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Göttinger Erklärung

Die Göttinger Achtzehn waren 18 hochangesehene Naturwissenschaftler aus der Bundesrepublik Deutschland (darunter die Nobelpreisträger Otto Hahn, Max Born und Werner Heisenberg), die sich am 12. April 1957 in einer gemeinsamen Erklärung – der Göttinger Erklärung, auch Göttinger Manifest genannt – gegen die damals namentlich von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Verteidigungsminister Franz Josef Strauß angestrebte Aufrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen wandten. Die Wissenschaftler setzten sich zugleich für die friedliche Verwendung der Atomenergie ein.
Die Bezeichnung der Gruppe als „Göttinger Achtzehn“ bezieht sich auf gemeinsame akademische Anfänge vieler ihrer Mitglieder in Göttingen. Sie ist an die „Göttinger Sieben“ angelehnt – sieben Göttinger Professoren, die 1837 gegen die Suspendierung der Verfassung durch König Ernst August I. öffentlich protestiert hatten.
Die Göttinger Erklärung
Anlass/Information
Unmittelbarer Anlass war eine Äußerung Adenauers vor der Presse am 5. April 1957, in der er taktische Atomwaffen lediglich eine „Weiterentwicklung der Artillerie“ nannte und forderte, auch die Bundeswehr müsse mit diesen „beinahe normalen Waffen“ ausgerüstet werden.
Das Manifest wurde am 11. April 1957 von Otto Hahns Sekretariat an die drei großen überregionalen Tageszeitungen FAZ, Süddeutsche Zeitung und Die Welt übermittelt.
Unterzeichner
Die Göttinger Achtzehn waren: Fritz Bopp (1909–1987), Max Born (1882–1970), Rudolf Fleischmann (1903–2002), Walther Gerlach (1889–1979), Otto Hahn (1879–1968), Otto Haxel (1909–1998), Werner Heisenberg (1901–1976), Hans Kopfermann (1895–1963), Max von Laue (1879–1960), Heinz Maier-Leibnitz (1911–2000), Josef Mattauch (1895–1976), Fritz Paneth (1887–1958), Wolfgang Paul (1913–1993), Wolfgang Riezler (1905–1962), Fritz Straßmann (1902–1980), Wilhelm Walcher (1910–2005), Carl Friedrich von Weizsäcker (1912–2007) und Karl Wirtz (1910–1994).
Es handelte sich um führende Wissenschaftler der Kernforschung und Mitglieder von staatlichen Organisationen, die mit der Nutzung der Kerntechnologie beschäftigt waren. Einige hatten auch schon während des Zweiten Weltkrieges im Uranprojekt (Uranverein) mitgewirkt und waren um 1956 Mitglied in der Deutschen Atomkommission.
Oft wird fälschlicherweise Wolfgang Pauli statt Wolfgang Paul als Unterzeichner angegeben. Dies geschah sogar in dem offiziellen Programm der Universität Göttingen zur 50-jährigen Gedenkfeier und in dem dabei möglicherweise falsch zitierten Originaltext.
Nicht alle führenden Kernforscher der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten den Appell. Nicht beteiligt waren zum Beispiel Erich Bagge, Karl Bechert, Walther Bothe, Klaus Clusius, Kurt Diebner, Wolfgang Gentner, Wolfgang Finkelnburg, Siegfried Flügge, Paul Harteck, Willibald Jentschke, Johannes Hans Daniel Jensen, Pascual Jordan und Walter Seelmann-Eggebert. Entweder ging ihnen der Appell nicht weit genug (beispielsweise Karl Bechert), sie befürchteten persönliche Nachteile oder lehnten den Appel grundsätzlich ab (Pascual Jordan). Zudem gab es auch praktische Hindernisse für das organisierende Sekretariat von Otto Hahn.
Text
- Die Pläne einer atomaren Bewaffnung der Bundeswehr erfüllen die unterzeichnenden Atomforscher mit tiefer Sorge. Einige von ihnen haben den zuständigen Bundesministern ihre Bedenken schon vor mehreren Monaten mitgeteilt. Heute ist eine Debatte über diese Frage allgemein geworden. Die Unterzeichnenden fühlen sich daher verpflichtet, öffentlich auf einige Tatsachen hinzuweisen, die alle Fachleute wissen, die aber der Öffentlichkeit noch nicht hinreichend bekannt zu sein scheinen.
