Russland russisch Rossija rɐˈsʲijə amtlich Russische Föderation russisch Rossijskaja Federazija Russländische Föderation
Russische Föderation

Russland (russisch Rossija [ ]), amtlich Russische Föderation (russisch Rossijskaja Federazija „Russländische Föderation“), ist ein Bundesstaat in Osteuropa und Nordasien, mit der Exklave Kaliningrad in Mitteleuropa. Der Fläche nach ist Russland mit etwa 17 Millionen Quadratkilometern der größte Staat der Welt und umfasst etwa ein Neuntel der Landmasse der Erde. Mit 144,5 Millionen Einwohnern (2019) steht es an neunter Stelle der bevölkerungsreichsten Staaten und ist zugleich einer der am dünnsten besiedelten.
Russische Föderation | |||||
Российская Федерация | |||||
Rossijskaja Federazija | |||||
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Amtssprache | Russisch 1 | ||||
Hauptstadt | Moskau | ||||
Staats- und Regierungsform | de jure semipräsidentielle föderale Republik, de facto Defekte Demokratie mit autokratischen Tendenzen | ||||
Staatsoberhaupt | Präsident Wladimir Putin | ||||
Regierungschef | Ministerpräsident Michail Mischustin | ||||
Parlament(e) | Föderationsversammlung (Föderationsrat und Staatsduma) | ||||
Fläche | 17.074.636 km² (1.), davon in Europa: min. 3.952.550 km², in Asien: min. 13.122.850 km² | ||||
Einwohnerzahl | 143.446.060 (9.)(2021) | ||||
Bevölkerungsdichte | 8 (179.) Einwohner pro km² | ||||
Bevölkerungsentwicklung | −0,44 % (2021) pro Jahr | ||||
Bruttoinlandsprodukt
| 2023
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Index der menschlichen Entwicklung | 0,832 (64.) (2023) | ||||
Währung | Rubel (RUB) | ||||
Errichtung | 1263: Großfürstentum Moskau 1547: Zarentum Russland 1721: Russisches Kaiserreich 1917: Russische Republik 1917: Sowjetrussland 1917: Russische SFSR 1922: Sowjetunion 1991: Russische Föderation (Souveränitätserklärung) | ||||
Nationalhymne | Hymne der Russischen Föderation | ||||
Nationalfeiertag | 12. Juni (Tag Russlands) | ||||
Zeitzone | UTC+2 bis UTC+12 | ||||
Kfz-Kennzeichen | RUS | ||||
ISO 3166 | RU, RUS, 643 | ||||
Internet-TLD | .ru, .рф und .su | ||||
Telefonvorwahl | +7 | ||||
1 Sprache der Nationalitäten in den Teilrepubliken und Autonomen Kreisen. Weitere Sprachen sind regionale Amtssprachen. |
Der europäische Teil des Staatsgebiets ist deutlich dichter besiedelt als der über dreimal so große asiatische Teil: Etwa 77 % der Bevölkerung (110 Millionen Einwohner) leben westlich des Urals. Die Hauptstadt Moskau ist eine der größten Städte und Metropolregionen der Welt. Das zweitwichtigste Zentrum ist Sankt Petersburg, das von 1712 bis 1918 Hauptstadt war und heute vor allem ein wichtiges Kulturzentrum bildet. Die nächstgrößten Millionenstädte sind Nowosibirsk, Jekaterinburg, Kasan und Nischni Nowgorod. Insgesamt gibt es in Russland 15 Millionenstädte und fast 70 Agglomerationen mit über 500.000 Einwohnern.
Die föderale Gliederung Russlands besteht aus acht Föderationskreisen und 83 Föderationssubjekten. Russland ist ein über 100 Ethnien zählender Vielvölkerstaat, wobei ethnische Russen fast 80 % der Bevölkerung ausmachen. Russland ist heute ein Schwellenland im Bereich des oberen mittleren Einkommens. Nach der Erholung von der postkommunistischen Transformationskrise der 1990er-Jahre wurde das Land die nach BIP heute elftgrößteVolkswirtschaft der Welt. Seine Rohstoffreserven sind mit etwa 20 bis 30 % die wahrscheinlich größten der Welt, mit erheblichen Vorkommen von Primärenergieträgern – vor allem Erdgas. Russland ist seit Mitte der 1980er-Jahre, damals noch als Teil der Sowjetunion, einem stetigen wirtschaftlichen, demografischen und militärischen Leistungsverfall ausgesetzt. Nach dem SIPRI Institut verfügt es mit 4.489 über die größte Anzahl an atomaren Sprengköpfen aller Staaten, von denen aber nur 1.674 einsatzbereit sind, während die übrigen gelagert werden.
Russland ist seit 1946 ständiges Mitglied des Weltsicherheitsrates und zudem Mitglied von WTO, OSZE, APEC und der SCO sowie führendes Mitglied der regionalen Organisationen GUS, OVKS und EAEU.
Die Russische Föderation ist „Fortsetzerstaat“ der Sowjetunion in internationalen Organisationen. Dem sowjetischen Bundesstaat voraus gingen das Russische Kaiserreich, das Zarentum Russland und ursprünglich das Großfürstentum Moskau, ein Teilfürstentum des früheren ostslawischen Reiches Kiewer Rus. Um 1990 endete der Kalte Krieg, Russland wurde zwischenzeitlich ein wenig demokratischer und näherte sich leicht „dem Westen“ an. Die damalige Verfassung sieht für Russland eine semipräsidentielle Demokratie vor, die Verfassungswirklichkeit entspricht gemäß Demokratie-Indizes heute jedoch der einer Autokratie, bzw. einer „superpräsidentielle(n) Herrschaft“ oder Postdemokratie.Korruption und Menschenrechtsverletzungen sind weit verbreitet.
Russlands Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt ist seit Beginn der Sanktionen 2014 als Folge der Annexion der Krim und verschärft mit dem Überfall auf die Ukraine 2022 von 4 auf 2,85 % (2022) gefallen. Vor allem seit dem Angriff auf das Nachbarland sind die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zum Westen sehr stark belastet.
Russland wird überwiegend als Autokratie bewertet. In den Politik- und Osteuropawissenschaften wird diskutiert, ob es sich mittlerweile wegen innenpolitischer Verschärfungen und des Überfalls auf die Ukraine um eine zunehmend totalitäre Diktatur oder bereits ein faschistisches Regime handelt (Faschismusdiskussion).
Geographie
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Russland ist mit 17.075.020 km² das mit Abstand flächengrößte Land der Erde. Es umfasst 11 % der Weltlandfläche, das entspricht in etwa der Fläche Australiens und Europas zusammen. Bis auf die Tropen sind alle Klimazonen vertreten.
Von Westen nach Osten erstreckt sich Russland auf einer Gesamtlänge von 9000 km, von 19° östlicher bis 169° westlicher Länge über zwei Kontinente. Auf Europa entfallen 23 % der Landfläche, auf Asien 77 %. Von Süden nach Norden beträgt die Ausdehnung bis zu 4000 km, vom 41. bis zum 81. Grad nördlicher Breite.
Auf dem Gebiet Russlands befinden sich einige der längsten Flüsse sowie der älteste und tiefste Binnensee der Welt (Baikalsee). Wenn man die Reliefstruktur und die Flusssysteme Russlands miteinander vergleicht, so entsteht ein Gitternetz aus breitenparallel verlaufenden Wasserscheiden bzw. dem Steppengürtel im Süden und den meridional ausgerichteten Stromwegen.
Lage und Grenzen
Russland hat neben der Volksrepublik China mit 14 die größte Anzahl Nachbarstaaten mit einer gemeinsamen Landgrenze. Die Gesamtlänge der Landesgrenzen beträgt 22.407 km. Russland grenzt des Weiteren an fünf Meere, wobei die Küstenlinie 37.653 km umfasst.
Das russische Kernland grenzt an die Staaten Norwegen (196 km) und Finnland (1340 km; vgl. Grenze zwischen Finnland und Russland), gefolgt von einem kurzen Küstenstreifen zur Ostsee. Zudem teilt sich Russland eine Grenze mit den baltischen Ländern Estland (334 km) und Lettland (217 km), weiter südlich gefolgt von Belarus (959 km) und der Ukraine. Das Schwarze Meer trennt die europäischen Grenzen Russlands von den asiatischen. Im Kaukasus grenzen Georgien (723 km) und Aserbaidschan (284 km) an. Es folgt ein Küstenstreifen am Kaspischen Meer und eine lange gemeinsame Grenze mit Kasachstan (6846 km). In Ostasien grenzt Russland erstmals an die Volksrepublik China (etwa 40 km) und dann an die Mongolei (3485 km). Danach trifft das russische Hoheitsgebiet zum zweiten Mal mit chinesischem zusammen (3605 km). Mit Nordkorea (19 km) besteht die letzte Landverbindung zu einem anderen Staat.
Danach folgen die Küstenlinien zum Japanischen Meer, dem Ochotskischen Meer, zum Pazifischen Ozean und schließlich zur Beringsee. Über die nur etwa 85 km schmale und 30 bis 50 m tiefe Beringstraße ist Russland im äußersten Osten von Alaska getrennt. Die inmitten der Beringstraße befindliche russische Große Diomedes-Insel liegt nur 4 km von der US-amerikanischen Kleinen Diomedes-Insel entfernt. Der gesamte nördliche Teil des Landes grenzt an den Arktischen Ozean. Dort liegen verschiedene zu Russland gehörende Inseln, als nördlichste Franz-Josef-Land. Russland betrachtet zudem noch weitere Gebiete des Arktischen Ozeans und der Eisfläche als Teil seines Hoheitsgebietes.
Neben dem Kernland besitzt Russland noch eine Exklave, den nördlichen Teil des ehemaligen Ostpreußen, die heutige Oblast Kaliningrad. Dieses Gebiet, über das 1945 die Sowjetunion die territoriale Souveränität beanspruchte, grenzt an Litauen (227 km) und den südlichen Teil des früheren Ostpreußen, der jetzt zu Polen gehört (206 km). Es ist somit vollständig von EU-Ländern umgeben.
Russland ist in elf Zeitzonen eingeteilt (von UTC+2 bis UTC+12), wobei mit der Abschaffung der Zeitumstellung im Jahr 2011 bis 2014 überall ganzjährig die Sommerzeit galt. Nach anhaltender Kritik aus der Bevölkerung kehrte Russland am 26. Oktober 2014 zur Normalzeit zurück.
Großlandschaften und Relief
Russland umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Naturräume, die vielfältige Potenziale, aber auch sehr verschiedenartige Nutzungen aufweisen. Russland gliedert sich geographisch betrachtet hauptsächlich in die acht Großlandschaften (etwa in West-Ost-Richtung):
- Die Osteuropäische Ebene nimmt den größten Teil des europäischen Russlands ein. Es besteht aus weiten Niederungen, die von schwach gegliederten Höhenrücken unterbrochen werden. Nur wenige Erhebungen erreichen Höhen von mehr als 300 m. In Karelien und auf der Halbinsel Kola, die geologisch zum Baltischen Schild gehören, ist das Relief im Norden differenzierter. Dort wird in den Chibinen der zentralen Kola-Halbinsel eine maximale Höhe von 1191 m erreicht. Im Süden geht das Osteuropäische Tiefland in die unterhalb des Meeresspiegels gelegene Kaspische Senke über. Während der letzten Eiszeit entstand eine Kette von Endmoränen, die vom Grenzgebiet zu Belarus aus nach Osten und nördlich von Moskau zur arktischen Küste westlich des Flusses Petschora verläuft. Die Region nördlich davon besteht aus vielen Seen und Sümpfen.
- Östlich des Uralgebirges setzt sich bis zum Jenissei die weit gespannte Ebene im Westsibirischen Tiefland fort. Dieses überaus flache Gebiet wird von weiträumigen Sumpflandschaften eingenommen.
- Das Nordsibirische Tiefland schließt sich nördlich des Mittelsibirischen Berglands an, das nach Norden zur Taimyrhalbinsel bis südlich des Arktischen Ozeans ansteigt.
- Östlich des Jenissei erstreckt sich bis zur Lena das wellige Mittelsibirische Bergland mit durchschnittlichen Höhen zwischen 500 und 700 m. Im Nordwesten dieser Region erhebt sich das Putorana-Gebirge, das eine maximale Höhe von 1701 m erreicht. Flüsse prägten die Gestalt der Landschaft, an einigen Stellen haben sich tiefe Canyons eingeschnitten.
- Im Süden von Mittel- und Ostsibirien setzen sich weitere Gebirgszüge ostwärts bis zum Pazifischen Ozean fort (Südsibirische Gebirge). Dazu gehören Altai, Sajangebirge, Jablonowygebirge, Stanowoigebirge und Dschugdschur.
- Die Mitteljakutische Niederung umfasst vor allem die Unterlaufstäler von Lena und Wiljui, aber auch das untere Aldantal. Die etwa 1 Million km² umfassende Niederung wird im Westen vom Mittelsibirischen Bergland begrenzt und im Osten vom Ostsibirischen Bergland.
- Östlich von Lena und Aldan schließt sich das Ostsibirische Bergland an, das aus verzweigten Gebirgsketten besteht. Die höheren Gebirge in dieser Region, wie das Werchojansker Gebirge, das Tscherskigebirge und das Kolymagebirge, erreichen Höhen zwischen etwa 2300 und 3200 m. Auf der Halbinsel Kamtschatka gibt es etwa 160 Vulkane. Die vulkanische Gebirgskette von Kamtschatka setzt sich im Süden auf den Kurilen fort. Dort gibt es rund 100 Vulkane.
- Südlich der Ostsibirischen See erschließt sich das weitläufige Ostsibirische Tiefland, das sich ausschließlich nördlich des Polarkreises befindet. Die Landschaft umfasst die Unterläufe der Flüsse Jana, Indigirka und Kolyma. Der westliche Teil ist das Jana-Indigirka-Tiefland, der östliche das Kolyma-Tiefland. Im Westen, Süden und Osten grenzt das Ostsibirische Tiefland an das Ostsibirische Bergland.
Flüsse und Seen
Mit 120.000 Flüssen und Strömen und fast zwei Millionen Seen ist Russland sehr wasserreich. Der Waldgürtel, der zwei Drittel der Fläche einnimmt, wirkt zusammen mit dem Niederschlagsüberschuss als riesiger Wasserspeicher, der ein ganzes Netz an Wasserläufen speist.
Im europäischen Teil Russlands ist der wichtigste Fluss die Wolga. Sie ist der längste Fluss Europas und verläuft ausschließlich in Russland. Zusammen mit ihren beiden Nebenflüssen Kama und Oka entwässert sie einen großen Teil der Osteuropäischen Ebene nach 3534 km zum Kaspischen Meer im Südosten. Als Wasserweg hat die Wolga besondere Bedeutung, da sie Osteuropa mit Zentralasien verbindet. Der Nordrussische Landrücken bildet die Wasserscheide zwischen Wolgabecken und Weißem Meer bzw. Barentssee im Norden. Eine große Bedeutung für die slawischen Staaten besitzt der Dnepr (auch Dnjepr genannt). Der Strom entsteht westlich von Moskau und fließt anschließend durch Belarus und die Ukraine, wo er ins Schwarze Meer mündet. Über den Dnepr-Bug-Kanal ist er mit den polnischen Flüssen Bug und Weichsel sowie mittelbar über das Oginskische Kanalsystem mit der Memel verbunden, was den Dnepr zu einer wichtigen Wasserstraße macht.
Die längsten Flüsse Russlands liegen in Sibirien und dem fernöstlichen Russland. Der Ob entspringt im südsibirischen Altai und mündet in das Nordpolarmeer. Der mit seinem Quellfluss Katun über 4300 km lange Fluss bildet – zusammen mit dem Irtysch – eines der längsten Flusssysteme Asiens mit einer Gesamtlänge von über 5400 km. Eine noch etwas längere Fließstrecke hat das Flusssystem des Jenissei, dessen Wasser (teilweise) aus der Mongolei nach Norden durch Westsibirien zum Nordpolarmeer fließt. Sein Hauptzufluss, die Angara, stellt den einzigen Abfluss des Baikalsees dar. Der Jenissei führt dem Nordpolarmeer jährlich etwa 600 km³ Wasser zu. Damit verzeichnet er die höchste Durchflussmenge aller russischen Flüsse. Die rund 4300 km lange Lena, der längste Strom, der ausschließlich in Russland verläuft und dessen Einzugsgebiet sich ausschließlich in Russland befindet, entspringt nur 5 km vom Baikalsee entfernt. Sie fließt zunächst in nordöstliche Richtung, biegt nach dem Einmünden des Aldan nach Norden und mündet in einem ausgedehnten Delta in die Laptewsee, ein Nebenmeer des Nordpolarmeers. Weitere wichtige Flüsse, die ins Nordpolarmeer münden, sind die Petschora, die Nördliche Dwina, die Chatanga sowie die Kolyma und die Indigirka.
Ein weiteres wichtiges Flusssystem bildet der Amur mit seinem Zufluss Schilka. Mit dessen Quellfluss Onon hat es eine Gesamtlänge von etwa 4400 km und führt vom Nordosten der Mongolei in östlicher Richtung entlang der chinesischen Grenze zur Pazifikküste. Amur und Anadyr sind die größten russischen Flüsse, die in den Pazifischen Ozean fließen.
Viele andere Ströme sind als Verkehrswege und als Energiequellen bedeutend, oder sie dienen in trockenen Regionen der Bewässerung. Der Don nimmt dabei eine herausragende Stellung ein. Er liegt im bevölkerungsreichen Osteuropäischen Tiefland und entwässert nach Süden in das Asowsche Meer. Andere wichtige Flüsse sind Moskwa, Selenga, Tobol, Steinige Tunguska, Untere Tunguska, Ural und Ussuri.
In Russland gibt es, besonders im ehemals vergletscherten nordwestlichen Teil des Landes, viele natürliche Seen. Das Kaspische Meer ist mit 386.400 km² der weltgrößte Binnensee. Der Seespiegel des Salzwassersees befindet sich etwa 28 m unterhalb des Meeresniveaus. Da das Kaspische Meer keinen Abfluss hat, entweicht Wasser nur durch Verdunstung, wodurch es bei dem hier herrschenden trockenen Klima zur Auskristallisation von Salzen kommt. Der Baikalsee hat als ältester Süßwassersee eine Tiefe von 1642 m, womit er nicht nur der tiefste See, sondern zugleich auch das größte Reservoir flüssigen Süßwassers weltweit (ca. ein Fünftel aller flüssigen Süßwasserreserven) ist. Weitere wichtige und große Seen sind Ladogasee (größter Binnensee Europas), Onegasee und Taimyrsee.
Gebirge und Naturschutzgebiete
Rund 40 % der Fläche Russlands ist von Gebirgen überzogen. Dabei bildet der Ural die Trennlinie zwischen dem europäischen und asiatischen Teil des Landes; er stellt allerdings wegen seiner geringen Höhe von knapp 2000 m (Narodnaja, 1895 m) keine wirkliche Barriere dar. Östlich des Ural erstreckt sich das sehr flache Westsibirische Tiefland, das bis zum Fluss Jenissej reicht und von weiträumigen Sumpflandschaften durchzogen ist. Südöstlich wird das Westsibirische Tiefland durch das Mittelsibirische Bergland abgeschlossen, das sich bis zum Fluss Lena erstreckt und im Norden zum schmalen Nordsibirischen Tiefland abfällt. Zum Mittelsibirischen Bergland gehören die Gebirge Sajan (Munku Sardyk, 3491 m) und das höchste Gebirge Sibiriens, der Altai (Belucha, 4506 m), im russisch-kasachisch-chinesisch-mongolischen Grenzgebiet. Östlich der Lena erhebt sich das Ostsibirische Bergland, das sich in verschiedene Gebirgsketten, wie das Werchojansker Gebirge (2389 m in ) und Tscherskigebirge (Pobeda, 3003 m), verzweigt und Höhen bis gut 3000 m erreicht. Die Halbinsel Kamtschatka ist durch ihre 160 Vulkane mit Höhen bis zu 4688 m geprägt, von denen 29 noch aktiv sind.
Weitere Gebirge in Russland sind: Baikalgebirge, Chibinen, Kaukasus, Kolymagebirge, Putorana-Gebirge, Stanowoigebirge, Stanowoihochland, Tannu-ola-Gebirge. Der höchste Berg in Russland ist der Elbrus (5642 m) im Kaukasus. Neben weiteren 5000ern im Kaukasus sind der Kasbek mit 5047 m und die Kljutschewskaja Sopka mit 4750 m bekannte Gipfel.
Russland besitzt ein ausgeprägtes Naturschutzsystem mit einer langen Tradition. Zu den klassischen russischen Schutzgebietskategorien wie den streng geschützten Sapowedniki oder den Sakasniki kamen seit den 1980er-Jahren die nach internationalen Kriterien errichteten Nationalparks und andere internationale Schutzgebietsklassen hinzu. Russland besitzt flächenmäßig eines der größten Schutzgebietssysteme der Welt:
- Sapowedniki (streng geschützte Gebiete): Ist die wichtigste nationale Schutzgebietskategorie in Russland, die international zur höchstmöglichen Schutzgebietskategorie gehört. In ihnen darf keinerlei Nutzung und keine menschliche Beeinflussung der natürlichen Prozesse erfolgen. Daher ist das Betreten der Kernzone eines Sapowedniks durch Besucher verboten, wobei es für Wissenschaftler in beschränktem Umfang Ausnahmegenehmigungen gibt. Derzeit gibt es 100 von diesen Totalreservaten in Russland, die in ihrer Fläche von 2,31 bis 4169 km² reichen und insgesamt 27.000 km² umfassen.
- (Wildschutzgebiete): Hierbei handelt es sich um Gebiete die bis zu 6000 km² Fläche umfassen, in denen Beschränkungen für die wirtschaftliche Nutzung gelten. Sie dienen als Landschaftsreservate dem Schutz und der Regeneration natürlicher Ökosysteme, dem Schutz von seltenen Tier- und Pflanzenarten, von Fossilienfundstellen oder auch dem Schutz hydrologisch, bzw. geologisch bedeutender Stätten. Insgesamt gibt es etwa 3000 Sakasniki in Russland mit einer Gesamtfläche von etwa 78.000 km².
- Nationalparks in Russland: Erst seit Anfang der 1980er-Jahre gibt es in Russland auch die in anderen Ländern schon länger bekannte Schutzgebietskategorie der Nationalparks. Diese besitzen einen geringeren Schutzstatus als die Sapowedniki und dienen neben dem Schutz von Natur- und Kulturschätzen auch der Forschung und Bildung sowie dem kontrollierten Tourismus. Derzeit gibt es 35 Nationalparks in Russland, die in ihrer Fläche von 7 km² bis 18.900 km² reichen und zusammen 90.000 km² des Staatsgebietes umfassen.
- Naturparks: Sie sind eine relativ neue Schutzkategorie und dienen neben dem Naturschutz auch der Erholung.
- Naturerbe: 1972 wurde die Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt verabschiedet, der Russland 1988 beigetreten ist. Als Naturerbe gelten einzigartige physikalische, biologische und geologische Formationen oder Gebiete, deren Erhaltung für die Wissenschaft oder wegen ihrer natürlichen Schönheit von außergewöhnlichem Wert sind, sowie Lebensräume bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Bisher wurden folgende Gebiete von der UNESCO als Naturerbe aufgenommen:
- 1995 – Urwälder von Komi
- 1996 – Baikalsee
- 1996 – Vulkanregion von Kamtschatka mit Naturpark
- 1998 – Altai-Gebirge
- 1999 – Westlicher Kaukasus
- 2001 – Naturschutzgebiet Zentral-Sichote-Alin
- 2003 – Uws-Nuur-Becken
- 2004 – Naturreservat Wrangelinsel
- 2010 – Putorana-Gebirge
- Korjakskaja Sopka auf der Halbinsel Kamtschatka
- Westsibirisches Tiefland
- Urwälder von Komi
Klima- und Vegetationszonen
Die Jahresdurchschnittstemperatur für Russland wird mit −5,5 °C angegeben. Große Teile des Landes sind vom Kontinentalklima mit heißen Sommern und sehr kalten Wintern geprägt. Je weiter man in Richtung Osten des Landes reist, desto deutlicher spürt man die prägenden Temperaturen zu den verschiedenen Jahreszeiten, das heißt, der Sommer ist extrem heiß und die Temperaturen in den Wintermonaten mitunter eisig kalt. Kaum ein anderes Land bietet solche Temperaturunterschiede wie Russland. Die südliche Hälfte des Fernen Ostens hat ein vom Monsun beeinflusstes Klima. Die durchschnittlichen Januartemperaturen liegen mit Ausnahme der Schwarzmeerküste überall unter dem Gefrierpunkt. In Ostsibirien sinken sie auf −35 bis −60 °C ab, sind aufgrund der meist sehr niedrigen Luftfeuchtigkeit jedoch leichter auszuhalten. Die Sommertemperaturen sind sehr unterschiedlich. Die Durchschnittstemperaturen im hohen Norden liegen bei +1 bis +2 °C, in den Halbsteppen und Steppengebieten des Südens hingegen bei +24 bis +25 °C.
Die Klima-, Vegetations- und Ökozonen verlaufen in Russland weitgehend breitenkreisparallel, so dass eine Nord-Süd-Abfolge entsteht:
Im Nördlichen Eismeer herrscht die lebensfeindliche Kältewüste. Dies betrifft unter anderen den nördlichen Teil der Taimyrhalbinsel und weitere dort befindliche Inseln. Es herrscht ein ausgeprägtes Eisklima, in dem es kaum Pflanzen gibt. In dieser Zone gibt es nur wenige ständige Siedlungen. Die Durchschnittstemperaturen steigen nur für drei Monate knapp über den Gefrierpunkt und in den kältesten Monaten Januar und Februar erreichen sie bis −30 °C. Die jährlichen Niederschlagsmengen in Form von Schnee steigen selten über 250 Millimeter.
Beginnend vom nördlichsten Eurasischen Festland schließt sich ein baumloser und durch Permafrost gekennzeichneter Landschaftsgürtel an, der eine Nord-Süd-Ausdehnung zwischen 200 und 800 km aufweist und sich etwa bis zum Polarkreis, im Mittelsibirischen Bergland bis 70° nördlicher Breite erstreckt. Die Küstenlandschaft im Norden ist mit Ausnahme der Bucht um das Weiße Meer von der Tundra geprägt. Die Sommer sind dort zu kurz und zu kühl, als dass sich Wald ausbilden könnte. Die Durchschnittstemperaturen liegen nur vier bis fünf Monate im Jahr über dem Gefrierpunkt, wobei die wärmsten Monate in den Randgebieten ein Mittel über 10 °C aufweisen. Daher taut auch der Boden nur an der Oberfläche auf, sodass sich die reichlichen Niederschläge auf dem gefrorenen Unterboden stauen und die Tundra im Sommer in ein Meer von Sümpfen und Mooren mit einer Vegetation aus Flechten, Gräsern und Zwergsträuchern verwandeln. Landwirtschaft ist nicht möglich, nur die indigenen Rentiernomaden finden dort ihr Auskommen. Daher gibt es nur wenige menschliche Siedlungen. Weiter südwärts der Kältesteppe beginnen Fichten zunächst einzeln zu wachsen, um dann zusammen mit Moor-Birken und Espen von Sümpfen durchsetzte Waldtundra zu bilden. An ihrer Südgrenze geht die Waldtundra dann fließend in die Waldzone über.
Diese 1000 bis 2000 km breite Zone verläuft nördlich entlang der Linie St. Petersburg–Ufa–Irkutsk–Sachalin und bildet die boreale Zone bzw. die Taiga. Die Waldzone durchzieht ganz Nordeurasien. Wegen dieser gewaltigen Ausdehnung gliedert sie sich in mehrere breitenparallele Unterzonen: In den der Fläche nach bei weitem dominierenden Nadelwaldgürtel (eigentliche Taiga) im Norden, in Mittelsibirien weiter in die Sub-Taiga als Übergangszone zur Steppe sowie in einen Mischwaldgürtel, der sich jedoch lediglich im europäischen Russland südlich anschließt. Die Taiga ihrerseits bildet drei breitenparallel hintereinander geschaltete Unterzonen:
- Westlich des Urals besteht die nördliche Taiga aus niedrigen Fichtenwäldern mit vereinzelten Birken. Nur in Karelien herrscht die Kiefer vor.
- Die mittlere Taiga bildet dunkle Fichtenwälder mit Einschlüssen von Birken, nach Süden hin zunehmend auch Kiefern sowie ersten Vorboten von Laubhölzern wie der Winterlinde. Geringe Fruchtbarkeit des Bodens und Artenarmut der Vegetation macht diese Landschaft für eine Landwirtschaft ungeeignet.
- Die südliche Taiga zeichnet sich durch einen hohen Anteil von Laubhölzern am Unterwuchs aus, bedingt durch ergiebigere Böden. Die Taiga Sibiriens ist durch lichte Wälder, bestehend aus Sibirischen Lärchen, Fichten und Zirbelkiefern gekennzeichnet.
Die Waldzone ist durch kontinentales Klima mit einem starken Temperaturgefälle zwischen heißen Sommern und kalten Wintern geprägt. Die mittlere Jahrestemperatur nimmt von Westen nach Osten deutlich ab. In Pskow beträgt sie noch 5,1 °C, sinkt aber bis zum Ural auf 2,3 °C ab und erreicht im westsibirischen Tomsk nur noch 0,1 °C. Im ostsibirischen Jakutsk liegt sie dann bei −10 °C. Die niedrigen Jahresmittel sind auf den langen und sehr kalten Winter in Sibirien zurückzuführen. Dagegen entsprechen die durchschnittlichen Sommertemperaturen dem mitteleuropäischen Mittel.
