Böhmische Brüder auch Mährische Brüder tschechisch Jednota bratrská lateinisch Unitas fratrum hieraus eingedeutscht auch
Mährische Brüder

Böhmische Brüder (auch Mährische Brüder, tschechisch: Jednota bratrská; lateinisch: Unitas fratrum, hieraus eingedeutscht auch Brüder-Unität; als Xenonym früher auch Lammsbrüder) waren eine religiöse Gemeinschaft, die im 15. und 16. Jahrhundert insbesondere in Böhmen auftrat und sich aus Mitgliedern der Taboriten und Waldenser bildete. Kennzeichen der Böhmischen Brüder in Lehre und Lebensweise waren eine am Urchristentum orientierte religiöse Auffassung, Kirchenzucht, die Verweigerung der Ableistung von Kriegsdienst und Eid sowie die Ablehnung, öffentliche Ämter zu bekleiden.
Geschichte
Nach der Verbrennung des bedeutenden böhmischen Reformators Jan Hus auf dem Konzil von Konstanz im Jahre 1415 spalteten sich die nach ihm benannten Hussiten in zwei Parteien, die pragmatischen Utraquisten und die radikalen Taboriten. Zunächst konnten sich diese reformatorischen Gruppen mit der damals üblichen Fremdbezeichnung Böhmische Brüder, bzw. der Eigenbezeichnung Unitas Fratrum (Brüder-Unität), behaupten. Jedoch versuchte die böhmisch-luxemburgische Königsdynastie, die Hussiten aus Kirchen- und Staatsämtern auszuschließen, was zu heftigen Unruhen führte und schließlich mit der Kreuzzugsbulle von Papst Martin V. vom März 1420 dann in die Hussitenkriege mündete. Während dieser in Böhmen und den angrenzenden Ländern wütenden Kämpfe gegen die Katholiken entbrannte auch ein jahrelanger gewalttätiger Kampf unter den beiden hussitischen Gruppen.
Der Prediger und Theologe Petr Chelčický war ein Anhänger von Jan Hus. Nach dessen Tod zerstritt er sich theologisch mit Hus’ Nachfolger als Prediger an der Bethlehemskapelle in Prag, dem Utraquisten Jakobellus von Mies, der die These vertrat, dass man das Gotteswort rechtens auch mit dem Schwert verteidigen dürfe. Diese These nahmen auch die Taboriten an und begründeten damit ihre militärischen Züge. Petr Chelčický jedoch lehnte jede Gewalt ab. Seit 1420 zurückgezogen auf seinem Gut in Südböhmen lebend, entwickelte Chelčický in diversen Traktaten und Abhandlungen in alttschechischer Sprache, beeinflusst von John Wyclif (1330–1384), eine radikal pazifistische Vision des Christentums, er erstrebte eine Rückkehr zum Urchristentum, postulierte die Gleichheit aller Christen, rief zu freiwilliger Armut auf, lehnte das Mönchstum ab, sprach sich gegen die Wehrpflicht aus und lehnte den Eid ab. Er kritisierte die damalige ständische Gesellschaftsordnung der Grundherrschaft und Erbuntertänigkeit. Obwohl er Laie war, gewann Chelčický als bedeutender Denker auf dem Gebiet der Theologie großen Zuspruch aufgrund seines Plädoyers für freiwillige Armut. König Georg von Podiebrad übergab seiner Anhängerschaft, den Petr Chelčický-Brüdern, 1457 das Gut Kunwald als Wohnsitz. Trotz mancher Verfolgung wuchs die Zahl der Anhänger weiter an, sodass diese 1467 auf einer Versammlung in Lhotka bei Reichenau beschloss, sich eine Ordnung gemäß apostolischem Vorbild zu geben. Durch Los wurden drei Priester aus der Mitte der Versammlung gewählt; einer von diesen, Matthias von Kunwald, wurde Bischof. Ihre Weihe erfolgte durch den Bischof Michael von Žamberk, der vorher seinerseits von einem Waldenserbischof geweiht worden war.