- 1. Taktische Atomwaffen haben die zerstörende Wirkung normaler Atombomben. Als „taktisch“ bezeichnet man sie, um auszudrücken, daß sie nicht nur gegen menschliche Siedlungen, sondern auch gegen Truppen im Erdkampf eingesetzt werden sollen. Jede einzelne taktische Atombombe oder -granate hat eine ähnliche Wirkung wie die erste Atombombe, die Hiroshima zerstört hat. Da die taktischen Atomwaffen heute in großer Zahl vorhanden sind, würde ihre zerstörende Wirkung im ganzen sehr viel größer sein. Als „klein“ bezeichnet man diese Bomben nur im Vergleich zur Wirkung der inzwischen entwickelten „strategischen“ Bomben, vor allem der Wasserstoffbomben.
- 2. Für die Entwicklungsmöglichkeit der lebensausrottenden Wirkung der strategischen Atomwaffen ist keine natürliche Grenze bekannt. Heute kann eine taktische Atombombe eine kleinere Stadt zerstören, eine Wasserstoffbombe aber einen Landstrich von der Größe des Ruhrgebietes zeitweilig unbewohnbar machen. Durch Verbreitung von Radioaktivität könnte man mit Wasserstoffbomben die Bevölkerung der Bundesrepublik wahrscheinlich schon heute ausrotten. Wir kennen keine technische Möglichkeit, große Bevölkerungsmengen vor dieser Gefahr sicher zu schützen.
- Wir wissen, wie schwer es ist, aus diesen Tatsachen die politischen Konsequenzen zu ziehen. Uns als Nichtpolitikern wird man die Berechtigung dazu abstreiten wollen; unsere Tätigkeit, die der reinen Wissenschaft und ihrer Anwendung gilt und bei der wir viele junge Menschen unserem Gebiet zuführen, belädt uns aber mit einer Verantwortung für die möglichen Folgen dieser Tätigkeit. Deshalb können wir nicht zu allen politischen Fragen schweigen. Wir bekennen uns zur Freiheit, wie sie heute die westliche Welt gegen den Kommunismus vertritt. Wir leugnen nicht, daß die gegenseitige Angst vor den Wasserstoffbomben heute einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung des Friedens in der ganzen Welt und der Freiheit in einem Teil der Welt leistet. Wir halten aber diese Art, den Frieden und die Freiheit zu sichern, auf die Dauer für unzuverlässig, und wir halten die Gefahr im Falle des Versagens für tödlich. Wir fühlen keine Kompetenz, konkrete Vorschläge für die Politik der Großmächte zu machen. Für ein kleines Land wie die Bundesrepublik glauben wir, daß es sich heute noch am besten schützt und den Weltfrieden noch am ehesten fördert, wenn es ausdrücklich und freiwillig auf den Besitz von Atomwaffen jeder Art verzichtet. Jedenfalls wäre keiner der Unterzeichnenden bereit, sich an der Herstellung, der Erprobung oder dem Einsatz von Atomwaffen in irgendeiner Weise zu beteiligen. Gleichzeitig betonen wir, daß es äußerst wichtig ist, die friedliche Verwendung der Atomenergie mit allen Mitteln zu fördern, und wir wollen an dieser Aufgabe wie bisher mitwirken.
- Fritz Bopp, Max Born, Rudolf Fleischmann, Walther Gerlach, Otto Hahn, Otto Haxel, Werner Heisenberg, Hans Kopfermann, Max v. Laue, Heinz Maier-Leibnitz, Josef Mattauch, Friedrich-Adolf Paneth, Wolfgang Paul, Wolfgang Riezler, Fritz Straßmann, Wilhelm Walcher, Carl Friedrich Frhr. v. Weizsäcker, Karl Wirtz
Quelle: Universität Göttingen
Reaktionen
Adenauer war empört darüber und wies die Einmischung der Wissenschaftler in die Politik zurück. Die Erklärung fand jedoch in der öffentlichen Meinung ein unerwartetes Echo, vor allem aber auch an den Universitäten, wo sich eine starke studentische Opposition daran anlehnte (vgl. Studentenkurier, 58er). Auf Grund dieses öffentlichen Druckes lenkte Adenauer schließlich ein und die Bundesrepublik Deutschland verzichtete auf Atomwaffen.
Auch in der damaligen DDR fand die Göttinger Erklärung einen umfangreichen Widerhall, wie nachfolgende Erklärungen belegen:
- Am 14. April 1957 meldeten sich sieben Dresdner Kernforscher aus Industrie und Lehre – Manfred von Ardenne, Heinz Barwich, Wilhelm Macke, Josef Schintlmeister, Ernst Rexer, und Werner Hartmann mit einer ersten „Dresdner Erklärung“. Zu dieser Erklärung erfolgte unter der Belegschaft und Studentenschaft eine Unterschriftensammlung.