In den von kühlgemäßigten Klimaten beherrschten Gebieten, die sich der Taiga südlich anschließen, wächst sommergrüner Laub- und Mischwald. Diese Zone verläuft innerhalb Europas im Dreieck St. Petersburg–Odessa–Ufa, in Westsibirien in einem Streifen von Tscheljabinsk bis Krasnojarsk sowie im Amur-Gebiet. Die Mischwaldzone verläuft damit in einem nach Osten hin sich verjüngenden Dreieck von den mittleren Karpaten und von der baltischen Küste bis an den Südural. Die Vegetation besteht primär aus Fichten, Kiefern und Eichen, ehe sie weiter südwärts in reinen Laubwald übergeht. Leithölzer bilden dort die Eiche sowie in der Westukraine Buche und Hainbuche. Kiefern wachsen, wie auch im Mischwaldbereich, vor allem in sandigen Senken wie im Pripjetbecken. Östlich des Urals gibt es aus klimatischen Gründen keinen Mischwald. Stattdessen leiten in Westsibirien Birkenhaine unmittelbar von der Taiga in die Waldsteppe über. Der Mischwald tritt dann wieder im Fernen Osten auf. Die Mischwaldzone bietet für die Landwirtschaft im Allgemeinen akzeptable, die Laubwaldzone gute Existenzbedingungen.
Weiter südlich folgt ein Steppengürtel, der am Unterlauf von Don und Wolga, Nordkaukasus, Kaspische Senke und Tuwa verläuft. Der Steppengürtel untergliedert sich im Norden in die Waldsteppe und im Süden in die eigentliche Steppe. Der Wald löst sich von Norden nach Süden in Inseln auf und verschwindet schließlich fast ganz. Das hängt mit dem nach Südosten abnehmenden Niederschlag bei gleichzeitig wachsender Verdunstungsintensität zusammen. Außer in Flusstälern (als Auwald) oder in Senken mit günstigen Grundwasserverhältnissen reicht das im Lössboden gespeicherte Wasser nicht aus, um den Flüssigkeitsbedarf von Laubhölzern zu decken. Daher bilden in der Waldsteppe Wiesen-, in der eigentlichen Steppe Federgrasformationen die Pflanzendecke. Der Steppengürtel ist aufgrund der fruchtbaren Schwarzerdeschicht ideal für den Getreideanbau.
An der Schwarzmeerküste zwischen Noworossijsk und Sotschi folgt eine Hartlaubwaldzone. An der Schwarzmeerküste herrschen im Durchschnitt um die 20 Grad Celsius. Dieser subtropische Teil Russlands ist geprägt von dichten Wäldern.
Russland beherbergt nach Kanada die größten noch verbliebenen nordischen Wildnisregionen. Nach Global Forest Watch sind rund 26 % der Wälder noch intakte Urwälder. Sie liegen zum allergrößten Teil in Sibirien. Im europäischen Teil haben noch 9 % der Wälder diesen Status.
- Taiga bei Krasnojarsk
- Iwan Schischkins Gemälde Der Roggen zeigt die Waldsteppe in der zentralen Schwarzerde-Region
- Blick auf Sotschi am Schwarzen Meer in der subtropischen Hartlaubwaldzone
Fauna
Das polare Klima an der Nordküste Russlands ist Lebensraum für Polarbären, Robben, Walrosse und Seevögel. In der sich südwärts anschließenden Tundra leben Polarfüchse, Eulen, Schneehasen und Lemminge. Im Sommer wandern große Herden von Rentieren und Wölfen in die Tundra ein. Diese Tiere sind an die lebensunfreundlichen Umstände dieser Zone perfekt angepasst. In den Wäldern von Russland nimmt die Artenvielfalt in der Tierwelt zu. So leben in der Taiga und den borealen Nadelwäldern Russlands Elche, Rentiere, Wölfe, Bären, Zobel, Eichhörnchen, Füchse und der Vielfraß. Weiter südlich haben sich Wildschweine, Nerze und Hirsche ausgebreitet. Vereinzelt gibt es auch Sibirische Tiger. Die Steppenzone Russlands ist der Lebensraum für Hamster, Ziesel sowie für den Iltis und den Steppenfuchs.
- Junger Amurtiger im Schnee: Der Wildbestand beläuft sich heute auf weniger als 500 Tiere.
- Steppenfuchs
- Zobel
- Gelbziesel
Bevölkerung
Bevölkerungsdichte
Die Bevölkerung ist innerhalb Russlands sehr ungleichmäßig verteilt. 85 % der Bevölkerung (etwa 123 Millionen Menschen) leben im europäischen Teil (23 % der Gesamtfläche) und 15 % (etwa 22 Millionen Menschen) im flächenmäßig weit größeren asiatischen Teil (77 % der Gesamtfläche). Die Bevölkerungsdichte variiert von 362 Einwohner/km² in der Hauptstadt und ihrer Umgebung (Gebiet Moskau) und unter 1 Einwohner/km² im Nordosten und im russischen Fernen Osten. Im Schnitt beträgt sie 8,3 Einwohner/km². Da in vielen Fällen ein beträchtlicher Bevölkerungsanteil im jeweiligen Gebietshauptort lebt, liegt die Bevölkerungsdichte im ländlichen Raum auch in den relativ dicht besiedelten zentralrussischen Verwaltungsgebieten selten höher als 40 bis 50 Einwohner/km².
Demografische Entwicklung
Russlands Bevölkerungszahl sank von 147,0 Millionen bei der Volkszählung im Januar 1989 bis 2007 auf 142,2 Mio. Danach verlangsamte sich der Bevölkerungsrückgang, so dass die Einwohnerzahl 2010 bei 141,9 Mio. lag. Durch die Ergebnisse der Volkszählung 2010 wurde die Bevölkerungszahl korrigiert. Die Fertilitätsrate sank zwischen 1988 und 1999 von zwei auf 1,16 Geburten pro Frau. Gleichzeitig verdoppelte sich bei den Männern die Sterblichkeitsrate von 9,4 (1970) auf 18,7 pro 1.000 Einwohner (2005). Die Durchschnittslebenserwartung der Männer sank von 63,9 Jahren 1986 auf 57,5 Jahre (1994). Bis 2004 stieg sie auf 58,9 Jahre an; 2011 lag sie bei 64,3 Jahren, 2014 bei 70,36 Jahren. Die höhere männliche Sterberate führt zu einem Frauenüberschuss. 2010 gab es in Russland 10,7 Millionen mehr Frauen als Männer. Hauptursache: Ungesunde Lebensweise durch Alkohol, Rauchen sowie Verkehrsunfälle, Suizid und Mord. Als häufigste Todesursache gelten mit 56,7 % diverse Herzkrankheiten, sehr häufig sind auch Krebserkrankungen. Die Zahlen von Todesfällen infolge Drogenkonsums, Tuberkulose und HIV sind seit dem Ende der Sowjetunion merklich gestiegen. 2015 war von einer jährlichen Zunahme von 10 % bei den HIV-Ansteckungen die Rede, vor allem durch Drogenkonsum. Der Leiter der Föderalen Zentrale für die Prävention und Kontrolle von AIDS, Wadim Pokrowski, sprach Mitte 2015 von fünfzehn Regionen Russlands mit einer generalisierten Epidemie mit mehr als 1 % angesteckter Bevölkerung, ähnlich wie in Südafrika. Laut Angaben zu Beginn der Welt-Aids-Konferenz 2018 nahmen die Neuinfektionen in Osteuropa und Zentralasien als einziger Weltregion zwischen 2010 und 2016 zu, zu 80 % betreffe dies Russland, wo die Anzahl der Neuinfektionen 2017 laut UNAIDS doppelt so hoch lag wie 2005. Im Jahr 2019 zählte die Verbraucherschutzbehörde knapp über eine Million Infizierte und zirka 80 tägliche Neuansteckungen, so Wadim Pokrowski.
Die russische Regierung hat mehrere nationale Programme eingeleitet, die helfen sollen, die Geburtenrate zu steigern. Seit 2007 erhielten Eltern ab ihrem zweiten neugeborenen Kind eine einmalige staatliche Beihilfe (Mutterschaftskapital) in Höhe von fast 10.000 Euro (2012). So hatten sich die Geburtenzahlen in Russland von 1,48 Mio. (2006) auf 1,9 Mio. (2012) erhöht. 2018 erhielten Familien vergünstigte Hypotheken und Zuschüsse teils schon ab dem ersten Kind; für 3 Jahre wurden 9 Milliarden Dollar budgetiert. Im Februar 2019 erklärte Präsident Wladimir Putin, sich nicht mit der sinkenden Geburtenrate abzufinden, und kündigte weitere Erleichterungen für Familien mit Kindern an.
Russland hat eine der höchsten Abtreibungsraten in Europa, Pjotr Tolstoi, der stellvertretende Vorsitzende der Duma nannte eine Zahl von fast 1,5 Millionen Abtreibungen pro Jahr, bei laut Statistik nur noch 1,3 Millionen Geburten 2022. Das Gesundheitsministerium nennt hingegen die Zahl von 400.000 Abtreibungen, bei sinkender Tendenz. Das liberale Abtreibungsrecht soll nach Vorstellungen aus Kirche und Politik drastisch verschärft werden.
Der Anteil der Stadtbevölkerung blieb konstant bei 73 %.
Zur Auswanderung neigten besonders höher Gebildete, teilweise wegen der herrschenden Rechtsunsicherheit. Auch infolge der demografiepolitischen Anstrengungen der Regierung verlangsamte sich dieser Trend zeitweise. Nach der Annexion der Krim durch die Russische Föderation 2014 verließen während des folgenden Wirtschaftseinbruchs wieder deutlich mehr Hochqualifizierte das Land. Im Frühjahr 2018 beklagte der Chef der Russischen Akademie der Wissenschaften eine Zahl von 44.000 Auswanderern, welche der russischen Forschung fehlten.
Von 2003 bis 2006 war Russland das zweitgrößte Einwanderungsland der Welt. 2017 waren 8,1 % der Bevölkerung Migranten. Herkunftsregionen sind hierbei vor allem die ärmeren, südlichen ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens und des Kaukasus, aber in zunehmender Zahl auch Afrika und Südostasien. Die Mehrheit der Einwanderer stellen bisher jedoch die Nachkommen von Russen, die im Kaiserreich und der Sowjetzeit in anderen Teilrepubliken angesiedelt wurden und meist mit ihren Familien gemeinsam nach Russland zurückkehrten. Der Zustrom dämpfte sich nach der Annexion der Krim durch die Wirtschaftsflaute, aber auch durch Protektionismus und Nationalismus – im ersten Halbjahr 2017 glich die Immigration die Sterblichkeit nicht mehr aus. Die Regierung spricht bewusst die etwa 30 Millionen Russen außerhalb des Territoriums der russischen Föderation an und fordert sie zur Rückkehr auf. Präsident Putin legte 2006 ein Rückkehrprogramm auf und bis 2018 remigrierten etwa 800.000 Personen. Covid-19 führte zu einem starken Rückgang der Zahlen, die 2021 wieder leicht stiegen. Im Jahr 2024 wurden außerdem die Sprachanforderungen für Rückkehrer gesenkt. Die russische Propaganda überzeichnete den Zustrom von Rückkehrern, als dieser sich in Wahrheit zwischen 2021 und 2023 halbierte.
Innerhalb der russländischen Gesamtbevölkerung haben v. a. moslemische Völker wie Tschetschenen und Inguschen hohe Geburtenraten, andere moslemische Gruppen wie Tscherkessen, Tataren oder Baschkiren aber nicht. Es wird erwartet, dass im Jahre 2050 ein Drittel bis die Hälfte der Bevölkerung aus Moslems bestehen wird.
Die Bevölkerung Russlands wird ähnlich wie in anderen Ländern Europas in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich weiter abnehmen, die ILO erwartet bis 2050 einen Rückgang auf 130 Millionen Einwohner. Unter Annahme einer Nettozuwanderung von jährlich 300.000 Personen wäre der Rückgang nur schwach ausgeprägt. Bis 2012 stabilisierte sich die Lage etwas, die Einwohnerzahl stieg leicht an und lag bei etwa 143,5 Millionen. Für die Zeit ab 2015 war aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge der 1990er-Jahre eine Verschlechterung der demografischen Situation erwartet worden. Dieses leichte Bevölkerungswachstum schwenkte im weiteren Verlauf der 2010er-Jahre wieder zu einer negativen demografischen Entwicklung um. 2020 umfasste der Rückgang der russischen Bevölkerung laut Rosstat erstmals seit 2005 wieder mehr als 500.000 Menschen in einem Jahr. 2021 rechneten die russischen Behörden mit einem Bevölkerungsrückgang von 1,2 Millionen Menschen bis 2024.
Jahr | Lebendgeburten | Todesfälle | Differenz |
---|---|---|---|
1999 | 1.214.689 | 2.144.316 | −929.627 |
2000 | 1.266.800 | 2.225.332 | −958.532 |
2001 | 1.311.604 | 2.254.856 | −943.252 |
2002 | 1.396.967 | 2.332.272 | −935.305 |
2003 | 1.477.301 | 2.365.826 | −888.525 |
2004 | 1.502.477 | 2.295.402 | −792.925 |
2005 | 1.457.376 | 2.303.935 | −846.579 |
2006 | 1.479.637 | 2.166.703 | −687.066 |
2007 | 1.610.122 | 2.080.445 | −470.323 |
2008 | 1.713.947 | 2.075.954 | −362.007 |
2009 | 1.761.687 | 2.010.543 | −248.856 |
2010 | 1.788.948 | 2.028.516 | −239.568 |
2011 | 1.796.629 | 1.925.720 | −129.091 |
2012 | 1.902.084 | 1.906.335 | −4.251 |
2013 | 1.895.800 | 1.871.809 | +24.000 |
2014 | 1.942.683 | 1.912.347 | +30.336 |
2015 | 1.940.579 | 1.908.541 | +32.038 |
2016 | 1.888.729 | 1.891.015 | −2.286 |
2017 | 1.690.307 | 1.826.125 | −135.800 |
2018 | 1.604.344 | 1.828.910 | −224.566 |
2019 | 1.481.074 | 1.798.307 | −317.233 |
2020 | 1.436.541 | 2.138.586 | −702.045 |
Quelle: Rosstat |
Die Invasion der Ukraine verschlechterte die Situation weiter: Nach Kriegsbeginn schrumpfte die Bevölkerung um mindestens 524.000 Personen, zwischen „Januar und April 2023 wurden 3,1 % weniger Kinder geboren als im Vorjahreszeitraum, was einen Negativrekord darstellt.“ Die Zahl zuwandernder Auslandsrussen sank mit 45.100 Rückkehrern auf die niedrigste Zahl in einem Jahrzehnt.
Städte
Schon ab 800 war die Kiewer Rus von vielen städteähnlichen Siedlungen gekennzeichnet, weshalb die skandinavischen Waräger das Gebiet Gardarike („Reich der Städte“) nannten. Zu den ältesten erhaltenen Städten in diesem Bereich zählen Nowgorod, Smolensk, Pskow, Rostow, Murom und Beloosero, die alle noch im ersten Jahrtausend nach Christus gegründet wurden. Im 11. und 12. Jahrhundert wurden weitere Städte im Zentrum Russlands von slawischen Siedlern gegründet. In dieser Zeit entstanden Moskau, Jaroslawl, Twer, Wladimir, Wologda, Kirow, Tula, Kursk, Kostroma, Rjasan und etwas später Nischni Nowgorod. Aufgrund der Landesgröße war eine Vielzahl großer Städte als Stützpunkte notwendig. Mit der Eroberung Kasans und Astrachans zur Mitte des 16. Jahrhunderts gründeten russische Kolonisten weitere Städte im Osten, Südosten und Süden. Zahlreiche Städte wurden zunächst als Grenzfestungen gegründet. Im Süden waren dies Stützpunkte der Verhaulinie gegen die Krimtataren, wie Orjol (1566) und das heutige Woronesch (1586). Weiter östlich, an der Wolga entstanden in dieser Zeit weitere Städte wie Samara (1586), Zarizyn (1589) und Saratow (1590). In Sibirien entstanden nach dessen Eroberung zahlreiche Kosakenforts, sogenannte Ostrogs. Aus ihnen wuchsen später Städte wie Tobolsk, Irkutsk, Bratsk, Tomsk und Jakutsk heran. Städte im Ural- und Altai-Gebirge wie Perm (1723), Jekaterinburg (1723) oder Barnaul (1730) entstanden in der Epoche Peters des Großen im Zusammenhang mit den dort vorhandenen Erzen und kostbaren Mineralen. Mit dem Niedergang der Krimtataren und dem weiteren Vorstoßen Russlands in den Kaukasus entstanden im 18. Jahrhundert neue Festungen und Städte. 1784 wurden Stawropol und Wladikawkas gegründet, 1793 Krasnodar, 1805 Nowotscherkassk, 1818 Grosny, 1844 Port Petrowsk.
Trotz der Gründungen behielten große Teilräume ihren ländlichen Charakter. Der Bauer gehörte einem Mir (Bauerngemeinde) an. Städte stellten außerhalb der Agglomerationen isolierte Erscheinungen dar und bildeten ein nur weitmaschiges Netz. Bis 1712 fungierte Moskau als Hauptstadt und wurde dann nach dem Willen Peters I. vom 1703 neugegründeten Sankt Petersburg abgelöst, um 1918 wieder offiziell den Status der Hauptstadt anzunehmen. Im 19. Jahrhundert war sogar häufig von den beiden Hauptstädten die Rede. Die Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts brachte in allen Landesteilen einen bedeutenden Impuls für die nachfolgende Urbanisierung. Sie führte zur Entstehung zahlreicher neuer Städte und zum raschen Wachstum alter Städte. Viele russische Städte entstanden als Folge einer administrativen Umstrukturierung mehrerer benachbarter Dorfsiedlungen zu einer Stadtsiedlung. Neugründungen von Städten und Stadterhebungen sind bis heute ein Charakteristikum der russischen Urbanisierung.
Mehr als die Hälfte aller russischen Städte sind erst in den letzten 90 Jahren, besonders in den 1960er-Jahren gegründet worden. Deshalb gibt es unter den 160 russischen Großstädten, in denen die Hälfte der russischen Bevölkerung lebt, viele neue Städte (etwa ein Viertel). Die russischen Großstädte sind in erster Linie Industrie- und Verwaltungszentren, besitzen aber auch andere hochrangige Funktionen. Beispiele neuer Großstädte sind Magnitogorsk, Nowokusnezk oder Bratsk, zu den gewachsenen zählen unter anderem Samara und Tambow.
Zu Zeiten der Sowjetunion wurde die städtische Entwicklung zentral geplant und gesteuert. Es herrschte der Typus der Sozialistischen Stadt vor. Dazu zählt beispielsweise die Herausbildung neuer Stadttypen, etwa der Hauptstädte kleiner nationaler Republiken (u. a. Tscheboksary, Naltschik) oder der Wissenschaftsstädte (z. B. Dubna). Die in der Sowjetzeit betriebene massive Verstädterungspolitik führte dazu, dass heute 73 % der Bevölkerung in städtischen Siedlungen leben. Aus den politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen im Russland der 1990er-Jahre gingen die Städte als eigenständige und selbstverantwortliche kommunale Einheiten hervor. Dazu erhielten sie lokale und regionale Steuerungsinstanzen. Mit den neuen Staatsgrenzen brachen aber auch stark arbeitsteilig organisierte, spezialisierte Produktions- und Distributionsabläufe zusammen. Viele Städte waren plötzlich von den bisherigen Netzwerken abgeschnitten. Ehemals zentral gelegene Städte stellten plötzlich Grenzstädte dar und waren geopolitisch peripher gelegen. Dadurch veränderten sich grundlegend die funktionale Struktur und die wirtschaftliche Entwicklungsbasis der russischen Städte und führte zu Verschiebungen im Städtesystem Russlands, mit Auf- und Absteigern. Zu den Gewinnern der Transformation gehören bisher vor allem die Metropolen, allen voran Moskau. Weil Kapital zur Gewinnung und zum Transport von Rohstoffen unter extremen Bedingungen fehlte, gerieten viele Bergbaustädte des Nordens in eine Überlebenskrise.
Die zehn größten Städte Russlands (ehemalige Namen aus sowjetischer Zeit in Klammern):
- Moskau – Zentralrussland (12,23 Mio. Einwohner)
- Sankt Petersburg (Leningrad) – Nordwestrussland (5,28 Mio. Einwohner)
- Nowosibirsk – Sibirien (1,60 Mio. Einwohner)
- Jekaterinburg (Swerdlowsk) – Ural (1,46 Mio. Einwohner)
- Nischni Nowgorod (Gorki) – Wolga (1,26 Mio. Einwohner)
- Kasan – Wolga (1,23 Mio. Einwohner)
- Tscheljabinsk – Ural (1,20 Mio. Einwohner)
- Omsk – Sibirien (1,18 Mio. Einwohner)
- Samara (Kuibyschew) – Wolga (1,17 Mio. Einwohner)
- Rostow am Don – Südrussland (1,13 Mio. Einwohner)
- Das Zentrum von Sankt Petersburg
- Die Innenstadt von Jekaterinburg
- Stadtzentrum und das „Goldene Horn“ (Solotoi Rog), die Hafenbucht von Wladiwostok an der Pazifikküste
- Russische Kinder in Nordrussland, 1909
Völker
Streng genommen würde Rossijskaja Federazija wörtlich übersetzt „Russländische Föderation“ (von Rossija „Russland“) und nicht „Russische Föderation“ heißen. Man hat bewusst nicht Russkaja Federazija („Russische Föderation“) als Staatsbezeichnung gewählt, um auch die nichtrussischen Nationalitäten mit einzubeziehen. Ist von dem russischen Volk oder der russischsprachigen Kultur die Rede, spricht man daher im Russischen von russkij (russisch), für den russischen Staat hingegen verwendet man das Adjektiv rossijskij (russländisch). Trotzdem wird im Deutschen in beiden Fällen zumeist das Adjektiv „russisch“ verwendet. Der Gebrauch des Wortes „russländisch“ beschränkt sich weitgehend auf Fachpublikationen. Auch die amtliche Übersetzung der Verfassung Russlands verwendet diese Variante.
Die Russische Föderation begreift sich auch heute noch als Vielvölkerstaat. Die größte Gruppe sind die Russen, die mit 79,8 % die Mehrheit der Bevölkerung stellen, doch leben nahezu 100 weitere Völker auf dem Gebiet des Landes. Trotz der Heterogenität ist die russische Bevölkerung in allen städtischen und industriell geprägten Räumen landesweit dominant und die Titularnationen bilden auch in ihren „eigenen“ Territorien häufig die Minderheit. So zählen nur 23 Völker bzw. Titularnationen mehr als 400.000 Personen. Der Grad der ethnischen Identifikation variiert.
Größere Minderheiten sind die Tataren (4,0 %), die Ukrainer (2,2 %), die Armenier (1,9 %), die Tschuwaschen (1,5 %), die Baschkiren (1,4 %), die Deutschen (0,8 %) und andere. Zu den kleineren Minderheiten zählen beispielsweise die Mescheten und verschiedene Minderheiten jüdischen Glaubens. Die nichtrussischen Minderheiten sprechen überwiegend Sprachen aus dem Kreis der Turksprachen, kaukasische Sprachen, uralische Sprachen (samojedische Sprachen), altaische oder paläosibirische Sprachen. Für verschiedene nichtrussische Völker wurden Republiken mit nomineller Autonomie errichtet. Während manche Minderheiten, wie etwa Armenier, Koreaner und Deutsche, auf die verschiedensten Regionen Russlands verteilt sind, gibt es auch im europäischen Russland mehrere indigene Völker. Groß ist die Zahl der Nationalitäten im Kaukasusgebiet, das erst im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts zu Russland kam.
Name | Nationalität 1 | Sprache | Sprachfamilie | Religion | Bevölkerungsanteil in der eigenen Republik | Historischer Bezug | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Russ. Föderation | Föderationskreis | Eigene Republik | ||||||
Wolga-Tataren | 5,6 Mio. | 4 Mio. (Wolga) | 2 Mio. | Tatarisch | Turksprache | Islam | Tatarstan (52,9 %) | Nachfahren der Kiptschaken, Wolgabulgaren, Tataren und Mongolen |
Baschkiren | 1,7 Mio. | 1,4 Mio. (Wolga) | 1,2 Mio. | Baschkirisch | Turksprache | Islam | Baschkortostan (30 %, zusammen mit Tataren 54 %) | eng verwandt mit Wolgabulgaren |
Tschuwaschen | 1,6 Mio. | 1,4 Mio. (Wolga) | 890.000 | Tschuwaschisch | Turksprache | Russisch-Orthodox | Tschuwaschien (67,7 %) | Nachkommen der Wolgabulgaren und anderer Gruppen |
Tschetschenen | 1,4 Mio. | 1,3 Mio. (Süd) | 1,0 Mio. | Tschetschenisch | nordostkaukasisch | Islam | Tschetschenien (93 %) | |
Mordwinen | 977.000 | 788.000 (Wolga) | 410.000 | Mordwinisch | finnougrisch | Russisch-Orthodox | Mordwinien (36,2 %) | |
Awaren | 814.000 | 785.000 (Süd) | 758.000 | Awarisch | nordostkaukasisch | Islam | Dagestan (29,44 %) | |
Osseten | 515.000 | 477.000 (Süd) | 446.000 | Ossetisch | iranisch | Russisch-Orthodox, Islam | Nordossetien-Alanien (62,70 %) | Alanen; dazu etwa 70.000 in Südossetien außerhalb Russlands |
Tscherkessen, 700.000 einschl. Kabardinern und Adyge | (61.000) | 58.000 (Süd) | 50.000 | Kabardinisch | nordwestkaukasisch | Islam | Karatschai-Tscherkessien (11 %, zusammen mit Karatschaiern 50 %) | 1864 zur Mehrheit ins Osmanische Reich vertrieben, heute 1,5 Mio. in der Türkei |
(512.000) | 512.000 (Süd) | 499.000 | Kabardinisch | Islam | Kabardino-Balkarien (48 bis 55 %, zusammen mit Balkaren 67 %) | |||
(128.000) | 126.000 (Süd) | 108.000 | Adygeisch | Islam | Adygeja (24 %) | |||
Mari | 604.000 | 512.000 (Wolga) | 312.000 | Mari | finnougrisch | Russisch-Orthodox | Mari El (43 %) | |
Udmurten | 637.000 | 273.000 (Wolga) | 461.000 | Udmurtisch | finnougrisch | Russisch-Orthodox | Udmurtien (37 %) | |
Burjaten | 445.000 | 423.000 (Sibirien) | 273.000 | Burjatisch | mongolisch | Buddhismus | Burjatien (28 %) | |
Jakuten | 443.000 | 441.000 (Sibirien) | 432.000 | Jakutisch | Turksprache | Russisch-Orthodox | Jakutien (46 %) | |
Komi (Syrjänen) | 309.000 | 281.000 (Nordwest) | 269.000 | Komi | finnougrisch | Russisch-Orthodox | Republik Komi (35 %) | |
Komi-Permjaken | 125.000 | 107.000 (Wolga) | 80.000 | Russisch-Orthodox | Kreis der Komi-Permjaken | |||
Darginer | 510.000 | 489.000 (Süd) | 425.526 | Darginisch | nordostkaukasisch | Islam | Dagestan (16,52 %) | |
Inguschen | 413.000 | 392.000 (Süd) | 360.000 | Inguschisch | nordostkaukasisch | Islam | Inguschetien (79 %) | |
Lesgier | 412.698 | 360.000 (Süd) | 337.000 | Lesgisch | nordostkaukasisch | Islam | Dagestan (13,07 %) | dazu etwa 300.000 außerhalb Russlands in Aserbaidschan |
Kumyken | 422.000 | 399.000 (Süd) | 366.000 | Kumykisch | Turksprache | Islam | Dagestan (14,20 %) | |
Kalmücken | 176.000 | 167.000 (Süd) | 156.000 | Kalmückisch | mongolisch | Buddhismus | Kalmückien (53 %) | nahe den Oiraten (Mongolei und China) verwandt |
Anmerkung: 1 Die unter „Nationalität“ genannten Zahlen stehen für die Identifikation, also wie viele Bürger Russlands und seiner autonomen Gliederungen sich bei der Volkszählung von 2002 zu der jeweiligen Nationalität bekannt haben. In der amtlichen Statistik sind bei den Mordwinen und Osseten jeweils zwei, bei den Komi eine Splittergruppe getrennt aufgeführt, die aber mehrheitlich in derselben Teilrepublik wohnen. |
Sprachen
Russisch ist die einzige überall geltende Amtssprache, parallel dazu wird in den einzelnen autonomen Republiken jedoch häufig die jeweilige Volkssprache als zweite Amtssprache verwendet. In einigen Republiken existieren auch drei oder mehr offizielle Sprachen; in Dagestan, wo mehr als 30 einheimische Volksgruppen leben, gibt es 14 offizielle Sprachen.
Die Verwendung der regionalen Sprachen wird im Unterricht, in den Massenmedien und in der Kulturpolitik gefördert. Die Regierungen und Parlamente der Republiken betrachten dies als unabdingbare Voraussetzung, um ein Aussterben von Volksgruppen zu verhindern. Allerdings nimmt die Beherrschung der indigenen Muttersprache unter vielen nicht-russischen Volksgruppen ab.
Russisch wird, ebenso wie fast alle regionalen Amtssprachen in Russland, im kyrillischen Alphabet geschrieben. Es besteht die Richtlinie, dass alle jeweiligen Sprachen kyrillisch zu schreiben sind. Ausnahmen bilden das Jiddische in der Jüdischen Autonomen Oblast, welches dort aber bereits seit Jahrzehnten kaum noch gesprochen wird, sowie das Karelische, Finnische und Wepsische in Karelien, die dort jedoch nur einen untergeordneten offiziellen Status besitzen.
In Tatarstan wurde Tatarisch als einzige Ausnahme von 2001 bis 2004 gegen den Widerstand der in Tatarstan ansässigen russischsprachigen Bevölkerung ausschließlich in lateinischer Schrift geschrieben. Diese Praxis verbot das russische Verfassungsgericht im November 2004 mit der Begründung, dass für die Einigkeit Russlands eine einheitliche Schrift notwendig sei.