Gegen die Vertreter der strengen Grundsätze richtete sich bald eine Gruppe, die mildere Elemente einführen wollte, die sogenannte Brüderunität (Unitas fratrum). Auf der Synode zu Reichenau 1494 kam diese Gruppe unter Lukas von Prag an die Macht, der zweiter Begründer der Bruderschaft war. Bis zu seinem Tod am 11. Dezember 1528 übte er großen Einfluss auf die Bruderschaft aus. Statt eines Bischofs bestand die oberste Leitung der Bruderunität aus einem Rat von vier Senioren.
Die strengere Gemeinschaft trat ab 1494 unter dem Namen Kleine Partei (im Gegensatz zur Großen Partei) oder Amositen auf und hielt an der strengen ethischen Haltung der ersten Brüder fest. So lehnte die Kleine Partei den Schwur von Eiden und die Ausübung staatlicher Ämter ab, während die Große Partei der Böhmischen Brüder den Eid, staatliche Ämter und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Todesstrafe inzwischen akzeptierte. Als Führerfigur der Kleinen Partei trat seit 1523/1524 auf. Kalenec verwarf auch die Lehre von der Trinität und die Kindertaufe und stand in Kontakt mit der mährischen Täuferbewegung. Die Kleine Partei existierte noch etwa 50 Jahre neben der Brüderunität.
Weder die friedlichen Bekehrungsversuche der Dominikaner um 1500 noch die blutigen Verfolgungen durch König Wladislaw II. (1503–1516) oder dessen St.-Jakobs-Mandat führten die Brüder zur katholischen Kirche zurück. Auch Martin Luther, der mehrfach mit ihnen verhandelte, konnte sie nicht auf seine Seite ziehen, da sie auf dem Zölibat des Klerus, den sieben Sakramenten und der eucharistischen Lehre nach katholischem Glauben und apostolischer Tradition bestanden.
Nach Lukas’ Tod verloren die Brüder jedoch mehr und mehr ihren eigentümlichen Charakter und wandten sich, um weitere Anerkennung zu gewinnen oder wenigstens geduldet zu werden, erst der lutherischen und später der reformierten Lehre zu.
1548 mussten viele Brüder infolge der erneuten Verfolgung durchs katholische Böhmen nach Polen und ins Herzogtum Preußen auswandern. Sie mussten ihre angestammten Siedlungen in den Städten Chlumec und Turnau räumen und siedelten sich mehrheitlich in Posen und Thorn an.
Im Jahr 1557 wurde auf der Synode der Kirche der Böhmischen Brüder in Sležany in Mähren die polnische Provinz der Unität eingerichtet, als dritte nach der mährischen und der böhmischen. Sie umfasste auch die Brüdergemeinen im Herzogtum Preußen. Georg Israel wurde zum ersten Bischof (Senior) dieser Provinz sowie zum Richter für ganz Polen gewählt. Damit war er für die Leitung der polnischen Gemeinen zuständig. Unter seiner Führung erlebte die Unität in Polen einen starken Aufschwung. 1570 schlossen die Böhmischen Brüder in Polen mit den Lutheranern und den Reformierten den Consensus von Sandomir, durch den sie 1573 in den „Dissidentenfrieden“ der Konföderation von Warschau einbezogen wurden.
Auch in Böhmen erreichte man die Duldung durch die Confessio Bohemica im Jahr 1575, die einen Vergleich der Brüder mit den Lutheranern, den Reformierten und den Calixtinern darstellt. Aufgrund dieser Confessio stellte Kaiser Rudolf II. 1609 den Majestätsbrief aus.
Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Gemeinschaft der Brüder in Böhmen fast vollständig vernichtet, die Mitglieder konnten sich nur noch heimlich versammeln. Viele flohen, auch ihr Bischof Johann Amos Comenius musste 1628 seine Heimat verlassen.