- Mit unbekanntem Datum gibt es aus Dresden eine weitere „Erklärung von 105 Professoren der Technischen Hochschule Dresden zum Appell der westdeutschen Atomforscher“.
- Am 17. April 1957 verabschiedeten 14 namhafte Kernphysiker auf einer Sitzung der Physikalischen Gesellschaft der DDR einstimmig eine Resolution gegen Atomwaffenversuche, die Entwicklung von Atomwaffen und für die friedliche Nutzung der Atomenergie, die als Solidaritätserklärung für die Göttinger zu verstehen war. Die Unterzeichner waren Hans-Joachim Born, Alfred Eckardt, Hans Ertel, Hans Falkenhagen, Walter Friedrich, Gustav Hertz, Paul Kunze, Gustav Richter, Robert Rompe, Rudolf Seeliger, Max Steenbeck, Peter Adolf Thiessen, Max Volmer und Carl Friedrich Weiss.
- Vom gleichen Datum findet man eine Erklärung von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald „Greifswald steht zu Göttingen“ unterzeichnet vom Rektor Heinrich Borriss und dem Senat.
- Vom 25. April 1957 liegt von Physikern der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine Erklärung vor, unterzeichnet von Alfred Eckardt, Gerhard Heber, K. Kühne, Kurt Schuster, und Max Steenbeck.
Im März 1958 gründete die SPD, die diesen Standpunkt auch im Bundestag vertrat, das Komitee Kampf dem Atomtod, das auch vom DGB unterstützt wurde.
Aus den Göttinger Achtzehn ging 1959 die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler hervor, eine gemeinnützige Organisation, die sich der Tradition einer verantwortlichen Wissenschaft verpflichtet fühlt.
Erläuterungen von Otto Hahn
Otto Hahn war von 1948 bis 1960 Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. In seiner Rede bei der Hauptversammlung der Max-Planck-Gesellschaft am 28. Juni 1957 nahm er zur Göttinger Erklärung wie folgt Stellung:
„Diese Achtzehn haben, und zwar jeder für sich, im Bewusstsein ihrer besonderen Verantwortung auf Grund ihrer Sachkenntnis gehandelt. Dass der Aufruf vor allem von Seiten der Ostzone und der westdeutschen politischen Opposition ein so starkes Echo gefunden hat, hatten wir in diesem Umfang nicht erwartet. Dass wir mit einigen westdeutschen Regierungsstellen zunächst in einen gewissen Konflikt kommen mussten, war uns klar. Aber wir konnten es nicht ändern, wenn es wirklich endlich einmal zu einer ernsthaften Diskussion kommen sollte.
Deshalb halten wir unser jetziges Vorgehen für berechtigt und wir stehen zu ihm. Wir glauben, damit der Weltöffentlichkeit einen Dienst erwiesen zu haben. Die zahlreichen persönlichen Zustimmungen, auch aus westlichen Ländern, bestätigen dies. Es sieht jetzt so aus, als ob wirklich allmählich Gedanken über eine Rüstungskontrolle ernsthaft diskutiert werden, und wir waren bei unserem Gespräch mit dem Herrn Bundeskanzler am 17. April tief beeindruckt von seiner Sorge vor dem Wettrüsten in der Welt und seiner Hoffnung auf eine allmähliche Abrüstung.
Es war doch ein unerträglicher Zustand, dass die Schrecken eines heißen Atomkrieges immer wieder an die Wand gemalt wurden. Wenn die eine Seite sich brüstet, dass sie mit Super-Wasserstoffbomben das Polareis zum Schmelzen bringen kann, so dass die Kontinente überflutet werden, dann hätte die andere Seite daran erinnern können, dass sie Todesstaub mit Strontium 90 oder Cobalt 60 über die feindliche Welt rieseln lassen und alles Leben dort für die Dauer unmöglich machen kann.
Statt dieses Aufpeitschens in Furcht werden nun hoffentlich Wege gefunden, eine allmähliche Entspannung einzuleiten, auch auf das Risiko hin, dass die eine Seite ein Opfer bringt, ohne zu wissen, wie sich die andere Seite zunächst dazu stellt. Aber wir müssen zu einer allmählichen Einschränkung des Rüstungswettlaufs kommen!
