Unter neuronaler Plastizität oder Neuroplastizität versteht man die Eigenart von Synapsen Nervenzellen oder auch ganzen
Neuronale Plastizität

Unter neuronaler Plastizität oder Neuroplastizität versteht man die Eigenart von Synapsen, Nervenzellen oder auch ganzen Hirnarealen, sich zwecks Optimierung laufender Prozesse nutzungsabhängig in ihrer Anatomie und Funktion zu verändern. Je nach betrachtetem System spricht man dabei z. B. von synaptischer Plastizität oder kortikaler Plastizität.
Der Psychologe Donald O. Hebb gilt als der Entdecker der synaptischen Plastizität. Er formulierte 1949 die Hebbsche Lernregel in seinem Buch The Organization of Behavior. Im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gaben Forschungen immer mehr Aufschluss über die plastische Formbarkeit des Gehirns, selbst weit in das Erwachsenenalter hinein.
Synaptische Plastizität
Synaptische Plastizität ist ein Begriff, der die „aktivitätsabhängige Änderung der Stärke der synaptischen Übertragung“ beschreibt. Diese Änderungen können sowohl durch Änderungen der Morphologie als auch der Physiologie der Synapse verursacht werden. Synaptische Plastizität ist ein wichtiger Forschungsgegenstand der Neurowissenschaften, da sie – wie inzwischen direkt nachgewiesen – ein neurophysiologischer Mechanismus für Lernprozesse und Gedächtnis ist.
Zur Erläuterung des Begriffs
- Synaptische Aktivität / Übertragung: Synapsen können ruhen oder aktiv sein. An einer aktiven Synapse ist die präsynaptische Endigung erregt, das heißt, dort treten Aktionspotentiale auf. Es kommt zur Freisetzung von Transmittern in den synaptischen Spalt und ihrer Bindung an Rezeptoren der postsynaptischen Membran. Wird dadurch im postsynaptischen Neuron eine Antwort hervorgerufen, hat synaptische Übertragung stattgefunden. Die Antwort muss nicht notwendigerweise in einem Aktionspotential bestehen, sondern ist häufig unterschwellig.
- Aktivitätsabhängigkeit: Das bedeutet, dass diejenigen Änderungen der Synapsen betrachtet werden, die deren Aktivität als Ursache haben. Im Gegensatz dazu gibt es z. B. entwicklungsbedingte Änderungen von Synapsen, die während des Wachstums und der Differenzierung des Nervensystems stattfinden und nicht notwendigerweise auch synaptische Aktivität voraussetzen.
- Stärke der Übertragung: Damit ist gemeint, dass ein einzelnes Aktionspotential am präsynaptischen Endknöpfchen im postsynaptischen Neuron eine unterschiedlich starke Änderung des Membranpotentials bewirken kann. Je größer diese Änderung, desto stärker die Übertragung (und umgekehrt).
Je nach Dauer der synaptischen Veränderungen nach einer bestimmten Form der synaptischen Aktivierung unterscheidet man zwischen Kurzzeit- und Langzeitplastizität (short-term plasticity und long-term plasticity).
- Kurzzeitplastizität: Die Änderung der Übertragungsstärke hält einige Millisekunden bis höchstens einige Minuten an.
- Langzeitplastizität: Die Stärke der Übertragung ändert sich für viele Minuten bis einige Stunden, möglicherweise lebenslang.
Die Verstärkung der synaptischen Übertragung durch synaptische Plastizität bezeichnet man als Potenzierung, die Abschwächung als Depression (nicht zu verwechseln mit dem Krankheitsbild der Depression). Je nach Dauer spricht man von Langzeit-Potenzierung (long-term potentiation, LTP), Kurzzeit-Potenzierung (short-term potentiation, STP), Langzeit-Depression (long-term depression, LTD) und Kurzzeit-Depression (short-term depression, STD).
Synaptische Plastizität kann sowohl prä- als auch postsynaptisch verursacht sein.
- Präsynaptisch: Dabei ändert sich die Menge des pro Aktionspotentials freigesetzten Transmitters oder die Geschwindigkeit der Wiederaufnahme des Neurotransmitters in die präsynaptische Zelle.
