Schloss Schwöbber ist ein in den 1570er Jahren erbautes dreiflügeliges Wasserschloss bei Königsförde in der Nähe von Ham
Schloss Schwöbber

Schloss Schwöbber ist ein in den 1570er Jahren erbautes dreiflügeliges Wasserschloss bei Königsförde in der Nähe von Hameln in Niedersachsen. Es ist einer der bedeutendsten Bauten der Weserrenaissance und war einst für seine Gartenanlagen berühmt. Heute wird es als gehobenes 5-Sterne-Hotel genutzt.
Geschichte
Ab etwa dem Jahr 1510 bis 1919 gehörte das Gut Schwöbber dem niedersächsischen Adelsgeschlecht der Münchhausen, dem auch der berühmte Lügenbaron entstammt. 1510 werden Stacius von Münchhausen, Pfandinhaber der hildesheimischen Amtsburg Aerzen, sowie seine Brüder als Lehnsleute des St. Bonfatiusstifts zu Hameln mit drei Meierhöfen zu Schwöbber genannt. 1518 wurde Stacius in einer Fehde erschlagen; sein Tod war mit ein Auslöser für die Hildesheimer Stiftsfehde. Stacius' vierter Sohn, Hilmar von Münchhausen, königlich spanischer Obrist im Dienste Philipps II., wurde als Söldnerführer zu einem der reichsten Männer seiner Zeit. Er und seine Söhne, Statius (1555–1633), und Hilmar der Jüngere (1558–1617), gehörten zu den großen Bauherren der Weserrenaissance; als ihre Hauptwerke errichteten sie neben Schwöbber die Schlösser Leitzkau, Bevern und Wendlinghausen.
Schlossbau
Nachdem er den Pfandbesitz am Schloss Stolzenau im Jahre 1562 zu Geld gemacht hatte (er behielt dort nur einen Burgmannshof, der seinen Nachfahren bis heute gehört), erwarb der Obrist Hilmar im Jahr 1564 das ehemalige Kloster Leitzkau bei Magdeburg zu freiem Eigentum und begann in den darauf folgenden Jahren mit dem Umbau zu einem Schloss. Ebenfalls 1564 erhielt er – nach langen Verhandlungen – die Belehnung mit Schwöbber als neu immatrikuliertem Rittergut, nebst der landesherrlichen Bewilligung, dort einen vererbbaren adeligen Sitz zu errichten. Dazu mussten vier Höfe umgesiedelt werden, deren Besitzer ein Stück weiter ins Tal zogen, wobei sie ihre Fachwerkhäuser mitnahmen. Einer davon hieß Schwöbber und dieser Name blieb dem neuen Edelhof erhalten. Ab etwa 1566 plante der Hamelner Baumeister Cord Tönnis den Schlossbau, der noch vor dem Tode Hilmars im Jahre 1573 mittels Drainage, Planierung und Ausschachtung, vielleicht auch schon Aufmauerung, begonnen und anschließend von seiner Witwe Lucia von Reden 1574–1578, mit der Errichtung des Mitteltraktes ausgeführt wurde. Hilmar übernahm 1570 die Pfandschaft am gräflich Hoya'schen Schloss Steyerberg mit der Domäne Kloster Schinna, wo er 1573 starb. Etwas später gelang es seiner Familie, das geringe Ackerland der Bauernhöfe in Schwöbber um 16 1/2 Hufe zu erweitern und im Tausch das Dorf Grupenhagen dazu zu gewinnen.
Bei der Erbteilung der Söhne im Jahre 1574 erloste der vierte Sohn, Hilmar der Jüngere von Münchhausen (1558–1617), das Gut Schwöbber sowie den Burgmannshof zu Rinteln, den der Obrist Hilmar und seine Brüder 1527 als schaumburgisches Lehen erworben hatten. 1588 baute er den Torflügel, von 1602 bis 1607 den nördlichen Teichflügel an. Über der Toreinfahrt befindet sich ein Doppelwappen Münchhausens, nämlich das der schwarzen Linie Hilmars des Jüngeren, und das der weißen Linie seiner Frau Dorothea (1568–1624), einer Schwester des Ludolf von Münchhausen auf Hessisch Oldendorf; sowie des Claus auf Apelern und des Otto, Erbauers von Schloss Schwedesdorf in Lauenau.
