Dieser Artikel beschäftigt sich mit der staatlichen Herrschaftsform zum soziologischen Begriff siehe Autoritärer Charakt
Autoritärer Staat

Autoritarismus (lateinisch auctoritas ‚Einfluss‘, ‚Geltung‘, ‚Macht‘) ist eine Herrschaftsform, bei der im Unterschied zur Demokratie die politische Macht nicht bei der gesamten Bevölkerung liegt, sondern bei einer oder wenigen Personen. Die Bürger eines autoritär regierten Staates haben also keine Möglichkeit, durch freie Wahlen die Regierung nach ihrem Wunsch zu ändern. In der Regel kommt es unter der Herrschaft von autoritären Regimen auch deutlich häufiger als in Demokratien zu Verletzungen der Menschenrechte, bspw. durch die Inhaftierung politischer Gegner.
Ein umgangssprachliches Synonym ist Diktatur, dieser Begriff wird in der Politikwissenschaft allerdings nicht verwendet, da er nicht eindeutig definiert ist.
Derzeit lebt etwa die Hälfte der Weltbevölkerung in mehr oder weniger autoritären Systemen. Der größte, eindeutig autoritäre Staat ist China.
Als Extremform des Autoritarismus gilt der Totalitarismus.
Soziale und politische Basis autoritärer Systeme
Autoritäre Systeme werden von bestimmten sozialen Kräften einer Gesellschaft getragen. Diese bilden gegebenenfalls ihre oligarchische Machtbasis. Diese sozialen Kräfte können in z. B. zivile und militärische Kräfte unterteilt werden. Das heißt, autoritäre Staaten können zivil, militärisch, tribal, religiös oder bürokratisch usw. gestützt sein.
Legitimationsmuster autoritärer Systeme
Max Weber beschreibt drei Formen der Legitimation: traditionelle, charismatische und rationale Legitimität. In Bezug auf autoritäre Systeme sind nur die traditionelle und charismatische Legitimität von Bedeutung.
Traditionell bedeutet nach Max Weber: „die Autorität des ewig Gestrigen: der durch unvordenkliche Geltung und gewohnheitsmäßige Einstellung auf ihre Innehaltung geheiligter Sitten“ – dieses Legitimationsmuster trifft vor allem auf autoritäre Staaten zu, in denen die Religion als Legitimation für den Herrschenden gilt und das Politische nicht vom Sakralen getrennt ist. Beispiele hierfür sind Saudi-Arabien und der Iran, wobei Anklänge an dieses Muster auch in Teilen der westlichen Welt (z. B. Bible Belt), wenn auch mit beschränktem Einfluss, vorzufinden sind.
Charismatisch bedeutet nach Max Weber: „aus Begeisterung oder Not und Hoffnung geborene, gläubige, ganz persönliche Hingabe“ – dieses Legitimationsmuster trifft vor allem auf Länder zu, in denen ein politischer Führer Anerkennung in der Bevölkerung erworben und seine Herrschaft in einem autoritären System verankert hat. Als ein Beispiel hierfür kann Kuba unter Fidel Castro angesehen werden.
Strukturmuster der politischen Macht
In autoritären Systemen ist die Macht in der Regel zentralisiert. Die meisten modernen autoritären Staaten sind Scheindemokratien, da laut Verfassung häufig formal demokratische Strukturen vorgeschrieben sind, diese allerdings nicht wirklich bestehen.
Vergleicht man Industrie- und Entwicklungsländer, kann ein höheres Maß an Personalisierung des Politischen festgestellt werden. Als personalistisch bezeichnet man eine Führung dann, wenn sie in einer Person konzentriert ist.
Beziehung zwischen Machthabern und Herrschaftsunterworfenen
Das wesentliche Element im Verhältnis von Machthabern und Machtunterworfenen ist die Gewalt „von oben“, meist in Form einer Geheimpolizei, deren Zweck darin besteht, die politische Macht der herrschenden Klasse zu schützen und jegliche Form der Opposition zu unterdrücken. Die politische Partizipation wird von den Machthabern entweder unterbunden oder gesteuert.
Die Kommunikationsforscherin Sarah Oats bezeichnete die Rolle der Massenmedien als einen kritischen Faktor beim Abgleiten eines Staates in den Autoritarismus. Zur Stabilisierung eines etablierten Regimes können die verschiedenen Strategien Zensur, Selbstzensur oder Propaganda verfolgt werden. Durch die Kontrolle der großen Medien sei es nach dem Politikwissenschaftler Stephen K. Wegren annähernd ausgeschlossen, dass Medien eine Debatte auslösen können, wie dies eine Funktion von Medien in offenen politischen Systemen der Fall sei.
Angesichts der stärker werdenden Popularität rechtspopulistischer Parteien sprechen Medien in den 2010er Jahren von einer Krise des Liberalismus. So hebt etwa der Journalist Thomas Assheuer hervor, dass der Soziologe Ralf Dahrendorf bereits in den 1990er Jahren voraussagte, dass die Globalisierung „eher autoritären als demokratischen Verfassungen Vorschub leisten“ werde. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte 2017 mehrmals – in seiner Antrittsrede vor dem Bundestag, bei seinem ersten Auslandsbesuch in Frankreich sowie bei seiner ersten Rede im Europaparlament – vor einer neuen „Faszination des Autoritären“.
Der Herausgeber der Berliner Zeitung Michael Maier nannte wesentliche Kennzeichen, die autoritäre Systeme von einer auf Gewaltenteilung basierenden freiheitlichen Demokratie unterscheiden: „Autoritäre Systeme können über Nacht Maßnahmen verordnen. Sie können die Bürgerrechte nach Belieben einschränken. Polizei- und Überwachungsstaat ersticken Widerstand im Keim. Andersdenkende oder Kritiker werden mundtot gemacht, verschwinden von der Bildfläche – über Nacht. Denunziation ist der Kitt, der Unrechtssysteme im Innersten zusammenhält. Bürokratische Schikanen nötigen die Bürger zum Wohlverhalten. Um sich selbst nicht zu gefährden, misstrauen die Bürger einander und verraten sich gegenseitig. Mitbestimmung, Expertise und Parlamentarismus werden als Fassaden aufrechterhalten. Eine unabhängige Justiz gibt es nicht. Zensur findet statt. Die Würde des Menschen ist eine Frage von Gunst und Willkür. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Entscheidung über Krieg und Frieden ist den Interessen von kleinen Cliquen untergeordnet. Die Macht der Herrschenden ist unantastbar. Der Wille der Machthaber ist unberechenbar. Die Missachtung von kleinsten Vorschriften kann gravierende Folgen haben. Die Vorschriften ändern sich oft über Nacht, manchmal sogar im Nachhinein.“ Er betonte, es sei in Europa „viel zu verlieren“ und sprach von einer Belastungsprobe des europäischen Systems, welches – im Zuge einer schleichenden „globalen Angleichung“ – zunehmend Symptome einer „Anarchie von oben“ zeige.
Typologie autoritärer Regime nach Juan J. Linz
Folgende Typen autoritärer Regime wurden von Juan J. Linz systematisiert. Sie sind idealtypisch und nur selten deckungsgleich mit real existierenden Regimen.
Bürokratisch-militärisches Regime
Merkmale:
- keine mobilisierungsfähige Partei
- Führung: a-charismatische Militärs
- Mentalität pragmatisch
Dieser Typ folgt meist auf ein liberal-demokratisches System, das über keine Systemloyalitäten oder keine stabile Regierung verfügt hat.
Beispiele:
- Militärdiktaturen in Lateinamerika 1960er bis 1990er
- Union Myanmar
- Thailand
- Pakistan
- Ägypten
- Fidschi
- Türkei (1960–1961), (1971–1973), (1980–1983)
Autoritärer Korporativismus
Merkmale:
- vom Staat verfügte Prozedur der Interessenrepräsentation
- zwangsadministrative Begrenzung innergesellschaftlicher Konflikte
Ideologische Alternative für Gesellschaften, die infolge ihrer ökonomischen und sozialen Komplexität nicht allein mit technokratisch-autoritären Mitteln regiert werden können.
Beispiele:
- Austrofaschismus in Österreich (1934–1938)
- Estado Novo in Portugal (1933–1974)
- Horthy-Ungarn (1919/1920–1944)
Mobilisierende autoritäre Regime
Merkmale:
- emotionale Legitimationsformen durch eine affektive Identifikation mit der Regierung
- plebiszitäre Beteiligungsformen sollen dabei helfen, die Unterstützung zu sichern.
Beispiele:
- Franco-Spanien (1939–1976)
- Erste Slowakische Republik (1939–1945)
Postkoloniale mobilisierende Regime
Merkmale:
- begrenzter Pluralismus
- relative Autonomie der Gesellschaft
- Heterogene politische Tendenzen und Kräfte
Vor allem im postkolonialen Afrika ließen soziale und ökonomische Disparitäten, ethnische, linguale und religiöse Unterschiede der Bevölkerung und eine schwache Bürokratie viele Staatsführer glauben, dass nur ein autoritär geführter Staat Erfolg verheißen würde. Die meisten dieser Regime sind Militärputschen oder der Umwandlung in rein persönliche Herrschaften zum Opfer gefallen.
Beispiele:
- Elfenbeinküste
- Tansania
- Burkina Faso
Neopatrimoniale Regime
Unter Neopatrimonialismus wird ein besonders häufig in Afrika anzutreffender Herrschaftstyp bezeichnet, der als eine Mischform aus klassisch-patrimonialer und legal-rationaler Herrschaft angesehen werden kann. Als Regimetyp ist er zwischen Autokratie und Demokratie anzusiedeln. Kennzeichnende Bestandteile des Neopatrimonialismus sind Klientelismus und politische Patronage.
Beispiele:
- Kamerun
- Kenia
- Indonesien
- Kolumbien
Rassendemokratien und Ethnokratien
Kennzeichnend für Rassendemokratien und Ethnokratien ist, dass bestimmte ethnische Gruppen von der politischen Partizipation ausgeschlossen werden und keine demokratischen Rechte besitzen. Es wird nicht nur Druck auf die diskriminierte, in den historischen Beispielfällen nicht-weiße Bevölkerung ausgeübt, sondern auch auf Dissidenten aus der privilegierten Schicht (historisch: Weiße), die die Trennungspolitik bekämpfen und in Frage stellen.
Beispiele:
- Südafrika (bis 1994)
- Rhodesien (bis 1980, dann wieder seit 1987)
- Südstaaten der USA bis in die späten 1960er Jahre
Unvollständige totalitäre und prätotalitäre Regime
Merkmale:
- Entwicklungstendenzen zum Totalitarismus gestoppt oder verzögert
Der Prätotalitarismus bezeichnet die Übergangsphase zum Totalitarismus.
Beispiele:
- Spanien nach dem Bürgerkrieg (1939)
- Deutsches Reich kurz nach der Machtübernahme (1933)
Posttotalitäre autoritäre Regime
Merkmale:
- Verblassen utopischer Fernziele, Ritualisierung bzw. formelhafte Erstarrung der Ideologie
- graduelle soziale, ökonomische und kulturelle – jedoch keine politische – Repluralisierung
- bürokratischer Führungsstil der politischen Eliten, Tendenz zur Verrechtlichung des Herrschaftshandelns
- Ritualisierung bzw. Erstarrung der gesellschaftlichen Mobilisierung, bei teilweiser Duldung oder gar Förderung der Flucht ins Privatleben
Der Posttotalitarismus bezieht sich vor allem auf die Sowjetunion und ihre osteuropäischen Satellitenstaaten seit der Entstalinisierung. Diese Kategorie enthält noch weitere Subtypen.
Subtypen:
- früher Posttotalitarismus: Bulgarien (1988/89)
- eingefrorener Posttotalitarismus: DDR (1971–1989), Tschechoslowakei (1977–1989)
- reifer Posttotalitarismus: Ungarn (1982–1988)
- Posttotalitarismus mit sultanistischen Zügen: Rumänien unter Ceaușescu
- Übergang vom Posttotalitarismus zum Autoritarismus: Polen (1980er Jahre)
Typologie autoritärer Regime nach Wolfgang Merkel
Der deutsche Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel definiert zehn unterschiedliche autoritäre Typologien:
Kommunistisch-autoritäres Parteienregime
Merkmale:
- Partei als Avantgarde der Arbeiterklasse und damit einziges legitimes Machtzentrum
- meist Einparteiensystem oder ein solches in Verbindung mit Satellitenparteien (z. B. die Blockparteien in der DDR) neben ihr
- enger Führungszirkel (meist ein Politbüro) trifft die Entscheidungen
- kollektives Führungsgremium
Beispiele:
- Sowjetunion 1924–1929, 1953–1956, 1985–1991
- Volksrepublik Polen ab 1956
- Volksrepublik Ungarn ab 1956
- Volksrepublik China seit den 1990er Jahren
- Jugoslawien unter Tito
Faschistisch-autoritäres Regime
Merkmale:
- Führerprinzip
- Antiliberalismus
- korporatistische Ideologie und Organisationsstruktur
- legitimatorischer Rückgriff auf vormoderne Mythen und Ordnungsmuster (Germanentum, Hispanität, Latinität)
Beispiele:
- Faschistisches Italien
- NS-Deutschland bis 1938
- Unabhängiger Staat Kroatien
- Antonescu-Regime in Rumänien
- Slowakischer Staat
Militärregime
Allgemeine Merkmale:
- Militarismus
- Patriotismus/Nationalismus
- Nationale Sicherheit
- Ruhe und Ordnung
- Modernisierung von Wirtschaft und Verwaltung
- mehrere Varianten
Bürokratisch-militärisches Regime
Merkmale:
- Junta von acharismatischen Militärs
- ideologiearmer Pragmatismus
- folgt häufig auf liberale Demokratien
Beispiele:
- lateinamerikanische Militärdiktaturen der 1960er und 1970er Jahre
- Griechische Militärdiktatur
- Thailand
- Südkorea 1961–1988
Militärisches Führerregime
Merkmale:
- meist charismatischer militärischer Führer
- spätere politische Lösung des Regimes vom Militär
- Legitimation durch direkt-plebiszitäre Beziehung zum Volk
Beispiele:
- Ungarn unter dem Reichsverweser Miklós Horthy
- Zweite Polnische Republik unter Józef Piłsudski
- Paraguay unter Alfredo Stroessner
Militärisches Gangsterregime und Warlord-Herrschaft
Merkmale:
- reines Repressionsregime ohne wertorientierte Zielvorstellungen
- persönliche Bereicherung der Warlords und Privatisierung des Militärs
- Ergebnis von zerfallender Staatlichkeit
- meist nur von kurzer Dauer
Beispiele:
- Mobutu-Regime in Zaire (Demokratische Republik Kongo)
- Afghanistan 1990–1995
- Liberia unter Charles Taylor 1997–2003
- Somalia seit den 1990er Jahren
Korporatistisch-autoritäres Regime
Merkmale:
- „organische Demokratie“
- staatlich kontrollierte Wirtschafts- und Berufsstände
- permante Zwangsschlichtung im nationalen Interesse
Beispiele:
- Estado Novo in Portugal
- Austrofaschismus
- Franquistisches Spanien und faschistisches Italien in der Frühphase der Regime
Rassistisch-autoritäres Regime
Merkmale:
- Ausschluss einer bestimmten Ethnie oder durch ihre Hautfarbe definierten Bevölkerungsgruppe aus dem demokratischen Prozess und von Bürgerrechten
- für das in den historischen Fallbeispielen zumeist weiße Mehrheiten bzw. Minderheiten einschließende politische System galten demokratische Normen und Verfahren.
Beispiele:
- Südafrika während der Apartheid
- Rhodesien
- USA bis zum Civil Rights Act
Autoritäres Modernisierungsregime
Merkmale:
- tritt entweder als Militär-, Einparteien- oder Führerregime auf
- Fehlen einer traditionellen Herrschaftsform
- häufig aus Befreiungsbewegungen hervorgegangen
Beispiele:
- Peronistische Regime in Argentinien
- Ägypten unter Gamal Abdel Nasser
- Türkei unter Atatürk
- Algerien unter Ben Bella
- Militärdiktatur in Chile
Theokratisch-autoritäres Regime
- Theokratie
- religiöse Heilslehre als staatlich verordnete Weltanschauung
- Tendenz zum Totalitarismus
Beispiele:
- Iran seit 1979
- Tibet (1912–1951)
Dynastisch-autoritäres Regime
Merkmale:
- monarchisches Prinzip
- konstitutionelle Monarchie und nicht-konstitutionelle Monarchie
Beispiele:
- England/Großbritannien 17.–19. Jahrhundert (konstitutionelle Monarchie)
- Scheichtümer in der Golfregion
- Königsdiktaturen in Osteuropa während der Zwischenkriegszeit
Sultanisch-autoritäres Regime
Merkmale:
- Mischung aus extrem personalisiertem und erratischem Herrschaftsstil
- Familienklan-Herrschaft
Beispiele:
- Rumänien unter Nicolae Ceaușescu ab den 1970er Jahren
Autoritäres Rentenregime
Merkmale:
- Nutzung so genannter Renteneinkommen (vor allem aus Erdölexporten)
- geringe oder keine Belastung der Untertanen mit Steuern und Abgaben
Beispiele:
- erdölexportierende arabische Länder
Autoritarismus in der Sozialpsychologie
Der Autoritarismus wird sozialpsychologisch als eine Einstellung, häufig auch als eine Persönlichkeitseigenschaft aufgefasst (autoritäre Persönlichkeit bzw. autoritärer Charakter) oder dient als Oberbegriff für faschistoide und antidemokratische Einstellungen. Psychologisch ist der Begriff doppeldeutig, denn er beschreibt einerseits ein extrem dominantes Verhalten, andererseits die Bereitschaft zur Unterwerfung unter Ranghöhere. Insofern hängen Autoritarismus und Gehorsam zusammen.
In ihren bekannten und viel diskutierten Experimenten haben Stanley Milgram (Milgram-Experiment) und Philip Zimbardo (Stanford-Prison-Experiment) das beobachtete Gehorsamkeitsverhalten unter simulierten, für die Teilnehmer realistisch wirkenden Bedingungen untersucht und nach Zusammenhängen mit anderen sozialen Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen gefragt. Philip Zimbardo: „The only link between personality and prison behavior was a finding that prisoners with a high degree of authoritarianism endured our authoritarian prison environment longer than did other prisoners.“ (Die einzige Verbindung zwischen Persönlichkeit und Gefängnisverhalten war der Befund, dass Gefangene mit einem hohen Grad an Autoritarismus unsere autoritäre Gefängnisumgebung länger ertrugen als andere Gefangene.)
Die amerikanische Verhaltensökonomin argumentiert, dass Autoritarismus kein Persönlichkeitsmerkmal sei, sondern als eine Reaktion auf Bedrohungen der normativen Ordnung anzusehen ist, die sich darin äußert, dass das „vorgestellte ‚Wir‘“ zerfällt, was zu Angst vor dem „ethnischen Verschwinden“ und vor Zuwanderung führt.
Abgrenzung zum Totalitarismus
Nach Juan Linz, der den Begriff in den 1960er Jahren geprägt hat, unterscheidet der Autoritarismus sich vom diktatorischen Totalitarismus durch:
- begrenzten Pluralismus,
- keine umfassend formulierte Ideologie,
- weder extensive noch intensive Mobilisierung.
Der begrenzte Pluralismus ist als zentrales Abgrenzungsmerkmal zu sehen. Der Handlungsspielraum von politischen und gesellschaftlichen Akteuren hängt weitgehend von der autoritären Staatsführung ab. In Abgrenzung zum Totalitarismus ist für den Autoritarismus zutreffender von Mentalitäten zu sprechen als von (politischen) Ideologien und Weltanschauungen. Mentalität ist nach Theodor Geiger „subjektive Ideologie“, aber „objektiver Geist“. Mentalitäten sind psychische Prädispositionen und funktionieren formlos.
Das Fehlen einer klaren Ideologie bewirkt einen Verlust der Mobilisierungsfähigkeit; der Bevölkerung fehlt eine emotionale Bindung an das System. Daher formulieren autoritäre Regime ihre Politik pragmatisch und versuchen gleichzeitig, allgemeine Wertvorstellungen wie Patriotismus, Nationalismus, Modernisierung und Ordnung durchzusetzen.
Siehe auch
- Autokratie
Literatur
- Anne Applebaum: Die Verlockung des Autoritären: Warum antidemokratische Herrschaft so populär geworden ist. Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer. Siedler Verlag, München 2021, ISBN 978-3-8275-0143-1.
- Originalausgabe: Twilight of Democracy : The Seductive Lure of Authoritarianism. Doubleday, New York 2020, ISBN 978-0-385-54580-8.
- Erica Frantz: Authoritarianism – What everyone needs to know. Oxford University Press, 2018, ISBN 978-0-19-088020-0.
- Jürgen Hartmann: Vergleichende Regierungslehre und Systemvergleich. In: Dirk Berg-Schlosser, Ferdinand Müller-Rommel (Hrsg.): Vergleichende Politikwissenschaft. 4. Auflage. Verlag für Sozialwissenschaften, 1997, ISBN 978-3-8100-3860-9, S. 31 ff.
- Werner Herkner: Lehrbuch der Sozialpsychologie. 6. Auflage. Huber, Bern 2001, ISBN 3-456-81989-7.
- Juan José Linz: Autoritäre Regime. In: Dieter Nohlen (Hrsg.): Wörterbuch Staat und Politik. Piper, München 1996, ISBN 3-492-22070-3, S. 40–43.
- Juan José Linz: Totalitäre und autoritäre Regime. Herausgegeben und übersetzt von Raimund Krämer. 3. Auflage. Potsdamer Textbücher 4. WeltTrends, Potsdam 2009, ISBN 978-3-941880-00-9.
- Juan José Linz: Ein autoritäres Regime: Der Fall Spanien. Herausgegeben und übersetzt von Raimund Krämer und Christoph Sebastian Widdau. Potsdamer Textbücher 13. WeltTrends, Potsdam 2011, ISBN 978-3-941880-35-1.
- Dieter Nohlen: Autoritäre Systeme. In: Peter Waldmann, Klaus Ziemer (Hrsg.): Die östlichen und südliche Länder (= Lexikon der Politik in 7 Bändern. Band 4). C.H. Beck, München 1997, ISBN 3-406-36908-1, S. 67–74.
- Lars Rensmann, Steffen Hagemann, Hajo Funke: Autoritarismus und Demokratie. Politische Theorie und Kultur in der globalen Moderne (= Wochenschau Wissenschaft). Wochenschau Verlag, Schwalbach 2011, ISBN 978-3-89974-679-2.
- Susanne Rippl, Christian Seipel, Angela Kindervater (Hrsg.): Autoritarismus. Kontroversen und Ansätze der aktuellen Autoritarismusforschung. Leske und Budrich, Opladen 2000, ISBN 3-8100-2634-4.
- Bernd Six: Generalisierte Einstellungen. In: Manfred Amelang (Hrsg.): Enzyklopädie der Psychologie. Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung. Band 3. Hogrefe, Göttingen 1966, ISBN 978-3-8017-0553-4, S. 1–50.
- Karen Stenner: The authoritarian dynamic. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 978-0-521-53478-9.
- Max Horkheimer: Autoritärer Staat. In: Ders.: Friedrich Pollock u. a.: Wirtschaft, Recht und Staat im Nationalsozialismus. Analysen im Institut für Sozialforschung 1939–1942. Hg. Helmut Dubiel, Alfons Söllner. Europäische Verlagsanstalt und Syndikat Buchgesellschaft, Frankfurt 1981, ISBN 3-434-00469-6, S. 55–80.
- Wolfgang Merkel Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17201-9, S. 43–48.
Weblinks
- Datenbank inhaltlich erschlossener Literatur zum Thema Autoritarismus
- Autoritarismus und Ausländerfeindlichkeit von Christoph Lüscher, Universität Zürich, 1997
- Politikwissenschaftliche Literatur zum Thema Autoritarismus in der Annotierten Bibliografie der Politikwissenschaft
Einzelnachweise
- Professor of Political Communication Sarah Oates: Television, Democracy and Elections in Russia. BASEES/Routledge Series on Russian and East European Studies, Routledge, 2006, ISBN 978-1-134-17847-6, S. 149: „… mass media are critical factors in halting the slide in authoritarianism“.
- Thomas Heberer, Gunter Schubert (Hrsg.): Regime Legitimacy in Contemporary China: Institutional Change and Stability. Routledge Contemporary China Series, Routledge, 2008, ISBN 978-1-134-03630-1, S. 177.
- Stephen K. Wegren: Putin's Russia: Past Imperfect, Future Uncertain. Rowman & Littlefield, 6. Ausgabe 2015, ISBN 978-1-4422-3919-7, S. 137.
- Thomas Assheuer: Krise des Liberalismus: Ein autoritäres Angebot. Zeit online, 27. Mai 2016, abgerufen am 12. März 2017.
- Thomas Kirchner: Europäische Union: „Die übergroße Mehrheit der Deutschen will Europa“. sueddeutsche.de, 4. April 2017, abgerufen am 4. April 2017.
- Besuch in Frankreich: Steinmeier warnt vor „Faszination des Autoritären“. Zeit online, 30. März 2017, abgerufen am 4. April 2017.
- Michael Maier: Anarchie von oben. In: berliner-zeitung.de. 3. August 2021, abgerufen am 10. August 2021.
- Webseite von Philip Zimbardo über das Stanford-Prison-Experiment: conclusions. Abruf am 12. März 2021
- Karen Stenner: The Authoritarian Dynamic, Cambridge University Press, 2005.
- Ivan Krastev: Auf dem Weg in die Mehrheitsdiktatur? In: Henrich Geiselberger (Hrsg.): Die große Regression. Frankfurt 2017, S. 117–134, hier: S. 127.
- Juan J. Linz: Totalitarian and Authoritarian Regimes. In: Fred I. Greenstein, Nelson W. Polsby (Eds.): Handbook of Political Science. Vol. 3: Macropolitical Theory. Addison-Wesley, Reading 1975, ISBN 0-201-02603-1, S. 175–411.
- Theodor Geiger: Die soziale Schichtung des deutschen Volkes. Soziographischer Versuch auf statistischer Grundlage. Enke, Stuttgart 1932 [ND ebd. 1987], ISBN 3-432-96201-0, S. 77 ff.
- www.foreignaffairs.com: Rezension
- Auch in: ders., Gesellschaft im Übergang. Aufsätze, Reden und Vorträge 1942–1970. Hg. Werner Brede. Fischer TB, Frankfurt 1972, ISBN 3-596-26545-2; wieder Fischer-Athenäum TB, Frankfurt 1990, ISBN 3-7610-4004-0, ISBN 3-8072-4004-7.
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Dieser Artikel beschaftigt sich mit der staatlichen Herrschaftsform zum soziologischen Begriff siehe Autoritarer Charakter Autoritarismus lateinisch auctoritas Einfluss Geltung Macht ist eine Herrschaftsform bei der im Unterschied zur Demokratie die politische Macht nicht bei der gesamten Bevolkerung liegt sondern bei einer oder wenigen Personen Die Burger eines autoritar regierten Staates haben also keine Moglichkeit durch freie Wahlen die Regierung nach ihrem Wunsch zu andern In der Regel kommt es unter der Herrschaft von autoritaren Regimen auch deutlich haufiger als in Demokratien zu Verletzungen der Menschenrechte bspw durch die Inhaftierung politischer Gegner Herrschaftsform nach Land gemass Demokratieindex fur das Jahr 2024 Autoritarismus Mischform Demokratie Ein umgangssprachliches Synonym ist Diktatur dieser Begriff wird in der Politikwissenschaft allerdings nicht verwendet da er nicht eindeutig definiert ist Derzeit lebt etwa die Halfte der Weltbevolkerung in mehr oder weniger autoritaren Systemen Der grosste eindeutig autoritare Staat ist China Als Extremform des Autoritarismus gilt der Totalitarismus Soziale und politische Basis autoritarer SystemeAutoritare Systeme werden von bestimmten sozialen Kraften einer Gesellschaft getragen Diese bilden gegebenenfalls ihre oligarchische Machtbasis Diese sozialen Krafte konnen in z B zivile und militarische Krafte unterteilt werden Das heisst autoritare Staaten konnen zivil militarisch tribal religios oder burokratisch usw gestutzt sein Legitimationsmuster autoritarer SystemeMax Weber beschreibt drei Formen der Legitimation traditionelle charismatische und rationale Legitimitat In Bezug auf autoritare Systeme sind nur die traditionelle und charismatische Legitimitat von Bedeutung Traditionell bedeutet nach Max Weber die Autoritat des ewig Gestrigen der durch unvordenkliche Geltung und gewohnheitsmassige Einstellung auf ihre Innehaltung geheiligter Sitten dieses Legitimationsmuster trifft vor allem auf autoritare Staaten zu in denen die Religion als Legitimation fur den Herrschenden gilt und das Politische nicht vom Sakralen getrennt ist Beispiele hierfur sind Saudi Arabien und der Iran wobei Anklange an dieses Muster auch in Teilen der westlichen Welt z B Bible Belt wenn auch mit beschranktem Einfluss vorzufinden sind Charismatisch bedeutet nach Max Weber aus Begeisterung oder Not und Hoffnung geborene glaubige ganz personliche Hingabe dieses Legitimationsmuster trifft vor allem auf Lander zu in denen ein politischer Fuhrer Anerkennung in der Bevolkerung erworben und seine Herrschaft in einem autoritaren System verankert hat Als ein Beispiel hierfur kann Kuba unter Fidel Castro angesehen werden Strukturmuster der politischen MachtIn autoritaren Systemen ist die Macht in der Regel zentralisiert Die meisten modernen autoritaren Staaten sind Scheindemokratien da laut Verfassung haufig formal demokratische Strukturen vorgeschrieben sind diese allerdings nicht wirklich bestehen Vergleicht man Industrie und Entwicklungslander kann ein hoheres Mass an Personalisierung des Politischen festgestellt werden Als personalistisch bezeichnet man eine Fuhrung dann wenn sie in einer Person konzentriert ist Beziehung zwischen Machthabern und HerrschaftsunterworfenenDas wesentliche Element im Verhaltnis von Machthabern und Machtunterworfenen ist die Gewalt von oben meist in Form einer Geheimpolizei deren Zweck darin besteht die politische Macht der herrschenden Klasse zu schutzen und jegliche Form der Opposition zu unterdrucken Die politische Partizipation wird von den Machthabern entweder unterbunden oder gesteuert Die Kommunikationsforscherin Sarah Oats bezeichnete die Rolle der Massenmedien als einen kritischen Faktor beim Abgleiten eines Staates in den Autoritarismus Zur Stabilisierung eines etablierten Regimes konnen die verschiedenen Strategien Zensur Selbstzensur oder Propaganda verfolgt werden Durch die Kontrolle der grossen Medien sei es nach dem Politikwissenschaftler Stephen K Wegren annahernd ausgeschlossen dass Medien eine Debatte auslosen konnen wie dies eine Funktion von Medien in offenen politischen Systemen der Fall sei Angesichts der starker werdenden Popularitat rechtspopulistischer Parteien sprechen Medien in den 2010er Jahren von einer Krise des Liberalismus So hebt etwa der Journalist Thomas Assheuer hervor dass der Soziologe Ralf Dahrendorf bereits in den 1990er Jahren voraussagte dass die Globalisierung eher autoritaren als demokratischen Verfassungen Vorschub leisten werde Der deutsche Bundesprasident Frank Walter Steinmeier warnte 2017 mehrmals in seiner Antrittsrede vor dem Bundestag bei seinem ersten Auslandsbesuch in Frankreich sowie bei seiner ersten Rede im Europaparlament vor einer neuen Faszination des Autoritaren Der Herausgeber der Berliner Zeitung Michael Maier nannte wesentliche Kennzeichen die autoritare Systeme von einer auf Gewaltenteilung basierenden freiheitlichen Demokratie unterscheiden Autoritare Systeme konnen uber Nacht Massnahmen verordnen Sie konnen die Burgerrechte nach Belieben einschranken Polizei und Uberwachungsstaat ersticken Widerstand im Keim Andersdenkende oder Kritiker werden mundtot gemacht verschwinden von der Bildflache uber Nacht Denunziation ist der Kitt der Unrechtssysteme im Innersten zusammenhalt Burokratische Schikanen notigen die Burger zum Wohlverhalten Um sich selbst nicht zu gefahrden misstrauen die Burger einander und verraten sich gegenseitig Mitbestimmung Expertise und Parlamentarismus werden als Fassaden aufrechterhalten Eine unabhangige Justiz gibt es nicht Zensur findet statt Die Wurde des Menschen ist eine Frage von Gunst und Willkur Der Rechtsweg ist ausgeschlossen Die Entscheidung uber Krieg und Frieden ist den Interessen von kleinen Cliquen untergeordnet Die Macht der Herrschenden ist unantastbar Der Wille der Machthaber ist unberechenbar Die Missachtung von kleinsten Vorschriften kann gravierende Folgen haben Die Vorschriften andern sich oft uber Nacht manchmal sogar im Nachhinein Er betonte es sei in Europa viel zu verlieren und sprach von einer Belastungsprobe des europaischen Systems welches im Zuge einer schleichenden globalen Angleichung zunehmend Symptome einer Anarchie von oben zeige Typologie autoritarer Regime nach Juan J LinzEngelbert Dollfuss Diktatur in Osterreich enthielt eine Vielzahl von autoritaren ElementenFrancisco Franco Diktator Spaniens von 1936 bis 1975 und einer der letzten autoritaren Diktatoren in Europa Folgende Typen autoritarer Regime wurden von Juan J Linz systematisiert Sie sind idealtypisch und nur selten deckungsgleich mit real existierenden Regimen Burokratisch militarisches Regime Merkmale keine mobilisierungsfahige Partei Fuhrung a charismatische Militars Mentalitat pragmatisch Dieser Typ folgt meist auf ein liberal demokratisches System das uber keine Systemloyalitaten oder keine stabile Regierung verfugt hat Beispiele Militardiktaturen in Lateinamerika 1960er bis 1990er Union Myanmar Thailand Pakistan Agypten Fidschi Turkei 1960 1961 1971 1973 1980 1983 Autoritarer Korporativismus Merkmale vom Staat verfugte Prozedur der Interessenreprasentation zwangsadministrative Begrenzung innergesellschaftlicher Konflikte Ideologische Alternative fur Gesellschaften die infolge ihrer okonomischen und sozialen Komplexitat nicht allein mit technokratisch autoritaren Mitteln regiert werden konnen Beispiele Austrofaschismus in Osterreich 1934 1938 Estado Novo in Portugal 1933 1974 Horthy Ungarn 1919 1920 1944 Mobilisierende autoritare Regime Merkmale emotionale Legitimationsformen durch eine affektive Identifikation mit der Regierung plebiszitare Beteiligungsformen sollen dabei helfen die Unterstutzung zu sichern Beispiele Franco Spanien 1939 1976 Erste Slowakische Republik 1939 1945 Postkoloniale mobilisierende Regime Merkmale begrenzter Pluralismus relative Autonomie der Gesellschaft Heterogene politische Tendenzen und Krafte Vor allem im postkolonialen Afrika liessen soziale und okonomische Disparitaten ethnische linguale und religiose Unterschiede der Bevolkerung und eine schwache Burokratie viele Staatsfuhrer glauben dass nur ein autoritar gefuhrter Staat Erfolg verheissen wurde Die meisten dieser Regime sind Militarputschen oder der Umwandlung in rein personliche Herrschaften zum Opfer gefallen Beispiele Elfenbeinkuste Tansania Burkina FasoNeopatrimoniale Regime Unter Neopatrimonialismus wird ein besonders haufig in Afrika anzutreffender Herrschaftstyp bezeichnet der als eine Mischform aus klassisch patrimonialer und legal rationaler Herrschaft angesehen werden kann Als Regimetyp ist er zwischen Autokratie und Demokratie anzusiedeln Kennzeichnende Bestandteile des Neopatrimonialismus sind Klientelismus und politische Patronage Beispiele Kamerun Kenia Indonesien KolumbienRassendemokratien und Ethnokratien Kennzeichnend fur Rassendemokratien und Ethnokratien ist dass bestimmte ethnische Gruppen von der politischen Partizipation ausgeschlossen werden und keine demokratischen Rechte besitzen Es wird nicht nur Druck auf die diskriminierte in den historischen Beispielfallen nicht weisse Bevolkerung ausgeubt sondern auch auf Dissidenten aus der privilegierten Schicht historisch Weisse die die Trennungspolitik bekampfen und in Frage stellen Beispiele Sudafrika bis 1994 Rhodesien bis 1980 dann wieder seit 1987 Sudstaaten der USA bis in die spaten 1960er JahreUnvollstandige totalitare und pratotalitare Regime Merkmale Entwicklungstendenzen zum Totalitarismus gestoppt oder verzogert Der Pratotalitarismus bezeichnet die Ubergangsphase zum Totalitarismus Beispiele Spanien nach dem Burgerkrieg 1939 Deutsches Reich kurz nach der Machtubernahme 1933 Posttotalitare autoritare Regime Merkmale Verblassen utopischer Fernziele Ritualisierung bzw formelhafte Erstarrung der Ideologie graduelle soziale okonomische und kulturelle jedoch keine politische Repluralisierung burokratischer Fuhrungsstil der politischen Eliten Tendenz zur Verrechtlichung des Herrschaftshandelns Ritualisierung bzw Erstarrung der gesellschaftlichen Mobilisierung bei teilweiser Duldung oder gar Forderung der Flucht ins Privatleben Der Posttotalitarismus bezieht sich vor allem auf die Sowjetunion und ihre osteuropaischen Satellitenstaaten seit der Entstalinisierung Diese Kategorie enthalt noch weitere Subtypen Subtypen fruher Posttotalitarismus Bulgarien 1988 89 eingefrorener Posttotalitarismus DDR 1971 1989 Tschechoslowakei 1977 1989 reifer Posttotalitarismus Ungarn 1982 1988 Posttotalitarismus mit sultanistischen Zugen Rumanien unter Ceaușescu Ubergang vom Posttotalitarismus zum Autoritarismus Polen 1980er Jahre Typologie autoritarer Regime nach Wolfgang MerkelDer deutsche Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel definiert zehn unterschiedliche autoritare Typologien Kommunistisch autoritares Parteienregime Merkmale Partei als Avantgarde der Arbeiterklasse und damit einziges legitimes Machtzentrum meist Einparteiensystem oder ein solches in Verbindung mit Satellitenparteien z B die Blockparteien in der DDR neben ihr enger Fuhrungszirkel meist ein Politburo trifft die Entscheidungen kollektives Fuhrungsgremium Beispiele Sowjetunion 1924 1929 1953 1956 1985 1991 Volksrepublik Polen ab 1956 Volksrepublik Ungarn ab 1956 Volksrepublik China seit den 1990er Jahren Jugoslawien unter TitoFaschistisch autoritares Regime Merkmale Fuhrerprinzip Antiliberalismus korporatistische Ideologie und Organisationsstruktur legitimatorischer Ruckgriff auf vormoderne Mythen und Ordnungsmuster Germanentum Hispanitat Latinitat Beispiele Faschistisches Italien NS Deutschland bis 1938 Unabhangiger Staat Kroatien Antonescu Regime in Rumanien Slowakischer StaatMilitarregime Allgemeine Merkmale Militarismus Patriotismus Nationalismus Nationale Sicherheit Ruhe und Ordnung Modernisierung von Wirtschaft und Verwaltung mehrere VariantenBurokratisch militarisches Regime Merkmale Junta von acharismatischen Militars ideologiearmer Pragmatismus folgt haufig auf liberale Demokratien Beispiele lateinamerikanische Militardiktaturen der 1960er und 1970er Jahre Griechische Militardiktatur Thailand Sudkorea 1961 1988Militarisches Fuhrerregime Merkmale meist charismatischer militarischer Fuhrer spatere politische Losung des Regimes vom Militar Legitimation durch direkt plebiszitare Beziehung zum Volk Beispiele Ungarn unter dem Reichsverweser Miklos Horthy Zweite Polnische Republik unter Jozef Pilsudski Paraguay unter Alfredo StroessnerMilitarisches Gangsterregime und Warlord Herrschaft Merkmale reines Repressionsregime ohne wertorientierte Zielvorstellungen personliche Bereicherung der Warlords und Privatisierung des Militars Ergebnis von zerfallender Staatlichkeit meist nur von kurzer Dauer Beispiele Mobutu Regime in Zaire Demokratische Republik Kongo Afghanistan 1990 1995 Liberia unter Charles Taylor 1997 2003 Somalia seit den 1990er JahrenKorporatistisch autoritares Regime Merkmale organische Demokratie staatlich kontrollierte Wirtschafts und Berufsstande permante Zwangsschlichtung im nationalen Interesse Beispiele Estado Novo in Portugal Austrofaschismus Franquistisches Spanien und faschistisches Italien in der Fruhphase der RegimeRassistisch autoritares Regime Merkmale Ausschluss einer bestimmten Ethnie oder durch ihre Hautfarbe definierten Bevolkerungsgruppe aus dem demokratischen Prozess und von Burgerrechten fur das in den historischen Fallbeispielen zumeist weisse Mehrheiten bzw Minderheiten einschliessende politische System galten demokratische Normen und Verfahren Beispiele Sudafrika wahrend der Apartheid Rhodesien USA bis zum Civil Rights ActAutoritares Modernisierungsregime Merkmale tritt entweder als Militar Einparteien oder Fuhrerregime auf Fehlen einer traditionellen Herrschaftsform haufig aus Befreiungsbewegungen hervorgegangen Beispiele Peronistische Regime in Argentinien Agypten unter Gamal Abdel Nasser Turkei unter Ataturk Algerien unter Ben Bella Militardiktatur in ChileTheokratisch autoritares Regime Theokratie religiose Heilslehre als staatlich verordnete Weltanschauung Tendenz zum Totalitarismus Beispiele Iran seit 1979 Tibet 1912 1951 Dynastisch autoritares Regime Merkmale monarchisches Prinzip konstitutionelle Monarchie und nicht konstitutionelle Monarchie Beispiele England Grossbritannien 17 19 Jahrhundert konstitutionelle Monarchie Scheichtumer in der Golfregion Konigsdiktaturen in Osteuropa wahrend der ZwischenkriegszeitSultanisch autoritares Regime Merkmale Mischung aus extrem personalisiertem und erratischem Herrschaftsstil Familienklan Herrschaft Beispiele Rumanien unter Nicolae Ceaușescu ab den 1970er JahrenAutoritares Rentenregime Merkmale Nutzung so genannter Renteneinkommen vor allem aus Erdolexporten geringe oder keine Belastung der Untertanen mit Steuern und Abgaben Beispiele erdolexportierende arabische LanderAutoritarismus in der SozialpsychologieDer Autoritarismus wird sozialpsychologisch als eine Einstellung haufig auch als eine Personlichkeitseigenschaft aufgefasst autoritare Personlichkeit bzw autoritarer Charakter oder dient als Oberbegriff fur faschistoide und antidemokratische Einstellungen Psychologisch ist der Begriff doppeldeutig denn er beschreibt einerseits ein extrem dominantes Verhalten andererseits die Bereitschaft zur Unterwerfung unter Ranghohere Insofern hangen Autoritarismus und Gehorsam zusammen In ihren bekannten und viel diskutierten Experimenten haben Stanley Milgram Milgram Experiment und Philip Zimbardo Stanford Prison Experiment das beobachtete Gehorsamkeitsverhalten unter simulierten fur die Teilnehmer realistisch wirkenden Bedingungen untersucht und nach Zusammenhangen mit anderen sozialen Einstellungen und Personlichkeitsmerkmalen gefragt Philip Zimbardo The only link between personality and prison behavior was a finding that prisoners with a high degree of authoritarianism endured our authoritarian prison environment longer than did other prisoners Die einzige Verbindung zwischen Personlichkeit und Gefangnisverhalten war der Befund dass Gefangene mit einem hohen Grad an Autoritarismus unsere autoritare Gefangnisumgebung langer ertrugen als andere Gefangene Die amerikanische Verhaltensokonomin argumentiert dass Autoritarismus kein Personlichkeitsmerkmal sei sondern als eine Reaktion auf Bedrohungen der normativen Ordnung anzusehen ist die sich darin aussert dass das vorgestellte Wir zerfallt was zu Angst vor dem ethnischen Verschwinden und vor Zuwanderung fuhrt Abgrenzung zum TotalitarismusNach Juan Linz der den Begriff in den 1960er Jahren gepragt hat unterscheidet der Autoritarismus sich vom diktatorischen Totalitarismus durch begrenzten Pluralismus keine umfassend formulierte Ideologie weder extensive noch intensive Mobilisierung Der begrenzte Pluralismus ist als zentrales Abgrenzungsmerkmal zu sehen Der Handlungsspielraum von politischen und