Die dauernde Fortführung der H-Versuche ist dabei allerdings eine wenig angenehme Begleitmusik. Darum der Wunsch der Physiker nach Einstellung weiterer Versuche, die ja durch Versuche der Gegenseite immer wieder übertrumpft werden. Daher auch unsere Hoffnung, dass kleinere Länder keine Bomben herstellen sollten. Was können diese nützen? Sie können nur die Gefahr vermehren, dass plötzlich einmal eine Bombe explodiert und die weltweite Auseinandersetzung dann einsetzt.
Ich denke, ich gehe mit meinen Kollegen von der Physik einig, wenn ich eine wirklich internationale, nicht von Parteien abhängige Aussprache der führenden Sachverständigen der USA und Europa, aber auch der russischen Physiker für einen sehr nützlichen Beitrag zur Verständigung halte; zunächst wäre dies die Stelle, die die Methoden zur Kontrolle der Rüstungsvorbereitungen ausarbeiten könnte, und solche Methoden bestehen. Damit hoffen wir, oder sind sogar überzeugt, unseren Regierungen im Bemühen um eine allmähliche Abrüstung einen wirklichen Dienst erweisen zu können.“
Literatur
- Otto Hahn: Mein Leben – Die Erinnerungen des großen Atomforschers und Humanisten. (Erweiterte Neuausgabe). Piper, München, Zürich 1986, ISBN 3-492-00838-0, S. 228–236.
- Werner Heisenberg: Der Teil und das Ganze: Gespräche im Umkreis der Atomphysik. Piper, München 1969, ISBN 3-492-22297-8, „Auseinandersetzungen in Politik und Wissenschaft“.
- Elisabeth Kraus: Atomwaffen für die Bundeswehr? In: Physik Journal. Band 6, Nr. 4, April 2007, ISSN 1617-9439, S. 37.
- Robert Lorenz: Protest der Physiker: Die „Göttinger Erklärung“ von 1957. transcript, Bielefeld 2011, ISBN 978-3-8376-1852-5. (PDF)
- Robert Lorenz: Die „Göttinger Erklärung“ von 1957. Gelehrtenprotest in der Ära Adenauer. In: Johanna Klatt/Robert Lorenz (Hrsg.): Manifeste. Geschichte und Gegenwart des politischen Appells. transcript, Bielefeld 2011, ISBN 978-3-8376-1679-8, S. 199–227.
Weblinks
- Die Göttinger Erklärung 1957 uni-goettingen.de
- Norbert Seitz: Die Göttinger Erklärung 1957 deutschlandfunk.de, 19. Mai 2018
- Propaganda für die Atomforschung Interview mit Robert Lorenz zur Göttinger Erklärung, taz.de, 9. Januar 2012
Einzelnachweise
- Franz Walter: Aufstand der Atomforscher. Auf: Spiegel online. 10. April 2007.
- siehe Nuklearwaffen in Deutschland
- 50 Jahre Göttinger Erklärung. Auf: uni-goettingen.de 12. April 2007.
- Text des Göttinger Manifests der Göttinger 18 uni-goettingen.de, 19. Dezember 2012.
- Die deutschen Kernphysiker in beiden Teilen Deutschlands einig in der Ablehnung der Anwendung der Atomenergie für kriegerische Zwecke / gegen Atom-Tod und Vernichtung, für Frieden und Wohlfahrt der Menschheit! (SLUB [abgerufen am 13. Januar 2016] Signatur in der SLUB: 2014 4 002302. Urkunde 2012 aus Privatbesitz der SLUB übereignet.).
- Max Born: Der Mensch und das Atom. In: Das Hochschulwesen. Jahrgang 5, 1957, S. 250 (Textabschrift).
- Max Born: Der Mensch und das Atom. In: Das Hochschulwesen. Jahrgang 5, 1957, S. 252–253 (Textabschrift).
- Max Born: Der Mensch und das Atom. In: Das Hochschulwesen. Jahrgang 5, 1957, S. 256 (Textabschrift).
- Protokoll über die außerordentliche Senatssitzung am 17. April 1957. (Signatur in der Universitätsbibliothek Greifswald: UAG, R (nF) 84).
- Gerhard Heber. (PDF) Archiviert vom 20. Januar 2016; abgerufen am 14. Januar 2016. (nicht mehr online verfügbar) am Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Wilhelm Schütz. Archiviert vom 20. Januar 2016; abgerufen am 14. Januar 2016. (nicht mehr online verfügbar) am Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Bernd Helmbold: Kernphysik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena von 1946 bis 1968. In: Jenaer Beiträge zur Geschichte der Physik; 1. Verlag für Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik, Diepholz – Stuttgart – Berlin 2010, ISBN 978-3-86225-100-1, S. 104 (Faksimile).