Als (erneuerte) Brüdergemeine erlebten sie ab 1722 in Herrnhut durch die Förderung Nikolaus Ludwig von Zinzendorfs eine zweite Blüte. Einige von ihnen siedelten sich 1737 bei Berlin in Böhmisch Rixdorf an. Vereinzelt kamen die Böhmischen Brüder unter Joseph II. auch in Böhmen und Mähren wieder zum Vorschein, mussten sich aber zu einer der beiden ausschließlich geduldeten evangelischen Konfessionen bekennen: der Augsburgischen (lutherischen) oder der Helvetischen (reformierten). Nur die engere Herrnhuter Brüdergemeine erhielt 1880 die staatliche Anerkennung in der Habsburgermonarchie. Auch die 1918 aus der Union der reformierten und lutherischen Gemeinden in Böhmen und Mähren hervorgegangene Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder versteht sich als in der Tradition der Böhmischen Brüder wurzelnd.
Die 1501 wohl in Prag erschienene, verschollene geistliche Liedersammlung in tschechischer Sprache, die lange Zeit als erstes Gesangbuch der Böhmischen Brüder galt, gehört eher in den Umkreis der Utraquisten. Das erste deutschsprachige Gesangbuch der Böhmischen Brüder gab Michael Weiße 1531 heraus. 1544 gab Johann Horn eine veränderte und erweiterte Neuausgabe von Weißes Gesangbuch heraus, weitere Auflagen folgten.
Im Jahr 1903 bildeten tschechische Protestanten, die nach Texas ausgewandert waren, die Evangelical Unity of the Bohemian-Moravian Brethren in North America als Erneuerung der alten Brüder-Unität. Zu der Kirche, die seit Mitte des 20. Jahrhunderts ihre Gottesdienste in englischer Sprache feiert und seit 1959 Unity of the Brethren heißt, gehören etwa 30 Gemeinden.
Akten und eine Bibliothek der Böhmischen Brüder wurden 2015 von der UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen.
Siehe auch
- Liste der Bischöfe der Evangelischen Brüder-Unität
Literatur und Quellenausgaben
- Joachim Bahlcke, Jiří Just, Martin Rothkegel (Hrsg.): Konfessionelle Geschichtsschreibung im Umfeld der Böhmischen Brüder (1500–1800). Traditionen – Akteure – Praktiken. Harrassowitz, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-447-11709-8, (= Jabloniana; 11).
- M. T. Brown: John Blahoslav – Sixteenth-Century Moravian Reformer. Transforming the Czech Nation by the Word of God. Vorwort von Jan Hábl und Thomas K. Johnson (= Christian contributions to European identity, Vol. 2 ISSN 2195-299X). Verlag für Kultur und Wissenschaft, Bonn 2013, ISBN 978-3-86269-063-3 (englisch).
- Jaroslav Goll: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte der Böhmischen Brüder. 2 Bände. Prag 1878–1882.
- Lorenz Hein: Italienische Protestanten und ihr Einfluß auf die Reformation in Polen während der beiden Jahrzehnte vor dem Sandomirer Konsens 1570. Brill, Leiden 1974, ISBN 978-90-04-03893-6.
- Wolfgang Herbst: Böhmische Brüder. In: Wolfgang Herbst (Hrsg.): Wer ist wer im Gesangbuch. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 978-3-525-50323-2, S. 45–47 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- David R. Holeton: Church or Sect? The Jednota Bratskà and the Growth of Dissent from Mainline Utraquism. In: Communio Viatorum. A Theological Journal. 1996, S. 5–35.
- Ludwig Keller: Die Böhmischen Brüder und ihre Vorläufer. Leipzig 1894.
- Amedeo Molnár (Hrsg.): Quellen und Darstellungen zur Geschichte der böhmischen Brüder-Unität (= Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Materialien und Dokumente. Reihe 1). Olms, Hildesheim 1970–1982, ISBN 3-487-06911-3.