gesellschaftlichen Akteuren hangt weitgehend von der autoritaren Staatsfuhrung ab In Abgrenzung zum Totalitarismus ist fur den Autoritarismus zutreffender von Mentalitaten zu sprechen als von politischen Ideologien und Weltanschauungen Mentalitat ist nach Theodor Geiger subjektive Ideologie aber objektiver Geist Mentalitaten sind psychische Pradispositionen und funktionieren formlos Das Fehlen einer klaren Ideologie bewirkt einen Verlust der Mobilisierungsfahigkeit der Bevolkerung fehlt eine emotionale Bindung an das System Daher formulieren autoritare Regime ihre Politik pragmatisch und versuchen gleichzeitig allgemeine Wertvorstellungen wie Patriotismus Nationalismus Modernisierung und Ordnung durchzusetzen Siehe auchAutokratieLiteraturAnne Applebaum Die Verlockung des Autoritaren Warum antidemokratische Herrschaft so popular geworden ist Aus dem Englischen von Jurgen Neubauer Siedler Verlag Munchen 2021 ISBN 978 3 8275 0143 1 Originalausgabe Twilight of Democracy The Seductive Lure of Authoritarianism Doubleday New York 2020 ISBN 978 0 385 54580 8 Erica Frantz Authoritarianism What everyone needs to know Oxford University Press 2018 ISBN 978 0 19 088020 0 Jurgen Hartmann Vergleichende Regierungslehre und Systemvergleich In Dirk Berg Schlosser Ferdinand Muller Rommel Hrsg Vergleichende Politikwissenschaft 4 Auflage Verlag fur Sozialwissenschaften 1997 ISBN 978 3 8100 3860 9 S 31 ff Werner Herkner Lehrbuch der Sozialpsychologie 6 Auflage Huber Bern 2001 ISBN 3 456 81989 7 Juan Jose Linz Autoritare Regime In Dieter Nohlen Hrsg Worterbuch Staat und Politik Piper Munchen 1996 ISBN 3 492 22070 3 S 40 43 Juan Jose Linz Totalitare und autoritare Regime Herausgegeben und ubersetzt von Raimund Kramer 3 Auflage Potsdamer Textbucher 4 WeltTrends Potsdam 2009 ISBN 978 3 941880 00 9 Juan Jose Linz Ein autoritares Regime Der Fall Spanien Herausgegeben und ubersetzt von Raimund Kramer und Christoph Sebastian Widdau Potsdamer Textbucher 13 WeltTrends Potsdam 2011 ISBN 978 3 941880 35 1 Dieter Nohlen Autoritare Systeme In Peter Waldmann Klaus Ziemer Hrsg Die ostlichen und sudliche Lander Lexikon der Politik in 7 Bandern Band 4 C H Beck Munchen 1997 ISBN 3 406 36908 1 S 67 74 Lars Rensmann Steffen Hagemann Hajo Funke Autoritarismus und Demokratie Politische Theorie und Kultur in der globalen Moderne Wochenschau Wissenschaft Wochenschau Verlag Schwalbach 2011 ISBN 978 3 89974 679 2 Susanne Rippl Christian Seipel Angela Kindervater Hrsg Autoritarismus Kontroversen und Ansatze der aktuellen Autoritarismusforschung Leske und Budrich Opladen 2000 ISBN 3 8100 2634 4 Bernd Six Generalisierte Einstellungen In Manfred Amelang Hrsg Enzyklopadie der Psychologie Differentielle Psychologie und Personlichkeitsforschung Band 3 Hogrefe Gottingen 1966 ISBN 978 3 8017 0553 4 S 1 50 Karen Stenner The authoritarian dynamic Cambridge University Press Cambridge 2005 ISBN 978 0 521 53478 9 Max Horkheimer Autoritarer Staat In Ders Friedrich Pollock u a Wirtschaft Recht und Staat im Nationalsozialismus Analysen im Institut fur Sozialforschung 1939 1942 Hg Helmut Dubiel Alfons Sollner Europaische Verlagsanstalt und Syndikat Buchgesellschaft Frankfurt 1981 ISBN 3 434 00469 6 S 55 80 Wolfgang Merkel Systemtransformation Eine Einfuhrung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung VS Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2010 ISBN 978 3 531 17201 9 S 43 48 WeblinksWiktionary Autoritarismus Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Datenbank inhaltlich erschlossener Literatur zum Thema Autoritarismus Autoritarismus und Auslanderfeindlichkeit von Christoph Luscher Universitat Zurich 1997 Politikwissenschaftliche Literatur zum Thema Autoritarismus in der Annotierten Bibliografie der PolitikwissenschaftEinzelnachweiseProfessor of Political Communication Sarah Oates Television Democracy and Elections in Russia BASEES Routledge Series on Russian and East European Studies Routledge 2006 ISBN 978 1 134 17847 6 S 149 mass media are critical factors in halting the slide in authoritarianism Thomas Heberer Gunter Schubert Hrsg Regime Legitimacy in Contemporary China Institutional Change and Stability Routledge Contemporary China Series Routledge 2008 ISBN 978 1 134 03630 1 S 177 Stephen K Wegren Putin s Russia Past Imperfect Future Uncertain Rowman amp Littlefield 6 Ausgabe 2015 ISBN 978 1 4422 3919 7 S 137 Thomas Assheuer Krise des Liberalismus Ein autoritares Angebot Zeit online 27 Mai 2016 abgerufen am 12 Marz 2017 Thomas Kirchner Europaische Union Die ubergrosse Mehrheit der Deutschen will Europa sueddeutsche de 4 April 2017 abgerufen am 4 April 2017 Besuch in Frankreich Steinmeier warnt vor Faszination des Autoritaren Zeit online 30 Marz 2017 abgerufen am 4 April 2017 Michael Maier Anarchie von oben In berliner zeitung de 3 August 2021 abgerufen am 10 August 2021 Webseite von Philip Zimbardo uber das Stanford Prison Experiment conclusions Abruf am 12 Marz 2021 Karen Stenner The Authoritarian Dynamic Cambridge University Press 2005 Ivan Krastev Auf dem Weg in die Mehrheitsdiktatur In Henrich Geiselberger Hrsg Die grosse Regression Frankfurt 2017 S 117 134 hier S 127 Juan J Linz Totalitarian and Authoritarian Regimes In Fred I Greenstein Nelson W Polsby Eds Handbook of Political Science Vol 3 Macropolitical Theory Addison Wesley Reading 1975 ISBN 0 201 02603 1 S 175 411 Theodor Geiger Die soziale Schichtung des deutschen Volkes Soziographischer Versuch auf statistischer Grundlage Enke Stuttgart 1932 ND ebd 1987 ISBN 3 432 96201 0 S 77 ff www foreignaffairs com Rezension Auch in ders Gesellschaft im Ubergang Aufsatze Reden und Vortrage 1942 1970 Hg Werner Brede Fischer TB Frankfurt 1972 ISBN 3 596 26545 2 wieder Fischer Athenaum TB Frankfurt 1990 ISBN 3 7610 4004 0 ISBN 3 8072 4004 7