Religionen
Nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem damit verbundenen Verschwinden der atheistischen Staatsideologie des Marxismus-Leninismus fand eine Rückbesinnung auf religiöse Werte statt. Die in Russland am weitesten verbreiteten Religionen sind das Christentum – vor allem der russisch-orthodoxe Glaube – sowie der Islam (→ Islam in Russland). Vertreten sind darüber hinaus zahlreiche andere Konfessionen wie der römisch-katholische Glauben, der Protestantismus, das Judentum, der Buddhismus sowie traditionelle Glaubensrichtungen einiger Volksgruppen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung bezeichnet sich als Atheisten oder Konfessionslose.
Orthodoxe | 40–75 % | |||
Religionslose und Atheisten | 25–35 % | |||
Agnostiker | 20–25 % | |||
Muslime | 7–15 % | |||
Andere Christen | 2 % | |||
Buddhisten | 0,7 % | |||
Juden | 0,35 % | |||
Während unmittelbar nach dem Ende der Sowjetunion weitgehende religiöse Liberalität herrschte und ausländischen und finanzkräftigen Religionsgemeinschaften erfolgreiche Missionstätigkeit erleichterte, privilegiert das Religionsgesetz von 1997 die sog. „traditionellen Religionen“ der orthodoxen Kirche, des Islams, des Buddhismus und des Judentums. Seit 2016 bestehen Einschränkungen der Missionstätigkeit, die initial auf den Islam gerichtet waren, aber auch Freikirchen und neue religiöse Bewegungen betreffen. 2012 waren bereits Regelungen zum Schutz religiöser Gefühle geschaffen worden, die in der Praxis im Sinne der Russisch-Orthodoxen Kirche angewandt werden. Was die Zugehörigkeit zu einzelnen Religionsgruppen angeht, gibt es keine zuverlässigen Zahlen, da die Mitglieder von Kirchen und Gemeinden in Russland nicht registriert werden und keine Kirchensteuer erhoben wird. Umfragen weichen oft erheblich voneinander ab. So hat die Stiftung für öffentliche Meinung (FOM) 2012 nur noch 41 Prozent Orthodoxe festgestellt, gegenüber 13 Prozent Atheisten und nur 6,5 Prozent Muslimen. Weitere 25 Prozent aber bezeichneten sich als Agnostiker bzw. gaben an, an eine höhere gottähnliche Macht zu glauben. Das Gesamtrussische Zentrum für Meinungsforschung (VCIOM) ging hingegen 2010 von 75 Prozent Orthodoxen und nur 8 Prozent Atheisten aus, seine Zahlen werden auch von der Russischen Botschaft in Deutschland zitiert.
Abweichend von den genannten Umfragen wird der Anteil der Orthodoxen meist zwischen 51 und 72 % angegeben, die der anderen Christen mit zusammen kaum 2 %, die der Buddhisten mit knapp 1 % und die der Juden mit etwa 0,35 %. Der Fischer Weltalmanach und der Religious Freedom Report des US-Außenministeriums geben 14 % Muslime an.
Das CIA World Factbook ging 2006 von folgenden groben Schätzungen für praktizierende Gläubige aus, also von solchen, die ihren Glauben aktiv ausüben: 15 bis 20 % Russisch-Orthodoxe, 10 bis 15 % Muslime, 2 % andere christliche Konfessionen.
Der Interreligiöse Rat Russlands (russ. Meschreligiosny sowet Rossii / Межрелигиозный совет России (МСР)) vereint führende Vertreter der vier bedeutendsten Konfessionen des Landes: der Russisch-Orthodoxen Kirche, des Islam, des Judentums und des Buddhismus. Er steht unter Führung des Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche Kyrill und nimmt beratend auf interessierende Gesetzgebungsprozesse und Entscheidungen Einfluss. Der Rat für die Zusammenarbeit mit religiösen Vereinigungen unter dem Präsidenten der Russischen Föderation ist in der russischen Präsidialkanzlei angesiedelt und dient der Koordinierung des Präsidenten mit den Religionen.
2020 wurde in Artikel 67 der russischen Verfassung ein religiöser Bezug eingebaut: Der russische Staat bewahre seine tausendjährige Geschichte und Einheit und das Andenken der Vorfahren, die „uns Ideale und den Glauben an Gott übermittelt haben sowie die Kontinuität in der Entwicklung des russischen Staates“.
Russisch-Orthodoxe Kirche
Der russisch-orthodoxe Glaube reicht bis ins frühe Mittelalter zurück. Die engen Kontakte zu dieser Glaubensrichtung resultierten aus dem hauptsächlich auf Konstantinopel ausgerichteten Handel und den damit engen Kontakten mit Byzanz. Die Fürstin Olga von Kiew (893–924) ließ sich als erste Herrscherin aus der rurikidischen Dynastie taufen, konnte den christlichen Glauben im Reich aber nicht durchsetzen. Nach der Belagerung von Konstantinopel (860) kamen ab 911 verstärkt orthodoxe Missionare ins Land, angeblich sollen bereits Waräger und Russen, die am Angriff von 860 teilgenommen hatten, getauft zurückgekehrt sein. Unter Olgas Enkel, Wladimir dem Heiligen, begann 988/989 die Christianisierung der Rus, wobei die Kiewer Bevölkerung in Massentaufen bekehrt wurde. Nach Wladimirs Tod 1015 wurden die bisher heidnischen Völker noch jahrzehntelang weiter christianisiert. Byzanz betrieb zu dieser Zeit seine Kirchenpolitik im bewussten Gegensatz zu Rom und vermittelte den Ostslawen bei ihrer Bekehrung antirömische Tendenzen. Die Kirche Kiews wurde als Teilkirche des Patriarchates von Konstantinopel zunächst von Exarchen verwaltet, was keine Auswirkungen auf die politische Selbständigkeit der Kiewer Großfürsten hatte. Die Orthodoxe Kirche und ihre Werte bilden bis heute eine tragende gesellschaftliche Säule des russischen Reiches.
Nach der Vernichtung der Kiewer Rus im Mongolensturm und unter der nachfolgenden Goldenen Horde übersiedelte der Kiewer Metropolit im 14. Jahrhundert zunächst nach Wladimir, dann 1328 nach Moskau. Im 15. Jahrhundert löste sich die Russisch-Orthodoxe Kirche endgültig vom griechisch-orthodoxen Patriarchat in Konstantinopel, nachdem sich dieses infolge des politischen Niedergangs von Byzanz zu Zugeständnissen an den Papst bereit erklärt hatte. Die Konzeption von Moskau als Drittem Rom, das als einziges den „wahren christlichen Glauben“ aufrechterhalte, war geboren. 1589 wurde ein eigenes Patriarchat gegründet. Peter I. hob dieses auf und setzte 1721 stattdessen an die Spitze der Kirche den Heiligsten regierenden Synod, der 1918 in Sowjetrussland abgeschafft wurde.
Im Russland vor 1917 durften Anhänger der Russisch-Orthodoxen Kirche nicht zu einer anderen Konfession, auch wenn sie christlich war, übertreten und durften keine „Nichtchristen“ heiraten. Dieser Kirche war es als einziger Religion erlaubt, zu missionieren; Kinder aus „gemischten“ Ehen mit Nicht-Orthodoxen galten als orthodox. Erst mit der Revolution von 1905 wurden die Gesetze gelockert. Nach der Herrschaftsübernahme der Kommunisten wurden hauptsächlich Mitglieder dieser Kirche unterdrückt, da sie als Symbol der Autokratie galt. Zwischen 1918 und 1939 wurden ca. 40.000 orthodoxe Geistliche hingerichtet. Die 77.800 Gemeinden von 1917 wurden bis 1941 auf etwa 3100 reduziert.
1927 unterwarf sich die Kirche dem kommunistischen Staat und erklärte ihre Loyalität, 1943 errichtete Stalin das Moskauer Patriarchat neu, die Kirche wurde unter umfassende Geheimdienstkontrolle gestellt. Die Auswahl ihrer höheren Priester wurde vorgegeben, auch ihr Name „russisch-orthodoxe Kirche“ wurde vom NKWD bestimmt, ihr vormaliger Name aus der Zeit vor 1917 („orthodoxe katholische griechisch-russische Kirche“) nicht mehr verwendet. Während der kommunistischen Herrschaft wurden zahlreiche Priester Mitarbeiter des KGB, auch ihr heutiger Patriarch Kyrill gehörte zu diesen. 1988 wurde ein Heiliger Synod der Russisch-Orthodoxen Kirche wiedererrichtet.
Die Russisch-Orthodoxe Kirche erlebt eine staatlich geförderte Wiederbelebung, insbesondere in ländlichen Gebieten. Viele Klöster wurden gegründet oder wiedererrichtet. Die Kirche zählt gegenwärtig etwa 100 Millionen Mitglieder, von denen jedoch nur 5 bis 10 % regelmäßige Gottesdienstbesucher sind. Religionsunterricht an Schulen wurde 2006 wieder eingeführt. Die Russisch-Orthodoxe Kirche sieht sich als Vertreter der Interessen des Volkes, ohne im Gegensatz zur Regierung zu stehen. Der Staat selbst hingegen sieht die Kirche als Garant für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Nach Einschätzung des Theologen Thomas Bremer vertraute 2008 die Mehrheit der Bevölkerung der Kirche und sieht in ihr eine Institution, die Werte vermittelt und den inneren Zusammenhalt in der Gesellschaft stärkt. 2022 sah er eine große Staatsnähe der Kirche, die sich in historische Muster einfüge: Zwischen Staat und Kirche werde traditionell nicht wirklich getrennt, die Gemeinschaft werde gegenüber Individuen und Partikularidentitäten stets bevorzugt. Der Westen werde als bedrohlich individualistisch und „dekadent“ wahrgenommen, traditionelle Werte wie Nation oder Familie oder die Ehe zwischen Mann und Frau würden – nach Meinung der Kirche – in Russland hingegen nach dem Ende der Sowjetunion wieder bejaht und geschützt. Die Russisch-Orthodoxe Kirche liefere damit Putin eine Herrschaftsbegründung, eine „religiöse Basis für die politische Abgrenzung, die Russland gegen den Westen vorgenommen hat.“
Die Russisch-Orthodoxe Kirche ist nach Einschätzung von Andreas Heinemann-Grüder heute (2023) Teil der putinistischen Herrschaftsstruktur, Patriarch Kyrill habe mit Wladimir Putin eine prägende Vergangenheit im sowjetischen KGB gemeinsam. Das Konzept der Russki Mir werde von der Kirche militant vertreten, der Krieg gegen die Ukraine nicht allein gerechtfertigt, sondern zum „Gottesdienst“ verklärt: „Die symbiotische Nähe zwischen der Russisch-Orthodoxen Kirche und dem Regime unter Putin weist Parallelen zu klerikalfaschistischen Strömungen der 1920er und 1930er Jahre auf“. Der Glaube werde dabei „eher deklamiert als tatsächlich gelebt“.
Im Verlauf der Geschichte haben sich Abspaltungen vom orthodoxen Glauben vollzogen. Die älteste Abspaltung sind die Altorthodoxen oder Altgläubigen. Weitere aus der Orthodoxie hervorgegangene Glaubensrichtungen sind die Molokanen. Aus ihnen gingen wiederum die Duchoborzen hervor. Beide Religionsgemeinschaften lehnen Reichtum ab, versuchen ein Leben in Bescheidenheit zu führen und suchen nach einer wahrhaft biblischen Gemeinschaft. Von einigen Leibeigenen wurde die Gemeinschaft der Subbotniki gegründet. Diese berufen sich in erster Linie auf das Alte Testament. Viele dieser Sekten oder Gruppierungen waren im Zarenreich willkürlichen Verfolgungen ausgesetzt.
Andere christliche Konfessionen
In Russland gibt es neben der russisch-orthodoxen Ausrichtung weitere christliche Konfessionen:
- Die Römisch-katholische Kirche in Russland war durch die byzantinischen Einflüsse unbeliebt. So dauerte es bis 1705, bis Peter I. erstmals den Bau einer römisch-katholischen Kirche erlaubte. Die Katholiken waren sehr strengen staatlichen Kontrollen unterstellt. Kümmerten sich die Bolschewiki in erster Linie nach der Oktoberrevolution um die Kontrolle der orthodoxen Kirche, wurden die Katholiken später wieder stärker beobachtet. Bis 1930 waren alle Strukturen der Kirche aufgelöst. Nach 1945 gab es im russischen Teil der Sowjetunion nur 20 Gemeinden, denen es untersagt war, Verbindungen untereinander aufzubauen. Heute existieren ungefähr 200 katholische Gemeinden mit etwa 400.000–800.000 Mitgliedern in Russland. Die Kathedrale der Unbefleckten Empfängnis (Moskau) wurde restauriert und wieder ihrer Bestimmung zugeführt. Seit 2010 gibt es wieder einen Apostolischen Nuntius in Moskau. Die Ukrainische griechisch-katholische Kirche wurde in der russisch besetzten Oblast Saporischschja gemeinsam mit den Kolumbusrittern und der Caritas verboten. Angehörige der Kirche hätten Waffen in Kirchengebäuden aufbewahrt und an anti-russischen Protesten teilgenommen, die katholische französische Zeitung La Croix berichtet dass in Melitopol die Priester deportiert wurden.
- Die evangelische Kirche in Russland war früher fast nur unter den Russlanddeutschen und in ihren Kolonien verbreitet. Erst nach der Revolution von 1905 wurden auch für Russen und Ukrainer andere Konfessionen legalisiert. Jedoch gab es auch durch die russlanddeutschen Adventisten und Baptisten erfolgreiche Missionierungsversuche unter der einheimischen Bevölkerung vor der Lockerung der Religionsgesetze. Der Protestantismus erlebte in den 1920er-Jahren trotz des Atheismus der Regierung der Sowjetunion eine Blütezeit (insbesondere die Baptisten, Siebenten-Tags-Adventisten und die Pfingstler). Jedoch wurden die Baptisten, Evangeliums-Christen und die Pfingstler zu zentralistischen Ordnungen gezwungen, um sie besser kontrollieren zu können. Mit den Siebenten-Tags-Adventisten und den Mennoniten geschah dasselbe im Jahr 1963. In der Zeit des Stalinismus wurden viele evangelische Christen aller Strömungen hingerichtet und verfolgt. Die Missionstätigkeit von Freikirchen wird mittlerweile bewusst behindert. Im russisch besetzten Luhansk und Donezk werden nach Berichten der evangelikalen Zeitung Christianity Today evangelikale Gemeinschaften heute behindert, unterdrückt, als extremistisch bewertet und ihre Gebäude teilweise beschlagnahmt, eine christliche Bibliothek wurde bewusst zerstört.
- Wie den meisten Konfessionen war es auch der Neuapostolischen Kirche (NAK) unmöglich vor dem Fall der Berliner Mauer (1989) und des Eisernen Vorhangs in Russland zu missionieren. Seitdem wächst die Zahl der neuapostolischen Christen in Russland stetig. Während es um die Jahrtausendwende 23.500 waren, zählt die Neuapostolische Kirche heute beinahe 40.000 Gläubige. Auch ist sie seit Beginn der 1990er-Jahre staatlich anerkannt.
- Mit Stand vom April 2017 gab es etwa 170.000 aktive Zeugen Jehovas in Russland. In der Sowjetunion wurden insbesondere vom Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bis 1965 viele Zeugen Jehovas inhaftiert und nach Sibirien deportiert (siehe Operation Nord). Seit einigen Jahren führte der russische Staat insgesamt sieben Verbotsklagen gegen die Zeugen Jehovas. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte Russland mehrfach zu Schadenersatzzahlungen wegen seines Vorgehens gegen die Religionsgruppe. Am 20. April 2017 wurde die Gemeinschaft von Russlands oberstem Gericht als extremistische Organisation eingestuft und verboten. Der Besitz aller Regionalverbände wurde beschlagnahmt. Vorgeworfen wurde den Zeugen die Verbreitung von Schriften „in der andere Religionen abgewertet würden und die zur Verweigerung staatsbürgerlicher Pflichten wie dem Wehrdienst und der Beteiligung an Wahlen“ aufriefen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte die Gerichtsentscheidung. Der Inlandsgeheimdienst FSB führte Razzien und Verhaftungen durch, um eine Weiterbetätigung zu verhindern, zeitweilig verhaftete Zeugen Jehovas berichteten von Misshandlungen wie Schlägen und Elektroschocks.
Islam
Die Anzahl der Muslime wird auf etwa 17 bis 20 Millionen Menschen geschätzt, davon 90 % Sunniten. Sie entstammen unterschiedlichen Völkern, darunter 20 kleinere alleine in Dagestan, aber auch Tartaren, Tschetschenen und Arbeitsmigranten (verschiedener Nationalität) aus Zentralasien. Der Islam in Russland ist im Nordkaukasus schon seit dem 7. Jahrhundert verbreitet und damit auf dem heutigen russischen Staatsgebiet älter als die erste russische Staatsgründung und die Christianisierung des Landes. Im Jahr 922 traten auch die Wolgabulgaren zum Islam über und gaben ihn im 13. Jahrhundert an die Tataren weiter. Die einheimischen Völker des Kaukasus und die Turkvölker sind zumeist sunnitische Gläubige. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren im Russischen Reich 11,1 % der Gesamtbevölkerung muslimischer Herkunft. Im heutigen Russland ist der Anteil der Muslime mit rund 14 % etwa ebenso groß wie einst in der Sowjetunion. Von 1990 bis 1994 bestand in Russland die „Islamische Partei der Wiedergeburt“. Daneben gibt es auch eine „Islamische Partei der Wiedergeburt Tadschikistans“ sowie zahlreiche weitere Organisationen und Abspaltungen. Zentren des Islam in Russland sind heute neben Kasan und Moskau auch Ufa und Dagestan. Die zunehmende Bedeutung des Islam im Kaukasus gehe gemäß Recherchen der Nowaja gaseta im Jahr 2018 einher mit dem Vertrauensverlust in den Staat.
Über den Russischen Muftirat und die Zentrale Geistliche Verwaltung der Muslime Russlands versucht der Staat den Islam zu institutionalisieren und zu kontrollieren. Verfolgung und Unterdrückung, die im Gefolge des Kampfes terroristischer salafistischer und wahabitischer Gruppen gegen den Staat von den Behörden als Mittel gewählt wurden, haben sich in Regionen mit größeren islamischen Anteilen an der Bevölkerung nicht bewährt, sondern führten eher zu einer islamistischen Radikalisierung. Darum wählte der Staat zunehmend das Mittel regionaler Machtbeteiligung, religiöse Organisationen (siehe Muftiate) werden regional in und von ihren Republiken organisiert und privilegiert und – etwa für Bautätigkeiten – finanziell gefördert, sind gesetzlich aber verpflichtet, die Namen ihrer Mitglieder zu melden. Sie müssen sich in ihren Herkunftsrepubliken registrieren lassen, es ist ihnen verboten, sich über die ihnen zugewiesene geographische Beschränkung hinaus auszudehnen, gesetzlich werden sie gegenüber kleinen Gemeinden bevorzugt. Ausländische Unterstützung wird administrativ verboten oder erschwert, der Staat betrachtet die Finanzen der Organisationen sehr genau. Um Einflüsse aus Saudi-Arabien und der Türkei zu kontrollieren, bedarf Missionstätigkeit einer Genehmigung und ist auf registriertes Personal beschränkt. Einzelne muslimische Texte wie die des türkischen Sufi-Meisters Şefik Can sind verboten. Moscheen, die sich der Einbeziehung widersetzen und durch Spenden selbst finanzieren werden sukzessive geschlossen oder von den Dachorganisationen übernommen, denen auch die Ausbildungseinrichtungen wie die Russische Islamische Universität in Ufa unterstellt sind. Freitagspredigten werden vorgegeben. Insgesamt funktionieren diese Strategien in den Wolga-Republiken besser als im Nordkaukasus, wo der russische Staat in den 1990er und 2000er Jahren islamistisch und mit Gewalt herausgefordert wurde. Für den Erhalt Tschetscheniens als Teil Russlands führte Moskau dort seit 1994 zwei Kriege, verständigte sich mit einer Gruppe des Widerstandes und setzte diese als loyale Führung ein. Das jetzige Oberhaupt der Kaukasusrepublik, Ramsan Kadyrow, regiert Tschetschenien mit eiserner Hand, wofür er beträchtliche Zahlungen aus Moskau erhält, mit denen er islamische Strukturen in (und außerhalb) der Republik finanziert. Unter ihm wurden Regelungen der Scharia durchgesetzt, unter Abweichung von russischen Gesetzen gibt es beispielsweise Mehrehen und sittenpolizeiähnliche Kontrolle. Sein Islam greift so einerseits stark in das Leben der Bewohner Tschetscheniens ein, andererseits orientiert er sich am sufistischen, d. h. traditionellen Islam der Region und bekämpft Salafismus und Wahabismus. Wobei allerdings salafistische Einflüsse und Verbindungen zur Golfregion in die von Kadyrov entwickelte Ideologie und Politik eingeflossen sind, so dass bereits von einer Art „Staatssalafismus“ gesprochen wurde. Kadyrow griff traditionelle Vorstellungen von Klan und Familienbanden auf, ebenso wie tschetschenischen Nationalismus, den er mit dem russischen verknüpfte und verband dies mit einer puritanischen Vorstellung des Islam, die aus der Golfregion stammte.
Im Gefolge der starken, politischen Betonung „traditioneller Werte“ durch den russischen Staat werden orthodoxe Kirche und organisierter Islam einander bewusst angenähert, die Sicherheitsbehörden arbeiten mit den Muftiaten eng zusammen.
Judentum
Die Geschichte der Juden in Russland lässt sich seit dem 4. Jahrhundert nachweisen, als Juden aus Armenien und von der Krim sich auch in Tmutarakan niederließen. Im späten 8. oder frühen 9. Jahrhundert konvertierte ein Großteil der Chasaren zum Judentum. Nach der Vernichtung des Chasaren-Reiches durch Swjatoslaw I. (969) beschränkte sich das Judentum im Wesentlichen auf Kiew, die Krim und den Kaukasus. Im Großfürstentum Moskau wurden Juden 1471 das erste Mal erwähnt. Bis zur Zeit Iwans des Schrecklichen (1533–1584) wurden Juden bis auf einige gegen sie gerichtete Gesetze toleriert. Ab 1721 wurden sie aus dem Russischen Kaiserreich ausgewiesen, bis dies durch die Eingliederung der östlichen Teile Polens (1793 und 1795) unmöglich wurde. Die Juden mussten ab 1791 innerhalb des Ansiedlungsrayons leben, das sich auf dem heutigen Gebiet der Ukraine, Belarus’ und des Baltikums befand.
Im 19. Jahrhundert unterstützten führende Beamte wie Konstantin Pobedonoszew antisemitische Strömungen in der Bevölkerung. So kam es im südlichen Russland 1881 zu vielen Pogromen, nachdem den Juden fälschlich der Anschlag auf Alexander II. unterstellt worden war. Die Maigesetze von 1882 vertrieben die Juden selbst im Ansiedlungsrayon aus den ländlichen Gebieten; mit Quoten begrenzte man die Anzahl der Juden, die zu höherer Bildung zugelassen wurden, auf 3–10 %. Zwischen 1880 und 1920 flohen mehr als zwei Millionen Juden aus Russland, besonders nach Amerika. 1903 brachen neue Pogrome aus, die sich in der Russischen Revolution nochmals verstärkten und zu zwischen 70.000 und 250.000 Opfern in der jüdischen Zivilbevölkerung führten. Während des Stalinismus wurde in Russisch-Fernost die Jüdische Autonome Oblast mit dem Hauptort Birobidschan gegründet, wo sich nur wenige Juden ansiedelten. Im Vergleich zu den Jahrzehnten davor gibt es heute nur noch wenige Juden, da viele von ihnen nach Deutschland oder nach Amerika, die meisten aber nach Israel ausgewandert sind. Heute gibt es in Russland 87 Synagogen, die meisten davon in Sankt Petersburg und in Moskau, darunter die Moskauer Gedenksynagoge. Die Juden im europäischen Russland sind meist Aschkenasim, östlich davon leben daneben auch einige Bergjuden und Bucharische Juden, die zu den Mizrachim gezählt werden.
Zwei Rabbiner werden als Oberrabbiner Russlands anerkannt. Der Oberrabbiner von Moskau, Pinchas Goldschmidt, verließ Russland 2022 nach Beginn der Invasion der Ukraine unter Protest, nach seinen Angaben wird auf die Gemeindevorsteher Druck ausgeübt, den Krieg zu unterstützen. Zahlreiche Juden haben das Land mittlerweile verlassen.
Buddhismus
In Russland ist auch die tibetische Form des Buddhismus verbreitet, wobei er sich ursprünglich auf die asiatischen Völker (Kalmücken, Tuwiner) beschränkte. Ebenso wie Geistliche und Anhänger praktisch aller anderen Religionen wurden in der Sowjetunion während der kommunistischen Herrschaft auch buddhistische Mönche verfolgt und unterdrückt. Kalmückien ist die einzige Republik mit buddhistischer Mehrheit. Seit der politischen Wende in Russland und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion verzeichnen die buddhistischen Gemeinschaften hingegen wieder Mitgliederzuwachs unter den Angehörigen der traditionell buddhistischen Völker, aber auch seitens der Russen und anderen Nationalitäten.
Schamanismus
Der Schamanismus ist unter der indigenen Bevölkerung in Sibirien wieder weit verbreitet; insbesondere bei den kleinen Völkern des russischen Nordens. Zwar sind heute die meisten Bewohner Sibiriens Christen, dennoch sehen sie es nicht als Widerspruch, die Rituale ihrer Vorfahren zu praktizieren.
Gesellschaft und Mentalität
Die Sowjetunion war ein imperial geeinter Nationalitätenstaat, d. h., Nationalität war dabei ein politisches Instrument zur Konsolidierung der Sowjetmacht, und auch im heutigen Russland treffen sich viele unterschiedliche Mentalitäten. Die Verschmelzung dieser Völker und Konfessionen sowie Einflüsse westlicher wie östlicher Prägungen schufen aber auch markante Eigenarten, die sich im Stereotyp der „russischen Seele“ manifestieren. Dieser Begriff prägt bis heute das Russlandbild; im westlichen Ausland diente der Begriff Russophilen und Kritikern der westlichen Lebensweise als Projektion zu der als gefühlskalt empfundenen eigenen Zivilisation. Die „russische Seele“ wird als ein Hang zu extremen Gegensätzen beschrieben, der sich aus der geschichtlichen Entwicklung der russischen Volkskultur ergeben hat. Diese Extreme äußern sich z. B. in dem Streben nach dem absolut Äußersten, verbunden mit der Bereitschaft zu einer plötzlichen Richtungsänderung; dazu kommen eine ausgeprägte Schicksalsergebenheit, ein Hang zur Geduld, Neigung zum Aberglauben, Leidensfähigkeit oder auch eine sehr starke Heimatverbundenheit. Die bereits erwähnte Alles-oder-nichts-Mentalität kennt keinen Kompromiss und keine goldene Mitte. Bekannt ist auch die Offenheit von Gefühlsäußerungen, positiven wie negativen, denen im Vergleich mit rationalen Erwägungen häufig mehr Gewicht zugemessen wird, was westliche Ausländer oft irritiert. Wichtig ist zudem weiterhin ein starkes Solidaritäts- und Gemeinschaftsgefühl.
Bekannt gewordenes Bonmot von 1866 von Fjodor Iwanowitsch Tjuttschew, das den Nationalcharakter des russischen Volkes beschreibt.
Die russische Gesellschaft ist traditionell kollektivistisch geprägt, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe sehr wichtig. Dieses Wertesystem beruht ursprünglich auf der Lebensweise der bäuerlichen Dorfgemeinschaft, dem Mir. Da auch Grund und Boden lange Zeit Gemeingut waren, definiert man sich in Russland seit jeher über die Gemeinschaft und achtet auf die Stimmigkeit von eigenem Verhalten und eigener Meinungsäußerung mit denen des Kollektivs. Die Kollektivorientierung zeigt sich bisweilen auch heute noch im Berufsalltag. Das Kollegium wird als Gemeinschaft erlebt und es erscheint sehr wichtig, diese Gruppenorientierung zu stärken. Vetternwirtschaft (Nepotismus) bei der Stellen- oder Auftragsvergabe ist dabei eine Nebenwirkung.
Die Familie ist für viele Russen eine wichtige Bezugsgruppe, besonders auf dem Land lebt man in jeder Beziehung eng zusammen. Dort wohnen oft mehrere Generationen in einer Wohnung oder in einem Haus. Die Familie unterstützt sich finanziell und hilft einander bei der Kinderbetreuung und Seniorenpflege, häusliche Gewalt ist weitverbreitet. Tatsächlich fanden 2012 nach einer damaligen Untersuchung des Innenministeriums bis zu 40 % der schweren Gewalttaten innerhalb von Familien statt und in jeder vierten Familie kam Gewalt vor, 2.000 Russinnen wurden von ihren Partnern oder engen Familienmitgliedern getötet. Dies bezieht sich lediglich auf Fälle, die zu einem Strafverfahren führten, von einer Dunkelziffer ist auszugehen. Offiziell wird ein Rückgang der Zahlen behauptet, dieser lässt sich jedoch durch eine Entkriminalisierung häuslicher Gewalt durch ein entsprechendes Gesetz von 2017 erklären, diese gilt seither als Ordnungswidrigkeit, nur schwere Fälle werden weiterhin als Straftaten gesehen. Orthodoxe Kirche und die Kremlpartei Einiges Russland unterstützten die Gesetzesänderung, für die Kirche ist die körperliche Bestrafung von Kindern der Vollzug eines gottgegebenen Elternrechtes. Staatlicherseits wird angesichts der demographischen Krise das Ideal „traditioneller Familienwerte“ betont, jede Frau soll drei Kinder haben, tatsächlich sind Familien mit nur einem Kind üblich. Russland hat hohe Selbstmordraten, 2016 waren es mit 44. 673 weltweit die dritthöchsten nach Guyana und Lesotho. Männer brachten sich siebenmal häufiger um als Frauen. Erschreckend sind die hohen Fallzahlen bei Kindern und Jugendlichen.