- Joseph Theodor Müller: Geschichte der böhmischen Brüder. 3 Bände. Herrnhut 1922–1931.
- Joseph Theodor Müller: Die Gemeinde-Verfassung der böhmischen Brüder in ihren Grundzügen. In: Monatshefte der Comenius-Gesellschaft, 5 (1896), S. 140–163.
- Rudolf Říčan: Die Böhmischen Brüder. Ihr Ursprung und ihre Geschichte (Originaltitel: Dějiny Jednoty Bratrské, übersetzt von Bohumír Popelář). Mit einem Kapitel über die Theologie der Brüder von Amedeo Molnár. Union, Berlin (Ost) 1961, DNB 454014155.
- Überarbeitete Neuausgabe: Die Böhmischen Brüder. Ursprung und Geschichte. Reinhardt, Basel 2007, ISBN 978-3-7245-1445-9.
- Michael Rohde: Luther und die böhmischen Brüder nach den Quellen (= Pontes Pragenses, Band 45). Luboš Marek, Brno 2007, ISBN 80-86263-92-4 (Dissertation Karls-Universität Prag, [2007]).
Weblinks
- Literatur von und über Böhmische Brüder im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Jiří Just: Bibliografie k dějinám Jednoty bratrské (Bibliographie der Brüder-Unität) (PDF, kostenfrei, 183 Seiten, 796 kB, tschechisch).
- Geschichte der Brüder-Unität auf der Website der Evangelischen Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeine.
- Joachim Bahlcke: Böhmische Brüder. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2014 (abgerufen am 12. Mai 2015).
Einzelnachweise
- Martin Rothkegel: Täufer, Spiritualist, Antitrinitarier und Nikodemit: Jakob Kautz als Schulmeister in Mähren. In: Mennonitische Geschichtsblätter. Band 57. Mennonitischer Geschichtsverein, 2000, S. 51–88.
- Lorenz Hein: Italienische Protestanten und ihr Einfluß auf die Reformation in Polen während der beiden Jahrzehnte vor dem Sandomirer Konsens 1570, Brill, Leiden 1974, ISBN 978-90-04-03893-6, S. 17 ff.
- Herrnhuter, Abschnitt Vorgeschichte, Website herrnhuter-sterne.de (abgerufen am 22. September 2024).
- Anerkennung der evangelischen Brüderkirche (Herrnhuter-Brüderkirche). Verordnung des Ministers für Cultus und Unterricht vom 30. März 1880. In: Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, Jahrgang 1880, Nr. 40 (Digitalisat).
- Rudolf Wolkan: Das deutsche Kirchenlied der böhmischen Brüder im XVI. Jahrhunderte. Haase, Prag 1891, S. 4 (Digitalisat ).
- Jan Kouba: Der älteste Gesangbuchdruck von 1501 aus Böhmen. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie. 13, 1968, S. 78–112 (JSTOR:24193651).
- Gesangbuch der Böhmischen Brüder 1531. In originalgetreuem Nachdruck herausgegeben von Konrad Ameln. Kassel, Basel 1957 (Faksimile des Erstdrucks Ein New Gesengbuchlein. Jungbunzlau 1531, DKL 153102, VD 16 XL 8).
- Ein Gesangbuch der Brüder inn Behemen vnd Merherrn, Die man auß haß vnd neyd, Pickharden, Waldenses, &c. nennet. Johann Günther, Nürnberg 1544, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00083305-1.
- Unity Of The Brethren Website der Kirche
- Files and library of the Unity of the Brethren | United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization. Abgerufen am 28. August 2017 (englisch).