- Postsynaptisch: Dabei ändert sich die Größe der postsynaptischen Antwort auf eine bestimmte Menge von Transmitter. Das geschieht z. B. durch Änderung der Menge von postsynaptischen Transmitter-Rezeptoren, durch die Modifikation dieser Rezeptoren (häufig durch Phosphorylierung oder Dephosphorylierung) oder durch die Bildung von Enzymen, die das Verhalten der Neurotransmitter im synaptischen Spalt verändern.
Prä- und postsynaptische Änderungen können gleichzeitig vorkommen.
Die Richtung der Änderung der synaptischen Übertragung und der Mechanismus, über den sie erfolgt, ist spezifisch für bestimmte Synapsen und bestimmte Arten der synaptischen Aktivität.
Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die synaptische Plastizität ebenso wie die Signaltransduktion und die Gedächtnisbildung im Gehirn auf molekularen Prozessen basiert, in denen reaktive Sauerstoffspezies als Signalüberträger fungieren. Ihre Bildung – vor allem aber die des Hyperoxids, scheint von der NADPH-Oxidase gesteuert zu werden.
Für die Stabilisierung von synaptischen Veränderungen spielt die parallele Zunahme prä- und postsynaptischer Strukturen wie z. B. , dendritischer Dornenfortsatz und (PSD) eine zentrale Rolle. Auf postsynaptischer Seite kommt hier den Scaffolding Proteinen PSD-95 und eine besondere Bedeutung zu. Es konnte gezeigt werden, dass im Falle erregender Synapsen des Hippocampus eine Korrelation zwischen dem Ausmaß dauerhafter Vergrößerung dendritischer Dornenfortsätze und einer Zunahme der Proteine PSD-95 und Homer1c besteht.
Kortikale Plastizität
Kortikale Plastizität ist ein Begriff, der die aktivitätsabhängige Änderung der Größe, Konnektivität oder Aktivierungsmuster von neuronalen Netzen beschreibt.
Mit dem Begriff der kortikalen Plastizität wird oftmals die Plastizität des gesamten Gehirns bezeichnet, obwohl dabei auch Regionen außerhalb des Kortex beteiligt sind, da die Prinzipien der kortikalen Plastizität keineswegs auf die Großhirnrinde (Kortex) beschränkt sind. Eine Konsequenz der Plastizität ist, dass eine gegebene Funktion im Hirn von einer Stelle zu einer anderen „wandern“ kann. Die modernen bildgebenden Verfahren haben hier zu einer Vielzahl von erstaunlichen Beobachtungen geführt, indem anatomische Funktionsverlagerung nach großräumigen Gehirnschäden beobachtet wurde, insbesondere – aber nicht nur – bei Kindern.
Kortikale Plastizität und kortikale Karten
Die kortikale Organisation vor allem des Wahrnehmungsapparates wird oftmals als kartenähnlich bezeichnet. So laufen die Sinneswahrnehmungen vom Fuß an einer Stelle des Kortex zusammen, die des Schienbeines an einer anderen, benachbarten Stelle. Das Ergebnis dieser sogenannten somatotopischen Organisation der Sinneseindrücke im Kortex ähnelt einer Karte des Körpers (Homunculus). Diese Karten sind nicht starr, sondern plastisch. Das Fehlen von Sinneseindrücken von bestimmten Teilen des Körpers, zum Beispiel nach einer Amputation, führt dazu, dass die kortikale Karte sich derart verändert, dass der Bereich, der zuvor für den nun fehlenden Teil zuständig war, nun nach und nach die benachbarten, nach wie vor vorhandenen Teile des Körpers mitrepräsentiert. Dies kann in der Übergangszeit bei den Patienten zu seltsamen Falschwahrnehmungen führen. So fühlen sie manchmal nicht mehr vorhandene amputierte Gliedmaßen, da deren Repräsentation noch nicht vollends „gelöscht“ ist, aber bereits Nervensignale von benachbarten Regionen in den Bereich der früheren Repräsentation des verlorenen Körperteils eindringen.
Kortikale Karten können sich durch Training verändern. Beispielsweise konnte Alvaro Pascual-Leone zeigen, dass die kortikalen Karten der Finger bei einem zweistündigen Training einer Klavierfingerübung täglich nach einer Woche signifikant an Größe zunahmen. Anatomische Längsschnittarbeiten haben gezeigt, dass ein dreimonatiges Jongliertraining, die Vorbereitung auf das Medizinphysikum, aber auch ein 40 Stunden dauerndes Golftraining zu deutlichen anatomischen Veränderungen in jenen Hirngebieten führt, die mit der Kontrolle der geübten Fertigkeiten betraut sind. Auch die Immobilisation des rechten Armes (wegen eines Armbruchs) für 2 Wochen führte zu einer Reduktion der kortikalen Dicke in den Motorarealen, welche die ummobilisierte Hand bzw. den mobilisierten Arm kontrollieren.
Nachdem Forschung gezeigt hatte, dass herausragende Fähigkeiten in Sport, Kunst und Wissenschaft auch aufgrund von intensivem und häufigem Üben entstehen, wurden aus neuroanatomischen und neurophysiologischen Vergleichen von Geübten und Nicht-Geübten wesentliche Rückschlüsse auf die Neuroplastizität gezogen. So haben Untersuchungen gezeigt, dass Geübte vor allem in jenen Hirngebieten, die mit der Kontrolle des Geübten assoziiert sind, anatomische und funktionelle Besonderheiten aufweisen. Diese anatomischen Auffälligkeiten werden mit morphologischen Veränderungen an den Synapsen, dem Neuropil und den Neuronen in Verbindung gebracht. Vor allem bei professionellen und semi-professionellen Musikern sind vielfältige anatomische und funktionelle Auffälligkeiten festgestellt worden, die auf Neuroplastizität zurückgeführt werden.
Siehe auch
- Metaplastizität
- Neurogenese
Literatur
Wissenschaftliche Literatur
- Lutz Jäncke: Lehrbuch Kognitive Neurowissenschaften. Huber Verlag, Bern 2013, ISBN 978-3-456-85004-7, S. 595–623.
- Manfred Spitzer: Geist im Netz. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1996, ISBN 3-8274-0109-7, S. 148–182.
- R. Duman und andere: Neuronal plasticity and survival in mood disorders. In: Biol. Psychiatry. Band 48, 2000, S. 732–739.
- Johann Caspar Rüegg: Neuronale Plastizität und Psychosomatik (1). In: Reinhold Haux, Axel W. Bauer, Wolfgang Eich, Wolfgang Herzog, Johann Caspar Rüegg, Jürgen Windeler (Hrsg.): Wissenschaftlichkeit in der Medizin. Teil 2. Physiologie und Psychosomatik. Versuche einer Annäherung (= Brücken … Schriften zur Interdisziplinarität. Band 4). VAS, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-88864-249-3, S. 82–120.
- Gerd Rudolf: Neuronale Plastizität und Psychosomatik (2). In: Reinhold Haux, Axel W. Bauer, Wolfgang Eich, Wolfgang Herzog, Johann Caspar Rüegg, Jürgen Windeler (Hrsg.): Wissenschaftlichkeit in der Medizin. Teil 2. Physiologie und Psychosomatik. Versuche einer Annäherung (= Brücken … Schriften zur Interdisziplinarität. Band 4). VAS, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-88864-249-3, S. 121–130.
- Uwe Hans Wiese: Neuroplastizität im Rückenmark. Springer, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-27360-6.
Sachbücher und Dokumentarfilme
- Sharon Begley: Neue Gedanken – neues Gehirn. Die Wissenschaft der Neuroplastizität beweist, wie unser Bewusstsein das Gehirn verändert. Goldmann, München 2010.
- Norman Doidge: The Brain That Changes Itself. Viking, New York 2007 (Deutsch: Neustart im Kopf: wie sich unser Gehirn selbst repariert. Übersetzung von Jürgen Neubauer. Campus-Verlag, Frankfurt am Main / New York 2008, ISBN 978-3-593-38534-1.)
- Neustart im Kopf. Film. Regie: Mike Sheerin, Norman Doidge. (Kanada & Frankreich 2009, 70 min, Arte F) Deutsche Erstsendung Arte 18. November 2009.
Weblinks
- Literatur von und über Neuronale Plastizität im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Neuronale Plastizität: Das formbare Gehirn (PDF) In: Forschungsperspektiven 2010+, Max-Planck-Gesellschaft.