Dem Schloss samt Zehntscheune und umgebender Wassergräben war ursprünglich ein Wirtschaftshof vorgelagert, sodass die Anlage auch nach der vierten Seite abgeschlossen war. Eine der Töchter Hilmars des Jüngeren, Hedwig, heiratete 1607 Gerhard Clamor von dem Bussche; das Ehepaar baute sich auf dessen Gut Hünnefeld im Osnabrückischen ein neues Schloss nach dem Vorbild Schwöbbers, allerdings in schlichten Barockformen, anstelle des Renaissancedekors.
Im Jahr 1668 ging Schwöbber an die Enkel Hilmars des Jüngeren, Otto I. von Münchhausen (1643–1717) und seinen Bruder Burchard, über; ab 1690 gehörte es Otto allein. Um 1700 wurde ein noch der Renaissance verhafteter Garten angelegt. Der Garten in Schwöbber war zu damaliger Zeit so bekannt, dass er 1714 auch in dem Kupferstichwerk „Nürnbergische Hesperides“ des Kaufmanns Johann Christoph Volkamer beschrieben und abgebildet wurde. Für das Jahr 1715 ist bekannt, dass der russische Zar Peter I., der Große zu Gast in Schwöbber war, da er sich für die zur damaligen Zeit größte Pflanzensammlung Europas und die Orangerie mit ihrer Ananaskultur (s. Bild Ananas-Denkmal) interessierte.
Gartenkunst
1717 erbte Ottos Schwiegersohn und Neffe Friedrich von Münchhausen Schwöbber, 1741 folgemäßig dessen Sohn Landdrost Otto II. von Münchhausen (1716–1774), der sich wissenschaftlich mit Obst- und Gartenbau befasste, als Autor des damals verbreiteten gartenbaulich-landwirtschaftlichen Lehrbuches „Der Hausvater“; der als Begründer der Agrarwissenschaft gilt und über die aktuellen Strömungen der Gartenkunst bestens informiert war. Er wandelte den Schlosspark 1750 in einen der frühesten Englischen Landschaftsgärten Kontinentaleuropas (und nach bisherigem Forschungsstand wohl den frühesten deutschen Park von etwa acht Hektar Ausdehnung) um. Zedlers Universallexikon von 1743 berichtet vom „curiosen Münchhausischen Garten“, „woselbst man die schönsten und rarsten ausländischen Gewächse aus Ost- und Westindien zu sonderbarer Ergötzung beschauen kann: Ananas, Caffee-Bäume, Dattel, Mastix, zweyhundert Arten von Pomerantzen …“. Die Baumschule des Otto von Münchhausen war eine der bedeutendsten der damaligen Zeit; sie besaß als eine der ersten in Deutschland Gehölze aus Nordamerika. Der Freund Carl von Linnés erkannte bereits, dass die englischen Parks nicht ohne weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragbar waren:
„Man kann fürstliche Gärten nach der Art der englischen Parks anlegen; wenn wir deutschen Edelleute ihnen aber folgen und unsere Güter zu Parks machen wollten, so müßten wir auch so viele tausend Pfund von unsern Plantagen in Westindien zu erheben haben.“
Ottos Tochter Sidonie heiratete 1766 Johann Friedrich von Veltheim (1731–1800) auf Destedt im Braunschweigischen, wo sie ab 1768 – nach dem Vorbild des Schwöbberschen Parks – den dortigen kleinen Französischen Garten zu einem weitläufigen Landschaftspark erweiterten, unter Mitarbeit des Gärtners Lenke aus Schwöbber. Diesen Park übernahm 1774 Sidonies Bruder, der Hamelner Landrat Otto III. von Münchhausen (1753–1828), dessen Ehefrau Wilhelmine von Reden aus Hameln 1815 von ihrem Bruder, dem preußischen Bergwerksminister Graf Reden, die schlesischen Besitzungen um Niederschwedeldorf erbte, die dann an ihre Tochter und deren Ehemann, Ottos III., Neffen Adolf von Münchhausen aus Stolzenau, fielen.