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
wikipedia, wiki, deutsches, deutschland, buch, bücher, bibliothek artikel lesen, herunterladen kostenlos kostenloser herunterladen, MP3, Video, MP4, 3GP, JPG, JPEG, GIF, PNG, Bild, Musik, Lied, Film, Buch, Spiel, Spiele, Mobiltelefon, Mobil, Telefon, android, ios, apple, samsung, iphone, xiomi, xiaomi, redmi, honor, oppo, nokia, sonya, mi, pc, web, computer, komputer, Informationen zu Mährische Brüder, Was ist Mährische Brüder? Was bedeutet Mährische Brüder?
Bohmische Bruder auch Mahrische Bruder tschechisch Jednota bratrska lateinisch Unitas fratrum hieraus eingedeutscht auch Bruder Unitat als Xenonym fruher auch Lammsbruder waren eine religiose Gemeinschaft die im 15 und 16 Jahrhundert insbesondere in Bohmen auftrat und sich aus Mitgliedern der Taboriten und Waldenser bildete Kennzeichen der Bohmischen Bruder in Lehre und Lebensweise waren eine am Urchristentum orientierte religiose Auffassung Kirchenzucht die Verweigerung der Ableistung von Kriegsdienst und Eid sowie die Ablehnung offentliche Amter zu bekleiden Gesangbuch der Bohmischen Bruder 1561GeschichteNach der Verbrennung des bedeutenden bohmischen Reformators Jan Hus auf dem Konzil von Konstanz im Jahre 1415 spalteten sich die nach ihm benannten Hussiten in zwei Parteien die pragmatischen Utraquisten und die radikalen Taboriten Zunachst konnten sich diese reformatorischen Gruppen mit der damals ublichen Fremdbezeichnung Bohmische Bruder bzw der Eigenbezeichnung Unitas Fratrum Bruder Unitat behaupten Jedoch versuchte die bohmisch luxemburgische Konigsdynastie die Hussiten aus Kirchen und Staatsamtern auszuschliessen was zu heftigen Unruhen fuhrte und schliesslich mit der Kreuzzugsbulle von Papst Martin V vom Marz 1420 dann in die Hussitenkriege mundete Wahrend dieser in Bohmen und den angrenzenden Landern wutenden Kampfe gegen die Katholiken entbrannte auch ein jahrelanger gewalttatiger Kampf unter den beiden hussitischen Gruppen Petr Chelcicky ca 1390 1460 Der Prediger und Theologe Petr Chelcicky war ein Anhanger von Jan Hus Nach dessen Tod zerstritt er sich theologisch mit Hus Nachfolger als Prediger an der Bethlehemskapelle in Prag dem Utraquisten Jakobellus von Mies der die These vertrat dass man das Gotteswort rechtens auch mit dem Schwert verteidigen durfe Diese These nahmen auch die Taboriten an und begrundeten damit ihre militarischen Zuge Petr Chelcicky jedoch lehnte jede Gewalt ab Seit 1420 zuruckgezogen auf seinem Gut in Sudbohmen lebend entwickelte Chelcicky in diversen Traktaten und Abhandlungen in alttschechischer Sprache beeinflusst von John Wyclif 1330 1384 eine radikal pazifistische Vision des Christentums er erstrebte eine Ruckkehr zum Urchristentum postulierte die Gleichheit aller Christen rief zu freiwilliger Armut auf lehnte das Monchstum ab sprach sich gegen die Wehrpflicht aus und lehnte den Eid ab Er kritisierte die damalige standische Gesellschaftsordnung der Grundherrschaft und Erbuntertanigkeit Obwohl er Laie war gewann Chelcicky als bedeutender Denker auf dem Gebiet der Theologie grossen Zuspruch aufgrund seines Pladoyers fur freiwillige Armut Konig Georg von Podiebrad ubergab seiner Anhangerschaft den Petr Chelcicky Brudern 1457 das Gut Kunwald als Wohnsitz Trotz mancher Verfolgung wuchs die Zahl der Anhanger weiter an