- Dietrich Hahn (Hrsg.): Otto Hahn – Begründer des Atomzeitalters. Eine Biographie in Bildern und Dokumenten. List Verlag, München 1979, ISBN 3-471-77841-1, S. 284.
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Gottinger Erklarung ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Zur Gottinger Erklarung zum Urheberrecht 2004 siehe Aktionsbundnis Urheberrecht fur Bildung und Wissenschaft Die Gottinger Achtzehn waren 18 hochangesehene Naturwissenschaftler aus der Bundesrepublik Deutschland darunter die Nobelpreistrager Otto Hahn Max Born und Werner Heisenberg die sich am 12 April 1957 in einer gemeinsamen Erklarung der Gottinger Erklarung auch Gottinger Manifest genannt gegen die damals namentlich von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Verteidigungsminister Franz Josef Strauss angestrebte Aufrustung der Bundeswehr mit Atomwaffen wandten Die Wissenschaftler setzten sich zugleich fur die friedliche Verwendung der Atomenergie ein Die Bezeichnung der Gruppe als Gottinger Achtzehn bezieht sich auf gemeinsame akademische Anfange vieler ihrer Mitglieder in Gottingen Sie ist an die Gottinger Sieben angelehnt sieben Gottinger Professoren die 1837 gegen die Suspendierung der Verfassung durch Konig Ernst August I offentlich protestiert hatten Die Gottinger ErklarungAnlass Information Unmittelbarer Anlass war eine Ausserung Adenauers vor der Presse am 5 April 1957 in der er taktische Atomwaffen lediglich eine Weiterentwicklung der Artillerie nannte und forderte auch die Bundeswehr musse mit diesen beinahe normalen Waffen ausgerustet werden Das Manifest wurde am 11 April 1957 von Otto Hahns Sekretariat an die drei grossen uberregionalen Tageszeitungen FAZ Suddeutsche Zeitung und Die Welt ubermittelt Unterzeichner Die Gottinger Achtzehn waren Fritz Bopp 1909 1987 Max Born 1882 1970 Rudolf Fleischmann 1903 2002 Walther Gerlach 1889 1979 Otto Hahn 1879 1968 Otto Haxel 1909 1998 Werner Heisenberg 1901 1976 Hans Kopfermann 1895 1963 Max von Laue 1879 1960 Heinz Maier Leibnitz 1911 2000 Josef Mattauch 1895 1976 Fritz Paneth 1887 1958 Wolfgang Paul 1913 1993 Wolfgang Riezler 1905 1962 Fritz Strassmann 1902 1980 Wilhelm Walcher 1910 2005 Carl Friedrich von Weizsacker 1912 2007 und Karl Wirtz 1910 1994 Es handelte sich um fuhrende Wissenschaftler der Kernforschung und Mitglieder von staatlichen Organisationen die mit der Nutzung der Kerntechnologie beschaftigt waren Einige hatten auch schon wahrend des Zweiten Weltkrieges im Uranprojekt Uranverein mitgewirkt und waren um 1956 Mitglied in der Deutschen Atomkommission Oft wird falschlicherweise Wolfgang Pauli statt Wolfgang Paul als Unterzeichner angegeben Dies geschah sogar in dem offiziellen Programm der Universitat Gottingen zur 50 jahrigen Gedenkfeier und in dem dabei moglicherweise falsch zitierten Originaltext Nicht alle fuhrenden Kernforscher der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten den Appell Nicht beteiligt waren zum Beispiel Erich Bagge Karl Bechert Walther Bothe Klaus Clusius Kurt Diebner Wolfgang Gentner Wolfgang Finkelnburg Siegfried Flugge Paul Harteck Willibald Jentschke Johannes Hans Daniel Jensen Pascual Jordan und Walter Seelmann Eggebert Entweder ging ihnen der Appell nicht weit genug beispielsweise Karl Bechert sie befurchteten personliche Nachteile oder lehnten den Appel grundsatzlich ab Pascual Jordan Zudem gab es auch praktische Hindernisse fur das organisierende Sekretariat von Otto Hahn Text Die Plane einer atomaren Bewaffnung der Bundeswehr erfullen die unterzeichnenden Atomforscher mit tiefer Sorge Einige von ihnen haben den zustandigen Bundesministern ihre Bedenken schon vor mehreren Monaten mitgeteilt Heute ist eine Debatte uber diese Frage allgemein geworden Die Unterzeichnenden fuhlen sich daher verpflichtet offentlich auf einige Tatsachen hinzuweisen die alle Fachleute wissen die aber der Offentlichkeit noch nicht hinreichend bekannt zu sein scheinen 1 Taktische Atomwaffen haben die zerstorende Wirkung normaler Atombomben Als taktisch bezeichnet man sie um auszudrucken dass sie nicht nur gegen menschliche Siedlungen sondern auch gegen Truppen im Erdkampf eingesetzt werden sollen Jede einzelne taktische Atombombe oder granate hat eine ahnliche Wirkung wie die erste Atombombe die Hiroshima zerstort hat Da die taktischen Atomwaffen heute in grosser Zahl vorhanden sind wurde ihre zerstorende Wirkung im ganzen sehr viel grosser sein Als klein bezeichnet man diese Bomben nur im Vergleich zur Wirkung der inzwischen entwickelten strategischen Bomben vor allem der Wasserstoffbomben 2 Fur die Entwicklungsmoglichkeit der lebensausrottenden Wirkung der strategischen Atomwaffen ist keine naturliche Grenze bekannt Heute kann eine taktische Atombombe eine kleinere Stadt zerstoren eine Wasserstoffbombe aber einen Landstrich von der Grosse des Ruhrgebietes zeitweilig unbewohnbar machen Durch Verbreitung von Radioaktivitat konnte man mit Wasserstoffbomben die Bevolkerung der Bundesrepublik wahrscheinlich schon heute ausrotten Wir kennen keine technische Moglichkeit grosse Bevolkerungsmengen vor dieser Gefahr sicher zu schutzen Wir wissen wie schwer es ist aus diesen Tatsachen die politischen Konsequenzen zu ziehen Uns als Nichtpolitikern wird man die Berechtigung dazu abstreiten wollen unsere Tatigkeit die der reinen Wissenschaft und ihrer Anwendung gilt und bei der wir viele junge Menschen unserem Gebiet zufuhren beladt uns aber mit einer Verantwortung fur die moglichen Folgen dieser Tatigkeit Deshalb konnen wir nicht zu allen politischen Fragen schweigen Wir bekennen uns zur Freiheit wie sie heute die westliche Welt gegen den Kommunismus vertritt Wir leugnen nicht dass die gegenseitige Angst vor den Wasserstoffbomben heute einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung des Friedens in der ganzen Welt und der Freiheit in einem Teil der Welt leistet Wir halten aber diese Art den Frieden und die Freiheit zu sichern auf die Dauer fur unzuverlassig und wir halten die Gefahr im Falle des Versagens fur todlich Wir fuhlen keine Kompetenz konkrete Vorschlage fur die Politik der Grossmachte zu machen Fur ein kleines Land wie die Bundesrepublik glauben wir dass es sich heute noch am besten schutzt und den Weltfrieden noch am ehesten fordert wenn es ausdrucklich und freiwillig auf den Besitz von Atomwaffen jeder Art verzichtet Jedenfalls ware keiner der Unterzeichnenden bereit sich an der Herstellung der Erprobung oder dem Einsatz von Atomwaffen in irgendeiner Weise zu beteiligen Gleichzeitig betonen wir dass es ausserst wichtig ist die friedliche Verwendung der Atomenergie mit allen Mitteln zu fordern und wir wollen an dieser Aufgabe wie bisher mitwirken Fritz Bopp Max Born Rudolf Fleischmann Walther Gerlach Otto Hahn Otto Haxel Werner Heisenberg Hans Kopfermann Max v Laue Heinz Maier Leibnitz Josef Mattauch Friedrich Adolf Paneth Wolfgang Paul Wolfgang Riezler Fritz Strassmann Wilhelm Walcher Carl Friedrich Frhr v Weizsacker Karl Wirtz Quelle Universitat Gottingen Reaktionen Adenauer war emport daruber und wies die Einmischung der Wissenschaftler in die Politik zuruck Die Erklarung fand jedoch in der offentlichen Meinung ein unerwartetes Echo vor allem aber auch an den Universitaten wo sich eine starke studentische Opposition daran anlehnte vgl Studentenkurier 58er Auf Grund dieses offentlichen Druckes lenkte Adenauer schliesslich ein und die Bundesrepublik Deutschland verzichtete auf Atomwaffen Auch in der damaligen DDR fand die Gottinger Erklarung einen umfangreichen Widerhall wie nachfolgende Erklarungen belegen Am 14 April 1957 meldeten sich sieben Dresdner Kernforscher aus Industrie und Lehre Manfred von Ardenne Heinz Barwich Wilhelm Macke Josef Schintlmeister Ernst Rexer und Werner Hartmann mit einer ersten Dresdner Erklarung Zu dieser Erklarung erfolgte unter der Belegschaft und Studentenschaft eine Unterschriftensammlung Mit unbekanntem Datum gibt es aus Dresden eine weitere Erklarung von 105 Professoren der Technischen Hochschule Dresden zum Appell der westdeutschen Atomforscher Am 17 April 1957 verabschiedeten 14 namhafte Kernphysiker auf einer Sitzung der Physikalischen Gesellschaft der DDR einstimmig eine Resolution gegen Atomwaffenversuche die Entwicklung von Atomwaffen und fur die friedliche Nutzung der Atomenergie die als Solidaritatserklarung fur die Gottinger zu verstehen war Die Unterzeichner waren Hans Joachim Born Alfred Eckardt Hans Ertel Hans Falkenhagen Walter Friedrich Gustav Hertz Paul Kunze Gustav Richter Robert Rompe Rudolf Seeliger Max Steenbeck Peter Adolf Thiessen Max Volmer und Carl Friedrich Weiss Vom gleichen Datum findet man eine Erklarung von der Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald Greifswald steht zu Gottingen unterzeichnet vom Rektor Heinrich Borriss und dem Senat Vom 25 April 1957 liegt von Physikern der Friedrich Schiller Universitat Jena eine Erklarung vor unterzeichnet von Alfred Eckardt Gerhard Heber K Kuhne Kurt Schuster und Max Steenbeck Im Marz 1958 grundete die SPD die diesen Standpunkt auch im Bundestag vertrat das Komitee Kampf dem Atomtod das auch vom DGB unterstutzt wurde Aus den Gottinger Achtzehn ging 1959 die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler hervor eine gemeinnutzige Organisation die sich der Tradition einer verantwortlichen Wissenschaft verpflichtet fuhlt Erlauterungen von Otto Hahn Otto Hahn war von 1948 bis 1960 Prasident der Max Planck Gesellschaft In seiner Rede bei der Hauptversammlung der Max Planck Gesellschaft am 28 Juni 1957 nahm er zur Gottinger Erklarung wie folgt Stellung Diese Achtzehn haben und zwar jeder fur sich im Bewusstsein ihrer besonderen Verantwortung auf Grund ihrer Sachkenntnis gehandelt Dass der Aufruf vor allem von Seiten der Ostzone und der westdeutschen politischen Opposition ein so starkes Echo gefunden hat hatten wir in diesem Umfang nicht erwartet Dass wir mit einigen westdeutschen Regierungsstellen zunachst in einen gewissen Konflikt kommen mussten war uns klar Aber wir konnten es nicht andern wenn es wirklich endlich einmal zu einer ernsthaften Diskussion kommen sollte Deshalb halten wir unser jetziges Vorgehen fur berechtigt und wir stehen zu ihm Wir glauben damit der Weltoffentlichkeit einen Dienst erwiesen zu haben Die zahlreichen personlichen Zustimmungen auch aus westlichen Landern bestatigen dies Es sieht jetzt so aus als ob wirklich allmahlich Gedanken uber eine Rustungskontrolle ernsthaft diskutiert werden und wir waren bei unserem Gesprach mit dem Herrn Bundeskanzler am 17 April tief beeindruckt von seiner Sorge vor dem Wettrusten in der Welt und seiner Hoffnung auf eine allmahliche Abrustung Es war doch ein unertraglicher Zustand dass die Schrecken eines heissen Atomkrieges immer wieder an die Wand gemalt wurden Wenn die eine Seite sich brustet dass sie mit Super Wasserstoffbomben das Polareis zum Schmelzen bringen kann so dass die Kontinente uberflutet werden dann hatte die andere Seite daran erinnern konnen dass sie Todesstaub mit Strontium 90 oder Cobalt 60 uber die feindliche Welt rieseln lassen und alles Leben dort fur die Dauer unmoglich machen kann Statt dieses Aufpeitschens in Furcht werden nun hoffentlich Wege gefunden eine allmahliche Entspannung einzuleiten auch auf das Risiko hin dass die eine Seite ein Opfer bringt ohne zu wissen wie sich die andere Seite zunachst dazu stellt Aber wir mussen zu einer allmahlichen Einschrankung des Rustungswettlaufs kommen Die dauernde Fortfuhrung der H Versuche ist dabei allerdings eine wenig angenehme Begleitmusik Darum der Wunsch der Physiker nach Einstellung weiterer Versuche die ja durch Versuche der Gegenseite immer wieder ubertrumpft werden Daher auch unsere Hoffnung dass kleinere Lander keine Bomben herstellen sollten Was konnen diese nutzen Sie konnen nur die Gefahr vermehren dass plotzlich einmal eine Bombe explodiert und die weltweite Auseinandersetzung dann einsetzt Ich denke ich gehe mit meinen Kollegen von der Physik einig wenn ich eine wirklich internationale nicht von Parteien abhangige Aussprache der fuhrenden Sachverstandigen der USA und Europa aber auch der russischen Physiker fur einen sehr nutzlichen Beitrag zur Verstandigung halte zunachst ware dies die Stelle die die Methoden zur Kontrolle der Rustungsvorbereitungen ausarbeiten konnte und solche Methoden bestehen Damit hoffen wir oder sind sogar uberzeugt unseren Regierungen im Bemuhen um eine allmahliche Abrustung einen wirklichen Dienst erweisen zu konnen LiteraturOtto Hahn Mein Leben Die Erinnerungen des grossen Atomforschers und Humanisten Erweiterte Neuausgabe Piper Munchen Zurich 1986 ISBN 3 492 00838 0 S 228 236 Werner Heisenberg Der Teil und das Ganze Gesprache im Umkreis der Atomphysik Piper Munchen 1969 ISBN 3 492 22297 8 Auseinandersetzungen in Politik und Wissenschaft Elisabeth Kraus Atomwaffen fur die Bundeswehr In Physik Journal Band 6 Nr 4 April 2007 ISSN 1617 9439 S 37 Robert Lorenz Protest der Physiker Die Gottinger Erklarung von 1957 transcript Bielefeld 2011 ISBN 978 3 8376 1852 5 PDF Robert Lorenz Die Gottinger Erklarung von 1957 Gelehrtenprotest in der Ara Adenauer In Johanna Klatt Robert Lorenz Hrsg Manifeste Geschichte und Gegenwart des politischen Appells transcript Bielefeld 2011 ISBN 978 3 8376 1679 8 S 199 227 WeblinksDie Gottinger Erklarung 1957 uni goettingen de Norbert Seitz Die Gottinger Erklarung 1957 deutschlandfunk de 19 Mai 2018 Propaganda fur die Atomforschung Interview mit Robert Lorenz zur Gottinger Erklarung taz de 9 Januar 2012EinzelnachweiseFranz Walter Aufstand der Atomforscher Auf Spiegel online 10 April 2007 siehe Nuklearwaffen in Deutschland 50 Jahre Gottinger Erklarung Auf uni goettingen de 12 April 2007 Text des Gottinger Manifests der Gottinger 18 uni goettingen de 19 Dezember 2012 Die deutschen Kernphysiker in beiden Teilen Deutschlands einig in der Ablehnung der Anwendung der Atomenergie fur kriegerische Zwecke gegen Atom Tod und Vernichtung fur Frieden und Wohlfahrt der Menschheit SLUB abgerufen am 13 Januar 2016 Signatur in der SLUB 2014 4 002302 Urkunde 2012 aus Privatbesitz der SLUB ubereignet Max Born Der Mensch und das Atom In Das Hochschulwesen Jahrgang 5 1957 S 250 Textabschrift Max Born Der Mensch und das Atom In Das Hochschulwesen Jahrgang 5 1957 S 252 253 Textabschrift Max Born Der Mensch und das Atom In Das Hochschulwesen Jahrgang 5 1957 S 256 Textabschrift Protokoll uber die ausserordentliche Senatssitzung am 17 April 1957 Signatur in der Universitatsbibliothek Greifswald UAG R nF 84 Gerhard Heber PDF Archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 20 Januar 2016 abgerufen am 14 Januar 2016 Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Wilhelm Schutz Archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 20 Januar 2016 abgerufen am 14 Januar 2016 Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Bernd Helmbold Kernphysik an der Friedrich Schiller Universitat Jena von 1946 bis 1968 In Jenaer Beitrage zur Geschichte der Physik 1 Verlag fur Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik Diepholz Stuttgart Berlin 2010 ISBN 978 3 86225 100 1 S 104 Faksimile Dietrich Hahn Hrsg Otto Hahn Begrunder des Atomzeitalters Eine Biographie in Bildern und Dokumenten List Verlag Munchen 1979 ISBN 3 471 77841 1 S 284