Ottos III., dessen Sohn – Otto IV. (1786–1853) – ließ 1840 in Schwöbber die Schlosskapelle errichten. Die im Stil der Neorenaissance ausgestattete Kapelle ist eines der frühesten Beispiele für das Aufgreifen regionaler Renaissanceformen; etwa zehn Jahre bevor dies im Schloss Schwerin zu einem ersten Höhepunkt gelangte. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts war Schloss Schwöbber ein Zentrum des regionalen kulturellen Lebens und wurde zu einem touristischen Ziel. Der Bruder von Ottos IV. und Erbe August (1798–1861) ließ jedoch die berühmten Gewächshäuser in Schwöbber eingehen. Dessen Sohn Johann (1838–1919) verpachtete Schwöbber und kaufte Grund und Boden in Slowenien an.
20. Jahrhundert und später
Johann trat im Jahre 1900 Schloss Schwöbber an seinen Neffen Burchard (1867–1940) ab. 1907 kam es unter Zwangsverwaltung der Ritterschaft. 1908 brannte der Teichflügel durch einen Blitzschlag aus und 1920 wurden Gut und Schloss, die seit 1511 im Besitz der Familie Münchhausen gewesen waren, für 126.000 Goldmark (1,5 Millionen Mark Inflationswert) verkauft. Ein Vetter des letzten Besitzers schrieb: „Ein Jahrhundert Schwöbber kenne ich… Hohen Glanz des Hauses sah ich. Im Trödlerladen endeten 16 Möbelwagen voll Schwöbber.“
Der Erwerber, Eduard Meyer (1859–1931), Pächter eines Saatgutbetriebs in Friedrichswerth, baute den ausgebrannten Teichflügel wieder auf und ließ in den Jahren von 1920 bis 1922 die Inneneinrichtung durch die Architekten Wangenheim und Lübke und den Maler Oscar Wichtendahl in eklektizistischer Weise umgestalten (mit Anleihen beim Mittelalter, Barock, Rokoko, Empire, Klassizismus und Symbolismus), wodurch – neben einigen Bränden, die weiteres zerstörten – heute nur noch der geringste Teil im Originalzustand erhalten ist. Die Gestaltung der 1920er Jahre steht jedoch inzwischen unter Denkmalschutz.
Während des Zweiten Weltkriegs war ab 1943 ein Teil der Kunstwerke der Kunsthalle Bremen in Schloss Schwöbber ausgelagert. Kriegszerstörungen im Jahre 1945 sowie mangelnde Pflege und nachteilige Eingriffe nach 1960 führten zu einer fast vollständigen Aufhebung der einstigen historischen Struktur und Bedeutung der Parkanlagen. Die 2003 begonnene Wiederinstandsetzung orientierte sich an den Plänen der Architekten Heinrich Zeininger und Jürgen von Wangenheim (1875–1956) aus Wunstorf aus der Zeit um 1920. Das ehemalige Wegenetz konnte erst durch Aufgrabungen wieder rekonstruiert werden. Nach der Beseitigung des in fast 50 Jahren entstandenen Wildwuchses sind auch die alten Blickachsen wieder frei und lassen die besondere Qualität der Anlage als Landschaftspark erkennen. Nach dem Zweiten Weltkrieg dienten der Mittelbau und Teile des Torflügels von 1948 bis 1985 als Lehrerfortbildungsheim des Landes Niedersachsen unter der Leitung von Ada Lessing und nach ihrem Tod 1953 ihrer Tochter Ruth.
Von 1985 bis 2002 diente Schloss Schwöbber als Clubhaus des Golfplatzes Schloss Schwöbber. Im Oktober 1992 kam es erneut zu einem Großbrand im Mittelflügel. 2002 erwarben die Textilunternehmer Ursula und Friedrich Popken, Inhaber der Modekette „Ulla Popken“, das inzwischen einsturzgefährdete Gebäude und restaurierten und modernisierten das Schloss für 35 Millionen Euro. Im Jahr 2004 wurde dort das 5-Sterne-Hotel „Schlosshotel Münchhausen“ eröffnet. Friedrich Popken wurde für seine Verdienste um den Erhalt des Schlosses 2008 mit dem Verdienstkreuz am Bande des Niedersächsischen Verdienstordens ausgezeichnet. Am 1. Januar 2024 gingen Schloss und Hotel auf seinen Sohn Roberto Alegnini über. Das Gourmet-Restaurant „Hilmar“ im Schlosshotel unter der Leitung von erhielt 2024 einen Michelin-Stern.
Bildergalerie
- Eingangsbereich mit Torflügel
- Seitenansicht vom Park aus
- Schlosskapelle
- Rittersaal Kamin
- Rittersaal Treppe
- Küche aus dem Mittelalter
Literatur
- Hans Joachim Tute (Verf.), F. Popken (Hrsg.): Schloss Schwöbber: Geschichte und Gegenwart. Quensen, Hildesheim / Lamspringe 2005, ISBN 3-922805-89-2.
- Bernhard Schelp: Die baulichen Veränderungen an Schloß Schwöbber. In: … zur zierde und schmuck angelegt …. (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland; 22) 1996, S. 109–138.
- Claus Bieger: Schloß Schwöbber: aus der Geschichte eines Kulturdenkmals. In: Niedersächsische Denkmalpflege, 15.1991/1992(1995), S. 73–80.
- Marcus Köhler: Frühe norddeutsche Landschaftsgärten zwischen 1750 und 1770: die Landschaftsgärten und Parks von Schwöbber, Harbke und Marienwerder. Berlin, Freie Univ., Magisterarbeit, 1992.
- Marcus Köhler: „Wenn wir erst einen ins Wilde angelegten Garten zu sehen gewohnt sind…“: Die frühen Landschaftsgärten von Harbke und Schwöbber. In: Die Gartenkunst. 5 (1/1993), S. 101–125.
- Ernst Andreas Friedrich: Das Schloß Schwöbber. In: Wenn Steine reden könnten. Band IV, Landbuch-Verlag, Hannover 1998, ISBN 3-7842-0558-5, S. 182–184.
- Gebhard von Lenthe, Ernst Mahrenholtz: Stammtafeln der Familie von Münchhausen. Teil II (Textband), Rinteln 1976.
Weblinks
- Luftbild und Jahreszahlen zu Schloss sowie Garten auf der Website des Schlosshotels Münchhausen
Einzelnachweise
- Homepage Westliches Weserbergland. Abgerufen am 6. November 2024.
- Titel. In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. Band 36, Leipzig 1743, Sp. 549.
- O.v. Münchhausen: Der Hausvater, 1. Teil. 3. Aufl., Hannover, 1771, S. 2.
- Staats von Wacquant de Geozelles (Sohn von Johann von Münchhausens Schwester Anna) in einem Brief vom 22. Februar 1928 an den Dichter Börries Freiherr von Münchhausen, zitiert nach Lenthe und Mahrenholtz, Stammtafeln der Familie von Münchhausen, Heft 36 (Biographischer Textteil) der Schaumburger Studien, Verlag C. Bösendahl, Rinteln 1976, S. 293.
- Schließung des Lehrerfortbildungsheimes Braunlage / Antwort der landesregierung. (PDF) In: Niedersächsischer landtag. Niedersächsischer Landtag, 5. Januar 1989, abgerufen am 31. Januar 2024.
- frauenORT Ada Lessing. Abgerufen am 31. Januar 2024.
Koordinaten: 52° 4′ 8,7″ N, 9° 15′ 6,2″ O
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Schloss Schwobber ist ein in den 1570er Jahren erbautes dreiflugeliges Wasserschloss bei Konigsforde in der Nahe von Hameln in Niedersachsen Es ist einer der bedeutendsten Bauten der Weserrenaissance und war einst fur seine Gartenanlagen beruhmt Heute wird es als gehobenes 5 Sterne Hotel genutzt Schloss Schwobber 2024Ansicht um 1912GeschichteSchloss Schwobber als Merian Ansicht 1654Allianzwappen der Eheleute Hilmar der Jungere von Munchhausen aus dem Hause Rinteln 1558 1617 schwarze Linie und Dorothea von Munchhausen 1568 1624 aus dem Hause Apelern Lauenau Oldendorf weisse Linie am Torhaus Ab etwa dem Jahr 1510 bis 1919 gehorte das Gut Schwobber dem niedersachsischen Adelsgeschlecht der Munchhausen dem auch der beruhmte Lugenbaron entstammt 1510 werden Stacius von Munchhausen Pfandinhaber der hildesheimischen Amtsburg Aerzen sowie seine Bruder als Lehnsleute des St Bonfatiusstifts zu Hameln mit drei Meierhofen zu Schwobber genannt 1518 wurde Stacius in einer Fehde erschlagen sein Tod war mit ein Ausloser fur die Hildesheimer Stiftsfehde Stacius vierter Sohn Hilmar von Munchhausen koniglich spanischer Obrist im Dienste Philipps II wurde als Soldnerfuhrer zu einem der reichsten Manner seiner Zeit Er und seine Sohne Statius 1555 1633 und Hilmar der Jungere 1558 1617 gehorten zu den grossen Bauherren der Weserrenaissance als ihre Hauptwerke errichteten sie neben Schwobber die Schlosser Leitzkau Bevern und Wendlinghausen Schlossbau Nachdem er den Pfandbesitz am Schloss Stolzenau im Jahre 1562 zu Geld gemacht hatte er behielt dort nur einen Burgmannshof der seinen Nachfahren bis heute gehort erwarb der Obrist Hilmar im Jahr 1564 das ehemalige Kloster Leitzkau bei Magdeburg zu freiem Eigentum und begann in den darauf folgenden Jahren mit dem Umbau zu einem Schloss Ebenfalls 1564 erhielt er nach langen Verhandlungen die Belehnung mit Schwobber als neu immatrikuliertem Rittergut nebst der landesherrlichen Bewilligung dort einen vererbbaren adeligen Sitz zu errichten Dazu mussten vier Hofe umgesiedelt werden deren Besitzer ein Stuck weiter ins Tal zogen wobei sie ihre Fachwerkhauser mitnahmen Einer davon hiess Schwobber und dieser Name blieb dem neuen Edelhof erhalten Ab etwa 1566 plante der Hamelner Baumeister Cord Tonnis den Schlossbau der noch vor dem Tode Hilmars im Jahre 1573 mittels Drainage Planierung und Ausschachtung vielleicht auch schon Aufmauerung begonnen und anschliessend von seiner Witwe Lucia von Reden 1574 1578 mit der Errichtung des Mitteltraktes ausgefuhrt wurde Hilmar ubernahm 1570 die Pfandschaft am graflich Hoya schen Schloss Steyerberg mit der Domane Kloster Schinna wo er 1573 starb Etwas spater gelang es seiner Familie das geringe Ackerland der Bauernhofe in Schwobber um 16 1 2 Hufe zu erweitern und im Tausch das Dorf Grupenhagen dazu zu gewinnen Bei der Erbteilung der Sohne im Jahre 1574 erloste der vierte Sohn Hilmar der Jungere von Munchhausen 1558 1617 das Gut Schwobber sowie den Burgmannshof zu Rinteln den der Obrist Hilmar und seine Bruder 1527 als schaumburgisches Lehen erworben hatten 1588 baute er den Torflugel von 1602 bis 1607 den nordlichen Teichflugel an Uber der Toreinfahrt befindet sich ein Doppelwappen Munchhausens namlich das der schwarzen Linie Hilmars des Jungeren und das der weissen Linie seiner Frau Dorothea 1568 1624 einer Schwester des Ludolf von Munchhausen auf Hessisch Oldendorf sowie des Claus auf Apelern und des Otto Erbauers von Schloss Schwedesdorf in Lauenau Dem Schloss samt Zehntscheune und umgebender Wassergraben war ursprunglich ein Wirtschaftshof vorgelagert sodass die Anlage auch nach der vierten Seite abgeschlossen war Eine der Tochter Hilmars des Jungeren Hedwig heiratete 1607 Gerhard Clamor von dem Bussche das Ehepaar baute sich auf dessen Gut Hunnefeld im Osnabruckischen ein neues Schloss nach dem Vorbild Schwobbers allerdings in schlichten Barockformen anstelle des Renaissancedekors Im Jahr 1668 ging Schwobber an die Enkel Hilmars des Jungeren Otto I von Munchhausen 1643 1717 und seinen Bruder Burchard uber ab 1690 gehorte es Otto allein Um 1700 wurde ein noch der Renaissance verhafteter Garten angelegt Der Garten in Schwobber war zu damaliger Zeit so bekannt dass er 1714 auch in dem Kupferstichwerk Nurnbergische Hesperides des Kaufmanns Johann Christoph Volkamer beschrieben und abgebildet wurde Fur das Jahr 1715 ist bekannt dass der russische Zar Peter I der Grosse zu Gast in Schwobber war da er sich fur die zur damaligen Zeit grosste Pflanzensammlung Europas und die Orangerie mit ihrer Ananaskultur s Bild Ananas Denkmal interessierte Gartenkunst Historische Ansicht und Grundriss der Schloss und Gartenanlagen in Schwobber Beide Darstellungen aus Nurnberger Hesperiden 1714 Ananas Denkmal aus Anlass des Besuches von Zar Peter der Grosse und Parkansicht 2008 1717 erbte Ottos Schwiegersohn und Neffe Friedrich von Munchhausen Schwobber 1741 folgemassig dessen Sohn Landdrost Otto II von Munchhausen 1716 1774 der sich wissenschaftlich mit Obst und Gartenbau befasste als Autor des damals verbreiteten gartenbaulich landwirtschaftlichen Lehrbuches Der Hausvater der als Begrunder der Agrarwissenschaft gilt und uber die aktuellen Stromungen der Gartenkunst bestens informiert war Er wandelte den Schlosspark 1750 in einen der fruhesten Englischen Landschaftsgarten Kontinentaleuropas und nach bisherigem Forschungsstand wohl den fruhesten deutschen Park von etwa acht Hektar Ausdehnung um Zedlers Universallexikon von 1743 berichtet vom curiosen Munchhausischen Garten woselbst man die schonsten und rarsten auslandischen Gewachse aus Ost und Westindien zu sonderbarer Ergotzung beschauen kann Ananas Caffee Baume Dattel Mastix zweyhundert Arten von Pomerantzen Die Baumschule des Otto von Munchhausen war eine der bedeutendsten der damaligen Zeit sie besass als eine der ersten in Deutschland Geholze aus Nordamerika Der Freund Carl von Linnes erkannte bereits dass die englischen Parks nicht ohne weiteres auf deutsche Verhaltnisse ubertragbar waren Man kann furstliche Garten nach der Art der englischen Parks anlegen wenn wir deutschen Edelleute ihnen aber folgen und unsere Guter zu Parks machen wollten so mussten wir auch so viele tausend Pfund von unsern Plantagen in Westindien zu erheben haben Ottos Tochter Sidonie heiratete 1766 Johann Friedrich von Veltheim 1731 1800 auf Destedt im Braunschweigischen wo sie ab 1768 nach dem Vorbild des