Seit der Auflösung der Sowjetunion orientierten sich nun aber insbesondere gebildete Bevölkerungsschichten in den Großstädten, die von der neu gewonnenen Reisefreiheit profitieren konnten, an Prinzipien des Individualismus, was ein massives innergesellschaftliches Spannungsverhältnis zur Folge hatte und zu einem zentralen Thema im zeitgenössischen Literatur- und Filmschaffen geworden war. Bildungsnahe, ehrgeizige und kritische Menschen suchten nach dem markanten Bruch mit der westlichen Welt im Jahr 2014 vermehrt Lebensmöglichkeiten im Ausland; die Duma diskutierte 2015 gar ein Verbot von Fremdsprachenunterricht, weil dieser die Abwanderung fördere. Im Jahr 2019 erhob das Lewada-Zentrum eine repräsentative Umfrage, in der 53 % der Befragten in der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren angaben, ins Ausland ziehen zu wollen. Nur etwa 20 % der russischen Bevölkerung besitzen einen Reisepass und waren mindestens einmal im Ausland.
Im Jahr 2014 waren 43 % aller Managerposten in Russland weiblich besetzt; prozentual mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Im Jahr 2024 verabschiedete die Duma ein Gesetz, dass die mediale Verbreitung der Vorzüge eines kinderlosen Lebens verbietet. Von dem Verbot ausgenommen wurde die orthodoxe Kirche.
Gesundheitswesen
Kennzahl | 2000 | 2010 | Verän- derung |
---|---|---|---|
Geburten in Tausend | 1267 | 1790 | +41,3 % |
Sterbefälle in Tausend | 2225 | 2031 | −8,7 % |
Natürliche Bevölkerungsabnahme in Tausend | 959 | 241 | −74,9 % |
Säuglingssterblichkeit in Tausend | 19,3 | 13,4 | −30,6 % |
Lebenserwartung in Jahren | 65,3 | 69,0 | +5,7 % |
Selbsttötungen in Tausend | 56,9 | 33,3 | −41,5 % |
Alkoholvergiftungen in Tausend | 37,2 | 14,4 | −61,3 % |
Abtreibungen pro 100 Geburten | 168,8 | 66,3 | −60,8 % |
Artikel 41 der Verfassung Russlands garantiert allen Bürgern das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung. Dieser seit Sowjetzeiten bestehende Grundsatz ist zum Teil die Ursache dafür, dass Russland im internationalen Vergleich eine vergleichsweise hohe Anzahl Ärzte und Krankenhäuser pro Kopf der Bevölkerung aufweist. Dennoch ist der gesundheitliche Zustand der russischen Bevölkerung schlecht. Gerade beim wirtschaftlichen Niedergang der 1990er-Jahre in Russland wurde das Gesundheitswesen stark getroffen. Infolge äußerst niedriger Entlohnungen der Ärzte und Krankenpfleger wurde die medizinische Versorgung der breiten Öffentlichkeit massiv verschlechtert. So ist inzwischen jede dritte Klinik der 7000 Krankenhäuser im Land dringend renovierungsbedürftig. Schrittweise werden in letzter Zeit die Gehälter für das medizinische Personal angehoben sowie staatliche Mittel in die Einrichtung neuer und Modernisierung bestehender Kliniken investiert. Zwischen 1999 und 2003 betrugen die Gesamtausgaben für den Gesundheitssektor in Russland im Verhältnis zum BIP durchschnittlich 5,70 %.
In Russland ist der Gesundheitssektor dezentral organisiert. Das Gesundheitsministerium ist auf föderaler Ebene für den gesamten Sektor zuständig. Konkrete medizinische Leistungen (inklusive die Bereitstellung von Krankenhäusern) obliegen aber den Föderationssubjekten und Gemeinden, die rund zwei Drittel der gesamten Budgetausgaben bestreiten. Das russische Gesundheitssystem wird durch einen Mix aus Budgetmitteln und Mitteln aus der Sozialversicherung finanziert. Auf die Verschlechterung der Beziehungen zum Westen folgten ab 2015 Zulassungsbeschränkungen für medizinische Geräte aus dem Ausland.
Lebenserwartung (2010)* | 69,0 Jahre | ||||
Lebenserwartung (Männer) (2010)* | 63,0 Jahre | ||||
Lebenserwartung (Frauen) (2010)* | 74,9 Jahre | ||||
Säuglingssterblichkeit (2010)* | 7,5 von 1000 | ||||
Kindersterblichkeit (2004) | 2,1 % | ||||
Müttersterblichkeit (2005)** | 28 / 100.000 Geb. | ||||
Ärzte* | 4,9 / 1000 Einw. | ||||
Krankenhausbetten* | 10,7 / 1000 Einw. | ||||
Zugang zu sauberem Trinkwasser (gemäß WHO Kriterien)** | 88 % (Land); 100 % (Stadt) | ||||
Geburtenrate (2010)* | 12,6 / 1000 Einw. | ||||
Sterblichkeit (2010)* | 14,3 / 1000 Einw. | ||||
Suizide (pro 100.000 Einwohner)* | 23,5 | ||||
Bevölkerungswachstum (2009) | +0,008 % | ||||
Fruchtbarkeit (2009) | 1,54 Kinder / Frau | ||||
HIV-Infektionsrate (2005)** | 0,78 % | ||||
HIV/AIDS-Infizierte (2015) | 986.657 | ||||
Öffentliche Ausgaben für Gesundheit (1997) | 4,6 % des BIP | ||||
Öffentliche Ausgaben für Altersversorgung (1996) | 5,7 % des BIP | ||||
Öffentliche Ausgaben für Bildung und Erziehung | k. A. | ||||
Schulpflicht | 7–18 Jahre | ||||
Analphabetenquote (2002) ** | 0,6 % | ||||
Armutsquote | 13,0 % | ||||
Kinderunterernährung | 3 % | ||||
Quelle: Rosstat (*); WHO (**) |
Armut
Nach dem Zerfall der UdSSR stieg die Armut bis 1999 auf über 40 % Bevölkerungsanteil und sank danach spürbar. 2002 betrug der Anteil 19,6 % und reduzierte sich bis 2011 auf 12,8 % der Bevölkerung oder 18 Millionen Russen. Offiziell lag dabei das Existenzminimum bei 170 Euro für einen Menschen im arbeitsfähigen Alter; bei Kindern liegt der Wert unwesentlich niedriger, bei Rentnern beträgt er 125 Euro. Der Lebensstandard verbesserte sich regional sehr unterschiedlich. Während besonders in Moskau und St. Petersburg einige Viertel in neuem Glanz zu erstrahlen begannen, war in manchen Regionen die Armut nach wie vor groß. In Tschetschenien und Dagestan lebten mehr als die Hälfte der Menschen in Armut; weitere arme Regionen sind Inguschetien, Tuwa und Kabardino-Balkarien, Mari El, Kalmückien, Burjatien und Altai und Mordwinien. 2011 betrug der Durchschnittslohn 576 € pro Monat. Die großen Einkommensdifferenzen konnten ab 2005 verringert werden, insbesondere die mittlere Einkommensschicht nahm prozentual erheblich zu. Die Renten lagen 2010 das erste Mal seit vielen Jahren über dem Existenzminimum und sollten gemäß Prognosen bis 2014 auf 268 Euro steigen. 2012 zählte etwa die Hälfte der Bevölkerung zu der einkommensschwachen Schicht, die zentrale soziale Bedürfnisse wie Wohnraum oder zusätzliche Ausbildung nicht finanzieren kann. Tatsächlich betrug im Jahr 2014 die durchschnittliche Rente 10.000 Rubel, was 160 Euro entsprach. Renten und Gehälter mussten eingefroren werden. Seit 2014 wurden Gelder der zweiten, kapitalgedeckten Säule der Altersvorsorge zur Deckung des Finanzbedarfs herangezogen. Die ärmeren Bevölkerungsschichten litten bis 2009 unter zweistellig steigenden Verbraucherpreisen, die sich bis 2012 wieder verringerten. Von 2014 bis 2019 verringerte sich das Realeinkommen.
Die Verringerung der Armut zählte im Frühjahr 2019 zu einem der Fünfjahresziele des Präsidenten Putin: Fast 19 Millionen Russen galten als arm, das entsprach 12,9 % der Bevölkerung. Zur Bekämpfung der Armut wurde im Herbst 2021 eine neue Berechnungsgrundlage eingeführt, womit die Zahl der Armen schlagartig um 2,8 Millionen sank. Durch die neue Berechnung liegt das Existenzminimum in den meisten Regionen über der Armutsgrenze. Zwar wurden Anfang 2022 die Sozialleistungen um die Inflation von 8 % erhöht, jedoch lagen die Preissteigerungen bei Lebensmitteln weit höher. Per Präsidialdekret befahl Putin 2024 eine Armutsquote von unter 7 Prozent. Rosstat zählte 2024 13,3 Millionen Arme. Laut The Insider lag die wahre Quote aber über 10 Prozent.
Die Arbeitslosenquote hatte mit der Überwindung der Finanzkrise 2008 zu sinken begonnen. In Wachstumsregionen wie Moskau, Kaluga und St. Petersburg tendierte die Erwerbslosigkeit gegen Null. Die Arbeitslosigkeit betrug nach Berechnung nach Standards der Internationalen Arbeitsorganisation 2005 7,1 %, 2010 7,6 % und 2011 6,6 %. Bis 2014 sank sie auf 5,2 % und begann wieder zu steigen. Das Arbeitslosengeld betrug zwischen 60 und 70 Euro im Monat. Die Arbeitslosigkeit ist aber aufgrund einer Besonderheit des russischen Arbeitsrechts ein problematischer Indikator für die Konjunkturlage: Betriebsbedingte Kündigungen sind in Russland zumeist unzulässig, stattdessen dürfen Arbeitgeber einseitig Arbeitsentgelte reduzieren. Daher verbleiben russische Arbeitnehmer auch bei Auftragsmangel lieber in ihrem Betrieb und nehmen hohe Lohneinbußen in Kauf, anstatt die mit 20 bis 110 Euro im Jahr 2019 eher symbolische Arbeitslosenunterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Gebiete mit den höchsten Arbeitslosenzahlen in Russland waren um 2021 Dagestan, Inguschetien und Nordossetien.
In besonders armen Regionen gelten die russischen Streitkräfte als einzige Möglichkeit für junge Männer, der Armut zu entkommen und jemals eine Familie versorgen zu können. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen zählt die Russische Föderation zu den Staaten mit sehr hoher menschlicher Entwicklung. Der Gini-Koeffizient lag 2016 bei 37,7.
Umweltschutz
Zur Zeit der Sowjetunion wurde die russische Natur schwer belastet: von Fabrikabfällen vermüllt, chemisch und radioaktiv verunreinigt. Auch heute gibt es ernsthafte Umweltprobleme in Russland – aber auch ein wachsendes Umweltbewusstsein in der Bevölkerung. Das Recht des Bürgers auf gesunde Umwelt und auf verlässliche Informationen über ihren Zustand ist im Artikel 42 der russischen Verfassung verankert. Allerdings hat der Umweltschutz in der russischen Politik eine vergleichsweise niedrige Priorität, was von internationalen Umweltorganisationen wie WWF oder Greenpeace immer wieder kritisiert wird. So wurden in der Vergangenheit oft gängige Umweltstandards bei der Erschließung neuer Erdöl- oder Erdgasvorkommen nur unzureichend eingehalten. Ein bekanntes Beispiel der jüngsten Zeit ist die Erschließung der Fördergebiete Sachalin II, bei der in höherem Maße gegen Umweltauflagen verstoßen worden sein soll. Hinzu kommt eine verbreitete Korruption innerhalb staatlicher Umweltbehörden, die mehrfache Verstöße gegen Umweltauflagen beim Bau von Häusern oder massenhaften illegalen Holzeinschlag ermöglicht. Auch eine Vielzahl von Altlasten aus den Sowjetzeiten, darunter marode Fabriken, die die heutigen Umweltstandards nicht einhalten können, belasten die Umwelt in Teilen des Landes erheblich. Einige Städte mit solchen Fabriken, wie Norilsk oder Dserschinsk, gelten als ökologisches Notstandsgebiet.
Je stärker die Lebensqualität stieg, umso wichtiger und dringlicher wurden Umweltfragen in Russlands Öffentlichkeit und Politik diskutiert. Seit 2004 wurden vereinzelte Bemühungen der russischen Staatsmacht zum Vorantreiben des Umwelt- und Klimaschutzes sichtbar. So wurde in Russland die Ratifizierung des Kyoto-Abkommens am 5. November 2004 mit der Zustimmung des Präsidenten zum Beschluss der Staatsduma abgeschlossen. Am 30. Januar 2008 äußerte sich der designierte Präsident Dmitri Medwedew für eine schnelle Entwicklung des einheimischen Marktes für Innovationstechnik im Umweltschutz. Inzwischen gibt es Pläne der Regierung, die Energieeffizienz in Russland zu steigern, um den erheblichen Verlust an Wärmeenergie für den Wohnungssektor zu begrenzen.
Geschichte
Russlands Geschichte erlebte seit ihrem Beginn im 9. Jahrhundert vielfältige Brüche. So ist die russische Geschichte eine Eigenentwicklung, die sich von der Entwicklung seiner Nachbarn in Europa deutlich unterscheidet. Ursächlich dafür ist ein ständiges In- und Gegeneinanderspiel typisch russischer Merkmale aus sozialen Begebenheiten und geographischen Einflüssen, die seine Geschichte auf weiten Strecken begleiteten. So gab die erdräumliche Lage Russland eine Brückenstellung zwischen Europa und Asien, die je nach Kräftelage die Aggression fremder Mächte (größere Einfälle u. a. 1240, 1242, 1609, 1709, 1812, 1917, 1941) oder die eigene Expansion begünstigte. Dazu trug das Fehlen natürlicher Grenzen bei, was Russland im Wechselspiel mit der Erfahrung fremder Einfälle dazu veranlasste, die Grenzen so weit auszudehnen, bis natürliche Grenzen einen wirksamen Schutz bilden konnten (vgl. Russische Kolonisation).
Dieses starke, aus historischen Einfällen resultierende Sicherheitsbedürfnis Russlands setzt sich bis heute fort.
Die Spannung zwischen wirtschaftlichen Notwendigkeiten und der Bewältigung bzw. Nichtbewältigung durch die jeweils herrschenden Gruppen gehört ebenso zu den Konstanten der russischen Geschichte. Beispielhaft zu nennen sind die Nichtbewältigung der sozialen Unruhen im Zuge des Industriezeitalters mit ihren Höhepunkten in der Revolution 1905, der Februar- und der Oktoberrevolution 1917 oder die postkommunistische Systemtransformation der 1990er-Jahre.
Die aus der byzantinischen Orthodoxie übernommenen Denkweisen führten zu Spannungen mit modernistischen Tendenzen und begründeten das markante Spannungsverhältnis zwischen Beharrung und Fortschritt, das sich z. B. bei der Kirchenspaltung 1666/1667 oder den Petrinischen Reformen 1700–1720 deutlich zeigte. Aufgrund der fehlenden römischen Rechtstradition fehlte lange Zeit ein Widerstandsrecht gegen herrscherliche Übergriffe, so dass die Beziehung zwischen Staatsgewalt und der wirtschaftlichen und politischen Freiheit des Einzelnen belastet blieb. Dies zeigte sich besonders im 19. Jahrhundert, als liberale Ideen in Russland vermehrt Anhänger fanden und sich in mehreren Attentaten gegen den russischen Selbstherrscher äußerten (z. B. Dekabristenaufstand).
Die bis zum Ende der Sowjetunion ausgeprägte Verbindung von genossenschaftlichen mit herrschaftlichen Elementen liegt ursprünglich in der orthodoxen Kirche begründet, wo die Gemeinschaft der Gläubigen eine viel größere Rolle spielte als das Gott gegenüber verantwortliche Individuum. An diese Vorstellungen des Kollektivs knüpften im 19. und 20. Jahrhundert Marxisten und Sozialisten an und setzte diese in der Sowjetunion fort. Der Ausgleich zwischen zentralistischer und dezentraler Herrschaft war in der Geschichte Russlands ein konstantes Problem. Insbesondere in Übergangszeiten (z. B. zwischen 1240 und 1480, nach 1917 und nach 1994) nahmen separatistische Strömungen an den Rändern des Landes zu.
Kiewer Rus
Die früheste Geschichte des europäischen Russlands (zur Geschichte des asiatischen Teils siehe Geschichte Sibiriens) ist im Norden geprägt von finno-ugrischen Völkern und Balten, im Süden von den indogermanischen Steppenvölkern des Kurganvolks, der Kimmerer, Skythen, Sarmaten und Alanen; später kamen hier noch Griechen, Goten, Hunnen und Awaren hinzu.
In die Mitte, zwischen Dnepr und Bug, kamen die slawischen Völker, die sich ab dem 6. Jahrhundert auch nach Norden und Osten auszudehnen begannen. Ab dem 8. Jahrhundert befuhren skandinavische Wikinger die osteuropäischen Flüsse und vermischten sich später mit der slawischen Mehrheitsbevölkerung. Diese auch Waräger oder Rus genannten Kriegerkaufleute waren maßgeblich an der Gründung des ersten ostslawischen Reiches, der locker organisierten Kiewer Rus mit Zentrum in Kiew und wichtigen Orten wie Nowgorod, beteiligt, ihre Fürsten beriefen sich auf eine Abkunft von Rjurik. Im südlichen Steppengebiet und an der Wolga waren hingegen Herrschaften der aus Asien eingeströmten Turkvölker der Chasaren und Wolgabulgaren entstanden, mit denen die Rus Handel trieben, aber auch Kriege führten. Intensive Kontakte mit dem Byzantinischen Reich führten schließlich 988 unter dem Kiewer Fürsten Wladimir I., der eine byzantinische Prinzessin heiratete, zur orthodoxen Christianisierung der Kiewer Rus und der Einrichtung der Metropolie Kiew.
Der alte Name für das Gebiet der von Ostslawen bewohnten Teils des europäischen Russlands, Belarus’ und der Ukraine war Rus, auf Griechisch Rossia. Auf diese Form geht der heutige Landesname Rossija für Russland zurück.
Wiewohl die Geschichte und Kultur der Rus in der Literatur häufig als „altrussisch“ bezeichnet werden, lässt sich kein vorrangiger oder gar exklusiver Anspruch der heutigen Russen auf ihr Erbe ableiten. Die Bevölkerung war mehrheitlich ostslawisch, zum Reich gehörten aber auch finnische, baltische und turksprachige Gruppen. Ein Nationalstaat war die mittelalterliche Rus nicht. Die ostslawische Bevölkerung hat sich vermutlich sprachlich nach Stämmen differenziert, aber noch nicht nach den drei heutigen Gruppen der Russen, Ukrainer oder Belarussen, greifbar als Schriftsprache ist nur das Kirchenslawische. Heute ist das alte Zentrum Kiew ukrainisch, die einst wichtige Stadt Nowgorod jedoch russisch und das mittlerweile zu Russland gehörende Smolensk war lange belarussisch. Die Kiewer Rus gehört insofern zur Geschichte oder Vorgeschichte aller drei Völker, auch wenn insbesondere Ukrainer und Russen sich gegenseitig Ansprüche absprechen.
Mongolensturm, Großfürstentum Litauen und der Aufstieg des Großfürstentums Moskau
Das Senioratsprinzip zur Regelung der Erbfolge der Rurikiden förderte die Zersplitterung der Kiewer Rus im 12. Jahrhundert und erleichterte die Unterwerfung der zerstrittenen Fürstentümer im Mongolensturm. Die mongolische Invasion der Rus begann 1223 mit der Schlacht an der Kalka; die Übergangsphase bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts wird als „dunkles“ Zeitalter bezeichnet. Die russische Nationalhistoriographie spricht vom „Tatarenjoch“ dieser Zeit. Die mongolische Fremdherrschaft führte demnach für zwei Jahrhunderte zu einem Abbruch der Beziehungen zum Westen und förderte die Abkapselung des orthodoxen Russlands.
Die Fürstentümer der Rus lagen mit unterschiedlicher Intensität im Machtbereich der Goldenen Horde, konnten jedoch eine gewisse innere Autonomie bewahren. Das Großfürstentum Litauen setzte sich anfangs in den nichtbesetzten oder schwächer kontrollierten Gebieten durch und übernahm oder unterwarf Gebiete der alten Rus, darunter 1362 auch Kiew. Seine Fürsten sahen sich explizit als Herrscher über die Rus und konnten mehr als die Hälfte ihres Gebietes übernehmen. Sie blieben jedoch lange heidnisch, selbst als die Mehrheit ihrer Untertanen ostslawisch und orthodox waren, und sie deren Kultur, – etwa die Schriftsprache Kirchenslawisch für ihre Kanzleien – teilweise übernahmen und ihre Angehörigen bei Einheirat in ostslawische Herrschaften zum orthodoxen Glauben übertraten. Die heidnischen Litauer versuchten sogar einen eigenen Metropolitansitz für ihren Herrschaftsbereich zu gewinnen. Sie errangen Siege über den Deutschen Orden, die mongolische Goldene Horde („Schlacht am Blauen Wasser“ 1362) und das Großfürstentum Moskau. Unter den zersplitterten und verfeindeten Fürstentümern im Bereich der Goldenen Horde erwies sich das kleine und anfangs unbedeutende Moskau, dessen Gebiet zu Zeiten der Rus Teil von Wladimir-Susdal gewesen war, langfristig als das durchsetzungsstärkste. Iwan I. gelang es ab 1325 durch gute Kontakte zur Goldenen Horde einen Vorrang vor anderen Fürstentümern zu erlangen, und zwar dadurch, dass er den Mongolen bei der schwierigen Tributerhebung half. Es gelang ihm, die Zahlungen stellvertretend für die Mongolen einzutreiben, die nun primär mit ihm verhandeln konnten und es nicht mehr mit den einzelnen Herrschaften mussten, wo es Aufstände gegen ihre Steuereintreiber gegeben hatte. Dies schützte sein eigenes Territorium vor mongolischen Übergriffen und erlaubte ihm, seinen Wohlstand beträchtlich zu steigern, so dass er den Beinamen Kalita (Geldbeutel) erhielt. Seine Politik schuf die Basis für den Aufstieg Moskaus. Sein Sohn Simeon hatte gleichfalls gute Beziehungen mit Sarai, der Hauptstadt der Horde, und dem dortigen Herrscher, Usbek Khan, der Simeons Anspruch auf den begehrten Großfürstentitel von Wladimir gegenüber den berechtigteren Ansprüchen des Fürstentums Twer bestätigte. Dort war jedoch 1327 ein Aufstand gegen die Horde ausgebrochen, der von Mongolen und Iwan Kalita gemeinsam unterdrückt worden war. Kalita schaffte es auch den Metropolitensitz nach Moskau zu verlegen. Auf dem Höhepunkt mongolischer Macht agierte Moskau als enger Verbündeter der Horde, schwächte mit ihrer Hilfe seine Rivalen und profitierte vom Zuzug von Flüchtlingen ins sichere Moskau. Allerdings wurde Moskau langfristig selbst zum Herausforderer der Horde. Sein Fürst Dmitri Donskoi, der verschiedene Fürstentümer einen konnte, errang im Jahre 1380 gegen die Goldene Horde einen Sieg in der Schlacht auf dem Schnepfenfeld, der die mongolische Herrschaft schwächte, aber nicht brach. Dieser Sieg steigerte das Prestige Moskaus, das mittlerweile zum Führer des Widerstandes gegen eine geschwächte Horde geworden war.
Der Moskauer Großfürst Iwan der Große (1440–1505) beendete fast 100 Jahre später in der Schlacht von Alexin 1472 und dem Stehen an der Ugra die Mongolenherrschaft und wurde de facto zum Begründer eines zentralisierten russischen Staates, indem er Schritt für Schritt die umliegenden Länder der alten Rus „einsammelte“ (russisch собирание земель, sobiranije semel), darunter die Republik Nowgorod. Sein Titel „Herrscher der ganzen Rus“ drückte auch den Anspruch auf den vom Großfürstentum Litauen im 14. Jahrhundert beherrschten westlichen Teil der Rus aus. Dies führte zu langanhaltenden Kriegen im 16. und 17. Jahrhundert mit Polen und Litauen (vgl. Russisch-Litauische Kriege). Unter Iwan dem Großen wurde die russische Gesetzgebung reformiert und der Großteil des heutigen Moskauer Kremls erbaut. Sein Enkel Iwan IV., wegen seiner drastischen Methoden im Westen als „der Schreckliche“ bekannt, begründete 1547 das Zarentum Russland. Unter seiner Herrschaft begann nach der Einnahme der Tatarenhauptstadt Kasan auch die Eroberung Sibiriens, die russische Kosaken erstmals im 17. Jahrhundert bis an den Pazifik brachte. Der Mönch Filofei von Pskow nannte Moskau das Dritte Rom, womit ein Anspruch des Zarentums auf das Erbe Konstantinopels und eine Sonderstellung Russlands erhoben wurde.
Öffnung Russlands unter Peter dem Großen und Aufstieg zur europäischen und asiatischen Großmacht
Die Herrschaft der Rurikiden endete in der sogenannten Zeit der Wirren in Adelskonflikten und Bürgerkrieg, den kurzen Herrschaften Boris Godunows und Wassili Schuiskis, den falschen Demetriussen (Pseudodimitri I. und Pseudodimitri II.) und der zeitweiligen Eroberung Moskaus durch polnisch-litauische Truppen, die versuchten Władysław IV. Wasa den Zarenthron zu sichern. 1612 brach unter der Führung des Kaufmanns Kusma Minin und des Fürsten Dmitri Poscharski mit Unterstützung durch den Metropoliten Filaret ein erfolgreicher Volksaufstand gegen die polnische (und katholische) Herrschaft aus. Mit Zar Michael I. begann die Herrschaft der Romanows, die fast bis Ende des Ersten Weltkrieges andauern sollte.
An der Wende zum 18. Jahrhundert öffnete Zar Peter der Große das in den alten Strukturen erstarrte Zarentum Russland westeuropäischen Einflüssen und förderte Wissenschaft und Kultur. 1703 gründet er die Stadt Sankt Petersburg, die – seit 1712 als neue Hauptstadt – das Symbol für den russischen Fortschritt werden sollte. Mit dem Sieg gegen Schweden im über 20 Jahre währenden Großen Nordischen Krieg erlangte Russland nach mehr als 150 Jahren der Auseinandersetzung mit Schweden die Vormachtstellung im Ostseeraum (vgl. Nordische Kriege). Russland übernahm die Position Schwedens als nordische Großmacht in Europa. Zur Unterstreichung des neuen Status im diplomatischen Ranggefüge Europas ließ Zar Peter das Russische Zarentum in „Russisches Kaiserreich“ umbenennen und änderte den Monarchentitel offiziell von „Zar“ in „Kaiser“ (russisch Император, Imperator). Auch führte er im Russischen Adel Rangtitel nach europäischem Vorbild ein.
Den Nordischen Krieg nutzte Peter ferner die bis dato eher lockere Kontrolle über die Ukraine zu verfestigen. Militärisch zeigten sich die ukrainischen Kosaken, die auf seiner Seite gegen den schwedischen König Karl XII. kämpften, den moderneren schwedischen Truppen unterlegen, dies untergrub die autonome Stellung des verbündeten Hetmanats. Dessen von den Versammlungen der Kosaken ausgehende politische Strukturen waren dazu mit den zentralistischen Plänen Peters nicht vereinbar. Der Hetman der Kosaken, Iwan Mazepa, war erst mit dem jungen Zaren befreundet und kämpfte auf seiner Seite, als Peter ihn aber nicht gegen den polnischen König Stanislaus I. Leszczyński unterstützte, lief er zu den Schweden über. Sein politisches Scheitern band die Ukraine stärker an das Zarentum, Peter legte verstärkt russische Garnisonen ins Land und errichtete das Kleinrussische Kollegium, das anders als die Vorgängerkanzlei nicht mehr in Moskau, sondern im Hetmanat residierte und nicht mehr dem Außenministerium, sondern der inneren Verwaltung unterstellt war, das Hetmanat also als Teil Russlands betrachtete. Unter Peters Tochter Elisabeth wurde das Kollegium zwar zeitweilig wieder zugunsten der Selbstverwaltung des Hetmanats abgeschafft, unter Katharina der Großen wurde das Hetmanat aber umso stärker der Herrschaft Moskaus unterworfen.
Katharina führte Peters Expansionspolitik weiter. Unter ihrer Regierung wurde das Krimkhanat („Neurussland“) erobert. Durch die Beteiligung an den drei Teilungen Polens wurde die Westgrenze Russlands weit in Richtung Mitteleuropa vorgeschoben. 1812 fielen Napoleons Truppen in Russland ein und eroberten Moskau, der Zar verweigerte jedoch die von Napoleon erwarteten Verhandlungen. Der Brand von Moskau nahm den Franzosen die Quartiere und zwang sie sich im beginnenden Winter zurückzuziehen, der Rückmarsch in eisigen Temperaturen gilt wegen seiner fürchterlichen Verluste als eine der schlimmsten militärischen Katastrophen der Geschichte und schwächte das bis dato militärisch in Europa dominante Frankreich. Dies gab den Auftakt zu den Befreiungskriegen, bei denen russische Truppen mit ihren Verbündeten (Preußen, Österreich, Vereinigtes Königreich u. a.) Napoleon endgültig besiegen und zur Abdankung zwingen konnten. Alexander I. zog als „Befreier Europas“ in Paris ein. Nach dem Wiener Kongress 1814/15 erlangte Russland eine dominierende Rolle auf dem europäischen Festland, die bis zum Krimkrieg 1853–1856 andauerte. 1825 scheiterten Rufe nach Reformen und einer Abkehr von der autokratischen Regierungsweise im Dekabristenaufstand.
Parallel dazu ging die Expansion Russlands in den Kaukasus weiter und führte zur blutigen Unterwerfung der dortigen – meist muslimischen – und sich erbittert wehrenden Bergvölker. Im Verlauf der langwierigen Eroberungen wurde nicht mehr alleine Unterwerfung, sondern von der herrschenden Elite eine Russifizierung der Bevölkerung angestrebt, denn gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren nur die Hälfte der Bewohner des Imperiums ethnische Russen, zwei Drittel Slawen. Auf jenem beanspruchten Gebiet jedoch, das 75 % des gesamten Staatsgebietes ausmachte, lebten 70 nichtrussische Ethnien, vornehmlich Moslems des Kaukasus und Zentralasiens und stellten die Mehrheit. Ihr Widerstand gegen das Vordringen der russischen Truppen wurde gebrochen, dies hatte oft genozidalen Charakter.