- Ulrich Kraft: Altern mit Köpfchen. (PDF; 2,6 MB) In: MaxPlanckForschung, Heft 1/2007
- Models of Synaptic Plasticity. In: Scholarpedia. (englisch, inkl. Literaturangaben)
- Harel Z. Shouval: Maintenance of synaptic plasticity. In: Scholarpedia. (englisch, inkl. Literaturangaben)
- Suzanna Randall: Macht Mozart intelligent? - Mit dem Neurologen und Direktor des Instituts für Musikermedizin Eckart Altenmüller. (Podcast) In: BR-KLASSIK: Kosmos Musik – Der Wissens-Podcast mit Suzanna Randall, Folge vom 3. Februar 2022, bei Zeitindex 10'30
Einzelnachweise
- Donald Oding Hebb: The Organization of Behavior: a neuropsychological approach. Wiley, New York 1949.
- G. Yang, C. S. Lai, J. Cichon, L. Ma, W. Li, W. B. Gan: Sleep promotes branch-specific formation of dendritic spines after learning. In: Science. 344(6188), 2014, S. 1173–1178. PMID 24904169
- K. T. Kishida, E. Klann: Sources and Targets of Reactive Oxygen Species in Synaptic Plasticity and Memory. In: Antioxid Redox Signal. 9, 2007, S. 233–244. PMID 17115936.
- D. Meyer, T. Bonhoeffer, V. Scheuss: Balance and Stability of Synaptic Structures during Synaptic Plasticity. In: Neuron. Band 82, Nr. 2, 2014, S. 430–443, doi:10.1016/j.neuron.2014.02.031, PMID 24742464.
- L. Feuillet, H. Dufour, J. Pelletier: Brain of a white-collar worker. In: Lancet. 370(9583), 2007, S. 262. PMID 17658396
- Louis Buckley: The man with a hole in his brain: Scans reveal a fluid-filled cavity in the brain of a normal man. In: Nature News. 20. Juli 2007.
- B. Draganski, C. Gaser, V. Busch, G. Schuierer, U. Bogdahn, A. May: Neuroplasticity: changes in grey matter induced by training. In: Nature, 427(6972), 2004, S. 311–312.
- B. Draganski, C. Gaser, G. Kempermann, H. G. Kuhn, J. Winkler, C. Büchel u. a.: Temporal and spatial dynamics of brain structure changes during extensive learning. In: The Journal of neuroscience. 26(23), 2006, S. 6314–6317.
- L. Bezzola, S. Merillat, C. Gaser, L. Jäncke: Training-induced neural plasticity in golf novices. In: Journal of Neuroscience. 31(35), 2011, S. 12444–12448.
- N. Langer, J. Hänggi, N. A. Müller, H. P. Simmen, L. Jäncke: Effects of limb immobilization on brain plasticity. In: Neurology. 78(3), 2012, S. 182–188.
- K. A. Ericsson, R. T. Krampe, T. Clemens: The role of deliberate practise in the acquisition of expert performance. In: Psychological Review, 100(3), 1993, S. 363–406; ict.usc.edu (PDF)
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- L. Jäncke: The plastic human brain. In: Restor Neurol Neurosci., 27(5), 2009, S. 521–539. PMID 19847074
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- L. Jäncke: Music drives brain plasticity. In: F1000 Biology Reports, 1, 2009, S. 1–6.
Autor: www.NiNa.Az
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wikipedia, wiki, deutsches, deutschland, buch, bücher, bibliothek artikel lesen, herunterladen kostenlos kostenloser herunterladen, MP3, Video, MP4, 3GP, JPG, JPEG, GIF, PNG, Bild, Musik, Lied, Film, Buch, Spiel, Spiele, Mobiltelefon, Mobil, Telefon, android, ios, apple, samsung, iphone, xiomi, xiaomi, redmi, honor, oppo, nokia, sonya, mi, pc, web, computer, komputer, Informationen zu Neuronale Plastizität, Was ist Neuronale Plastizität? Was bedeutet Neuronale Plastizität?
Unter neuronaler Plastizitat oder Neuroplastizitat versteht man die Eigenart von Synapsen Nervenzellen oder auch ganzen Hirnarealen sich zwecks Optimierung laufender Prozesse nutzungsabhangig in ihrer Anatomie und Funktion zu verandern Je nach betrachtetem System spricht man dabei z B von synaptischer Plastizitat oder kortikaler Plastizitat Der Psychologe Donald O Hebb gilt als der Entdecker der synaptischen Plastizitat Er formulierte 1949 die Hebbsche Lernregel in seinem Buch The Organization of Behavior Im Laufe der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts gaben Forschungen immer mehr Aufschluss uber die plastische Formbarkeit des Gehirns selbst weit in das Erwachsenenalter hinein Synaptische PlastizitatSynaptische Plastizitat ist ein Begriff der die aktivitatsabhangige Anderung der Starke der synaptischen Ubertragung beschreibt Diese Anderungen konnen sowohl durch Anderungen der Morphologie als auch der Physiologie der Synapse verursacht werden Synaptische Plastizitat ist ein wichtiger Forschungsgegenstand der Neurowissenschaften da sie wie inzwischen direkt nachgewiesen ein neurophysiologischer Mechanismus fur Lernprozesse und Gedachtnis ist Zur Erlauterung des Begriffs Synaptische Aktivitat Ubertragung Synapsen konnen ruhen oder aktiv sein An einer aktiven Synapse ist die prasynaptische Endigung erregt das heisst dort treten Aktionspotentiale auf Es kommt zur Freisetzung von Transmittern in den synaptischen Spalt und ihrer Bindung an Rezeptoren der postsynaptischen Membran Wird dadurch im postsynaptischen Neuron eine Antwort hervorgerufen hat synaptische Ubertragung stattgefunden Die Antwort muss nicht notwendigerweise in einem Aktionspotential bestehen sondern ist haufig unterschwellig Aktivitatsabhangigkeit Das bedeutet dass diejenigen Anderungen der Synapsen betrachtet werden die deren Aktivitat als Ursache haben Im Gegensatz dazu gibt es z B entwicklungsbedingte Anderungen von Synapsen die wahrend des Wachstums und der Differenzierung des Nervensystems stattfinden und nicht notwendigerweise auch synaptische Aktivitat voraussetzen Starke der Ubertragung Damit ist gemeint dass ein einzelnes Aktionspotential am prasynaptischen Endknopfchen im postsynaptischen Neuron eine unterschiedlich starke Anderung des Membranpotentials bewirken kann Je grosser diese Anderung desto starker die Ubertragung und umgekehrt Je nach Dauer der synaptischen Veranderungen nach einer bestimmten Form der synaptischen Aktivierung unterscheidet man zwischen Kurzzeit und Langzeitplastizitat short term plasticity und long term plasticity Kurzzeitplastizitat Die Anderung der Ubertragungsstarke halt einige Millisekunden bis hochstens einige Minuten an Langzeitplastizitat Die Starke der Ubertragung andert sich fur viele Minuten bis einige Stunden moglicherweise lebenslang Die Verstarkung der synaptischen Ubertragung durch synaptische Plastizitat bezeichnet man als Potenzierung die Abschwachung als Depression nicht zu verwechseln mit dem Krankheitsbild der Depression Je nach Dauer spricht man von Langzeit Potenzierung long term potentiation LTP Kurzzeit Potenzierung short term potentiation STP Langzeit Depression long term depression LTD und Kurzzeit Depression short term depression STD Synaptische Plastizitat kann sowohl pra als auch postsynaptisch verursacht sein Prasynaptisch Dabei andert sich die Menge des pro Aktionspotentials freigesetzten Transmitters oder die Geschwindigkeit der Wiederaufnahme des Neurotransmitters in die prasynaptische Zelle Postsynaptisch Dabei andert sich die Grosse der postsynaptischen Antwort auf eine bestimmte Menge von Transmitter Das geschieht z B durch Anderung der Menge von postsynaptischen Transmitter Rezeptoren durch die Modifikation dieser Rezeptoren haufig durch Phosphorylierung oder Dephosphorylierung oder durch die Bildung von Enzymen die das Verhalten der Neurotransmitter im synaptischen Spalt verandern Pra und postsynaptische Anderungen konnen gleichzeitig vorkommen Die Richtung der Anderung der synaptischen