sodass diese 1467 auf einer Versammlung in Lhotka bei Reichenau beschloss sich eine Ordnung gemass apostolischem Vorbild zu geben Durch Los wurden drei Priester aus der Mitte der Versammlung gewahlt einer von diesen Matthias von Kunwald wurde Bischof Ihre Weihe erfolgte durch den Bischof Michael von Zamberk der vorher seinerseits von einem Waldenserbischof geweiht worden war Gegen die Vertreter der strengen Grundsatze richtete sich bald eine Gruppe die mildere Elemente einfuhren wollte die sogenannte Bruderunitat Unitas fratrum Auf der Synode zu Reichenau 1494 kam diese Gruppe unter Lukas von Prag an die Macht der zweiter Begrunder der Bruderschaft war Bis zu seinem Tod am 11 Dezember 1528 ubte er grossen Einfluss auf die Bruderschaft aus Statt eines Bischofs bestand die oberste Leitung der Bruderunitat aus einem Rat von vier Senioren Die strengere Gemeinschaft trat ab 1494 unter dem Namen Kleine Partei im Gegensatz zur Grossen Partei oder Amositen auf und hielt an der strengen ethischen Haltung der ersten Bruder fest So lehnte die Kleine Partei den Schwur von Eiden und die Ausubung staatlicher Amter ab wahrend die Grosse Partei der Bohmischen Bruder den Eid staatliche Amter und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Todesstrafe inzwischen akzeptierte Als Fuhrerfigur der Kleinen Partei trat seit 1523 1524 auf Kalenec verwarf auch die Lehre von der Trinitat und die Kindertaufe und stand in Kontakt mit der mahrischen Tauferbewegung Die Kleine Partei existierte noch etwa 50 Jahre neben der Bruderunitat Weder die friedlichen Bekehrungsversuche der Dominikaner um 1500 noch die blutigen Verfolgungen durch Konig Wladislaw II 1503 1516 oder dessen St Jakobs Mandat fuhrten die Bruder zur katholischen Kirche zuruck Auch Martin Luther der mehrfach mit ihnen verhandelte konnte sie nicht auf seine Seite ziehen da sie auf dem Zolibat des Klerus den sieben Sakramenten und der eucharistischen Lehre nach katholischem Glauben und apostolischer Tradition bestanden Nach Lukas Tod verloren die Bruder jedoch mehr und mehr ihren eigentumlichen Charakter und wandten sich um weitere Anerkennung zu gewinnen oder wenigstens geduldet zu werden erst der lutherischen und spater der reformierten Lehre zu 1548 mussten viele Bruder infolge der erneuten Verfolgung durchs katholische Bohmen nach Polen und ins Herzogtum Preussen auswandern Sie mussten ihre angestammten Siedlungen in den Stadten Chlumec und Turnau raumen und siedelten sich mehrheitlich in Posen und Thorn an Im Jahr 1557 wurde auf der Synode der Kirche der Bohmischen Bruder in Slezany in Mahren die polnische Provinz der Unitat eingerichtet als dritte nach der mahrischen und der bohmischen Sie umfasste auch die Brudergemeinen im Herzogtum Preussen Georg Israel wurde zum ersten Bischof Senior dieser Provinz sowie zum Richter fur ganz Polen gewahlt Damit war er fur die Leitung der polnischen Gemeinen zustandig Unter seiner Fuhrung erlebte die Unitat in Polen einen starken Aufschwung 1570 schlossen die Bohmischen Bruder in Polen mit den Lutheranern und den Reformierten den Consensus von Sandomir durch den sie 1573 in den Dissidentenfrieden der Konfoderation von Warschau einbezogen wurden Auch in Bohmen erreichte man die Duldung durch die Confessio Bohemica im Jahr 1575 die einen Vergleich der Bruder mit den Lutheranern