Aufgrund der festgefahrenen gesellschaftlichen Strukturen wie der Autokratie und der Leibeigenschaft konnte das agrarisch geprägte Reich mit den sich rasant entwickelnden Industriestaaten immer weniger Schritt halten. Der 1856 verlorene Krimkrieg gegen die mit dem osmanischen Reich verbündeten Westmächte Frankreich und Großbritannien legte die inneren Schwächen des Reiches offen und gab Anstoß zur Phase der sogenannten Großen Reformen, mit denen Anschluss an die entwickelten Staaten im Westen gesucht wurde. Diese beschleunigten Russlands wirtschaftliche Entwicklung, doch das Land wurde immer wieder von inneren Unruhen destabilisiert, da die politischen Veränderungen nicht weitreichend genug waren und große Teile der Bevölkerung ausgeklammert wurden. Den „Westlern“, die eine Übernahme westeuropäischer Lebensformen und politischer Institutionen propagierten, standen immer auch die nationalromantisch geprägten „Russophilen“ oder „Slawophilen“ gegenüber, die einen eigenen, spezifisch russischen Weg in die Moderne forderten und die pauschale Übernahme westlicher Werte ganz oder zum großen Teil ablehnten.
Weiterhin dehnte das Reich sich aus, seine Armeen rückten in Zentralasien ein und begannen die dortigen Völker zu unterwerfen. 1858 wurde China mit dem Vertrag von Aigun gezwungen, große Teile seines mandschurischen Territoriums abzutreten. Keine zwei Jahre später brach Russland den Vertrag und erhielt 1860 auf Grundlage der Pekinger Konvention die gesamte Äußere Mandschurei zugesprochen. Wladiwostok wurde als Großstadt am Pazifik gegründet, zum nahegelegenen Kaiserreich Japan entstand eine Konfliktkonstellation. 1862 drangen russische Truppen im chinesischen Xinjiang ein, 1865 gelang die Eroberung Taschkents, 1867 wurde das Generalgouvernement Turkestan gegründet. Die Niederwerfung der Tscherkessen zog sich über ein Jahrhundert hin und endete in den 1860er Jahren in einem Völkermord und ihrer beinahe vollständigen Vernichtung in ihrem Siedlungsgebiet, Überlebende flohen ins Osmanische Reich. 1876 verbot Alexander II. im Emser Erlass den öffentlichen Gebrauch der ukrainischen Sprache. Imperiale Interessen in Osteuropa, die sich insbesondere gegen Österreich-Ungarn richteten, wurden panslawistisch begründet. Alexander II. starb 1882 bei einem Attentat der Untergrundorganisation Narodnaja Wolja, die versuchte politische und soziale Anliegen mittels terroristischer Anschläge zu befördern. Unter Alexander III. betrieb das Zarenreich eine rigorose Russifizierungspolitik, die 1891 gegründete Geheimpolizei Ochrana sollte Oppositionsbestrebungen und revolutionäre Umtriebe aufklären und bekämpfen.
In den großen Städten entstand um die Jahrhundertwende ein Industrieproletariat, aber sehr rasch auch eine bürgerliche Mittelschicht. Diese forderte ihren Anteil an der Verfügung über die Staatseinnahmen und die Mitverantwortung für die öffentlichen Angelegenheiten. Die Angehörigen der Mittelschicht besaßen aber kein gemeinsames politisches Bewusstsein. Sie verstanden unter politischer Freiheit kein moralisches Ziel, sondern meinten damit die Freiheit der materiellen Entfaltung und gerechte Besteuerung. So ließ sich die Mittelschicht auch nicht auf Dauer von den utopischen Entwürfen der Intelligenzija leiten. Eine Anpassung der Verfassungswirklichkeit des Staates, der die Mittelschicht näher eingebunden hätte, fand aber nicht statt. Stattdessen flammte der Terror wieder auf. Die Niederlage im Russisch-Japanischen Krieg führte letztlich zur Russischen Revolution von 1905. Der russische Kaiser Nikolaus II. war jedoch nicht bereit, grundlegende Reformen einzuleiten und ließ ein weitgehend funktionsloses Parlament, die Duma, das er notgedrungen genehmigt hatte, nur kurze Zeit später wieder auflösen.
1898 war die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands gegründet worden, die 1903 in die Fraktionen der Menschewiki und der Bolschewiki zerfiel. Die Bolschewiki unter Wladimir Uljanow, genannt Lenin, setzten auf eine sozialistische Revolution, die von einer Kaderorganisation geschulter Berufsrevolutionäre geführt werden sollte.
Russische Revolution und Weg zur Sowjetunion
Als im Jahre 1914 die Julikrise – in der Russland als erster Staat Mobilisierungsmaßnahmen ergriff – zum Ersten Weltkrieg führte, erfasste Russland als Mitglied der Entente eine patriotische Welle – eine Stimmung, die anfänglich alle Kriegsparteien bestimmte, einschließlich des Deutschen Kaiserreichs und dessen Verbündeten (Mittelmächte). Die anfänglichen Erfolge, vor allem gegen Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich, wurden bald abgelöst von einem Stellungskrieg und schweren Niederlagen vor allem gegen deutsche Truppen. Die innere Stabilität Russlands nahm ab. 1916 brach in Zentralasien ein Aufstand gegen russische Kolonisten und das Zarenreich aus, welches angesichts der Verluste an der Front begonnen hatte, zentralasiatische Männer für Hilfsdienste hinter der Front zwangszurekrutieren, etwa 200.000 Kirgisen und Kasachen kamen bei seiner gewaltsamen Niederschlagung ums Leben. 1917 gab die Moral der russischen Soldaten nach: Die Unzufriedenheit der Bevölkerung und die trostlose Versorgungslage führten in der Hauptstadt Petrograd zu Demonstrationen und Streiks und zur Solidarisierung kriegsmüder Soldaten, die Feuerbefehle auf die Bevölkerung verweigerten. Durch Druck der Duma und aus der Armeeführung wurde Kaiser Nikolaus II. zur Abdankung gezwungen, sein Bruder, der Großfürst Michail, der ihm nach Wunsch des Zaren eigentlich folgen sollte, erklärte gleichfalls seinen Verzicht. Damit endete die jahrhundertealte Herrschaft der Romanows.
In Folge kam im Februar 1917 eine provisorische Regierung (unter Beteiligung der Menschewiki und von Sozialrevolutionären) an die Macht, die als Doppelregierung mit Arbeiter- und Soldatensowjets amtierte. Im April 1917 kehrte der Führer der Bolschewiki, Wladimir Iljitsch Lenin, mit Unterstützung der kaiserlichen Regierung in Deutschland aus dem Exil zurück. Ein Aufstandsversuch seiner radikalen Bolschewiki im Juli 1917 gegen die Regierung scheiterte vorerst noch, Alexander Kerenski wurde Premierminister. Da die provisorische Regierung unter ihm zur Enttäuschung weiter Teile der Bevölkerung den Krieg nicht beendete, sondern vergeblich versuchte, mit der Kerenski-Offensive die Mittelmächte zurückzudrängen und nötige innenpolitische Reformen nicht in Angriff nahm, gewannen die Bolschewiki an Zulauf und stürzten im Oktober 1917 die Regierung. Anders als Kerenski war Lenin bereit den Preis für den Frieden zu zahlen. Im Vertrag von Brest-Litowsk gab er 1918 den Deutschen weitgehend nach und verzichtete faktisch auf Polen, das Baltikum, die Ukraine und Finnland; im Kaukasus und Vorderasien wurden Territorien an die Türken abgetreten. Mit dem Dekret über Grund und Boden, das die Grundherren zugunsten der Bauern enteignete, verdeutlichten die Bolschewiki ihre Bereitschaft zu radikaler Umgestaltung.
Nach der Februarrevolution 1917 erlangten die Frauen in Russland das aktive und passive Wahlrecht. Sie waren sowohl an den Wahlen zu den Sowjets als auch zu den Stadtdumas zugelassen. Im Mai 1917 wurde ein Gesetz beschlossen, das russischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern über 20 das Recht verschaffte, die Konstituierende Versammlung zu wählen. Nach der Oktoberrevolution wurde das aktive und passive Frauenwahlrecht in der Verfassung der Russischen Sowjetrepublik vom 10. Juli 1918 festgeschrieben. Nicht-russische Völker machten nach der Oktoberrevolution mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Landes aus. Mit dem Recht der Selbstbestimmung (Erklärung der Rechte der Völker Russlands) hofften die Bolschewiki die Unterstützung dieser Völker zu gewinnen. Aus dem der Oktoberrevolution folgenden Bürgerkrieg zwischen den sozialistischen „Roten“ und den gegenrevolutionären „Weißen“ gingen die Bolschewiki als Sieger hervor. Die Zerstrittenheit und die Unfähigkeit ihrer weißen Gegner, den ethnischen Minderheiten und den eine Rückkehr der Gutsherren fürchtenden Bauern glaubwürdige Angebote zu machen, trug dazu bei. Der Bürgerkrieg war von außerordentlicher Härte und zahlreichen Opfern unter der Zivilbevölkerung geprägt, die unter dem roten und dem weißen Terror ebenso wie unter Kriegshandlungen und Hunger litten; die Bolschewiki hatten in ihm den Vorteil rücksichtsloser Gewaltbereitschaft, den sie auch gegen ihre Gegner unter der Linken ausspielten. Mit der Geheimpolizei Tscheka und der Roten Armee schufen sie tragende Institutionen der späteren UdSSR. Die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, wie auch Finnland, sicherten dagegen durch Abwehr der Roten Armee bzw. durch längere Bürgerkriege ihre Unabhängigkeit von Russland. Im Laufe des Bürgerkriegs sowie des darauf folgenden Polnisch-Sowjetischen Krieges verlor Sowjetrussland 1920 Teile Belarus’ und der Ukraine („Kresy“) an Polen. 1921 wurde die russische Sowjetrepublik als Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) ausgerufen, die den wichtigsten Teil der späteren Sowjetunion darstellte. Wirtschaftlich versuchten die Bolschewiki das Land während und nach Ende des Bürgerkrieges durch die Politik des sogenannten Kriegskommunismus unter Enteignungen, Aufhebung von Marktmechanismen und per Beschlagnahme und gesteuerter Verteilung von Nahrungsmitteln und anderen Gütern in eine Planwirtschaft zu verwandeln, mit schlimmen Folgen für die Versorgungslage der Bevölkerung.
Sowjetunion
Am 30. Dezember 1922 wurde aus dem bisher bestehenden Sowjetrussland die Sowjetunion gegründet. Wirtschaftlich gelang es durch die verhältnismäßig offene und zu Marktmechanismen zurückkehrende Neue Ökonomische Politik die Lage zu stabilisieren. Die kurzzeitige Unabhängigkeit der Ukraine wurde beendet und diese als Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik ein Teilstaat der UdSSR. Lenins Tod am 21. Januar 1924 führte zu einem erbitterten Nachfolgekampf, in dem sich der Generalsekretär der kommunistischen Partei, Josef Stalin gegen Leo Trotzki durchsetzte. Stalin setzte in Abkehr von der bisherigen Wirtschaftspolitik erneut auf eine Zentralisierung der Wirtschaft, die mit einer Zwangskollektivierung der Landwirtschaft einherging. Seit 1928 wurde die staatliche Wirtschaft Fünfjahresplänen unterworfen und die Industrialisierung der Sowjetunion vorangetrieben. Die Zwangskollektivierung in der Sowjetunion wurde von der Kampagne der „Entkulakisierung“ begleitet. Die Geheimpolizei Tscheka wurde erst in die GPU und 1934 in den NKWD überführt, der unter Nikolai Jeschow den Großen Terror organisierte, der sich auch gegen die kommunistische Partei selbst richtete. Der Stalinismus zeichnete sich durch Personenkult und gezielten Terror aus, der stalinistischen Umgestaltung der Gesellschaft fielen Millionen Menschen zum Opfer, sowohl durch direkte Verfolgung mit Ermordung oder Deportierung in Lager, wie auch durch in der Folge auftretende Hungersnöte.Ethnien, denen misstraut wurde, wurden gesondert deportiert. Im Holodomor starben Millionen Ukrainer.
Im August 1939 schloss die Sowjetunion einen Nichtangriffspakt mit dem NS-Staat, wobei in einem geheimen Zusatz auch eine einvernehmliche Aufteilung Osteuropas aufgenommen wurde. Dies ermöglichte Hitler Anfang September 1939 den geplanten Angriffskrieg gegen Polen, der mit einem sowjetischen Angriff gegen Ostpolen Mitte September abgestimmt war und zur Teilung des Landes zwischen NS-Deutschland und der UdSSR führte. Im Winterkrieg überfiel die Sowjetunion Finnland und gewann kleinere Teile des Landes, konnte Finnland aber nicht erobern. 1940 wurden Litauen, Lettland und Estland gewaltsam besetzt und der Sowjetunion angeschlossen.
Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, der zum Deutsch-Sowjetischen Krieg führte (in der Sowjetunion Großer Vaterländischer Krieg genannt), trat das Land der Anti-Hitler-Koalition bei. Allein während der Leningrader Blockade verhungerten über eine Million Menschen in Leningrad. Insgesamt starben in diesem Krieg geschätzt 27 Millionen Sowjetbürger aus unterschiedlichen Ethnien und Gliedstaaten der UdSSR, davon 14 Millionen Zivilisten. Die Rote Armee konnte aber im Kriegsverlauf – unterstützt durch umfangreiche Lieferungen kriegswichtiger Güter nach dem Leih- und Pachtgesetz der USA – sich modernisieren, die tödliche Krise der Anfangszeit, in der die Wehrmacht bis kurz vor Moskau und in den Kaukasus vorgerückt war, überwinden und den deutschen Truppen nun selber schwere Niederlagen zufügen. Sie siegte im Mai 1945 in der abschließenden Schlacht um Berlin.
Nach dem Krieg sicherte sich die Sowjetunion großen Einfluss in benachbarten und Ländern Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien und in der DDR, die das politische System der UdSSR übernehmen mussten. In Ländern des Warschauer Paktes blieben Hunderttausende sowjetischer Soldaten stationiert. Aufstände in Osteuropa gegen die sowjetisch-kommunistische Herrschaft (Ungarnaufstand, Aufstand vom 17. Juni 1953) wurden militärisch niedergeschlagen, dasselbe geschah mit der friedlichen Reformbewegung des Prager Frühlings, die aus der kommunistischen Partei der Tschechoslowakei hervorgegangen war. Gemäß der Breschnew-Doktrin wurde den Ostblock-Staaten nur eine eingeschränkte Souveränität zugestanden.
1948 war es der Sowjetunion gelungen, ihre erste Kernwaffe zu zünden, von nun an standen sich die USA und die UdSSR atomar bewaffnet gegenüber. Gegenseitige Vernichtungsfähigkeit ließ die Vermeidung eines offenen Krieges beiden Supermächten angeraten erscheinen, der daraus resultierende Kalte Krieg dominierte bis 1989 die Weltpolitik.
Der letzte sowjetische Präsident Michail Gorbatschow leitete ab 1987 mit der „Perestroika“ einen Umbau des politischen und wirtschaftlichen Systems in der Sowjetunion ein und förderte mit der Politik der „Glasnost“ die Transparenz und Offenheit der Staatsführung gegenüber der Bevölkerung. Dies ermutigte Protestbewegungen in Staaten des Warschauer Paktes, die bislang Undenkbares wie den Fall der Mauer 1989 erreichten, ohne dass Gorbatschow militärisch eingriff. Ihr Erfolg ermutigte Unionsrepubliken für sich mehr oder sogar die vollständige Unabhängigkeit anzustreben. Gorbatschow gelang es, einen neuen Unionsvertrag auszuhandeln, der den Unionsrepubliken mehr Freiheit zugestand und so zu einer Föderalisierung und dem Erhalt der Union führen sollte. Sechs Republiken, die mittlerweile die vollständige Unabhängigkeit anstrebten, nahmen mit ihren Institutionen an dem abgehaltenen Referendum nicht teil, sowjetische Institutionen dort führten die Abstimmung dennoch behelfsmäßig und mit nicht repräsentativen Ergebnissen, die sich für den Vertrag aussprachen, durch. In den restlichen neun Republiken stimmten überall deutliche Mehrheiten für den Vertrag. Nach dem misslungenen Augustputsch in Moskau 1991 durch konservative Kommunisten jedoch, der sich gegen den Unionsvertrag und seine Neuerungen richtete und der am Widerstand des Präsidenten des russischen Teilstaates Boris Jelzin und seiner Unterstützer scheiterte, nahmen die Zerfallsprozesse des Gesamtstaates weiter zu. Am 1. Dezember 1991 sprach sich in einem Referendum eine überwältigende Mehrheit der Ukrainer für die vollständige Unabhängigkeit aus, nachdem im Referendum zuvor noch eine Mehrheit für den neuen Unionsvertrag zustande gekommen war. Jelzin und Vertreter der anderen Sowjetrepubliken beschlossen die Auflösung der UdSSR zum 31. Dezember 1991.
Russische Föderation seit 1992
Die Russische Föderation übt seit 1992 als größte ehemalige Sowjetrepublik (Russische SFSR) die völkerrechtlichen Rechte und Pflichten der UdSSR aus. In den ersten Jahren ergaben sich innenpolitische Konflikte über den einzuschlagenden Kurs: In der russischen Verfassungskrise 1993 löste Jelzin per Dekret den ersten frei gewählten Obersten Sowjet Russlands auf, der sich u. a. seinen Bemühungen widersetzt hatte, eine neue Verfassung zu verabschieden und Wirtschaftsreformen durchzusetzen und unter Ruslan Chasbulatow und Alexander Ruzkoi insgesamt auf Konfrontation zu ihm gegangen war. Eine vom Parlament nach einem gescheiterten Amtsenthebungsverfahren Jelzins initiierte Volksbefragung hatte sich für den von den Staatsmedien unterstützten Präsidenten ausgesprochen. Das Parlament wurde von Kräften der alten Eliten dominiert, Liberale hatten sich abseits der Zentren des Landes noch nicht ausreichend für die Parlamentswahl organisieren können. Bewaffnete Anhänger des Parlamentes hatten das Bürgermeisteramt Moskaus und den Fernsehsender Ostankino gestürmt und dabei mehrere Polizisten getötet. Jelzin ordnete am vierten Oktober eine gewaltsame Stürmung des Parlamentsgebäudes (Weißes Haus) an, in dem sich eine Anzahl Parlamentarier und weitere Anhänger verbarrikadiert hatten. Über 100 Menschen kamen ums Leben. Im Dezember billigte die russische Bevölkerung per Volksabstimmung die neue Verfassung der Russischen Föderation (Zweikammersystem, Präsidialverwaltung).
Unter Jelzin wurden in Russland Teile der Wirtschaft privatisiert und Reformen versucht. Dabei gelangten wertvolle Unternehmen, Banken und Rohstoffvorkommen, u. a. Mineralöl, bei Versteigerungen weit unter ihrem Wert in den Besitz von Oligarchen wie beispielsweise Sergey Grishin und Roman Abramowitsch, die gute Beziehungen zu Herrschenden hatten bzw. diesen Schmiergelder und Schutzgelder zahlten. Durch lukrative Geschäfte mit dem Staat konnten die Oligarchen ihren Profit zum Nachteil des Volkes noch steigern. Die Oligarchen wurden politisch einflussreiche Akteure, denen die Absicherung ihrer Positionen wichtiger war als demokratische Prinzipien und Prozeduren.
1991/92 gab es eine Rubelkrise. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) lag 1993 um 12 % unter dem von 1992 und um 29 % unter dem von 1991. Die Industrieproduktion war 1993 um 31,3 %, die Konsumgüterproduktion um 24,8 % und die Nahrungsmittelproduktion um 27,3 % niedriger als 1991. Im Oktober 1993 waren 2400 Produktionsbetriebe vorübergehend stillgelegt, im Februar 1994 4280. Wegen Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern kam es zu gesamtwirtschaftlich folgenschweren Streiks, z. B. in den Kohlerevieren.
Die Inflation war jahrelang hoch und große Teile der Bevölkerung verarmten. 1998 rutschte das Land in die Zahlungsunfähigkeit (→ Russlandkrise). Insbesondere in der Übergangszeit nahmen aufgrund des Erstarkens regionaler Autonomien nach dem Ende der stark zentralistischen Sowjetzeit zentrifugale Strömungen an den Rändern des Landes zu. So sah sich seit Mitte der 1990er-Jahre die russische Regierung mit Unabhängigkeitsbewegungen und Machtkämpfen in zahlreichen Teilrepubliken konfrontiert, besonders im Ersten Tschetschenienkrieg 1994/96, bei dem zehntausende Menschen starben.
Die chaotischen Jahre unter Jelzin verunsicherten viele Menschen. Die Geburtenrate war niedrig; Kriminalität, Alkoholismus etc. waren verbreitet. In der Endphase von Jelzins Herrschaft bestand die russische Außenpolitik fast nur noch aus leeren Drohungen und Reaktionen. Dies betraf z. B. die NATO-Osterweiterung und den Kosovokrieg. Auch einige markante Ereignisse wie der Untergang der Kursk im August 2000, der tagelange Brand des Moskauer Fernsehturms Ostankino und das Ende der Mir im März 2001 förderten bei vielen Russen das Gefühl, Russland sei von der Rolle einer Supermacht auf die eines Schwellenlands zurückgefallen.
Bei der Suche nach einem Nachfolger entschied Jelzin sich für den weitgehend unbekannten Wladimir Putin, der vor der Wende als KGB-Offizier in der DDR gearbeitet hatte und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks enger Mitarbeiter des Bürgermeisters von St. Petersburg, Anatoli Sobtschak, gewesen war, bevor er in die Kreml-Verwaltung eintrat. Jelzin machte ihn zum Direktor des Inlandsgeheimdienstes FSB, und Anfang August 1999 zum Ministerpräsidenten Russlands. Sprengstoffanschläge auf Wohnhäuser in Russland, die von der Regierung islamistischen Terroristen aus Tschetschenien zugeschrieben wurden, ließen den Tschetschenienkonflikt wieder aufleben. Von Frühherbst 1999 bis Anfang 2000 brachten russische Truppen den Großteil Tschetscheniens wieder unter ihre Kontrolle (vgl. Zweiter Tschetschenienkrieg). Jelzin trat im Dezember 1999 als Präsident zurück, Putin übernahm als Ministerpräsident erst geschäftsführend seine Amtsgeschäfte und wurde in der Präsidentschaftswahl 2000 sein Nachfolger als Präsident.
Hohe Rohstoffpreise (Öl, Gas, Stahl), eine Steuerreform und Kapitalrückfluss förderten die wirtschaftliche Erholung nach dem Amtsantritt Wladimir Putins. Nach der Geiselnahme von Beslan im September 2004 leitete Putin einen grundlegenden Umbau des Staatswesens ein, der Macht und Kontrolle in noch stärkerem Maß als bisher in den Händen des Präsidenten konzentrierte. „Für Putin ging es später darum, mit Hilfe einer ‚Machtvertikale‘ der Exekutive auf allen staatlichen Ebenen die Alleinherrschaft des Kreml zu sichern.“ Die Machtvertikale wird von westlichen Beobachtern wie z. B. Margareta Mommsen (2012) als in jeder Hinsicht unvereinbar mit Vorstellungen einer eigenständigen Rolle des Parlaments, von wechselnden parlamentarischen Mehrheiten sowie vom freien Wettbewerb politischer Parteien gesehen. Selbst die höchsten politischen Amtsträger verfügten über kein klares Verfassungsverständnis; mit diesem Ansatz könne weder eine Verfassungslegitimität noch eine Verfassungskultur entstehen. „Unterdessen wird der praktizierte Autoritarismus als ein notwendiges Provisorium gerechtfertigt. So beruft sich Putin gerne auf eine ‚Herrschaft per Handsteuerung‘. […] Damit gab er sich überzeugt, dass der politische Prozess weiterhin der persönlichen Lenkung und der ad hoc-Arrangements anstatt der Verfassung folgen müsse.“
2008 kam es zum Kaukasuskrieg gegen Georgien, in dessen Folge die völkerrechtlich zu Georgien gehörenden Gebiete Abchasien und Südossetien von Russland als unabhängige Staaten anerkannt wurden. Russland unterhält dauerhaft Truppen in beiden Gebieten.
Nach den Fälschungen der Parlamentswahlen 2011 kam es zu Großdemonstrationen mit Hunderttausenden von Teilnehmern. Darauf und auf die Proteste bei der Präsidentenwahl reagierte die Staatsmacht mit noch mehr Repression; es wurde bereits verhaftet, wer sich mit einer anderen „protestierenden“ Person traf; jede andere Protestform als ein Einzelprotest wurde verboten, Geldstrafen für Teilnahmen an nicht genehmigten Demonstrationen wurden um ein bis zu 150-faches erhöht. Anmeldungen von Demonstrationen zur Bewilligung waren willkürlichen Regeln unterworfen. Auch wurde ein Gesetz über „ausländische Agenten“ in Russland eingeführt.
Ab 2013 begann die Stagnation der Wirtschaft. Im Jahr 2015 wurde Oppositionsführer Boris Nemzow ermordet. In der Gesellschaft kam es Ende der 2010er- sowie zu Beginn der 2020er-Jahre zu mehreren Demonstrationswellen. 2018 demonstrierten die Menschen wochenlang gegen die Erhöhung des Rentenalters, 2019 kam es neben einer bewilligten Großdemonstration trotz Demonstrationsverboten zu wochenlangen Protesten gegen den Ausschluss von Kandidaten bei den Kommunalwahlen. Diese Proteste wären moralisch, nicht politisch, so Leonid Gosman, daher vereinten sie Menschen verschiedener politischer Ansichten gegen die Arroganz und Unzulänglichkeit der Behörden mit ihren Lügen und ihrer Verachtung der Menschen. Weitere Proteste gab es in Chabarowsk 2020 nach der Festnahme des Gouverneurs Sergei Furgal. Das Jahr 2021 war geprägt von einer Zunahme der repressiven Kontrolle über die Gesellschaft, die sich sowohl gegen potentielle Konkurrenten Putins wie Nawalny als auch freie Medien, Meinungsäußerungen im Internet und die Universitäten richtete. Im Januar 2021 protestierten Zehntausende gegen die Festnahme des Oppositionellen Alexei Nawalny, der im Februar 2024 als politischer Häftling in einem Straflager unter ungeklärten Umständen zu Tode kam.
Krieg in der Ostukraine ab 2014 und Überfall auf die Ukraine 2022
Am 20. Februar 2014 kam es in einem nur halb verdeckten Militäreinsatz prorussischer Kämpfer zu Angriffen auf die durch einen Freundschaftsvertrag mit Russland und einen Grenzvertrag verbundene Ukraine. Deren vertraglich garantierte Souveränität wurde vor allem durch die völkerrechtswidrige russische Annexion der Halbinsel Krim verletzt. Am 21. März 2014 wurde der Föderationskreis Krim gegründet. Der von Russland 2014 angestoßene Hybridkrieg in der östlichen Ukraine währte nach einer internationalen Eindämmung über mehrere Jahre.
Am 24. Februar 2022 folgte der russische Überfall auf die gesamte Ukraine, der zum größten Krieg in Europa nach 1945 wurde. Kurz nach Invasionsbeginn, unter fortgesetzten russischen Angriffen, zustande gekommene russisch-ukrainische Friedensverhandlungen scheiterten. Mit dem Krieg begann eine tiefergehende Unterdrückung der Informations-, Meinungs- und Medienfreiheit in Russland, ohne dass sich die russische Bevölkerung zum Widerstand erhob. Mehrere repräsentative Umfragen des Lewada-Zentrums unter der russischen Bevölkerung zeigten eine mehrheitliche Befürwortung des russischen Militäreinsatzes. Mit Beginn des Krieges, der per Gesetz nicht als Krieg bezeichnet werden darf, sondern vor dem Hintergrund von Propaganda der Russischen Föderation „militärische Spezialoperation“ genannt wird, setzte eine Auswanderung ein, die sich mit der Mobilmachung in Russland auf mehrere hunderttausend Menschen erhöhte. Beobachter bewerten diese als die größte Auswanderungsbewegung „seit der Oktoberrevolution“; mehr als 1 % der arbeitenden Bevölkerung seien von ihr umfasst. Unter den Emigranten sind insbesondere junge und gut ausgebildete Angehörige technischer Berufe, etwa aus dem IT-Bereich. Im Zuge des Krieges weitete die russische Staatsführung die Anzahl der in Russland unerwünschten ausländischen Organisationen, als auch die Anzahl der in Russland als „ausländische Agenten“ geführten Personen, aus. Im Zuge des Kriegs erfolgte seitens der EU und vielen anderen Ländern Wirtschaftssanktionen gegen Russland und russische Personen. Russland umging diese teilweise erfolgreich. Wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine ließ Deutschland die von Russland nach Deutschland verlaufende zusätzliche Erdgasexportpipeline Nord Stream 2 nicht für den Betrieb zu, Russland stoppte die Lieferungen durch Nord Stream 1 ab Juni 2022 mit der Begründung von Wartungsarbeiten, noch im selben Jahr rissen Sprengungen Löcher in drei der vier Ostsee-Pipelines. Mit dem zeitlich befristeten Getreideexportabkommen schloss Russland in Kriegszeiten eine Vereinbarung über den Güterverkehr mit der Ukraine, wodurch insbesondere ukrainisches Getreide über das Schwarze Meer verschifft werden konnte.
Am 23. November 2022 erklärte das Europäische Parlament Russland als staatlichen Unterstützer des Terrorismus.
Der IStGH in Den Haag, der von Russland nicht anerkannt wird, erließ im Jahr 2023 einen Haftbefehl gegen den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin wegen des Vorwurfs der Verbrechen gegen die Menschlichkeit bzw. wegen Kriegsverbrechen im Russisch-Ukrainischen Krieg. Bis ins Frühjahr 2024 fielen (bzw. wurden schwer verletzt) nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 50.000 und mehreren hunderttausend russische Soldaten und Söldner dem russisch-ukrainischen Krieg zum Opfer.