Ubertragung und der Mechanismus uber den sie erfolgt ist spezifisch fur bestimmte Synapsen und bestimmte Arten der synaptischen Aktivitat Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin dass die synaptische Plastizitat ebenso wie die Signaltransduktion und die Gedachtnisbildung im Gehirn auf molekularen Prozessen basiert in denen reaktive Sauerstoffspezies als Signalubertrager fungieren Ihre Bildung vor allem aber die des Hyperoxids scheint von der NADPH Oxidase gesteuert zu werden Fur die Stabilisierung von synaptischen Veranderungen spielt die parallele Zunahme pra und postsynaptischer Strukturen wie z B dendritischer Dornenfortsatz und PSD eine zentrale Rolle Auf postsynaptischer Seite kommt hier den Scaffolding Proteinen PSD 95 und eine besondere Bedeutung zu Es konnte gezeigt werden dass im Falle erregender Synapsen des Hippocampus eine Korrelation zwischen dem Ausmass dauerhafter Vergrosserung dendritischer Dornenfortsatze und einer Zunahme der Proteine PSD 95 und Homer1c besteht Kortikale PlastizitatKortikale Plastizitat ist ein Begriff der die aktivitatsabhangige Anderung der Grosse Konnektivitat oder Aktivierungsmuster von neuronalen Netzen beschreibt Mit dem Begriff der kortikalen Plastizitat wird oftmals die Plastizitat des gesamten Gehirns bezeichnet obwohl dabei auch Regionen ausserhalb des Kortex beteiligt sind da die Prinzipien der kortikalen Plastizitat keineswegs auf die Grosshirnrinde Kortex beschrankt sind Eine Konsequenz der Plastizitat ist dass eine gegebene Funktion im Hirn von einer Stelle zu einer anderen wandern kann Die modernen bildgebenden Verfahren haben hier zu einer Vielzahl von erstaunlichen Beobachtungen gefuhrt indem anatomische Funktionsverlagerung nach grossraumigen Gehirnschaden beobachtet wurde insbesondere aber nicht nur bei Kindern Kortikale Plastizitat und kortikale Karten Die kortikale Organisation vor allem des Wahrnehmungsapparates wird oftmals als kartenahnlich bezeichnet So laufen die Sinneswahrnehmungen vom Fuss an einer Stelle des Kortex zusammen die des Schienbeines an einer anderen benachbarten Stelle Das Ergebnis dieser sogenannten somatotopischen Organisation der Sinneseindrucke im Kortex ahnelt einer Karte des Korpers Homunculus Diese Karten sind nicht starr sondern plastisch Das Fehlen von Sinneseindrucken von bestimmten Teilen des Korpers zum Beispiel nach einer Amputation fuhrt dazu dass die kortikale Karte sich derart verandert dass der Bereich der zuvor fur den nun fehlenden Teil zustandig war nun nach und nach die benachbarten nach wie vor vorhandenen Teile des Korpers mitreprasentiert Dies kann in der Ubergangszeit bei den Patienten zu seltsamen Falschwahrnehmungen fuhren So fuhlen sie manchmal nicht mehr vorhandene amputierte Gliedmassen da deren Reprasentation noch nicht vollends geloscht ist aber bereits Nervensignale von benachbarten Regionen in den Bereich der fruheren Reprasentation des verlorenen Korperteils eindringen Kortikale Karten konnen sich durch Training verandern Beispielsweise konnte Alvaro Pascual Leone zeigen dass die kortikalen Karten der Finger bei einem zweistundigen Training einer Klavierfingerubung taglich nach einer Woche signifikant an Grosse zunahmen Anatomische Langsschnittarbeiten haben gezeigt dass ein dreimonatiges Jongliertraining die Vorbereitung auf das Medizinphysikum aber auch ein 40 Stunden dauerndes Golftraining zu deutlichen anatomischen Veranderungen in jenen Hirngebieten fuhrt die mit der Kontrolle der geubten Fertigkeiten betraut sind Auch die Immobilisation des rechten Armes wegen eines Armbruchs fur 2 Wochen fuhrte zu einer Reduktion der kortikalen Dicke in den Motorarealen welche die ummobilisierte Hand bzw den mobilisierten Arm kontrollieren Nachdem Forschung gezeigt hatte dass herausragende Fahigkeiten in Sport Kunst und Wissenschaft auch aufgrund von intensivem und haufigem Uben entstehen wurden aus neuroanatomischen und neurophysiologischen Vergleichen von Geubten und Nicht Geubten wesentliche Ruckschlusse auf die Neuroplastizitat gezogen So haben Untersuchungen gezeigt dass Geubte vor allem in jenen Hirngebieten die mit der Kontrolle des Geubten assoziiert sind anatomische und funktionelle Besonderheiten aufweisen Diese anatomischen Auffalligkeiten werden mit morphologischen Veranderungen an den Synapsen dem Neuropil und den Neuronen in Verbindung gebracht Vor allem bei professionellen und semi professionellen Musikern sind vielfaltige anatomische und funktionelle Auffalligkeiten festgestellt worden die auf Neuroplastizitat zuruckgefuhrt werden Siehe auchMetaplastizitat NeurogeneseLiteraturWissenschaftliche Literatur Lutz Jancke Lehrbuch Kognitive Neurowissenschaften Huber Verlag Bern 2013 ISBN 978 3 456 85004 7 S 595 623 Manfred Spitzer Geist im Netz Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1996 ISBN 3 8274 0109 7 S 148 182 R Duman und andere Neuronal plasticity and survival in mood disorders In Biol Psychiatry Band 48 2000 S 732 739 Johann Caspar Ruegg Neuronale Plastizitat und Psychosomatik 1 In Reinhold Haux Axel W Bauer Wolfgang Eich Wolfgang Herzog Johann Caspar Ruegg Jurgen Windeler Hrsg Wissenschaftlichkeit in der Medizin Teil 2 Physiologie und Psychosomatik Versuche einer Annaherung Brucken Schriften zur Interdisziplinaritat Band 4 VAS Frankfurt am Main 1998 ISBN 3 88864 249 3 S 82 120 Gerd Rudolf Neuronale Plastizitat und Psychosomatik 2 In Reinhold Haux Axel W Bauer Wolfgang Eich Wolfgang Herzog Johann Caspar Ruegg Jurgen Windeler Hrsg Wissenschaftlichkeit in der Medizin Teil 2 Physiologie und Psychosomatik Versuche einer Annaherung Brucken Schriften zur Interdisziplinaritat Band 4 VAS Frankfurt am Main 1998 ISBN 3 88864 249 3 S 121 130 Uwe Hans Wiese Neuroplastizitat im Ruckenmark Springer Wiesbaden 2019 ISBN 978 3 658 27360 6 Sachbucher und Dokumentarfilme Sharon Begley Neue Gedanken neues Gehirn Die Wissenschaft der Neuroplastizitat beweist wie unser Bewusstsein das Gehirn verandert Goldmann Munchen 2010 Norman Doidge The Brain That Changes Itself Viking New York 2007 Deutsch Neustart im Kopf wie sich unser Gehirn selbst repariert Ubersetzung von Jurgen Neubauer Campus Verlag Frankfurt am Main New York 2008 ISBN 978 3 593 38534 1 Neustart im Kopf Film Regie Mike Sheerin Norman Doidge Kanada amp Frankreich 2009 70 min Arte F Deutsche Erstsendung Arte 18 November 2009 WeblinksLiteratur von und uber Neuronale Plastizitat im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Neuronale Plastizitat Das formbare Gehirn PDF In Forschungsperspektiven 2010 Max Planck Gesellschaft Ulrich Kraft Altern mit Kopfchen PDF 2 6 MB In MaxPlanckForschung Heft 1 2007 Models of Synaptic Plasticity In Scholarpedia englisch inkl Literaturangaben Harel Z Shouval Maintenance of synaptic plasticity In Scholarpedia englisch inkl Literaturangaben Suzanna Randall Macht Mozart intelligent Mit dem Neurologen und Direktor des Instituts fur Musikermedizin Eckart Altenmuller Podcast In BR KLASSIK Kosmos Musik Der Wissens Podcast mit Suzanna Randall Folge vom 3 Februar 2022 bei Zeitindex 10 30EinzelnachweiseDonald Oding Hebb The Organization of Behavior a neuropsychological approach Wiley New York 1949 G Yang C S Lai J Cichon L Ma W Li W B Gan Sleep promotes branch specific formation of dendritic spines after learning In Science 344 6188 2014 S 1173 1178 PMID 24904169 K T Kishida E Klann Sources and Targets of Reactive Oxygen Species in Synaptic Plasticity and Memory In Antioxid Redox Signal 9 2007 S 233 244 PMID 17115936 D Meyer T Bonhoeffer V Scheuss Balance and Stability of Synaptic Structures during Synaptic Plasticity In Neuron Band 82 Nr 2 2014 S 430 443 doi 10 1016 j neuron 2014 02 031 PMID 24742464 L Feuillet H Dufour J Pelletier Brain of a white collar worker In Lancet 370 9583 2007 S 262 PMID 17658396 Louis Buckley The man with a hole in his brain Scans reveal a fluid filled cavity in the brain of a normal man In Nature News 20 Juli 2007 B Draganski C Gaser V Busch G Schuierer U Bogdahn A May Neuroplasticity changes in 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