Schwobberschen Parks den dortigen kleinen Franzosischen Garten zu einem weitlaufigen Landschaftspark erweiterten unter Mitarbeit des Gartners Lenke aus Schwobber Diesen Park ubernahm 1774 Sidonies Bruder der Hamelner Landrat Otto III von Munchhausen 1753 1828 dessen Ehefrau Wilhelmine von Reden aus Hameln 1815 von ihrem Bruder dem preussischen Bergwerksminister Graf Reden die schlesischen Besitzungen um Niederschwedeldorf erbte die dann an ihre Tochter und deren Ehemann Ottos III Neffen Adolf von Munchhausen aus Stolzenau fielen Ottos III dessen Sohn Otto IV 1786 1853 liess 1840 in Schwobber die Schlosskapelle errichten Die im Stil der Neorenaissance ausgestattete Kapelle ist eines der fruhesten Beispiele fur das Aufgreifen regionaler Renaissanceformen etwa zehn Jahre bevor dies im Schloss Schwerin zu einem ersten Hohepunkt gelangte Ab Mitte des 19 Jahrhunderts war Schloss Schwobber ein Zentrum des regionalen kulturellen Lebens und wurde zu einem touristischen Ziel Der Bruder von Ottos IV und Erbe August 1798 1861 liess jedoch die beruhmten Gewachshauser in Schwobber eingehen Dessen Sohn Johann 1838 1919 verpachtete Schwobber und kaufte Grund und Boden in Slowenien an 20 Jahrhundert und spater Johann trat im Jahre 1900 Schloss Schwobber an seinen Neffen Burchard 1867 1940 ab 1907 kam es unter Zwangsverwaltung der Ritterschaft 1908 brannte der Teichflugel durch einen Blitzschlag aus und 1920 wurden Gut und Schloss die seit 1511 im Besitz der Familie Munchhausen gewesen waren fur 126 000 Goldmark 1 5 Millionen Mark Inflationswert verkauft Ein Vetter des letzten Besitzers schrieb Ein Jahrhundert Schwobber kenne ich Hohen Glanz des Hauses sah ich Im Trodlerladen endeten 16 Mobelwagen voll Schwobber Der Erwerber Eduard Meyer 1859 1931 Pachter eines Saatgutbetriebs in Friedrichswerth baute den ausgebrannten Teichflugel wieder auf und liess in den Jahren von 1920 bis 1922 die Inneneinrichtung durch die Architekten Wangenheim und Lubke und den Maler Oscar Wichtendahl in eklektizistischer Weise umgestalten mit Anleihen beim Mittelalter Barock Rokoko Empire Klassizismus und Symbolismus wodurch neben einigen Branden die weiteres zerstorten heute nur noch der geringste Teil im Originalzustand erhalten ist Die Gestaltung der 1920er Jahre steht jedoch inzwischen unter Denkmalschutz Wahrend des Zweiten Weltkriegs war ab 1943 ein Teil der Kunstwerke der Kunsthalle Bremen in Schloss Schwobber ausgelagert Kriegszerstorungen im Jahre 1945 sowie mangelnde Pflege und nachteilige Eingriffe nach 1960 fuhrten zu einer fast vollstandigen Aufhebung der einstigen historischen Struktur und Bedeutung der Parkanlagen Die 2003 begonnene Wiederinstandsetzung orientierte sich an den Planen der Architekten Heinrich Zeininger und Jurgen von Wangenheim 1875 1956 aus Wunstorf aus der Zeit um 1920 Das ehemalige Wegenetz konnte erst durch Aufgrabungen wieder rekonstruiert werden Nach der Beseitigung des in fast 50 Jahren entstandenen Wildwuchses sind auch die alten Blickachsen wieder frei und lassen die besondere Qualitat der Anlage als Landschaftspark erkennen Nach dem Zweiten Weltkrieg dienten der Mittelbau und Teile des Torflugels von 1948 bis 1985 als Lehrerfortbildungsheim des Landes Niedersachsen unter der Leitung von Ada