Im Juni 2023 führte Jewgeni Prigoschin mit seiner Söldnerorganisation Gruppe Wagner einen Aufstand in Russland an, beendete ihn jedoch auf Vermittlung des belarussischen Diktators Aljaksandr Lukaschenka vorzeitig, sodass es zu keinem Umsturz kam. Laut Prigoschin war der Aufstand gegen die russische Armeeführung um Verteidigungsminister Sergei Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow gerichtet und wegen einer Unzufriedenheit über die russische Kriegsführung in der Ukraine gestartet worden. Wenige Monate später starb Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz. Sein Ableben reihte sich in eine Serie von Todesfällen russischer Unternehmer, Politiker und Staatsbediensteter ein, die nicht restlos aufgeklärt oder deren Umstände zweifelhaft sind.
Im September 2023 wurde an allen staatlichen Schulen praktischer Militärunterricht, den es bereits in der Sowjetunion gegeben hatte, eingeführt. Zum selben Zweck war im Jahr 2016 die dem russischen Verteidigungsministerium unterstehende Jugendarmee Junarmija gegründet worden, die innerhalb weniger Jahre auf über eine Million Mitglieder anwuchs.
Mit der Kursk-Offensive 2024 fand erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg ein größerer Einbruch feindlicher Truppen nach Russland statt bzw. wurde seitdem erstmals wieder russisches Staatsgebiet durch eine fremde Armee besetzt.
Im November 2024 gab der deutsche Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius bekannt, dass nach seinen Informationen das auf Kriegswirtschaft umgestellte Russland in drei Monaten so viele Waffen und Munition produziere wie alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union zusammengenommen in einem Jahr. Für das Jahr 2025 sind umgerechnet mehr als 127 Milliarden Euro für das russische Militär vorgesehen, knapp ein Drittel des russischen Budgets und mehr als sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Politik
Politisches System und Willensbildung
Präsident und Regierung
Russland ist nach der Verfassung vom 12. Dezember 1993 ein „demokratischer föderativer Rechtsstaat mit republikanischer Regierungsform“ und einem semipräsidentiellen Regierungssystem. So ist das Staatsoberhaupt der Präsident Russlands, der vom Volk für jeweils sechs Jahre direkt gewählt wird. Laut offizieller Selbstdarstellung gehört er keiner der drei Staatsgewalten an, er sichert vielmehr deren Funktionieren und Zusammenwirken. De facto ist der Präsident die zentrale Figur des russischen Staates, seine Position ist (Stand 2023) faktisch autokratisch, und er kann über sämtliche Machtmittel des Staates verfügen. Per Dekret kann er jeden Sachverhalt mit unmittelbarer Rechtswirkung regeln. Der Präsident bestimmt die Hauptrichtungen der Außenpolitik und kann internationale Verträge unterzeichnen. Er ist der Oberste Befehlshaber der Streitkräfte Russlands, ernennt und entlässt das Oberkommando der Streitkräfte. Er unterschreibt die von Duma und Föderationsrat verabschiedeten Gesetze, gegen die er ein Veto einlegen kann, das theoretisch mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen in beiden Häusern des Parlamentes überstimmt werden kann.
Die exekutive Gewalt liegt bei der Regierung der Russischen Föderation, deren Schlüsselministerien und -behörden jedoch direkt dem Präsidenten und nicht dem Ministerpräsidenten oder dem Parlament unterstellt sind. Direkt dem Präsidenten unterstellt sind u.a die Nationalgarde, das Innenministerium, das Katastrophenschutzministerium, das Außenministerium; das Verteidigungsministerium, das Justizministerium, der Auslandsgeheimdienst SWR, der Inlandsgeheimdienst (FSB), der Föderale Schutzdienst (FSO), der Föderale Dienst für Finanzaufsicht (Rosfinmonitoring) sowie die Russische Präsidialverwaltung. Ferner untersteht die „wichtigste föderale Ermittlungsbehörde“, das sogenannte Untersuchungskomitee (Sledstwennyj komitet), das Bundesbehörden überprüft und Fälle von Machtmissbrauch und Korruption aufklärt, dem Präsidenten direkt. Die Regierung ist keine politische Parlamentsregierung mit eigenem Rückhalt, sondern ein Technokratenkabinett, das hauptsächlich für Wirtschafts- und Finanzfragen und für Verwaltungsaufgaben zuständig ist. Das Kabinett tagt wöchentlich öffentlich. Der Präsident hat das Recht des Kabinettsvorsitzes, das er aber nicht immer wahrnimmt. Der Ministerpräsident von Russland, auch als Premierminister bezeichnet, wird vom Präsidenten vorgeschlagen und muss von der Duma bestätigt werden.
Legislative: Duma und Föderationsrat
Die Legislative wird durch die Föderationsversammlung ausgeübt, die aus den zwei Kammern Duma und Föderationsrat besteht. Die Staatsduma ist das Unterhaus und besteht aus 450 Abgeordneten, die für fünf Jahre nach Parteilisten gewählt werden. Die Regierung ist nicht an die Legislaturperiode des Parlaments, sondern an die Amtszeit des Präsidenten gebunden, denn bei einem neu gewählten Präsidenten legt die Regierung ihre Vollmachten nieder. Die Staatsduma kann der Regierung mit der Mehrheit aller Abgeordneten das Misstrauen aussprechen oder die Vertrauensfrage der Regierung abschlägig bescheiden. Die Regierung hat die Budgethoheit und bestimmt über eine einheitliche Finanz-, Kredit- und Geldpolitik. Die weiteren Politikfelder sind Kultur-, Wissenschafts-, Bildungs-, Gesundheits-, soziale Sicherheits- und Ökologiepolitik. Das bedeutet insgesamt, dass die Machtverteilung und Regierungszusammensetzung nicht die politischen Kräfteverhältnisse der Staatsduma widerspiegeln muss. Sowohl die Kandidatur des Regierungschefs (Ministerpräsidenten) der Föderation als auch die Ernennung bedarf nach einer Verfassungsänderung von 2020 der Zustimmung der Staatsduma, dasselbe gilt für die vom Ministerpräsidenten vorgeschlagenen Vizeministerpräsidenten und Minister. Der russische Präsident ist verpflichtet, die Berufenen zu ernennen, eine Ablehnung ist nicht möglich; jedoch wird er weiterhin das Recht haben, im Falle eines Vertrauensverlustes oder einer nicht-ordnungsgemäßen Pflichterfüllung den Ministerpräsidenten sowie seine Stellvertreter und Minister zu entlassen, sowie die Duma aufzulösen. Um im Parlament Einzug zu halten, muss eine Partei bei der Wahl mindestens 7 % der Stimmen erhalten. Die Hauptaufgabe der Staatsduma ist die Verabschiedung von Gesetzen. In der Praxis (Stand 2022) hat nach Einschätzung der Bertelsmann Stiftung das Parlament keine Kontrolle über die Exekutive.
Der Föderationsrat ist das Oberhaus und der Vertreter der Föderationssubjekte. Jedes Subjekt entsendet zwei Vertreter, einen der regionalen Exekutive, einen der regionalen parlamentarischen Vertretung. Ihre Amtszeit ist an die Legislaturperiode ihrer Region geknüpft. Der Föderationsrat kann von der Duma kommende Gesetze zur Unterschrift an den Präsidenten weiterleiten oder abweisen, diese Abweisung wiederum kann die Duma mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit überstimmen. Alle von der Staatsduma verabschiedeten Gesetze müssen dem Föderationsrat vorgelegt werden, dem es frei steht, sie innerhalb von zwei Wochen zu behandeln oder nicht, was als Zustimmung gilt. Ein Veto des Präsidenten kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln in jeder Parlamentskammer aufgehoben werden. In der Verfassungswirklichkeit fungiert der Föderationsrat aufgrund der Einflussnahme des Kremls auf die Wahlen in den Regionen und die entsprechende Auswahl regionalen Personals eher als Vertreter der Zentrale in den Regionen als umgekehrt.
Sicherheitsrat der Russischen Föderation
Der Sicherheitsrat der Russischen Föderation (russisch Совет Безопасности Российской Федерации Sowet Besopasnosti Rossijskoi Federazii; englisch Security Council of the Russian Federation, SCRF) ist ein Gremium hochrangiger Politiker zur gemeinsamen Entscheidungsfindung in Sachen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Organisiert als Teil der präsidentiellen Kreml-Administration besitzt er faktisch eine gewisse Autonomie. Er besteht aus 13 ständigen Mitgliedern qua Amtsnähe (z. B. Verteidigungsminister und Außenminister) und 18 vom Präsidenten ernannten Mitgliedern ohne Stimmberechtigung und trifft sich etwa 35 mal im Jahr. Die ständigen Mitglieder allerdings treffen sich wöchentlich unter Vorsitz des Präsidenten. Der Rat verfügt über ein eigenes und stark mit Personal versehenes Sekretariat, das Abstimmungsprozesse zwischen den Akteuren koordiniert und Einblick in deren Planungsprozesse und Operationen hat. Mitarbeiter des Sekretariats werden öfters auf hohe Posten in der Verwaltung befördert. Eine besondere und einflussreiche Rolle spielt der langjährige Sekretär des Rates, Nikolai Patruschew. Wichtige Personen bleiben über Jahre Mitglieder im Rat, selbst wenn ihre Positionen in Verwaltung und Politik sich zwischenzeitlich ändern. 1992 gegründet wurde der Rat zeitweise mit dem früheren Politbüro verglichen und als ein innerer Zirkel beschrieben, allerdings wird heute davon ausgegangen, dass die wichtigen Entscheidungen nicht im Rat selbst, sondern in noch kleinerem Rahmen vorbereitet werden. Über Zugehörigkeit zum Rat entscheidet letztlich immer der Präsident, der Rat ist ein Ort, wo Elitenakteure – insbesondere die Silowiki – die Politik abstimmen und etwaige Konflikte lösen. Sicherheitsrelevante Gesetze werden im Rat vorformuliert und in den Gesetzgebungsprozess als Vorschläge eingebracht, die in der Verwaltung und der Duma beachtet werden (nachdem sie von ausgewählten Abgeordneten parlamentarisch eingebracht wurden), Rat und Sekretariat haben eine wirksame Rolle als Agenda-Setter und Koordinierungsstelle inne. So wird die Nationale Sicherheitsstrategie im Rat als Konsens erarbeitet. Der Rat diskutiert allerdings nicht nur sicherheitsrelevante Themen, sondern letztlich alles, was für den Staat wichtig erscheint, auch bei Themen die den Bereich innerer und äußerer Sicherheit verlassen, beeinflusst er zumindest die ideologische Ausrichtung.
Der Entschluss zur Invasion der Ukraine 2022 wurde nicht im Rat getroffen, sondern von einer kleinen Gruppe von Vertrauten Putins, darunter prominente Mitglieder des Sicherheitsrates wie Sekretär Patruschew, der Verteidigungsminister Schoigu, der Generalstabschef Gerassimow, der FSB-Direktor Bortnikow und der Kommandeur der russischen Nationalgarde Solotow. Bei einer öffentlichen Sitzung vor Invasionsbeginn, in der es offiziell um die Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk ging, in Wirklichkeit aber um den Krieg, waren nicht alle Mitglieder des Rates über die Pläne vorab informiert worden. Obwohl „eine Fraktion für die Fortsetzung der Verhandlungen mit den USA und der Nato plädierte“, ließ Putin keinen Widerspruch zu. Laut Fabian Burkhardt sei der Zweck der Sitzung gewesen, die Nichteingeweihten in die Kriegsvorbereitung zu verwickeln und „mitschuldig zu machen“, um sie zu binden. Der Vorgang habe belegt, dass der Rat Putin nicht eingrenzen könne, sondern die Herrschaft in Russland sich radikalisiere und nicht von Institutionen, sondern von Putin als Person ausgehe. Es sei verdeutlicht worden, „wie hochpersonalisiert das autoritäre Regime in Russland ist“.
Politische Parteien und Wahlen
Seit dem Verzicht der KPdSU auf ihre verfassungsmäßige Führungsrolle 1990 vollzog sich ein Wandel von einem diktatorischen Einparteienstaat zu einem Mehrparteiensystem. Es bildeten sich Hunderte von politischen Gruppierungen, Splittergruppen, Bewegungen und Parteien, die ein breites politisches Spektrum von Monarchisten bis hin zu Kommunisten abdecken. Die russischen Parteien sind eher schwach und verfügten selten über eine stabile Identität. Fraglich erscheint, ob eine wirkliche Demokratisierung je stattfand, denn ein Wechsel der Eliten erfolgte nicht: Die früheren Mitglieder und Funktionäre der KPDSU, die Nomenklatura, besetzten weiterhin die Schlüsselpositionen, Wettstreit der Parteien wurde vom Kreml allenfalls zeitweise akzeptiert.
Seit der Parlamentswahl in Russland 1995 unterstützt die Regierung jeweils eine neue, eigene Hausmacht. Diese administrativen, von oben gegründeten „Parteien der Macht“ (партии власти, partii wlasti) sind lose Ad-hoc-Bündnisse, die sich auf Bürokraten stützen, die dem Präsidenten loyal ergeben sind.
Seit der Jahrtausendwende funktionierten einige wenige Parteien als gesellschaftliche Netzwerke, die spezifische Wählergruppen mobilisieren konnten. Von 2008 bis 2011 bestanden in Russland nur sieben Parteien, ein Ergebnis gesetzlicher Regelungen, die für Parteien eine hohe Mindestmitgliederzahl und Niederlassungen in zwei Dritteln der Regionen, faktisch landesweit anordneten. Im Zuge der Demonstrationen zur Parlamentswahl im Dezember 2011 wurde ein neues Parteiengesetz verabschiedet, das die Zulassung neuer Parteien ab einer Mitgliederzahl von 500 Personen erlaubt (bisher 40.000). Nach einer Entscheidung des EGMR zugunsten der regierungskritischen Partei der Volksfreiheit stieg die Zahl der russischen Parteien bis Jahresende 2012 auf 48 an.
Gegenwärtig wird die Politik Russlands von einer einzigen Partei, Einiges Russland (Единая Россия, Jedinaja Rossija), dominiert. Einiges Russland entstand 2001 aus den Parteien Einheit (Единство, Jedinstwo) und Vaterland – ganz Russland (Отечество – Вся Россия, Otetschestwo – wsja Rossija), die sich wiederum zum Teil aus der untergegangenen Partei Unser Haus Russland (Наш дом – Россия, Nasch dom – Rossija) rekrutierten, der Partei von Putins Vorgänger Boris Jelzin. Einiges Russland wurde gezielt und mit Aufwand von Regierungsseite als dominante Partei Russlands aufgebaut, mit über zwei Millionen Mitgliedern stellt sie eine solide Massenbasis. Die Popularität Putins und flächendeckend vorhandene klientelistische Netzwerke lokaler Führungspersonen mit hoher Organisationskraft ermöglichten wiederholte Wahlsiege. Die Partei dient dazu, die das System stützenden Eliten zu integrieren und Politiker in neue Ämter einzuführen. Putin selbst ist Einiges Russland nicht beigetreten, was nach Einschätzung Stefan Meisters seine Abneigung gegen Parteien aufzeigt. Diese „dienen in erster Linie dazu, Unterstützung zu mobilisieren und das existierende System zu legitimieren. Parteien in Russland sind entweder konstruiert, manipuliert oder befriedet.“ Jugendorganisation der Partei ist die sogenannte Molodaja Gwardija, die als Massenorganisation konzipierten und mit der Partei informell verbundenen Naschi wurden 2013 aufgelöst.
Neben dieser großen Partei existieren weitere und Splitterparteien. Zum Parteienkartell des Kreml („a four-party cartel“) wird neben Einiges Russland die Kommunistische Partei der Russischen Föderation, die Liberal-Demokratische Partei Russlands und die sozialdemokratische Partei Gerechtes Russland gerechnet. Daneben gibt es noch außerhalb der Duma die Partei Jabloko, die Patrioten Russlands und Rechte Sache. Parteien wie Gerechtes Russland und Rechte Sache wurden ganz bewusst vom Kreml als Spoilerparteien aufgebaut, um das Elektorat konkurrierender Parteien der Opposition mit verwandten Themen anzusprechen und um diese so zu schwächen. Das Kartell der systemtreuen Parteien ermöglicht dem Kreml eine Kontrolle der Duma, – im „Kartell der systemischen Opposition“ gibt es laut der Politikwissenschaftlerin Petra Stykow nur geringe programmatische Unterschiede und keinen wirklichen ideologischen Wettbewerb um Inhalte, sondern nur den Wettbewerb „von Gruppen, die die Macht haben wollen“, was man „nicht mit einer Demokratie verwechseln“ dürfe. Darüber hinaus dient das Parlament Elitengruppen als Entscheidungsort für Fragen und Konflikte, die der Kreml als nicht so bedeutsam betrachtet, dass er selbst die Entscheidung vorgeben müsste, sowie der Einbeziehung von möglichen Oppositionellen durch Abgeordnetenprivilegien und der Möglichkeit, dass Putin initiierte Vorhaben, die als in der Bevölkerung zu unpopulär erkannt werden, durch sein Veto noch stoppen und sich in der Öffentlichkeit entsprechend inszenieren kann.
Wahlen sind nicht frei, sondern von Manipulationen, Wahlfälschungen und dem Ausschluss oder der strafrechtlichen Verfolgung missliebiger Kandidaten geprägt, während regierungsnahe Kandidaten und Parteien staatlich und medial stark unterstützt werden. Dennoch wäre es falsch, anzunehmen, dass Putin über keinen Rückhalt in der Bevölkerung verfügt, Wahlbetrug war nicht ausschlaggebend für seine Wahlsiege. Manipulierte Wahlen dienen auch nicht primär der Sicherstellung (ungefährdeter) Wahlsiege, sondern der Loyalitätsdemonstration der Klientel des Regimes, der Entmutigung von Oppositionswählern und unzufriedenen Teilen der Elite und damit insgesamt der Konsolidierung des Systems. Um in Legitimität übersetzt werden zu können, muss Unterstützung aus der Bevölkerung aufzeigbar erhalten bleiben.
Da aussichtsreiche Oppositionskandidaten gar nicht auf den Wahllisten geführt, sondern aussortiert wurden, griff die Opposition um Alexei Nawalny 2018 – nachdem er als Präsidentschaftskandidat nicht zugelassen worden war – auf das Konzept des „Smart Voting“ zurück: Stimmen konzertiert und taktisch an die jeweils aussichtsreichste Partei bzw. solche Kandidaten zu geben, insofern diese Partei nicht Einiges Russland ist und die Kandidaten von ihr nicht gestützt werden. Ziel des Konzeptes war u. a. eine Mobilisierung apathischer Bevölkerungsteile. Das führte in einigen regionalen Wahlen dazu, dass Einiges Russland spürbar weniger Stimmen als erwartet erhielt, in Tomsk, wo Nawalny die Korruption der örtlichen Eliten enthüllt hatte, verlor die Partei sogar die Mehrheit. Das taktische Wählen half besonders den Kommunisten, regionale Abgeordnete dieser eigentlich kremltreuen Partei fanden daran Gefallen und positionierten sich – wie von Nawalny erhofft – stärker gegen den Kreml. 2021 reagierte der Staat auf das Konzept mit mehr Repression; Suchmaschinen wurde es verboten, zu „Smart Voting“ Seiten zu führen, Nawalnys Organisation wurde als „extremistisch“ bewertet und die russische Führung setzte verstärkt auf Wahlfälschungen.
Nichtregierungsorganisationen
Bis zum Amtsantritt des neuen Präsidenten Wladimir Putin hatten sich die russischen NGOs weitgehend frei von staatlichen Einflüssen entwickeln können. Wahrscheinlich war ihr Einfluss auf den Staat größer als umgekehrt. Das sollte sich schnell ändern. Putin ging sofort daran, die bis dahin zwar nicht autonom agierenden, aber von unterschiedlichen Machtzentren kontrollierten Bereiche der russischen politischen Öffentlichkeit systematisch der Regierung zu unterwerfen. Er nannte das, die „Machtvertikale stärken“ und eine „Diktatur des Rechts“ aufbauen. Hinter diesem Vorgehen steckt die Überzeugung, dass der russische Staat in den 1990er-Jahren kurz vor dem Zerfall gestanden habe und dass das ursächlich mit der Schwäche der Zentralmacht zusammengehangen habe.
Der erste Versuch, die NGOs einzubinden, war die Initiative zu einer großen Bürgerversammlung 2001 im Kreml. Bei dieser Versammlung wurden ausgewählte Themen diskutiert. Allerdings wurden aus Regierungssicht nicht konstruktive NGOs, die sich nicht einfach unterordnen wollten, ausgeschlossen. Dies sollte eine Art „Burgfrieden“ zwischen NGOs und der russischen Regierung darstellen. Jedoch wurde Anfang 2002, trotz Protesten und Verhandlungen, die steuerliche Gleichsetzung von kommerziellen und nichtkommerziellen Unternehmen verabschiedet. Endgültig brach der Frieden, als Michail Chodorkowski verhaftet wurde. Dieser hatte mit seiner Stiftung Offenes Russland begonnen, in großem Maße Projekte von NGOs zu finanzieren, und war somit die letzte Hoffnung auf langfristige und nachhaltige Finanzierung von NGOs im Inland gewesen. Der zweite Bruch war die Rosenrevolution in Georgien, die als Misserfolg der russischen Politik gewertet wurde und in der Wahrnehmung der russischen Regierung ein Werk der vom Westen finanzierten NGOs war. Dies wurde auch beim Machtwechsel in der Ukraine vermutet. Putin drückte das am 26. Mai 2004 in seiner alljährlichen Ansprache vor beiden Parlamentskammern so aus:
„Es gibt Tausende konstruktiv arbeitende zivilgesellschaftliche Vereinigungen in unserem Land. Aber längst nicht alle orientieren sich daran, die wirklichen Interessen der Menschen zu verteidigen. Für einen Teil dieser Organisationen ist es zu vorrangigen Aufgabe geworden, Finanzierung von einflussreichen ausländischen Stiftungen zu bekommen, für andere, zweifelhafte Gruppen und kommerzielle Interessen zu bedienen. Gleichzeitig interessieren sie die dringendsten Probleme des Landes und seiner Bürger nicht.“
Letztlich blieb das Verhältnis zwischen Regierung und NGOs ambivalent in Putins erster Amtszeit, was aus der Tatsache resultiert, dass marktwirtschaftliche Systeme ein gewisses Maß an Freiheit erfordern. Das Taktieren der Regierung mit den NGOs ist Ausdruck dessen, dass man ein Übergreifen dieser Freiheit ins Politisch-Gesellschaftliche verhindern möchte.
Die zweite Amtszeit war in Bezug auf die NGOs in erster Linie geprägt durch das NGO-Gesetz, mit dem der russischen Regierung weitreichende Kontroll- und Sanktionsinstrumente in die Hand gegeben wurde. Die Rosregistracija überwacht nun die Tätigkeiten der NGOs. Sich dagegen zu beschweren, ist in einer hoch korrupten Gesellschaft wie der russischen, in der Beschwerde- und Berufungsinstanzen insbesondere gegen staatliches Handeln, etwa Gerichte, nur sehr eingeschränkt funktionieren, mit hohem administrativen Aufwand verbunden. Die Registrierungsbehörden setzen verstärkt auf Bestimmungen des Arbeitsrechts, Steuerrechts, Arbeitsschutzes oder Brandschutzes, um staatliches Vorgehen gegen die NGOs zumindest teilweise zu kaschieren.
Am 23. Mai 2015 unterschrieb Präsident Putin ein Gesetz, dank dem es russischen Behörden ohne Vorwarnung möglich ist, internationale NGOs auf eine schwarze Liste zu setzen. Hohe Strafen drohen jedermann, der mit solchen „unerwünschten Organisationen“ in Kontakt tritt. Das Gesetz schränkt die Arbeit der Medien und der Zivilgesellschaft ein. Als ein Fall der Anwendung dieses Gesetzes wurde der Entzug des Abgeordnetenmandates des Jabloko-Politikers Lew Schlosberg bekannt, der 2014 von den Beisetzungen wohl in der Ukraine gefallener russischer Soldaten berichtet hatte.
Im April 2022 wurde deutschen Stiftungen wie auch der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die zuvor von einer Art „besonderem Verhältnis“ zwischen Deutschland und Russland profitiert hatten, die Registrierung entzogen. Ebenso betraf dies Amnesty International und Human Rights Watch sowie die Carnegie-Stiftung.
Charakterisierung des Systems
Unvollständige Demokratisierung unter Jelzin
Als die Sowjetunion sich zum Ende 1991 auflöste und Boris Jelzin Präsident Russlands wurde, entstand trotz entsprechender Bemühungen keine stabile Demokratie. Die 1990er Jahre waren geprägt von Freiheiten, aber einem schwachen Staat, von freien und regelmäßigen Wahlen, aber auch von korrupten Eliten ohne gestalterischen Gesamtwillen und ohne Akzeptanz demokratischer Institutionen, von enttäuschten Bürgern, und einem starken Pluralismus, der aber politisch nicht effektiv war. Zentrifugale Tendenzen wurden begleitet von einer unvollkommenen Steuererhebung, staatliche Angestellte wurden nur unregelmäßig bezahlt, die Sicherheitsinstitutionen des Landes befanden sich in teilweiser „Auflösung“, während zugleich demokratische Institutionen eingeführt wurden, aber das System nur in einem Dualismus demokratischer und autokratischer Prinzipien funktionierte. Ins Zentrum rückte die Präsidialadministration, die auch von der Schwächung anderer Teile der Exekutive profitierte. Russland in diesen Jahren konsolidierte sich demokratisch nicht, sondern wurde zu einer „im besten Fall“ defekten Demokratie.
De facto stellte das politische System Russlands eine Mischung aus instabilen demokratischen Institutionen und autoritären Praktiken dar.
Entdemokratisierung unter Putin
Unter Jelzins Nachfolger Wladimir Putin (2000–2008 Präsident und erneut seit 2012) lässt sich seit der Jahrtausendwende eine deutliche „Ent-Demokratisierung“ dieses Systems und eine Zentralisierung der politischen Macht beim Präsidenten und seiner Verwaltung beobachten. Geschriebene Verfassung und politische Realität (Verfassungswirklichkeit) fallen auseinander, das Parlament spielt nur eine schwache Rolle. Es gelang Putin allerdings durch wirtschaftliches Wachstum und politische Stabilität breite Zustimmung und damit Legitimität zu generieren, die wirtschaftlichen Fortschritte beruhten allerdings fast vollständig auf Rohstoffexporten, was über den exportgestützten hohen Rubelkurs zu Lasten der produzierenden Industrie ging (vgl. Holländische Krankheit). Das Aufhalten des staatlichen Zerfalls und die ökonomischen Erfolge mündeten nicht in einer echten Liberalisierung, während staatlicher Terror in Tschetschenien, Druck auf unabhängige Medien und rechtsstaatliche Mängel bereits 2004 dazu führten, dass eine skeptische Bewertung Russland als „bürokratischen Autoritarismus“ auffasste.
Unter Putin wurde die Macht des Staatsoberhaupts durch die Schaffung einer „Machtvertikalen“ ausgebaut: Der Präsident Russlands schlug ab 2005 bis Mai 2012 die Gouverneure vor – die Regionalparlamente konnten diese nur noch bestätigen. Diese von Russland „souveräne Demokratie“ genannte Variante beschnitt politische Rechte der Regionen, die unter Präsident Jelzin ein politisches Gegengewicht aufgebaut hatten. Die Gouverneure wiederum ernannten (seit 2002 anstelle der regionalen Parlamente) die Vertreter für den Föderationsrat und auch lokale Vertreter wie Bürgermeister. Kritische Beobachter sprachen nach der Entmachtung der Regionen auch von einer „Surrogatsföderation“ anstelle einer richtigen Föderation. Russland ließ sich 2010 noch als hybrides System beschreiben, das Elemente der Autokratie mit Elementen der Demokratie verband. Während bereits Präsident Boris Jelzin aufgrund autoritärer Handlungsweisen nicht wirklich als Demokrat verstanden werden konnte, ließ er dennoch verhältnismäßig offene Wahlkämpfe und regionale Machtzentren mit eigenen Wahlkämpfen zu. Unter Putin wurden die Gouverneure durch das genannte Ernennungssystem enger an die zentrale Ebene gebunden und als Akteure mit eigener Basis ausgeschaltet, so dass in Russland alleine Putin über das rechtliche und organisatorische Potential verfügte, Wahlen in politische Macht umzumünzen.
Nach Protesten wegen der Parlamentswahlen im Dezember 2011 wurde das Gesetz geändert. Die Gouverneure werden seit Oktober 2012 wieder gewählt. Jedoch wurde anstelle des vorherigen Systems ein gemischtes Verfahren installiert, das eine Nominierung von Kandidaten durch eine bestimmte Prozentzahl an Abgeordneten der Regionalparlamente und eine Konsultation des Präsidenten vorsieht. Die entsprechenden Wahlen wurden manipuliert. Im Ergebnis entstand nach Ansicht der Politikwissenschaftlerin Margareta Mommsen „ein autoritäres System mit der Besonderheit förmlich fortbestehender demokratischer Einrichtungen. Diese gaukeln demokratische Verhältnisse lediglich vor. Nicht zufällig sprechen kritische Beobachter von einer ‚simulierten Demokratie‘.“ So enden polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen dort bzw. werden erst gar nicht begonnen, wo sie einflussreiche Politiker berühren.
Seit den Protesten 2012 und der Aneignung der Krim 2014 setzt Putin weniger auf das funktionale Eigengewicht von Institutionen, als darauf, die Institutionen zu kontrollieren. Persönliche Gefolgsleute – oft mit Vorerfahrungen in der mächtigen Präsidialadministration – werden in wichtigen Zweigen der Verwaltung auf Posten mit Steuerungsfähigkeit gesetzt, das System funktioniert verstärkt als ein Loyalitäts- und Gefolgschaftsgeflecht, welches durch „quasi-feudale“ Strukturen und intransparente Entscheidungsprozesse gekennzeichnet ist. Als eigene Machtfaktoren geschwächt wurden durch die Besetzung mit engen Gefolgsleuten die Gouverneure, aber auch der Inlandsgeheimdienst FSB. Auch die „technokratischen Ministerien“ müssen sich ihren sachlichen Überzeugungen widersprechende Interventionen gefallen lassen, etwa auf dem Feld der Wirtschaft. Die Schaffung einer Putin direkt unterstellten Nationalgarde minderte dazu das Gewicht des regulären Militärs, Indiz für eine zunehmende Personalisierung des Systems: „Die Schaffung prätorischer militärischer Institutionen wie der Nationalgarde sind klassische Manöver – wie aus dem Lehrbuch personalistischer Diktaturen anderer Epochen.“
Autokratisierung, Entwicklung zur Diktatur
Im Demokratieindex der britischen Zeitschrift The Economist belegte 2020 Russland unter den 167 untersuchten Staaten den 124. Rang und wurde als „autoritäres Regime“ eingestuft. Im Jahr 2007 war es noch als hybrides System eingestuft worden. Etwas weniger negativ ist die Einstufung im Transformationsindex der Bertelsmann-Stiftung, wo Russland 2017 (bezogen auf Demokratie) auf Platz 84 von 137 Ländern zwischen Mali und Bangladesch liegt. 2022 verschärfte der Economist seine Einschätzung, Russland zeige „nun viele Merkmale einer Diktatur“ und liege nur noch auf Rang 146 seines Indexes.Freedom House betrachtet Russland 2023 als „personalisierte Diktatur“ in einer Abwärtsspirale mit erwartbar weiterer Reduzierung an Freiheitsrechten („one of the most notorious personalist dictatorships in the world“). Das V-Dem Institut zählte 2022 Russland zu den autokratischsten Ländern der Welt. Der Osteuropahistoriker Benno Ennker bewertet Russland nicht alleine als Diktatur, sondern als zunehmend totalitäre „Führerdiktatur“. Die Politikwissenschaftlerin Sabine Fischer sieht für Russland gleichfalls totalitäre Tendenzen, der Krieg gegen die Ukraine habe es „von der harten Autokratie in die Diktatur katapultiert.“ Die Parlamentarische Versammlung des Europarates erklärte im Oktober 2023 in einer einstimmigen Resolution, dass Russland „de facto“ eine Diktatur sei.
Über die Rückentwicklung Russlands zur Autokratie („Road to Autocracy“) und ihre Gründe wird in der Politikwissenschaft diskutiert, ebenso wie über seinen „Grad der Diktatur“ („scholars argue over the degree of dictatorship that has taken hold“), jedoch werde Russland „von niemandem“ noch als Demokratie gesehen.
Faschismusdiskussion
Im Frühjahr 2022 – nach Beginn der Invasion der Ukraine – vermehrte sich der bestehende Diskurs, ob Russland unter Putin faschistisch zu nennen sei. Alexander J. Motyl hatte schon 2009 geschrieben, dass sich Russland seit dem Machtantritt Wladimir Putins in Richtung Faschismus bewege. Das System sei allerdings erst mal „faschistoid“ und noch nicht konsolidiert.Leonid Luks widersprach ihm damals mit dem Argument, Putin sei stabilitätsorientiert und nicht revolutionär, ein Vergleich mit dem Nationalsozialismus sei ebenso falsch wie einer mit dem italienischen Faschismus, der immerhin eine revolutionäre Neugestaltung Italiens angestrebt habe. Es fehle bei Putin an der für faschistische Systeme so typischen Verherrlichung von Krieg und Gewalt. Echte russische Faschisten wie der Publizist Alexandr Dugin, der einen imperialen und endgültigen Krieg gegen den Westen vorschlage, hätten in Russland bislang nur begrenzten, wenn auch wachsenden, Einfluss. Die Darstellung der russischen Regierungsform als faschistisch laufe Gefahr, das Risiko eines Raumgewinns des echten russischen Faschismus um Publizisten wie Dugin zu unterschätzen.
Die 2009 noch offene Entwicklung des Systems verlief bis 2022 derart, dass Motyl Russland heute einen „faschistischen Staat“ nennt. schrieb 2015 von nationalem (russischem) Exzeptionalismus (vgl. Exzeptionalismus) und Intoleranz auch gegenüber Demokratie; die russische Gesellschaft kultiviere „Gruppen von Grundvoraussetzungen“ gemäß Wilfred Bion. Die zusätzliche projektive Identifikation einer sich postimperial gedemütigt fühlenden Nation verglich er mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus in Österreich. Individualität werde abgelehnt, vorherrschend sei eine Ablehnung der Differenzierung von Persönlichkeiten, dies führe zu noch mehr Intoleranz gegenüber Abweichungen von einem einzigen Denk- und Verhaltensmuster.
Bereits im Jahr 2014 wies Timothy Snyder darauf hin, dass die Ideologie Putins faschistische Wurzeln habe im Bezug auf den von Putin oft zitierten Iwan Iljin, den „Philosophen des russischen Faschismus“ russisch-christlicher Ausprägung. Iljin erklärte den Faschismus einer „auserwählten“ Nation als einzige mögliche Erlösung aus einer seit der Schöpfung andauernden Schande. 2022 schrieb Snyder, der Glaube, dass Politik mit der Wahl des „richtigen“ Feindes beginne, und die Rede von „heilender Gewalt“ sei zweifellos faschistisch. Die maximale Selbstbezogenheit und der groteske Widerspruch von Putins Kriegs-Rechtfertigungen bestätigten nur den offen vorliegenden russischen Faschismus. Der Historiker Michael Khodarkovsky urteilte im Journal of East Asian Affairs kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, dass dieser Krieg klargemacht habe, dass Putins Regime nicht eine reine Autokratie sei, sondern es sich um Faschismus handele, wie er aus dem 20. Jahrhundert bekannt sei. Als Merkmale nennt er imperialistische Nostalgie, Restauration und Expansionismus und einen, seine Männlichkeit und Entschlossenheit herausstellenden Führer.
Auch der russische Politologe Wladislaw Leonidowitsch Inosemzew hält Putin für einen faschistischen Herrscher; Russland erfülle nun im Jahre 2022 „mustergültig den Katalog dessen, was Faschismus ausmacht“. Man könne Putin nur verstehen, wenn man davon ausginge, dass er weder Politiker noch Militär ist, sondern ein Geheimdienstler, dem Loyalität, Vertrauen und Netzwerke wichtiger sind als Institutionen. Beim KGB galt, wie in der organisierten Kriminalität, zu der Putin in seiner Leningrader Zeit enge Verbindung gehabt habe, ein „Kult von Macht und persönlicher Loyalität“. Die Kluft zwischen Putins Russland und dem demokratischen Westen sei um das Jahr 2006 entstanden, „als er feststellte, dass es in der atlantischen Welt keine Staatsoberhäupter gab, mit denen er von starkem Mann zu starkem Mann reden konnte“, der Westen aber „andererseits Russland Werte und Verfahren ‚aufzwingen‘ wollte, welche die Macht Putins selbst hätten vernichten können.“
Der Politikwissenschaftler Stefan Meister nannte das Regime um Putin „zunehmend faschistisch“ und ging davon aus, dass Angst die russische Gesellschaft vermehrt prägen werde. Faschismus sei ein aufgeladenes Wort, befand hingegen Robert Gellately: Man könne natürlich Putin „in die eine oder andere Definition von Faschismus hineinzwängen“. Er würde ihn nicht als Faschisten sehen, sondern als jemand, der in einer Zeit voller Gewalt sozialisiert wurde; Gulag, Geheimpolizei, Repression – stets sei sowjetische Gewalt „extrem brutal“ gewesen. Irgendwann würden die Russen die Lügen erkennen und der Polizeistaat werde ihr Alibi für ihr Nichtwissen sein.Ulrich Schmid sagt, der Gedanke des Faschismus liege zwar nahe, aber „das jetzige russische System einfach als faschistisch zu bezeichnen, ebnet wohl mehr ein, als dass wir Konturen erkennen können“. Die Politikwissenschaftlerin Marlene Laruelle kommt in ihrer Analyse des politischen Systems ebenfalls zu dem Ergebnis, dass man es nicht faschistisch nennen könne, denn die Macht stütze sich nicht auf die Mobilisierung der Massen, sondern profitiere im Gegenteil vielmehr von der Atomisierung der Gesellschaft. Die beiden vergleichenden Faschismusforscher Roger Griffin und Stanley Payne (2022) lehnen auch im Kontext des russischen Überfalls auf die Ukraine 2022 eine Einordnung Putins als „Faschisten“ ab, da seine Ideologie nicht revolutionär, sondern reaktionär ausgerichtet sei. Zwar hält Payne fest, dass Putins Regime das seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges „nächstliegende Analogon zum Faschismus in einem großen Land“ darstellen würde. Dem Vergleich mit Mussolini und Hitler hält Payne dennoch entgegen, dass Putin „als Apparatschik aufgewachsen“ und somit „ein Produkt des russischen Staates“ sei, der keine „dynamische und charismatische Bewegung im faschistischen Stil“ aufgebaut habe. Payne konstatiert, Putins politisches System sei „eher eine Wiederbelebung des Glaubensbekenntnisses von Zar Nikolaus I. im 19. Jahrhundert, der Orthodoxie, Autokratie und Nationalität betonte, als eines, das den revolutionären, modernisierenden Regimen von Hitler und Mussolini“ ähnelt. Griffin hält an einer Betrachtungsweise des Putin-Regimes als illiberale Demokratie fest und sieht Russland stattdessen ideologisch in einer Reihe mit Narendra Modis Indien. Man könne jedoch auch einen Vergleich zum ultranationalistischen Regime Japans während des Zweiten Weltkrieges ziehen, das ebenfalls einige Elemente des Faschismus übernahm, ohne aber selbst zu einem authentisch faschistischen Regime zu werden. Anders als beim revolutionären Ultranationalismus der Faschisten, würden diese Staatsführer nicht versuchen, das bisherige System zu zerstören, sondern es stattdessen aushöhlen und in ihrem Sinne benutzen.Ulrich Herbert lehnt eine Charakterisierung des Systems Putins als faschistisch gleichfalls ab, dazu fehle es an einer tragenden Massenbewegung. Vergleiche mit Hitler seien disproportional, es sei falsch jede brutale Rechtsdiktatur als faschistisch zu bewerten.
Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie hält Russland für einen neuen Typ eines totalitären Systems, es seien „ein stalinoider Kern und eine faschistoide Außenhülle zu erkennen“. Putin beziehe sich sowohl auf Stalin als Eroberer wie auf ältere Traditionen des russischen Imperialismus, das Konzept der Russki Mir habe er von faschistischen Quellen übernommen. Habe seine Herrschaft bislang auf der Passivität der Gesellschaft beruht, müsse er sie nun propagandistisch und militärisch mobilisieren und ihre Zustimmung erpressen, um den Krieg zu gewinnen. Das führe durch Radikalisierung und Intensivierung der Repression zu „Familienähnlichkeiten“ mit Faschismus und Stalinismus, ohne dass das neue System mit den Vorgängern identisch wäre, weil gewichtige Unterschiede verblieben. Es handele sich dennoch um eine Art Rekombination von Stalinismus und Faschismus, wobei beider Intensität noch nicht erreicht werde. Es lediglich eine Autokratie oder ein illiberales System zu nennen, sei aber eine Verharmlosung.
Die britischen Politikwissenschaftler Nicholas Michelsen, Pablo De Orellana und Filippo Costa Buranelli ordnen Russland unter Putin in eine „reaktionäre Internationale“ der Neuen Rechten ein, zu der sie neben anderen auch Donald Trump in den USA, Jair Bolsonaro in Brasilien, Xi Jinping in China und Marine Le Pen in Frankreich rechnen. Diese würden sich miteinander solidarisieren, wobei sie aber eher pluralistische Werte betonen würden. Dies unterscheide sie von der Solidarität faschistischer Regime in den 1930er und 1940er Jahren.
Föderale Gliederung
Föderationskreis | Fläche (km) | Einw. gesamt | Einw. (je km²) | Farbliche Darstellung |
---|---|---|---|---|
Fernost * | 6215900 | 6692865 | 1.1 | |
Nordwestrussland | 1677900 | 13974466 | 8.3 | |
Sibirien * | 5114800 | 20062938 | 3.9 | |
Südrussland (mit Krim) | 442920 | 15689400 | 35.4 | |
Nordkaukasus | 170439 | 9108737 | 53.4 | |
Ural | 1788900 | 12373926 | 6.9 | |
Wolga | 1038000 | 31154744 | 30.0 | |
Zentralrussland | 650700 | 38000651 | 58.4 | |
Russland gesamt | 17074636 | 147056131 | 8.6 | |
* Im November 2018 wechselten die Republik Burjatien und die Region Transbaikalien vom Föderationskreis Sibirien zum Föderationskreis Ferner Osten. Dies ist in den obenstehenden Zahlen noch nicht berücksichtigt. |
Ebenen und Einteilung
Der russische Föderalismus ist geprägt durch eine Kombination von ethnoföderalen Republiken und territorial-föderalen Gebieten. Bereits unter Präsident Boris Jelzin gab es Versuche, den asymmetrischen „Vertragsföderalismus“ (der Gliedstaaten zeitweise die Möglichkeit gab, ihre Macht mit der Zentrale in Moskau auszuhandeln) einzuschränken, unter Wladimir Putin erfolgte eine Rückkehr zur Zentralisierung und Kontrolle. Die Einteilung des Landes wurde im Wesentlichen aus der Sowjetzeit übernommen, sieht man von der Statusanhebung der meisten Autonomen Gebiete zu Republiken und der Aufteilung der vormaligen Tschetscheno-Inguschetischen ASSR in zwei Republiken ab. Russland gliedert sich nach Artikel 65 der russischen Verfassung in 83 Föderationssubjekte. Dazu zählen 21 Republiken, neun Regionen (Krai), 46 Gebiete (Oblast), zwei Städte föderalen Ranges (Moskau, Sankt Petersburg), ein Autonomes Gebiet und vier Autonome Kreise. Dass ukrainische Gebiete annektiert wurden und als dem Territorium Russlands zugehörig beansprucht werden, wird international abgelehnt. Die Republiken wurden nach den jeweils dominierenden nichtrussischen Volksgruppen definiert, wenngleich ihre Grenzen nicht immer mit den ethnischen übereinstimmen, während die Gebiete in den übrigen, mehrheitlich von Russen bewohnten Teilen des Landes nach rein administrativen Gesichtspunkten gebildet wurden. Territorien, in denen kleinere nichtrussische Minderheiten leben, erhalten den niedrigeren Rang eines Autonomen Gebietes, beziehungsweise Autonomen Kreises. Obwohl alle Föderationssubjekte formal gleichgestellt sind, sind nur die Republiken berechtigt, eine eigene Verfassung zu erlassen. Sie können zudem internationale Verträge unterzeichnen, solange sich diese an die russische Verfassung halten. Besonderheiten der Republiken bestehen zudem in der traditionellen Namensgebung, der Anzahl der Abgeordneten in Regionalparlamenten und spezifischen Gesetzgebungskompetenzen.
Bezogen auf Bevölkerung, Fläche und relativen Wohlstand unterscheiden sich die Föderationssubjekte mitunter erheblich. Gemeinsam haben sie, dass ihre Steuerhoheit nur „minimal“ existiert und ihre Kompetenzen stark zugunsten der Zentrale beschnitten sind. Geteilte Zuständigkeiten von Föderation und unterer Ebene werden faktisch von Moskau wahrgenommen.
Im Jahr 2000 schuf Präsident Putin per Dekret sieben Föderationskreise, die jeweils mehrere Föderationssubjekte zu einer größeren Einheit zusammenfassen. Ziel dieser Reform war die Stärkung der vertikalen Machtverteilung und eine Verschärfung der Kontrolle über die regionalen Machthaber. Im Jahr 2010 wurde zudem der Föderationskreis Nordkaukasus, durch Ausgliederung aus dem Föderationskreis Südrussland, als achter Föderationskreis geschaffen. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland bildete die Krim ab dem 21. März 2014 einen eigenen (neunten) Föderationskreis, der per 28. Juli 2016 aufgelöst und dem Föderationskreis Südrussland angeschlossen wurde.
Neben den genannten zwei hierarchischen föderalen Ebenen (1. Föderationskreis, 2. Föderationssubjekt) gibt es noch eine dritte eigenständige Verwaltungsebene, die der kommunalen Selbstverwaltung (Rajon). Deren administrative Leiter werden von der Bevölkerung direkt gewählt. Die Regionen sind gegenüber den kommunalen Selbstverwaltungsorganen administrativ höherstehend und weisungsberechtigt.
Die Oblaste und Kraje sind im Unterschied zu den Republiken keine Gliedstaaten. Sie verfügen nur über Statuten anstelle von Verfassungen. An der Spitze der Föderationssubjekte steht ein Oberhaupt, Föderationssubjekte werden von dem Leiter der Administration geführt, der im Sprachgebrauch allgemein als Gouverneur wiedergegeben wird. Die gesetzgebenden Körperschaften in den Republiken sind sowohl Einkammer- als auch Zweikammersysteme. In den Gebieten besteht die parlamentarische Vertretung nur aus einer Kammer.
Sonderfall Tschetschenien
Das Föderationssubjekt Tschetschenien spielt innerhalb des föderalen Systems Russlands eine Sonderrolle, de facto ist es ein „Staat im Staat“, der der russischen Justiz und föderalen Polizeikräften weitgehend entzogen ist. Religionsfreiheit wird im Rahmen einer sunnitisch-islamistischen Herrschaftsideologie nicht länger gewährt. Alleine „der seidene Faden persönlicher Loyalität zwischen Kadyrow und Putin“ bindet die Republik noch an Russland, Ramsan Kadyrow verfügt über eigene Truppen, deren Loyalität zu Putin er öffentlich demonstriert, deren Existenz aber selbst auch eine Warnung darstellt.
Auswahl und Kontrolle der Gouverneure
Während sich in den ersten Jahren der Russischen Föderation unter Boris Jelzin ein Föderalismus mit regionalen Zentren herausbildete erfolgte unter Putin ein zentralisierender „Prozess sukzessiver Entmachtung der föderalen Institutionen zugunsten der Präsidialadministration sowie der Personalisierung der politischen Macht“.
Zwischen 2005 und 2012 wurden die Gouverneure und Republikoberhäupter nicht mehr von der Bevölkerung gewählt, sondern vom Präsidenten ernannt. Seit 2012 werden die Kandidaten vom regionalen Parlament nominiert, danach folgt eine Konsultation der Kandidaten mit dem Präsidenten. Anschließend findet eine regionale Wahl statt, in welcher die Kandidaten mindestens 50 % der Stimmen erhalten müssen, um gewählt zu werden. Der Präsident kann die Gouverneure mit der Begründung eines Vertrauensverlustes entlassen. Nach Ansicht Julian Wallers wurde die erneut eingeführte Möglichkeit der Gouverneurswahl aber „durch noch stärkere Wahlmanipulation in den Regionen wieder ausgehöhlt“. Für die Entlassung müssen seit 2020 keine weiteren Begründungen mehr gegeben werden, die Kontrolle des Kreml über die Gouverneure und Regionen wurde damit weiter ausgebaut, so dass die Frage gestellt wurde, ob Russland überhaupt noch als föderaler oder nicht bereits als unitarischer Staat erscheint. Die Verwendung des Titels „Präsident“ für ein Oberhaupt eines Föderationssubjektes wurde explizit untersagt, bezogen war dies auf die Republik Tatarstan, die sich vormals Sonderrechte herausgehandelt hatte. Bei der Auswahl der Gouverneure achtet der Kreml darauf, dass sie zu ihren Regionen möglichst geringe Bindungen aufweisen.
Zwischen 2012 und 2021 fanden 121 Wahlen von Gouverneuren statt, in denen lediglich vier Kandidaten, die nicht in der Gunst Putins standen, ihre Wahlen gewinnen konnten. Nur einer von ihnen blieb letztlich Gouverneur, ein anderer wechselte in die Duma, ein weiterer trat unter Druck zurück; ihm wurde eine erneute Kandidatur verboten, während Sergei Furgal, Oberhaupt der Region Chabarowsk, unter dem Vorwurf zweier Morde, die er in seiner Zeit als Geschäftsmann in Auftrag gegeben haben soll, verhaftet wurde. Seine Verhaftung, Entlassung und das Gerichtsverfahren in Moskau führten in seiner Region zu Massenprotesten von Anhängern, die den Grund für die Verhaftung darin sahen, dass Furgal seine Kandidatur gegen den Willen und gegen den Kandidaten des Kreml aufrechterhalten hatte und in einer Protestwahl tatsächlich gewählt worden war.
Menschenrechte, Kriminalität, Korruption und Justiz
Menschenrechte
Laut einem im September 2023 vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vorgestellten Bericht, werden Menschenrechte in Russland „systematisch und in eklatanter Weise verletzt“. Als Beispiel führte die UN-Sonderberichterstatterin zu Russland die Festnahme und Anklage von 20.000 Anti-Kriegs-Demonstranten, die gegen den russischen Militäreinsatz in der Ukraine protestiert hatten, an. Sie erklärte, dass die Zivilgesellschaft von russischen Behörden mundtot gemacht wurde. Es gebe „keine unabhängigen Medien“ mehr, „zivilgesellschaftliche Organisationen“ wurden „geschlossen“. Von internationalen Bürgerrechtsorganisationen und dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland werden die Einschränkungen der Pressefreiheit seit dem Jahr 2001 kritisiert. Die staatliche Einflussnahme im Bereich des Fernsehens ist komplett; alle landesweit sendenden TV-Stationen sind entweder direkt in staatlichem Besitz oder unter staatlicher Kontrolle. Im Radiobereich ist die Situation ähnlich. Drei von insgesamt sechs Voten beim Treffen des Menschenrechtsrates des Präsidenten im Oktober 2017 hatten den durch die staatlichen Medien und deren Propaganda geschürten Hass in der Gesellschaft beklagt.
Wiederholt kommt es zu Anschlägen auf Oppositionelle oder Brandanschlägen auf deren Eigentum. Besondere Aufmerksamkeit erregten die Sprengstoffanschläge auf Wohnhäuser 1999, hinter denen man staatliche Täter vermutet. Auch kursierten Listen mit Adressangaben von Oppositionellen im Internet. Polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen enden hingegen dort bzw. werden erst gar nicht begonnen, wo sie einflussreiche Politiker berühren. Seit 2015 drohen auch jeder Einzelperson, die sich mit einem improvisierten (oder gar leeren) Protestplakat auf die Straße stellt, bis zu fünf Jahre Haft. In Russland saßen im Jahr 2013 geschätzte 600.000 Menschen in „strenger Lagerhaft“, darunter nicht nur nach Meinung der Menschenrechtsorganisation Memorial auch etliche politische Gefangene. Etwa 140.000 Gefangene waren im Frühjahr 2019 wegen Drogenmissbrauchs in Haft aufgrund des Paragraphen 228.2, dessen Missbrauchsmöglichkeiten schon länger bekannt waren und der durch den Skandal um den Journalisten Iwan Golunow international bekannt wurde. Im August 2020 war die Zahl der inhaftierten Sträflinge, Verdächtigen und Angeklagten in russischen Straf- und Untersuchungshaftanstalten laut dem Bundesgefängnisdienst (FSIN) auf weniger als 500.000 gesunken. Den Angaben der FSIN zufolge wurde das auf den Einsatz alternativer, nicht-inhaftierender Strafen sowie eine Liberalisierung des Strafvollzugssystems zurückgeführt.
Im Dezember 2015 unterschrieb Putin ein Gesetz, wonach das russische Verfassungsgericht auf Antrag der Regierung Urteile internationaler Gerichte außer Kraft setzen kann, was in erster Linie Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) betreffen sollte. Auch für den Kulturbereich wurde eine „nicht greifbare Zensur“ beschrieben.
Homosexualität in Russland ist weitgehend tabuisiert. Die gesetzlichen Regelungen beinhalten unter anderem ein Verbot der Homo-Ehe und von „homosexueller Propaganda“ (etwa der Regenbogenflagge oder auch nur positive Äußerungen), was von Kritikern als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, die Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerungsfreiheit gewertet wird.
Unter dem Vorwand der Extremismusbekämpfung wurden die Freiheiten religiöser Minderheiten stark eingeschränkt. 2016 wurde es Angehörigen nicht registrierter Religionsgemeinschaften verboten, mit anderen über ihre religiöse Überzeugung zu sprechen. Im März 2017 beantragte das russische Justizministerium ein Verbot der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas und all ihrer Aktivitäten, das im April 2017 umgesetzt wurde.
Auf der Krim hat sich die Menschenrechtslage seit der Besetzung durch Russland erheblich verschlechtert. Laut einem Bericht des UNHCHR kommt es immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen und Folter, auch eine außergerichtliche Hinrichtung ist dokumentiert. Am brisantesten ist die Menschenrechtslage seit Jahren im Kaukasus, namentlich in Tschetschenien. Die Überprüfung von Bürgerrechten, z. B. bei Verstößen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, findet nach dem Gesetz vor dem Obersten Gerichtshof Russlands statt.
