tragodie zu schaffen z B Emilia Galotti 1772 Entscheidend fur das Ruhrstuck ist dass nicht im alten Sinne das Zerstorerische aller Leidenschaften angeprangert oder verlacht werden soll siehe Vanitas sondern das Aufbauende gewisser Leidenschaften vor allem der sinnlichen Liebe und des Strebens nach gesellschaftlicher Emanzipation So konnte das Ruhrstuck entweder in die Richtung einer christlichen Mitleidsethik fuhren was seine Aufwertung des Sinnlichen bemantelte oder die politisch gesellschaftliche Solidaritat emotional verklaren BeispieleDas populare Ruhrstuck das manchmal von einer gehobenen ruhrenden Komodie abgegrenzt wird wurde immer mit einer gewissen Geringschatzung betrachtet Das wohl beruhmteste einst ebenso verachtete wie beliebte Ruhrstuck ist August von Kotzebues Menschenhass und Reue 1789 Im deutschen Sprachgebiet sind neben vielen andern Autoren August Wilhelm Iffland und spater Charlotte Birch Pfeiffer oder Karl von Holtei mit Ruhrstucken bekannt geworden Bei vielen Ruhrstucken spielt Gesang oder melodramatische Musik eine wichtige Rolle Dem Ruhrstuck verwandt sind die Opera comique und weitere eher sentimentale Genres des Volkstheaters wie das Besserungsstuck das einen letzten Hohepunkt in den Dramen von Ferdinand Raimund erlebte zum Beispiel Der Verschwender 1834 Auch die Wiener Operette fuhrt Traditionen des Ruhrstucks weiter zum Beispiel Der Zarewitsch 1927 Eine moderne Variante des Ruhrstucks ist das Melodrama das sich seit der Franzosischen Revolution entwickelte zum Beispiel Die Waise und der Morder 1816 Seit dem 20 Jahrhundert gibt es vor allem im Kino das Bedurfnis uber fiktive Schicksale zu weinen LiteraturHorst Albert Glaser Das burgerliche Ruhrstuck Analekten zum Zusammenhang von Sentimentalitat mit Autoritat in der trivialen Dramatik Schroders Ifflands Kotzebues und anderer Autoren am Ende des achtzehnten Jahrhunderts Metzler Stuttgart 1969 Dichtung und Erkenntnis Bd 9 Birgit Pargner Zwischen Tranen und Kommerz Das Ruhrtheater Charlotte Birch Pfeiffers 1800 1868 in seiner kunstlerischen und kommerziellen Verwertung Aisthesis Bielefeld 1999 ISBN 3 89528 222 7 Volker Corsten Von heissen Tranen und grossen Gefuhlen Funktionen des Melodramas im gereinigten Theater des 18 Jahrhunderts Lang Frankfurt am Main 1999 ISBN 3 631 34974 2 Lothar Fietz Zur Genese des englischen Melodramas aus dem Ruhrstuck und der burgerlichen Tragodie Lillo Schroder Kotzebue Sheridan Thompson Jerrold In Deutsche Vierteljahrsschrift fur Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 65 1991 S 99 116WeblinksWiktionary Ruhrstuck Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen