Hartmut Gründler 11 Januar 1930 in Hümme 21 November 1977 in Hamburg war ein deutscher im Umweltschutz engagierter Tübin
Hartmut Gründler

Hartmut Gründler (* 11. Januar 1930 in Hümme; † 21. November 1977 in Hamburg) war ein deutscher, im Umweltschutz engagierter Tübinger Lehrer. Am 16. November 1977 übergoss er sich in Hamburg mit Benzin, zündete sich an und starb fünf Tage später im Krankenhaus. Seine Selbstverbrennung war ein Protest gegen die von ihm behaupteten Falschinformationen in der Atompolitik der damaligen Bundesregierung, speziell zu Asse II, und die Weigerung Bundeskanzler Helmut Schmidts, darüber mit ihm in Dialog zu treten.
Beruflicher Werdegang
Nach der Maurergesellenprüfung 1952, einem abgebrochenen Architekturstudium an der TH Darmstadt und einem Pädagogikstudium in Jugenheim (1957–59) war Gründler als Lehrer im hessischen Schuldienst tätig. 1964 legte er nach einem halbjährigen Fortbildungskurs in Französisch die Realschullehrerprüfung ab. Von November 1965 bis 1967 beurlaubt für Deutschunterricht am Goethe-Institut und dann im Rahmen des deutsch-französischen Jugendaustauschs, schloss er in Tübingen und Besançon ein Studium der Pädagogik, pädagogischen Psychologie und Allgemeinen Sprachwissenschaft mit dem Abschluss eines Magister Artium (1969) ab. Er begann eine Doktorarbeit zu einem psycholinguistischen Thema.
Tübinger Jahre von 1970 bis 1977
Schon früh in Fragen des Umweltschutzes und der Politik engagiert, arbeitete Gründler ab Ende 1970 im marxistisch-leninistisch orientierten Tübinger Komitee für Umweltschutz (KfU) mit. Er gründete 1971 den satzungsgemäß auf Gewaltfreiheit verpflichteten Tübinger Bund für Umweltschutz (BfU). Wegen mangelnder Bereitschaft, seinen eigenen von Gandhis Satyagraha inspirierten Weg gegenüber den Mehrheitsbeschlüssen des Plenums aufzugeben, wurde er dort jedoch bald ausgeschlossen und rief 1972 den kleineren „Arbeitskreis Lebensschutz – Gewaltfreie Aktion im Umweltschutz e. V.“ (AKL) ins Leben. In Zusammenarbeit mit dem BfU kritisierte er die Stuttgarter Ausstellung „Umwelt 72“ scharf. Auf der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Bürgerinitiativen (BBU) am 27./28. April 1973 in Frankfurt wurde Gründler in den erweiterten Vorstand gewählt. Aufgrund eskalierender Auseinandersetzungen mit dem ersten Vorsitzenden Hans-Helmuth Wüstenhagen erfolgte am 14. November 1973 der Austritt der dezidiert am Lebensschutz orientierten Gruppe um Herbert Bruns, zu der neben Gründler H. U. Brand, D. Heinemann und G. Werner gehörten. Ab 1974 engagierte er sich ebenfalls in der Auseinandersetzung um das für Mittelstadt (Kreis Reutlingen) vorgesehene Kernkraftwerk. Er setzte sich nachdrücklich für einen koordinierenden Dachverband der verschiedenen Umweltschutzverbände ein, der Ende 1975 unter der Schirmherrschaft von Altbundespräsident Gustav Heinemann als entstand. Am 25. Juli 1975 reichte Gründler bei Generalbundesanwalt Siegfried Buback erfolglos eine Strafanzeige gegen Forschungsminister Matthöfer „wegen Völkermordes“ ein.
Ab 1975 nahm er teils federführend an insgesamt 20 Klagen gegen atomare Projekte teil. Im Februar 1977 erhob er Verfassungsbeschwerde wegen Einschränkung seines Petitionsrechtes.
Öffentlichkeitsarbeit
In der Überzeugung, dass seine Mitbürger für den Umweltschutz handeln würden, wenn sie nur gut genug informiert und in ihrer Verantwortlichkeit angesprochen würden, betrieb Gründler eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit. Er stützte sich besonders auf Flugblätter, die er hauptsächlich in der Universitätsstadt Tübingen verteilte und verteilen ließ.