den Reformierten und den Calixtinern darstellt Aufgrund dieser Confessio stellte Kaiser Rudolf II 1609 den Majestatsbrief aus Wahrend des Dreissigjahrigen Krieges wurde die Gemeinschaft der Bruder in Bohmen fast vollstandig vernichtet die Mitglieder konnten sich nur noch heimlich versammeln Viele flohen auch ihr Bischof Johann Amos Comenius musste 1628 seine Heimat verlassen Als erneuerte Brudergemeine erlebten sie ab 1722 in Herrnhut durch die Forderung Nikolaus Ludwig von Zinzendorfs eine zweite Blute Einige von ihnen siedelten sich 1737 bei Berlin in Bohmisch Rixdorf an Vereinzelt kamen die Bohmischen Bruder unter Joseph II auch in Bohmen und Mahren wieder zum Vorschein mussten sich aber zu einer der beiden ausschliesslich geduldeten evangelischen Konfessionen bekennen der Augsburgischen lutherischen oder der Helvetischen reformierten Nur die engere Herrnhuter Brudergemeine erhielt 1880 die staatliche Anerkennung in der Habsburgermonarchie Auch die 1918 aus der Union der reformierten und lutherischen Gemeinden in Bohmen und Mahren hervorgegangene Evangelische Kirche der Bohmischen Bruder versteht sich als in der Tradition der Bohmischen Bruder wurzelnd Die 1501 wohl in Prag erschienene verschollene geistliche Liedersammlung in tschechischer Sprache die lange Zeit als erstes Gesangbuch der Bohmischen Bruder galt gehort eher in den Umkreis der Utraquisten Das erste deutschsprachige Gesangbuch der Bohmischen Bruder gab Michael Weisse 1531 heraus 1544 gab Johann Horn eine veranderte und erweiterte Neuausgabe von Weisses Gesangbuch heraus weitere Auflagen folgten Im Jahr 1903 bildeten tschechische Protestanten die nach Texas ausgewandert waren die Evangelical Unity of the Bohemian Moravian Brethren in North America als Erneuerung der alten Bruder Unitat Zu der Kirche die seit Mitte des 20 Jahrhunderts ihre Gottesdienste in englischer Sprache feiert und seit 1959 Unity of the Brethren heisst gehoren etwa 30 Gemeinden Akten und eine Bibliothek der Bohmischen Bruder wurden 2015 von der UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen Siehe auchListe der Bischofe der Evangelischen Bruder UnitatLiteratur und QuellenausgabenJoachim Bahlcke Jiri Just Martin Rothkegel Hrsg Konfessionelle Geschichtsschreibung im Umfeld der Bohmischen Bruder 1500 1800 Traditionen Akteure Praktiken Harrassowitz Wiesbaden 2022 ISBN 978 3 447 11709 8 Jabloniana 11 M T Brown John Blahoslav Sixteenth Century Moravian Reformer Transforming the Czech Nation by the Word of God Vorwort von Jan Habl und Thomas K Johnson Christian contributions to European identity Vol 2 ISSN 2195 299X Verlag fur Kultur und Wissenschaft Bonn 2013 ISBN 978 3 86269 063 3 englisch Jaroslav Goll Quellen und Untersuchungen zur Geschichte der Bohmischen Bruder 2 Bande Prag 1878 1882 Lorenz Hein Italienische Protestanten und ihr Einfluss auf die Reformation in Polen wahrend der beiden Jahrzehnte vor dem Sandomirer Konsens 1570 Brill Leiden 1974 ISBN 978 90 04 03893 6 Wolfgang Herbst Bohmische Bruder In Wolfgang Herbst Hrsg Wer ist wer im Gesangbuch Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2001 ISBN 978 3 525 50323 2 S 45 47 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche David R Holeton Church or Sect The Jednota Bratska and the Growth of Dissent from Mainline Utraquism In Communio Viatorum A