Lessing und nach ihrem Tod 1953 ihrer Tochter Ruth Von 1985 bis 2002 diente Schloss Schwobber als Clubhaus des Golfplatzes Schloss Schwobber Im Oktober 1992 kam es erneut zu einem Grossbrand im Mittelflugel 2002 erwarben die Textilunternehmer Ursula und Friedrich Popken Inhaber der Modekette Ulla Popken das inzwischen einsturzgefahrdete Gebaude und restaurierten und modernisierten das Schloss fur 35 Millionen Euro Im Jahr 2004 wurde dort das 5 Sterne Hotel Schlosshotel Munchhausen eroffnet Friedrich Popken wurde fur seine Verdienste um den Erhalt des Schlosses 2008 mit dem Verdienstkreuz am Bande des Niedersachsischen Verdienstordens ausgezeichnet Am 1 Januar 2024 gingen Schloss und Hotel auf seinen Sohn Roberto Alegnini uber Das Gourmet Restaurant Hilmar im Schlosshotel unter der Leitung von erhielt 2024 einen Michelin Stern Bildergalerie Eingangsbereich mit Torflugel Seitenansicht vom Park aus Schlosskapelle Rittersaal Kamin Rittersaal Treppe Kuche aus dem MittelalterLiteraturHans Joachim Tute Verf F Popken Hrsg Schloss Schwobber Geschichte und Gegenwart Quensen Hildesheim Lamspringe 2005 ISBN 3 922805 89 2 Bernhard Schelp Die baulichen Veranderungen an Schloss Schwobber In zur zierde und schmuck angelegt Materialien zur Kunst und Kulturgeschichte in Nord und Westdeutschland 22 1996 S 109 138 Claus Bieger Schloss Schwobber aus der Geschichte eines Kulturdenkmals In Niedersachsische Denkmalpflege 15 1991 1992 1995 S 73 80 Marcus Kohler Fruhe norddeutsche Landschaftsgarten zwischen 1750 und 1770 die Landschaftsgarten und Parks von Schwobber Harbke und Marienwerder Berlin Freie Univ Magisterarbeit 1992 Marcus Kohler Wenn wir erst einen ins Wilde angelegten Garten zu sehen gewohnt sind Die fruhen Landschaftsgarten von Harbke und Schwobber In Die Gartenkunst 5 1 1993 S 101 125 Ernst Andreas Friedrich Das Schloss Schwobber In Wenn Steine reden konnten Band IV Landbuch Verlag Hannover 1998 ISBN 3 7842 0558 5 S 182 184 Gebhard von Lenthe Ernst Mahrenholtz Stammtafeln der Familie von Munchhausen Teil II Textband Rinteln 1976 WeblinksCommons Schloss Schwobber Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Luftbild und Jahreszahlen zu Schloss sowie Garten auf der Website des Schlosshotels MunchhausenEinzelnachweiseHomepage Westliches Weserbergland Abgerufen am 6 November 2024 Titel In Johann Heinrich Zedler Grosses vollstandiges Universal Lexicon Aller Wissenschafften und Kunste Band 36 Leipzig 1743 Sp 549 O v Munchhausen Der Hausvater 1 Teil 3 Aufl Hannover 1771 S 2 Staats von Wacquant de Geozelles Sohn von Johann von Munchhausens Schwester Anna in einem Brief vom 22 Februar 1928 an den Dichter Borries Freiherr von Munchhausen zitiert nach Lenthe und Mahrenholtz Stammtafeln der Familie von Munchhausen Heft 36 Biographischer Textteil der Schaumburger Studien Verlag C Bosendahl Rinteln 1976 S 293 Schliessung des Lehrerfortbildungsheimes Braunlage Antwort der landesregierung PDF In Niedersachsischer landtag Niedersachsischer Landtag 5 Januar 1989 abgerufen am 31 Januar 2024 frauenORT Ada Lessing Abgerufen am 31 Januar 2024 52 069083333333 9 2517333333333 Koordinaten 52 4 8 7 N 9 15 6 2 O Normdaten Geografikum GND 7549996 4 GND Explorer lobid OGND AKS LCCN sh2010011167 VIAF 422144782723167746340