Nach dem Prinzip „Jeder weiß, dass jeder weiß“ baute er zudem ein Kommunikationsnetz auf, dessen Besonderheit war, dass er seinen zahlreichen Schriften und Appellen, die er an öffentliche Personen und Entscheidungsträger richtete, jeweils seinen Adressatenverteiler hinzufügte.
Gründlers „Experiment mit der Wahrheit“
Geprägt durch Gandhi versuchte er, durch Hungerstreiks (so in Wyhl, Tübingen, Kassel) und zahlreiche offene Briefe an Parlamentarier, Minister, Journalisten usw. eine Änderung in der Energiepolitik zu erzwingen. Sein erster Konfliktpartner, Bundesforschungsminister Hans Matthöfer, ging in dem von ihm im Juli 1975 zugestandenen Bürgerdialog Kernenergie auf die Forderung nach Diskussion ein, bekannte sich jedoch letztlich im Juni 1976 brieflich zur langfristigen Durchführung des Atomprogramms. Ab Sommer 1976 wandte sich Gründler an Bundeskanzler Helmut Schmidt. Er forderte eine öffentliche Klarstellung der im Juni 1976 in den Bonner Anhörungen (im Forschungsausschuss am 2. Juni und im Innenausschuss am 9. Juni) in seinen Augen offen zutage getretenen Widersprüche zum bis dahin gültigen Umweltprogramm der Sozialliberalen Koalition vom 29. September 1971. Gründlers letzter, im November 1977 deswegen geplanter unbefristeter Hungerstreik kam aufgrund äußerer Schwierigkeiten nicht zustande.
Selbstverbrennung
Am 16. November 1977 (Buß- und Bettag) übergoss sich Gründler vor der St. Petrikirche an der Mönckebergstrasse in Hamburg mit Benzin, zündete sich an und starb fünf Tage später im Krankenhaus. Seine Selbstverbrennung fand während des SPD-Bundesparteitages in Hamburg statt. Presseorgane und Politiker, darunter auch den Kanzler, informierte er vorab schriftlich unter Beifügung seines politischen Testamentes. Dieses stammte vom 14. November 1977, zwei Tage vor seiner Selbstverbrennung, und trug den Titel „Bitte weiterreichen … Bitte verständigen Sie rasch einen Publizisten aus Presse, Funk, Fernsehen! … Auch an Bundestagsabgeordnete!!! – Selbstverbrennung eines Lebensschützers – Appell gegen atomare Lüge …“
Auf einem doppelseitig bedruckten DIN-A5-Flugblatt schrieb er darin – von sich selbst in der dritten Person sprechend – unter anderem:
„Gründler nennt seine Aktion eine Tat nicht der Verzweiflung, sondern des Widerstandes und der Entschlossenheit. Er will dem Sachzwang der Profitgier, des Dummenfangs, der Überrumpelung hier, der Trägheit und Feigheit dort einen Sachzwang des Gewissens entgegensetzen.“
In dem direkt an den Bundeskanzler gerichteten „Anhang“ zu diesem Appell schrieb er weiterhin:
„Ich wähle die letzte und äußerste Form des Protestes und nutze anstelle des [zu ergänzen: seit drei Wochen geplanten „granitenen“] Leuchtturms doch wenigstens noch die Sandburg zu einem Feuerzeichen […]“
Reaktionen und Wirkung
Die Massenmedien berichteten kaum über die Hintergründe. Wolfgang Hädecke kritisierte in seiner biographischen Schrift Der Skandal Gründler diesbezüglich besonders die Zeitschriften Spiegel und stern. Generell beklagte er ein „krasses Missverhältnis zwischen der kargen, schnell abklingenden Berichterstattung und der dürftigen Kommentierung mit vielen Verzerrungen im Fall Gründler auf der einen Seite und der mächtigen Empörung nach der Selbstverbrennung von Palach und besonders von Brüsewitz auf der anderen Seite.“
Gründler wurde, nachdem ein geplanter Korso mit dem Leichenwagen durch verschiedene bundesdeutsche Stätten seines Wirkens von Hamburger Behörden untersagt worden war, am 30. November 1977 auf dem Tübinger Bergfriedhof unter Teilnahme von etwa 1000 Trauergästen aus dem In- und Ausland beigesetzt. Ins Grab mitgegeben wurde ihm auf seine briefliche Aufforderung hin das damals erschienene Buch Helmut Schmidts, „Als Christ in der politischen Entscheidung“; es war das angesengte Exemplar, welches er bei seinem Fanal hochgehalten hatte.
Bei der anschließenden, auch durch Mitwirkung des „Remstalrebellen“ Helmut Palmer tumultartig endenden Gedenkveranstaltung im Audimax der Universität fanden auf dem Podium einige Vertreter zuvor zerstrittener ökologischer Strömungen zueinander, die später teilweise bei den Grünen zusammenarbeiteten: So sprachen neben dem Zukunftsforscher Robert Jungk und der Bundestagsabgeordneten Herta Däubler-Gmelin (SPD), die das Parteitagsergebnis zu erklären versuchte, prominente Vertreter des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), des Weltbundes zum Schutze des Lebens (WSL), des Bundes für Lebensschutz (BfL), der Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (AUD), des und des Tübinger Bundes für Umweltschutz (BfU), so dass das Schwäbische Tagblatt titelte: Marschiert jetzt die „Grüne Front“?
In seinem noch existierenden Arbeitskreis Lebensschutz wurden zahlreiche Dokumente aus Gründlers Schaffenszeit wie auch aus der Folgezeit archiviert. Die Sammlung wird, auch als Grundlage einer erweiterten Biographie, fortlaufend ergänzt und durch Zeitzeugenaussagen bereichert. Dieses Material wurde großenteils von Wilfried Hüfler (verstorben 2014) aus Reutlingen betreut. Zu Gründlers Todestag im Jahre 2017 gestaltete sein einstiger Mitarbeiter Wolfgang Wettlaufer noch eine Gedenkfeier in der Tübinger Eberhardsgemeinde.
Im September 2017 erschien bei dtv der Roman Ein Mensch brennt des Schriftstellers und Journalisten Nicol Ljubić, in dessen Mittelpunkt Hartmut Gründler steht.
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Offener Brief an Bundeskanzler Helmut Schmidt u. a.: „Offenbarungseid der Atomlobby“ 5. Oktober 1976.
- Kernenergiewerbung. Die sprachliche Verpackung der Atomenergie – Aus dem Wörterbuch des Zwiedenkens, Rowohlt Literaturmagazin 8 „Die Sprache des Großen Bruders“, Dezember 1977.
- Kernenergiewerbung. Die sprachliche Verpackung der Atomenergie – Aus dem Wörterbuch des Zwiedenkens, in: Holzfeuer im hölzernen Ofen. Aufsätze zur politischen Sprachkritik, hrsg. von Hans J. Heringer. Tübingen (Narr) 1982, S. 203–215.
Literatur
- Roland Vital [d. i. Roland Vogt]: Hartmut Gründler, Nachruf aus bbu aktuell umweltmagazin, Nov./Dez. 1977, neu in: gewaltfreie aktion 2008 Nr. 153/154, ISSN 0016-9390, S. 39–41.
- Herbert Bruns: Hartmut Gründler † – Für Wahrheit und Redlichkeit im Lebensschutz und in der Biopolitik – Selbstverbrennung eines Lebensschützers in: Biologische Abhandlungen Nr. 53–54, Biologie-Verlag Wiesbaden 1977.
- Walter Soyka: Werden Tote mehr gehört als Lebende? Der Rechtsweg, Dokumentenreihe aus dem Archiv für biologische Sicherheit, Nr. 4, 22. November 1977. Inhalt u. a.: Zum Freitod von Hartmut Gründler. Informationsmaterial & Dokumentationen zu Klagen gegen die waffenfähige Plutonium-Technologie in Deutschland.
- Hansjürgen Bulkowski: Das nichtverstandene Signal. Die Selbstverbrennung des Umweltpolitikers Hartmut Gründler. Funkessay. WDR: 1978 (Wiederholung 1988).
- Wolfgang Hädecke: Der Skandal Gründler, 1979, ISBN 3-7846-1201-6.
- Schrenk, Martin: Zwiedenken. Zum Gedenken an Hartmut Gründler 213, Scheidewege Band 9, Jahrgang 1979
- Roland Bohlinger (Hrsg.): Der Mülheim-Kärlich-Prozess der Klägergemeinschaft „Forum Humanum – Hartmut Gründler – Klägerverband für Volksgesundheit und biologische Sicherheit“. Dokumentation eines Justizskandals, Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur 1982.
- Wilfried Hüfler, Manfred Westermayer (Hrsg.): Hartmut Gründler – ein Leben für die Wahrheit, ein Tod gegen die Lüge. Schriften – Dokumente – Würdigungen. Gundelfingen: G&M-Westermayer Verlag 1997, 80 Seiten. ISBN 3-923596-06-5.
- Udo Grashoff, Tobias Barth: Ein Tod für das Leben? Die öffentliche Selbstverbrennung von Hartmut Gründler am 16. November 1977 in Hamburg, Feature für den SFB, gesendet 13. November 2002.
- Roland Vogt: Radikal sein, aber nicht verstören, (zum Gründler-Gedenken Tübingen November 2007), in: gewaltfreie aktion Nr. 153/154, 2008, ISSN 0016-9390, S. 35–38.
- Wilfried Hüfler: Gedenkrede „Hartmut Gründler“ (Tübingen, 16. November 2007), in: gewaltfreie aktion Nr. 153/154, 2008, ISSN 0016-9390, S. 17–24.
- Wilfried Hüfler: Ein Leben für die Wahrheit, ein Tod gegen die Lüge. Biographischer Abriss (zum Gründler-Gedenken Tübingen November 2007), in: gewaltfreie aktion Nr. 153/154, 2008, ISSN 0016-9390, S. 25–34.
- Christine Werner: Ein Leben für die Wahrheit – Ein Tod gegen die Lüge. Die Selbstverbrennung Hartmut Gründlers und die Atompolitik. SWR2 Radiofeature, 30. Mai 2012
- Nicol Ljubić: Ein Mensch brennt. dtv, München 2017, ISBN 978-3-423-28130-0.
- Jan-Henrik Meyer: Ein Fanal gegen „ökologisch unverantwortbar[e]“ Technik: die Selbstverbrennung des Atomkraftgegners Hartmut Gründler 1977. In: Didactica Historica. Bd. 9 (2023), S. 63–66.
Weblinks
- Literatur von und über Hartmut Gründler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ein Tod gegen die Lüge Radiobeitrag von SWR2
- Gunnar Hinck: 40 Jahre Anti-AKW-Selbstverbrennung: „Er wollte ein ultimatives Zeichen“, in: Die Tageszeitung (taz) vom 21. November 2017
- Edo Reents: Das schreckliche Feuerzeichen, in: FAZ, 6. April 2011,
- Frank Buchmeier: Atomprotest – Das scheinbare Scheitern, in: Stuttgarter Zeitung, 12. April 2011
- Frank Keil: Flammende Wahrheit. Die Geschichte des Hartmut Gründler, der sich 1977 aus Protest gegen die Lügen der Atomindustrie selbst verbrannte, in: Die Zeit Nr. 17, 20. April 2011.
Einzelnachweise
- Edo Reents: Das schreckliche Feuerzeichen. F.A.Z., 6. April 2011, abgerufen am 16. November 2012.
Personendaten | |
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NAME | Gründler, Hartmut |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Lehrer und Autor |
GEBURTSDATUM | 11. Januar 1930 |
GEBURTSORT | Hümme |
STERBEDATUM | 21. November 1977 |
STERBEORT | Hamburg |
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Hartmut Grundler 11 Januar 1930 in Humme 21 November 1977 in Hamburg war ein deutscher im Umweltschutz engagierter Tubinger Lehrer Am 16 November 1977 ubergoss er sich in Hamburg mit Benzin zundete sich an und starb funf Tage spater im Krankenhaus Seine Selbstverbrennung war ein Protest gegen die von ihm behaupteten Falschinformationen in der Atompolitik der damaligen Bundesregierung speziell zu Asse II und die Weigerung Bundeskanzler Helmut Schmidts daruber mit ihm in Dialog zu treten Hartmut Grundler 1930 1977 Aufkleber Kein Plutonium nach Gorleben 1977 Gedenktafel fur die Selbstverbrennung an der Petrikirche in HamburgBeruflicher WerdegangNach der Maurergesellenprufung 1952 einem abgebrochenen Architekturstudium an der TH Darmstadt und einem Padagogikstudium in Jugenheim 1957 59 war Grundler als Lehrer im hessischen Schuldienst tatig 1964 legte er nach einem halbjahrigen Fortbildungskurs in Franzosisch die Realschullehrerprufung ab Von November 1965 bis 1967 beurlaubt fur Deutschunterricht am Goethe Institut und dann im Rahmen des deutsch franzosischen Jugendaustauschs schloss er in Tubingen und Besancon ein Studium der Padagogik padagogischen Psychologie und Allgemeinen Sprachwissenschaft mit dem Abschluss eines Magister Artium 1969 ab Er begann eine Doktorarbeit zu einem psycholinguistischen Thema Tubinger Jahre von 1970 bis 1977Schon fruh in Fragen des Umweltschutzes und der Politik engagiert arbeitete Grundler ab Ende 1970 im marxistisch leninistisch orientierten Tubinger Komitee fur Umweltschutz KfU mit Er grundete 1971 den satzungsgemass auf Gewaltfreiheit verpflichteten Tubinger Bund fur Umweltschutz BfU Wegen mangelnder Bereitschaft seinen eigenen von Gandhis Satyagraha inspirierten Weg gegenuber den Mehrheitsbeschlussen des Plenums aufzugeben wurde er dort jedoch bald ausgeschlossen und rief 1972 den kleineren Arbeitskreis Lebensschutz Gewaltfreie Aktion im Umweltschutz e V AKL ins Leben In Zusammenarbeit mit dem BfU kritisierte er die Stuttgarter Ausstellung Umwelt 72 scharf Auf der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Burgerinitiativen BBU am 27 28 April 1973 in Frankfurt wurde Grundler in den erweiterten Vorstand gewahlt Aufgrund eskalierender Auseinandersetzungen mit dem ersten Vorsitzenden Hans Helmuth Wustenhagen erfolgte am 14 November 1973 der Austritt der dezidiert am Lebensschutz orientierten Gruppe um Herbert Bruns zu der neben Grundler H U Brand D Heinemann und G Werner gehorten Ab 1974 engagierte er sich ebenfalls in der Auseinandersetzung um das fur Mittelstadt Kreis Reutlingen vorgesehene Kernkraftwerk Er setzte sich nachdrucklich fur einen koordinierenden Dachverband der verschiedenen Umweltschutzverbande ein der Ende 1975 unter der Schirmherrschaft von Altbundesprasident Gustav Heinemann als entstand Am 25 Juli 1975 reichte Grundler bei Generalbundesanwalt Siegfried Buback erfolglos eine Strafanzeige gegen Forschungsminister Matthofer wegen Volkermordes ein Ab 1975 nahm er teils federfuhrend an insgesamt 20 Klagen gegen atomare Projekte teil Im Februar 1977 erhob er Verfassungsbeschwerde wegen Einschrankung seines Petitionsrechtes OffentlichkeitsarbeitIn der Uberzeugung dass seine Mitburger fur den Umweltschutz handeln wurden wenn sie nur gut genug informiert und in ihrer Verantwortlichkeit angesprochen wurden betrieb Grundler eine umfangreiche Offentlichkeitsarbeit Er stutzte sich besonders auf Flugblatter die er hauptsachlich in der Universitatsstadt Tubingen verteilte und verteilen liess Nach dem Prinzip Jeder weiss dass jeder weiss baute er zudem ein Kommunikationsnetz auf dessen Besonderheit war dass er seinen zahlreichen Schriften und Appellen die er an offentliche Personen und Entscheidungstrager richtete jeweils seinen Adressatenverteiler hinzufugte Grundlers Experiment mit der Wahrheit Gepragt durch Gandhi versuchte er durch Hungerstreiks so in Wyhl Tubingen Kassel und zahlreiche offene Briefe an Parlamentarier Minister Journalisten usw eine Anderung in der Energiepolitik zu erzwingen Sein erster Konfliktpartner Bundesforschungsminister Hans Matthofer ging in dem von ihm im Juli 1975 zugestandenen Burgerdialog Kernenergie auf die Forderung nach Diskussion ein bekannte sich jedoch letztlich im Juni 1976 brieflich zur langfristigen Durchfuhrung des Atomprogramms Ab Sommer 1976 wandte sich Grundler an Bundeskanzler Helmut Schmidt Er forderte eine offentliche Klarstellung der im Juni 1976 in den Bonner Anhorungen im Forschungsausschuss am 2 Juni und im Innenausschuss am 9 Juni in seinen Augen offen zutage getretenen Widerspruche zum bis dahin gultigen Umweltprogramm der Sozialliberalen Koalition vom 29 September 1971 Grundlers letzter im November 1977 deswegen geplanter unbefristeter Hungerstreik kam aufgrund ausserer Schwierigkeiten nicht zustande SelbstverbrennungAm 16 November 1977 Buss und Bettag ubergoss sich Grundler vor der St Petrikirche an der Monckebergstrasse in Hamburg mit Benzin zundete sich an und starb funf Tage spater im Krankenhaus Seine Selbstverbrennung fand wahrend des SPD Bundesparteitages in Hamburg statt Presseorgane und Politiker darunter auch den Kanzler informierte er vorab schriftlich unter Beifugung seines politischen Testamentes Dieses stammte vom 14 November 1977 zwei Tage vor seiner Selbstverbrennung und trug den Titel Bitte weiterreichen Bitte verstandigen Sie rasch einen Publizisten aus Presse Funk Fernsehen Auch an Bundestagsabgeordnete Selbstverbrennung eines Lebensschutzers Appell gegen atomare Luge Auf einem doppelseitig bedruckten DIN A5 Flugblatt schrieb er darin von sich selbst in der dritten Person sprechend unter anderem Grundler nennt seine Aktion eine Tat nicht der Verzweiflung sondern des Widerstandes und der Entschlossenheit Er will dem Sachzwang der Profitgier des Dummenfangs der Uberrumpelung hier der Tragheit und Feigheit dort einen Sachzwang des Gewissens entgegensetzen Hartmut Grundler Flugblatt vom 14 November 1977 In dem direkt an den Bundeskanzler gerichteten Anhang zu diesem Appell schrieb er weiterhin Ich wahle die letzte und ausserste Form des Protestes und nutze anstelle des zu erganzen seit drei Wochen geplanten granitenen Leuchtturms doch wenigstens noch die Sandburg zu einem Feuerzeichen Hartmut Grundler Anhang zum Flugblatt vom 14 November 1977Reaktionen und WirkungDie Massenmedien berichteten kaum uber die Hintergrunde Wolfgang Hadecke kritisierte in seiner biographischen Schrift Der Skandal Grundler diesbezuglich besonders die Zeitschriften Spiegel und stern Generell beklagte er ein krasses Missverhaltnis zwischen der kargen schnell abklingenden Berichterstattung und der durftigen Kommentierung mit vielen Verzerrungen im Fall Grundler auf der einen Seite und der machtigen Emporung nach der Selbstverbrennung von Palach und besonders von Brusewitz auf der anderen Seite Grundler wurde nachdem ein geplanter Korso mit dem Leichenwagen durch verschiedene bundesdeutsche Statten seines Wirkens von Hamburger Behorden untersagt worden war am 30 November 1977 auf dem Tubinger Bergfriedhof unter Teilnahme von etwa 1000 Trauergasten aus dem In und Ausland beigesetzt Ins Grab mitgegeben wurde ihm auf seine briefliche Aufforderung hin das damals erschienene Buch Helmut Schmidts Als Christ in der politischen Entscheidung es war das angesengte Exemplar welches er bei seinem Fanal hochgehalten hatte Bei der anschliessenden auch durch Mitwirkung des Remstalrebellen Helmut Palmer tumultartig endenden Gedenkveranstaltung im Audimax der Universitat fanden auf dem Podium einige Vertreter zuvor zerstrittener okologischer Stromungen zueinander die spater teilweise bei den Grunen zusammenarbeiteten So sprachen neben dem Zukunftsforscher Robert Jungk und der Bundestagsabgeordneten Herta Daubler Gmelin SPD die das Parteitagsergebnis zu erklaren versuchte prominente Vertreter des Bundesverbandes Burgerinitiativen Umweltschutz BBU des Weltbundes zum Schutze des Lebens WSL des Bundes fur Lebensschutz BfL der Aktionsgemeinschaft Unabhangiger Deutscher AUD des und des Tubinger Bundes fur Umweltschutz BfU so dass das Schwabische Tagblatt titelte Marschiert jetzt die Grune Front In seinem noch existierenden Arbeitskreis Lebensschutz wurden zahlreiche Dokumente aus Grundlers Schaffenszeit wie auch aus der Folgezeit archiviert Die Sammlung wird auch als Grundlage einer erweiterten Biographie fortlaufend erganzt und durch Zeitzeugenaussagen bereichert Dieses Material wurde grossenteils von Wilfried Hufler verstorben 2014 aus Reutlingen betreut Zu Grundlers Todestag im Jahre 2017 gestaltete sein einstiger Mitarbeiter Wolfgang Wettlaufer noch eine Gedenkfeier in der Tubinger Eberhardsgemeinde Im September 2017 erschien bei dtv der Roman Ein Mensch brennt des Schriftstellers und Journalisten Nicol Ljubic in dessen Mittelpunkt Hartmut Grundler steht Veroffentlichungen Auswahl Offener Brief an Bundeskanzler Helmut Schmidt u a Offenbarungseid der Atomlobby 5 Oktober 1976 Kernenergiewerbung Die sprachliche Verpackung der Atomenergie 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Deutschland Hansjurgen Bulkowski Das nichtverstandene Signal Die Selbstverbrennung des Umweltpolitikers Hartmut Grundler Funkessay WDR 1978 Wiederholung 1988 Wolfgang Hadecke Der Skandal Grundler 1979 ISBN 3 7846 1201 6 Schrenk Martin Zwiedenken Zum Gedenken an Hartmut Grundler 213 Scheidewege Band 9 Jahrgang 1979 Roland Bohlinger Hrsg Der Mulheim Karlich Prozess der Klagergemeinschaft Forum Humanum Hartmut Grundler Klagerverband fur Volksgesundheit und biologische Sicherheit Dokumentation eines Justizskandals Verlag fur ganzheitliche Forschung und Kultur 1982 Wilfried Hufler Manfred Westermayer Hrsg Hartmut Grundler ein Leben fur die Wahrheit ein Tod gegen die Luge Schriften Dokumente Wurdigungen Gundelfingen G amp M Westermayer Verlag 1997 80 Seiten ISBN 3 923596 06 5 Udo Grashoff Tobias Barth Ein Tod fur das Leben Die offentliche Selbstverbrennung von Hartmut Grundler am 16 November 1977 in Hamburg Feature fur den SFB gesendet 13 November 2002 Roland Vogt Radikal sein aber nicht verstoren zum Grundler Gedenken Tubingen November 2007 in gewaltfreie aktion Nr 153 154 2008 ISSN 0016 9390 S 35 38 Wilfried Hufler Gedenkrede Hartmut Grundler Tubingen 16 November 2007 in gewaltfreie aktion Nr 153 154 2008 ISSN 0016 9390 S 17 24 Wilfried Hufler Ein Leben fur die Wahrheit ein Tod gegen die Luge Biographischer Abriss zum Grundler Gedenken Tubingen November 2007 in gewaltfreie aktion Nr 153 154 2008 ISSN 0016 9390 S 25 34 Christine Werner Ein Leben fur die Wahrheit Ein Tod gegen die Luge Die Selbstverbrennung Hartmut Grundlers und die Atompolitik SWR2 Radiofeature 30 Mai 2012 Nicol Ljubic Ein Mensch brennt dtv Munchen 2017 ISBN 978 3 423 28130 0 Jan Henrik Meyer Ein Fanal gegen okologisch unverantwortbar e Technik die Selbstverbrennung des Atomkraftgegners Hartmut Grundler 1977 In Didactica Historica Bd 9 2023 S 63 66 WeblinksLiteratur von und uber Hartmut Grundler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Ein Tod gegen die Luge Radiobeitrag von SWR2 Gunnar Hinck 40 Jahre Anti AKW Selbstverbrennung Er wollte ein ultimatives Zeichen in Die Tageszeitung taz vom 21 November 2017 Edo Reents Das schreckliche Feuerzeichen in FAZ 6 April 2011 Frank Buchmeier Atomprotest Das scheinbare Scheitern in Stuttgarter Zeitung 12 April 2011 Frank Keil Flammende Wahrheit Die Geschichte des Hartmut Grundler der sich 1977 aus Protest gegen die Lugen der Atomindustrie selbst verbrannte in Die Zeit Nr 17 20 April 2011 EinzelnachweiseEdo Reents Das schreckliche Feuerzeichen F A Z 6 April 2011 abgerufen am 16 November 2012 Normdaten Person GND 118542885 lobid GND Explorer OGND AKS LCCN n80000446 VIAF 20471795 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Grundler HartmutKURZBESCHREIBUNG deutscher Lehrer und AutorGEBURTSDATUM 11 Januar 1930GEBURTSORT HummeSTERBEDATUM 21 November 1977STERBEORT Hamburg