Theological Journal 1996 S 5 35 Ludwig Keller Die Bohmischen Bruder und ihre Vorlaufer Leipzig 1894 Amedeo Molnar Hrsg Quellen und Darstellungen zur Geschichte der bohmischen Bruder Unitat Nikolaus Ludwig von Zinzendorf Materialien und Dokumente Reihe 1 Olms Hildesheim 1970 1982 ISBN 3 487 06911 3 Joseph Theodor Muller Geschichte der bohmischen Bruder 3 Bande Herrnhut 1922 1931 Joseph Theodor Muller Die Gemeinde Verfassung der bohmischen Bruder in ihren Grundzugen In Monatshefte der Comenius Gesellschaft 5 1896 S 140 163 Rudolf Rican Die Bohmischen Bruder Ihr Ursprung und ihre Geschichte Originaltitel Dejiny Jednoty Bratrske ubersetzt von Bohumir Popelar Mit einem Kapitel uber die Theologie der Bruder von Amedeo Molnar Union Berlin Ost 1961 DNB 454014155 Uberarbeitete Neuausgabe Die Bohmischen Bruder Ursprung und Geschichte Reinhardt Basel 2007 ISBN 978 3 7245 1445 9 Michael Rohde Luther und die bohmischen Bruder nach den Quellen Pontes Pragenses Band 45 Lubos Marek Brno 2007 ISBN 80 86263 92 4 Dissertation Karls Universitat Prag 2007 WeblinksLiteratur von und uber Bohmische Bruder im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Jiri Just Bibliografie k dejinam Jednoty bratrske Bibliographie der Bruder Unitat PDF kostenfrei 183 Seiten 796 kB tschechisch Geschichte der Bruder Unitat auf der Website der Evangelischen Bruder Unitat Herrnhuter Brudergemeine Joachim Bahlcke Bohmische Bruder In Online Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im ostlichen Europa 2014 abgerufen am 12 Mai 2015 EinzelnachweiseMartin Rothkegel Taufer Spiritualist Antitrinitarier und Nikodemit Jakob Kautz als Schulmeister in Mahren In Mennonitische Geschichtsblatter Band 57 Mennonitischer Geschichtsverein 2000 S 51 88 Lorenz Hein Italienische Protestanten und ihr Einfluss auf die Reformation in Polen wahrend der beiden Jahrzehnte vor dem Sandomirer Konsens 1570 Brill Leiden 1974 ISBN 978 90 04 03893 6 S 17 ff Herrnhuter Abschnitt Vorgeschichte Website herrnhuter sterne de abgerufen am 22 September 2024 Anerkennung der evangelischen Bruderkirche Herrnhuter Bruderkirche Verordnung des Ministers fur Cultus und Unterricht vom 30 Marz 1880 In Reichsgesetzblatt fur die im Reichsrathe vertretenen Konigreiche und Lander Jahrgang 1880 Nr 40 Digitalisat Rudolf Wolkan Das deutsche Kirchenlied der bohmischen Bruder im XVI Jahrhunderte Haase Prag 1891 S 4 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3D 7B 7B 7B1 7D 7D 7D GB 3D IA 3Ddasdeutschekirc00wolkgoog MDZ 3D 0A SZ 3Dn15 doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D Jan Kouba Der alteste Gesangbuchdruck von 1501 aus Bohmen In Jahrbuch fur Liturgik und Hymnologie 13 1968 S 78 112 JSTOR 24193651 Gesangbuch der Bohmischen Bruder 1531 In originalgetreuem Nachdruck herausgegeben von Konrad Ameln Kassel Basel 1957 Faksimile des Erstdrucks Ein New Gesengbuchlein Jungbunzlau 1531 DKL 153102 VD 16 XL 8 Ein Gesangbuch der Bruder inn Behemen vnd Merherrn Die man auss hass vnd neyd Pickharden Waldenses amp c nennet Johann Gunther Nurnberg 1544 urn nbn de bvb 12 bsb00083305 1 Unity Of The Brethren Website der Kirche Files and library of the Unity of the Brethren United Nations Educational Scientific and Cultural Organization Abgerufen am 28 August 2017 englisch Normdaten Sachbegriff GND 4007473 0 GND Explorer lobid OGND AKS