Korruption
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Russland russisch Rossija rɐˈsʲije amtlich Russische Foderation russisch Rossijskaja Federazija Russlandische Foderation ist ein Bundesstaat in Osteuropa und Nordasien mit der Exklave Kaliningrad in Mitteleuropa Der Flache nach ist Russland mit etwa 17 Millionen Quadratkilometern der grosste Staat der Welt und umfasst etwa ein Neuntel der Landmasse der Erde Mit 144 5 Millionen Einwohnern 2019 steht es an neunter Stelle der bevolkerungsreichsten Staaten und ist zugleich einer der am dunnsten besiedelten Russische FoderationRossijskaya FederaciyaRossijskaja FederazijaFlagge WappenAmtssprache Russisch 1Hauptstadt MoskauStaats und Regierungsform de jure semiprasidentielle foderale Republik de facto Defekte Demokratie mit autokratischen TendenzenStaatsoberhaupt Prasident Wladimir PutinRegierungschef Ministerprasident Michail MischustinParlament e Foderationsversammlung Foderationsrat und Staatsduma Flache 17 074 636 km 1 davon in Europa min 3 952 550 km in Asien min 13 122 850 km Einwohnerzahl 143 446 060 9 2021 Bevolkerungsdichte 8 179 Einwohner pro km Bevolkerungs entwicklung 0 44 2021 pro JahrBruttoinlandsprodukt Total nominal Total KKP BIP Einw nom BIP Einw KKP 20232 010 Mrd USD 11 6 512 Mrd USD 4 13 739 USD 68 44 512 USD 50 Index der menschlichen Entwicklung 0 832 64 2023 Wahrung Rubel RUB Errichtung 1263 Grossfurstentum Moskau 1547 Zarentum Russland 1721 Russisches Kaiserreich 1917 Russische Republik 1917 Sowjetrussland 1917 Russische SFSR 1922 Sowjetunion 1991 Russische Foderation Souveranitatserklarung National hymne Hymne der Russischen Foderation track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track track source source Nationalfeiertag 12 Juni Tag Russlands Zeitzone UTC 2 bis UTC 12Kfz Kennzeichen RUSISO 3166 RU RUS 643Internet TLD ru rf und suTelefonvorwahl 71 Sprache der Nationalitaten in den Teilrepubliken und Autonomen Kreisen Weitere Sprachen sind regionale Amtssprachen Der europaische Teil des Staatsgebiets ist deutlich dichter besiedelt als der uber dreimal so grosse asiatische Teil Etwa 77 der Bevolkerung 110 Millionen Einwohner leben westlich des Urals Die Hauptstadt Moskau ist eine der grossten Stadte und Metropolregionen der Welt Das zweitwichtigste Zentrum ist Sankt Petersburg das von 1712 bis 1918 Hauptstadt war und heute vor allem ein wichtiges Kulturzentrum bildet Die nachstgrossten Millionenstadte sind Nowosibirsk Jekaterinburg Kasan und Nischni Nowgorod Insgesamt gibt es in Russland 15 Millionenstadte und fast 70 Agglomerationen mit uber 500 000 Einwohnern Die foderale Gliederung Russlands besteht aus acht Foderationskreisen und 83 Foderationssubjekten Russland ist ein uber 100 Ethnien zahlender Vielvolkerstaat wobei ethnische Russen fast 80 der Bevolkerung ausmachen Russland ist heute ein Schwellenland im Bereich des oberen mittleren Einkommens Nach der Erholung von der postkommunistischen Transformationskrise der 1990er Jahre wurde das Land die nach BIP heute elftgrossteVolkswirtschaft der Welt Seine Rohstoffreserven sind mit etwa 20 bis 30 die wahrscheinlich grossten der Welt mit erheblichen Vorkommen von Primarenergietragern vor allem Erdgas Russland ist seit Mitte der 1980er Jahre damals noch als Teil der Sowjetunion einem stetigen wirtschaftlichen demografischen und militarischen Leistungsverfall ausgesetzt Nach dem SIPRI Institut verfugt es mit 4 489 uber die grosste Anzahl an atomaren Sprengkopfen aller Staaten von denen aber nur 1 674 einsatzbereit sind wahrend die ubrigen gelagert werden Russland ist seit 1946 standiges Mitglied des Weltsicherheitsrates und zudem Mitglied von WTO OSZE APEC und der SCO sowie fuhrendes Mitglied der regionalen Organisationen GUS OVKS und EAEU Die Russische Foderation ist Fortsetzerstaat der Sowjetunion in internationalen Organisationen Dem sowjetischen Bundesstaat voraus gingen das Russische Kaiserreich das Zarentum Russland und ursprunglich das Grossfurstentum Moskau ein Teilfurstentum des fruheren ostslawischen Reiches Kiewer Rus Um 1990 endete der Kalte Krieg Russland wurde zwischenzeitlich ein wenig demokratischer und naherte sich leicht dem Westen an Die damalige Verfassung sieht fur Russland eine semiprasidentielle Demokratie vor die Verfassungswirklichkeit entspricht gemass Demokratie Indizes heute jedoch der einer Autokratie bzw einer superprasidentielle n Herrschaft oder Postdemokratie Korruption und Menschenrechtsverletzungen sind weit verbreitet Russlands Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt ist seit Beginn der Sanktionen 2014 als Folge der Annexion der Krim und verscharft mit dem Uberfall auf die Ukraine 2022 von 4 auf 2 85 2022 gefallen Vor allem seit dem Angriff auf das Nachbarland sind die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zum Westen sehr stark belastet Russland wird uberwiegend als Autokratie bewertet In den Politik und Osteuropawissenschaften wird diskutiert ob es sich mittlerweile wegen innenpolitischer Verscharfungen und des Uberfalls auf die Ukraine um eine zunehmend totalitare Diktatur oder bereits ein faschistisches Regime handelt Faschismusdiskussion GeographieRussland Russland Moskau St Petersburg Nowgorod Nowosibirsk Woronesch Twer Jekaterinburg Petropawlowsk Kamtschatski Syktywkar Surgut Magadan Juschno Sachalinsk Nischni Nowgorod Ufa Sotschi Kaliningrad Samara Tscheljabinsk Krasnojarsk Kasan Perm Omsk Wladiwostok Norilsk Tomsk Irkutsk Murmansk Pjatigorsk Rostow Wolgograd Tschita Chabarowsk Archangelsk Jakutsk Barnaul Elbrus FINNLAND UKRAINE VR CHINA VR CHINA MONGOLEI KASACHSTAN NORDKOREA JAPAN ARKTISCHER OZEAN PAZIFIK Kaspisches Meer Baikalsee Nowaja Semlja Kamtschatka Franz Josef Land Sewernaja Semlja Neusibirische Inseln Wrangelinsel Russland ist mit 17 075 020 km das mit Abstand flachengrosste Land der Erde Es umfasst 11 der Weltlandflache das entspricht in etwa der Flache Australiens und Europas zusammen Bis auf die Tropen sind alle Klimazonen vertreten Von Westen nach Osten erstreckt sich Russland auf einer Gesamtlange von 9000 km von 19 ostlicher bis 169 westlicher Lange uber zwei Kontinente Auf Europa entfallen 23 der Landflache auf Asien 77 Von Suden nach Norden betragt die Ausdehnung bis zu 4000 km vom 41 bis zum 81 Grad nordlicher Breite Auf dem Gebiet Russlands befinden sich einige der langsten Flusse sowie der alteste und tiefste Binnensee der Welt Baikalsee Wenn man die Reliefstruktur und die Flusssysteme Russlands miteinander vergleicht so entsteht ein Gitternetz aus breitenparallel verlaufenden Wasserscheiden bzw dem Steppengurtel im Suden und den meridional ausgerichteten Stromwegen Lage und Grenzen Rechts im Bild die Festung Iwangorod Russland links auf der anderen Seite der Narva die Hermannsfeste Estland Hier verlauft zugleich auch die Ostgrenze der Europaischen Union Russische Grenze bei Grebnova Russland hat neben der Volksrepublik China mit 14 die grosste Anzahl Nachbarstaaten mit einer gemeinsamen Landgrenze Die Gesamtlange der Landesgrenzen betragt 22 407 km Russland grenzt des Weiteren an funf Meere wobei die Kustenlinie 37 653 km umfasst Das russische Kernland grenzt an die Staaten Norwegen 196 km und Finnland 1340 km vgl Grenze zwischen Finnland und Russland gefolgt von einem kurzen Kustenstreifen zur Ostsee Zudem teilt sich Russland eine Grenze mit den baltischen Landern Estland 334 km und Lettland 217 km weiter sudlich gefolgt von Belarus 959 km und der Ukraine Das Schwarze Meer trennt die europaischen Grenzen Russlands von den asiatischen Im Kaukasus grenzen Georgien 723 km und Aserbaidschan 284 km an Es folgt ein Kustenstreifen am Kaspischen Meer und eine lange gemeinsame Grenze mit Kasachstan 6846 km In Ostasien grenzt Russland erstmals an die Volksrepublik China etwa 40 km und dann an die Mongolei 3485 km Danach trifft das russische Hoheitsgebiet zum zweiten Mal mit chinesischem zusammen 3605 km Mit Nordkorea 19 km besteht die letzte Landverbindung zu einem anderen Staat Danach folgen die Kustenlinien zum Japanischen Meer dem Ochotskischen Meer zum Pazifischen Ozean und schliesslich zur Beringsee Uber die nur etwa 85 km schmale und 30 bis 50 m tiefe Beringstrasse ist Russland im aussersten Osten von Alaska getrennt Die inmitten der Beringstrasse befindliche russische Grosse Diomedes Insel liegt nur 4 km von der US amerikanischen Kleinen Diomedes Insel entfernt Der gesamte nordliche Teil des Landes grenzt an den Arktischen Ozean Dort liegen verschiedene zu Russland gehorende Inseln als nordlichste Franz Josef Land Russland betrachtet zudem noch weitere Gebiete des Arktischen Ozeans und der Eisflache als Teil seines Hoheitsgebietes Neben dem Kernland besitzt Russland noch eine Exklave den nordlichen Teil des ehemaligen Ostpreussen die heutige Oblast Kaliningrad Dieses Gebiet uber das 1945 die Sowjetunion die territoriale Souveranitat beanspruchte grenzt an Litauen 227 km und den sudlichen Teil des fruheren Ostpreussen der jetzt zu Polen gehort 206 km Es ist somit vollstandig von EU Landern umgeben Russland ist in elf Zeitzonen eingeteilt von UTC 2 bis UTC 12 wobei mit der Abschaffung der Zeitumstellung im Jahr 2011 bis 2014 uberall ganzjahrig die Sommerzeit galt Nach anhaltender Kritik aus der Bevolkerung kehrte Russland am 26 Oktober 2014 zur Normalzeit zuruck Siehe auch Zeitzonen in Russland Grosslandschaften und Relief Hauptartikel Russische Grosslandschaften Grosslandschaften und wichtigste Flusse SibiriensMittelrussischer Landrucken in der Osteuropaischen Ebene nahe SaraiskLandschaftsbild in der Oblast Belgorod Russland umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Naturraume die vielfaltige Potenziale aber auch sehr verschiedenartige Nutzungen aufweisen Russland gliedert sich geographisch betrachtet hauptsachlich in die acht Grosslandschaften etwa in West Ost Richtung Die Osteuropaische Ebene nimmt den grossten Teil des europaischen Russlands ein Es besteht aus weiten Niederungen die von schwach gegliederten Hohenrucken unterbrochen werden Nur wenige Erhebungen erreichen Hohen von mehr als 300 m In Karelien und auf der Halbinsel Kola die geologisch zum Baltischen Schild gehoren ist das Relief im Norden differenzierter Dort wird in den Chibinen der zentralen Kola Halbinsel eine maximale Hohe von 1191 m erreicht Im Suden geht das Osteuropaische Tiefland in die unterhalb des Meeresspiegels gelegene Kaspische Senke uber Wahrend der letzten Eiszeit entstand eine Kette von Endmoranen die vom Grenzgebiet zu Belarus aus nach Osten und nordlich von Moskau zur arktischen Kuste westlich des Flusses Petschora verlauft Die Region nordlich davon besteht aus vielen Seen und Sumpfen Ostlich des Uralgebirges setzt sich bis zum Jenissei die weit gespannte Ebene im Westsibirischen Tiefland fort Dieses uberaus flache Gebiet wird von weitraumigen Sumpflandschaften eingenommen Das Nordsibirische Tiefland schliesst sich nordlich des Mittelsibirischen Berglands an das nach Norden zur Taimyrhalbinsel bis sudlich des Arktischen Ozeans ansteigt Ostlich des Jenissei erstreckt sich bis zur Lena das wellige Mittelsibirische Bergland mit durchschnittlichen Hohen zwischen 500 und 700 m Im Nordwesten dieser Region erhebt sich das Putorana Gebirge das eine maximale Hohe von 1701 m erreicht Flusse pragten die Gestalt der Landschaft an einigen Stellen haben sich tiefe Canyons eingeschnitten Im Suden von Mittel und Ostsibirien setzen sich weitere Gebirgszuge ostwarts bis zum Pazifischen Ozean fort Sudsibirische Gebirge Dazu gehoren Altai Sajangebirge Jablonowygebirge Stanowoigebirge und Dschugdschur Die Mitteljakutische Niederung umfasst vor allem die Unterlaufstaler von Lena und Wiljui aber auch das untere Aldantal Die etwa 1 Million km umfassende Niederung wird im Westen vom Mittelsibirischen Bergland begrenzt und im Osten vom Ostsibirischen Bergland Ostlich von Lena und Aldan schliesst sich das Ostsibirische Bergland an das aus verzweigten Gebirgsketten besteht Die hoheren Gebirge in dieser Region wie das Werchojansker Gebirge das Tscherskigebirge und das Kolymagebirge erreichen Hohen zwischen etwa 2300 und 3200 m Auf der Halbinsel Kamtschatka gibt es etwa 160 Vulkane Die vulkanische Gebirgskette von Kamtschatka setzt sich im Suden auf den Kurilen fort Dort gibt es rund 100 Vulkane Sudlich der Ostsibirischen See erschliesst sich das weitlaufige Ostsibirische Tiefland das sich ausschliesslich nordlich des Polarkreises befindet Die Landschaft umfasst die Unterlaufe der Flusse Jana Indigirka und Kolyma Der westliche Teil ist das Jana Indigirka Tiefland der ostliche das Kolyma Tiefland Im Westen Suden und Osten grenzt das Ostsibirische Tiefland an das Ostsibirische Bergland Flusse und Seen Kreuzfahrtschiffe auf der WolgaDer Katun im Altaigebirge Mit 120 000 Flussen und Stromen und fast zwei Millionen Seen ist Russland sehr wasserreich Der Waldgurtel der zwei Drittel der Flache einnimmt wirkt zusammen mit dem Niederschlagsuberschuss als riesiger Wasserspeicher der ein ganzes Netz an Wasserlaufen speist Im europaischen Teil Russlands ist der wichtigste Fluss die Wolga Sie ist der langste Fluss Europas und verlauft ausschliesslich in Russland Zusammen mit ihren beiden Nebenflussen Kama und Oka entwassert sie einen grossen Teil der Osteuropaischen Ebene nach 3534 km zum Kaspischen Meer im Sudosten Als Wasserweg hat die Wolga besondere Bedeutung da sie Osteuropa mit Zentralasien verbindet Der Nordrussische Landrucken bildet die Wasserscheide zwischen Wolgabecken und Weissem Meer bzw Barentssee im Norden Eine grosse Bedeutung fur die slawischen Staaten besitzt der Dnepr auch Dnjepr genannt Der Strom entsteht westlich von Moskau und fliesst anschliessend durch Belarus und die Ukraine wo er ins Schwarze Meer mundet Uber den Dnepr Bug Kanal ist er mit den polnischen Flussen Bug und Weichsel sowie mittelbar uber das Oginskische Kanalsystem mit der Memel verbunden was den Dnepr zu einer wichtigen Wasserstrasse macht Die langsten Flusse Russlands liegen in Sibirien und dem fernostlichen Russland Der Ob entspringt im sudsibirischen Altai und mundet in das Nordpolarmeer Der mit seinem Quellfluss Katun uber 4300 km lange Fluss bildet zusammen mit dem Irtysch eines der langsten Flusssysteme Asiens mit einer Gesamtlange von uber 5400 km Eine noch etwas langere Fliessstrecke hat das Flusssystem des Jenissei dessen Wasser teilweise aus der Mongolei nach Norden durch Westsibirien zum Nordpolarmeer fliesst Sein Hauptzufluss die Angara stellt den einzigen Abfluss des Baikalsees dar Der Jenissei fuhrt dem Nordpolarmeer jahrlich etwa 600 km Wasser zu Damit verzeichnet er die hochste Durchflussmenge aller russischen Flusse Die rund 4300 km lange Lena der langste Strom der ausschliesslich in Russland verlauft und dessen Einzugsgebiet sich ausschliesslich in Russland befindet entspringt nur 5 km vom Baikalsee entfernt Sie fliesst zunachst in nordostliche Richtung biegt nach dem Einmunden des Aldan nach Norden und mundet in einem ausgedehnten Delta in die Laptewsee ein Nebenmeer des Nordpolarmeers Weitere wichtige Flusse die ins Nordpolarmeer munden sind die Petschora die Nordliche Dwina die Chatanga sowie die Kolyma und die Indigirka Ein weiteres wichtiges Flusssystem bildet der Amur mit seinem Zufluss Schilka Mit dessen Quellfluss Onon hat es eine Gesamtlange von etwa 4400 km und fuhrt vom Nordosten der Mongolei in ostlicher Richtung entlang der chinesischen Grenze zur Pazifikkuste Amur und Anadyr sind die grossten russischen Flusse die in den Pazifischen Ozean fliessen Viele andere Strome sind als Verkehrswege und als Energiequellen bedeutend oder sie dienen in trockenen Regionen der Bewasserung Der Don nimmt dabei eine herausragende Stellung ein Er liegt im bevolkerungsreichen Osteuropaischen Tiefland und entwassert nach Suden in das Asowsche Meer Andere wichtige Flusse sind Moskwa Selenga Tobol Steinige Tunguska Untere Tunguska Ural und Ussuri In Russland gibt es besonders im ehemals vergletscherten nordwestlichen Teil des Landes viele naturliche Seen Das Kaspische Meer ist mit 386 400 km der weltgrosste Binnensee Der Seespiegel des Salzwassersees befindet sich etwa 28 m unterhalb des Meeresniveaus Da das Kaspische Meer keinen Abfluss hat entweicht Wasser nur durch Verdunstung wodurch es bei dem hier herrschenden trockenen Klima zur Auskristallisation von Salzen kommt Der Baikalsee hat als altester Susswassersee eine Tiefe von 1642 m womit er nicht nur der tiefste See sondern zugleich auch das grosste Reservoir flussigen Susswassers weltweit ca ein Funftel aller flussigen Susswasserreserven ist Weitere wichtige und grosse Seen sind Ladogasee grosster Binnensee Europas Onegasee und Taimyrsee Siehe auch Liste der Wasserfalle in Russland Gebirge und Naturschutzgebiete Blick auf den Elbrus den hochsten Berg Russlands Rund 40 der Flache Russlands ist von Gebirgen uberzogen Dabei bildet der Ural die Trennlinie zwischen dem europaischen und asiatischen Teil des Landes er stellt allerdings wegen seiner geringen Hohe von knapp 2000 m Narodnaja 1895 m keine wirkliche Barriere dar Ostlich des Ural erstreckt sich das sehr flache Westsibirische Tiefland das bis zum Fluss Jenissej reicht und von weitraumigen Sumpflandschaften durchzogen ist Sudostlich wird das Westsibirische Tiefland durch das Mittelsibirische Bergland abgeschlossen das sich bis zum Fluss Lena erstreckt und im Norden zum schmalen Nordsibirischen Tiefland abfallt Zum Mittelsibirischen Bergland gehoren die Gebirge Sajan Munku Sardyk 3491 m und das hochste Gebirge Sibiriens der Altai Belucha 4506 m im russisch kasachisch chinesisch mongolischen Grenzgebiet Ostlich der Lena erhebt sich das Ostsibirische Bergland das sich in verschiedene Gebirgsketten wie das Werchojansker Gebirge 2389 m in und Tscherskigebirge Pobeda 3003 m verzweigt und Hohen bis gut 3000 m erreicht Die Halbinsel Kamtschatka ist durch ihre 160 Vulkane mit Hohen bis zu 4688 m gepragt von denen 29 noch aktiv sind Weitere Gebirge in Russland sind Baikalgebirge Chibinen Kaukasus Kolymagebirge Putorana Gebirge Stanowoigebirge Stanowoihochland Tannu ola Gebirge Der hochste Berg in Russland ist der Elbrus 5642 m im Kaukasus Neben weiteren 5000ern im Kaukasus sind der Kasbek mit 5047 m und die Kljutschewskaja Sopka mit 4750 m bekannte Gipfel Russland besitzt ein ausgepragtes Naturschutzsystem mit einer langen Tradition Zu den klassischen russischen Schutzgebietskategorien wie den streng geschutzten Sapowedniki oder den Sakasniki kamen seit den 1980er Jahren die nach internationalen Kriterien errichteten Nationalparks und andere internationale Schutzgebietsklassen hinzu Russland besitzt flachenmassig eines der grossten Schutzgebietssysteme der Welt Sapowedniki streng geschutzte Gebiete Ist die wichtigste nationale Schutzgebietskategorie in Russland die international zur hochstmoglichen Schutzgebietskategorie gehort In ihnen darf keinerlei Nutzung und keine menschliche Beeinflussung der naturlichen Prozesse erfolgen Daher ist das Betreten der Kernzone eines Sapowedniks durch Besucher verboten wobei es fur Wissenschaftler in beschranktem Umfang Ausnahmegenehmigungen gibt Derzeit gibt es 100 von diesen Totalreservaten in Russland die in ihrer Flache von 2 31 bis 4169 km reichen und insgesamt 27 000 km umfassen Wildschutzgebiete Hierbei handelt es sich um Gebiete die bis zu 6000 km Flache umfassen in denen Beschrankungen fur die wirtschaftliche Nutzung gelten Sie dienen als Landschaftsreservate dem Schutz und der Regeneration naturlicher Okosysteme dem Schutz von seltenen Tier und Pflanzenarten von Fossilienfundstellen oder auch dem Schutz hydrologisch bzw geologisch bedeutender Statten Insgesamt gibt es etwa 3000 Sakasniki in Russland mit einer Gesamtflache von etwa 78 000 km Nationalparks in Russland Erst seit Anfang der 1980er Jahre gibt es in Russland auch die in anderen Landern schon langer bekannte Schutzgebietskategorie der Nationalparks Diese besitzen einen geringeren Schutzstatus als die Sapowedniki und dienen neben dem Schutz von Natur und Kulturschatzen auch der Forschung und Bildung sowie dem kontrollierten Tourismus Derzeit gibt es 35 Nationalparks in Russland die in ihrer Flache von 7 km bis 18 900 km reichen und zusammen 90 000 km des Staatsgebietes umfassen Naturparks Sie sind eine relativ neue Schutzkategorie und dienen neben dem Naturschutz auch der Erholung Naturerbe 1972 wurde die Konvention zum Schutz des Kultur und Naturerbes der Welt verabschiedet der Russland 1988 beigetreten ist Als Naturerbe gelten einzigartige physikalische biologische und geologische Formationen oder Gebiete deren Erhaltung fur die Wissenschaft oder wegen ihrer naturlichen Schonheit von aussergewohnlichem Wert sind sowie Lebensraume bedrohter Tier und Pflanzenarten Bisher wurden folgende Gebiete von der UNESCO als Naturerbe aufgenommen 1995 Urwalder von Komi 1996 Baikalsee 1996 Vulkanregion von Kamtschatka mit Naturpark 1998 Altai Gebirge 1999 Westlicher Kaukasus 2001 Naturschutzgebiet Zentral Sichote Alin 2003 Uws Nuur Becken 2004 Naturreservat Wrangelinsel 2010 Putorana GebirgeKorjakskaja Sopka auf der Halbinsel Kamtschatka Westsibirisches Tiefland Urwalder von KomiKlima und Vegetationszonen Alle Vegetationszonen auf einen Blick Eisschilde und Gletscher Kaltewuste Flechten und Moostundra Zwergstrauch und Wiesentundra Bergtundra alpine Matten und Heiden Laubholz Waldtundra und boreale Auen Nadelholz Waldtundra Immergruner borealer Nadelwald Sommergruner borealer Nadelwald Gemischte Waldsteppen Laub und Nadelmischwalder Gemassigte Laub und Auenwalder Grassteppen und Salzwiesen Strauch und Trockensteppen Winterkalte Halbwusten Winterkalte Wusten Riedsumpfe u flutende Wasserpflanzen Die Jahresdurchschnittstemperatur fur Russland wird mit 5 5 C angegeben Grosse Teile des Landes sind vom Kontinentalklima mit heissen Sommern und sehr kalten Wintern gepragt Je weiter man in Richtung Osten des Landes reist desto deutlicher spurt man die pragenden Temperaturen zu den verschiedenen Jahreszeiten das heisst der Sommer ist extrem heiss und die Temperaturen in den Wintermonaten mitunter eisig kalt Kaum ein anderes Land bietet solche Temperaturunterschiede wie Russland Die sudliche Halfte des Fernen Ostens hat ein vom Monsun beeinflusstes Klima Die durchschnittlichen Januartemperaturen liegen mit Ausnahme der Schwarzmeerkuste uberall unter dem Gefrierpunkt In Ostsibirien sinken sie auf 35 bis 60 C ab sind aufgrund der meist sehr niedrigen Luftfeuchtigkeit jedoch leichter auszuhalten Die Sommertemperaturen sind sehr unterschiedlich Die Durchschnittstemperaturen im hohen Norden liegen bei 1 bis 2 C in den Halbsteppen und Steppengebieten des Sudens hingegen bei 24 bis 25 C Die Klima Vegetations und Okozonen verlaufen in Russland weitgehend breitenkreisparallel so dass eine Nord Sud Abfolge entsteht Im Nordlichen Eismeer herrscht die lebensfeindliche Kaltewuste Dies betrifft unter anderen den nordlichen Teil der Taimyrhalbinsel und weitere dort befindliche Inseln Es herrscht ein ausgepragtes Eisklima in dem es kaum Pflanzen gibt In dieser Zone gibt es nur wenige standige Siedlungen Die Durchschnittstemperaturen steigen nur fur drei Monate knapp uber den Gefrierpunkt und in den kaltesten Monaten Januar und Februar erreichen sie bis 30 C Die jahrlichen Niederschlagsmengen in Form von Schnee steigen selten uber 250 Millimeter Beginnend vom nordlichsten Eurasischen Festland schliesst sich ein baumloser und durch Permafrost gekennzeichneter Landschaftsgurtel an der eine Nord Sud Ausdehnung zwischen 200 und 800 km aufweist und sich etwa bis zum Polarkreis im Mittelsibirischen Bergland bis 70 nordlicher Breite erstreckt Die Kustenlandschaft im Norden ist mit Ausnahme der Bucht um das Weisse Meer von der Tundra gepragt Die Sommer sind dort zu kurz und zu kuhl als dass sich Wald ausbilden konnte Die Durchschnittstemperaturen liegen nur vier bis funf Monate im Jahr uber dem Gefrierpunkt wobei die warmsten Monate in den Randgebieten ein Mittel uber 10 C aufweisen Daher taut auch der Boden nur an der Oberflache auf sodass sich die reichlichen Niederschlage auf dem gefrorenen Unterboden stauen und die Tundra im Sommer in ein Meer von Sumpfen und Mooren mit einer Vegetation aus Flechten Grasern und Zwergstrauchern verwandeln Landwirtschaft ist nicht moglich nur die indigenen Rentiernomaden finden dort ihr Auskommen Daher gibt es nur wenige menschliche Siedlungen Weiter sudwarts der Kaltesteppe beginnen Fichten zunachst einzeln zu wachsen um dann zusammen mit Moor Birken und Espen von Sumpfen durchsetzte Waldtundra zu bilden An ihrer Sudgrenze geht die Waldtundra dann fliessend in die Waldzone uber Diese 1000 bis 2000 km breite Zone verlauft nordlich entlang der Linie St Petersburg Ufa Irkutsk Sachalin und bildet die boreale Zone bzw die Taiga Die Waldzone durchzieht ganz Nordeurasien Wegen dieser gewaltigen Ausdehnung gliedert sie sich in mehrere breitenparallele Unterzonen In den der Flache nach bei weitem dominierenden Nadelwaldgurtel eigentliche Taiga im Norden in Mittelsibirien weiter in die Sub Taiga als Ubergangszone zur Steppe sowie in einen Mischwaldgurtel der sich jedoch lediglich im europaischen Russland sudlich anschliesst Die Taiga ihrerseits bildet drei breitenparallel hintereinander geschaltete Unterzonen Westlich des Urals besteht die nordliche Taiga aus niedrigen Fichtenwaldern mit vereinzelten Birken Nur in Karelien herrscht die Kiefer vor Die mittlere Taiga bildet dunkle Fichtenwalder mit Einschlussen von Birken nach Suden hin zunehmend auch Kiefern sowie ersten Vorboten von Laubholzern wie der Winterlinde Geringe Fruchtbarkeit des Bodens und Artenarmut der Vegetation macht diese Landschaft fur eine Landwirtschaft ungeeignet Die sudliche Taiga zeichnet sich durch einen hohen Anteil von Laubholzern am Unterwuchs aus bedingt durch ergiebigere Boden Die Taiga Sibiriens ist durch lichte Walder bestehend aus Sibirischen Larchen Fichten und Zirbelkiefern gekennzeichnet Die Waldzone ist durch kontinentales Klima mit einem starken Temperaturgefalle zwischen heissen Sommern und kalten Wintern gepragt Die mittlere Jahrestemperatur nimmt von Westen nach Osten deutlich ab In Pskow betragt sie noch 5 1 C sinkt aber bis zum Ural auf 2 3 C ab und erreicht im westsibirischen Tomsk nur noch 0 1 C Im ostsibirischen Jakutsk liegt sie dann bei 10 C Die niedrigen Jahresmittel sind auf den langen und sehr kalten Winter in Sibirien zuruckzufuhren Dagegen entsprechen die durchschnittlichen Sommertemperaturen dem mitteleuropaischen Mittel In den von kuhlgemassigten Klimaten beherrschten Gebieten die sich der Taiga sudlich anschliessen wachst sommergruner Laub und Mischwald Diese Zone verlauft innerhalb Europas im Dreieck St Petersburg Odessa Ufa in Westsibirien in einem Streifen von Tscheljabinsk bis Krasnojarsk sowie im Amur Gebiet Die Mischwaldzone verlauft damit in einem nach Osten hin sich verjungenden Dreieck von den mittleren Karpaten und von der baltischen Kuste bis an den Sudural Die Vegetation besteht primar aus Fichten Kiefern und Eichen ehe sie weiter sudwarts in reinen Laubwald ubergeht Leitholzer bilden dort die Eiche sowie in der Westukraine Buche und Hainbuche Kiefern wachsen wie auch im Mischwaldbereich vor allem in sandigen Senken wie im Pripjetbecken Ostlich des Urals gibt es aus klimatischen Grunden keinen Mischwald Stattdessen leiten in Westsibirien Birkenhaine unmittelbar von der Taiga in die Waldsteppe uber Der Mischwald tritt dann wieder im Fernen Osten auf Die Mischwaldzone bietet fur die Landwirtschaft im Allgemeinen akzeptable die Laubwaldzone gute Existenzbedingungen Weiter sudlich folgt ein Steppengurtel der am Unterlauf von Don und Wolga Nordkaukasus Kaspische Senke und Tuwa verlauft Der Steppengurtel untergliedert sich im Norden in die Waldsteppe und im Suden in die eigentliche Steppe Der Wald lost sich von Norden nach Suden in Inseln auf und verschwindet schliesslich fast ganz Das hangt mit dem nach Sudosten abnehmenden Niederschlag bei gleichzeitig wachsender Verdunstungsintensitat zusammen Ausser in Flusstalern als Auwald oder in Senken mit gunstigen Grundwasserverhaltnissen reicht das im Lossboden gespeicherte Wasser nicht aus um den Flussigkeitsbedarf von Laubholzern zu decken Daher bilden in der Waldsteppe Wiesen in der eigentlichen Steppe Federgrasformationen die Pflanzendecke Der Steppengurtel ist aufgrund der fruchtbaren Schwarzerdeschicht ideal fur den Getreideanbau An der Schwarzmeerkuste zwischen Noworossijsk und Sotschi folgt eine Hartlaubwaldzone An der Schwarzmeerkuste herrschen im Durchschnitt um die 20 Grad Celsius Dieser subtropische Teil Russlands ist gepragt von dichten Waldern Russland beherbergt nach Kanada die grossten noch verbliebenen nordischen Wildnisregionen Nach Global Forest Watch sind rund 26 der Walder noch intakte Urwalder Sie liegen zum allergrossten Teil in Sibirien Im europaischen Teil haben noch 9 der Walder diesen Status Taiga bei Krasnojarsk Iwan Schischkins Gemalde Der Roggen zeigt die Waldsteppe in der zentralen Schwarzerde Region Blick auf Sotschi am Schwarzen Meer in der subtropischen HartlaubwaldzoneFauna Das polare Klima an der Nordkuste Russlands ist Lebensraum fur Polarbaren Robben Walrosse und Seevogel In der sich sudwarts anschliessenden Tundra leben Polarfuchse Eulen Schneehasen und Lemminge Im Sommer wandern grosse Herden von Rentieren und Wolfen in die Tundra ein Diese Tiere sind an die lebensunfreundlichen Umstande dieser Zone perfekt angepasst In den Waldern von Russland nimmt die Artenvielfalt in der Tierwelt zu So leben in der Taiga und den borealen Nadelwaldern Russlands Elche Rentiere Wolfe Baren Zobel Eichhornchen Fuchse und der Vielfrass Weiter sudlich haben sich Wildschweine Nerze und Hirsche ausgebreitet Vereinzelt gibt es auch Sibirische Tiger Die Steppenzone Russlands ist der Lebensraum fur Hamster Ziesel sowie fur den Iltis und den Steppenfuchs Junger Amurtiger im Schnee Der Wildbestand belauft sich heute auf weniger als 500 Tiere Steppenfuchs Zobel GelbzieselBevolkerungTeile dieses Artikels scheinen seit 2017 nicht mehr aktuell zu sein Bitte hilf uns dabei die fehlenden Informationen zu recherchieren und einzufugen Wikipedia WikiProjekt Ereignisse Vergangenheit fehlend Bevolkerungsdichte Bevolkerungsdichte Russlands nach Regionen Die Bevolkerung ist innerhalb Russlands sehr ungleichmassig verteilt 85 der Bevolkerung etwa 123 Millionen Menschen leben im europaischen Teil 23 der Gesamtflache und 15 etwa 22 Millionen Menschen im flachenmassig weit grosseren asiatischen Teil 77 der Gesamtflache Die Bevolkerungsdichte variiert von 362 Einwohner km in der Hauptstadt und ihrer Umgebung Gebiet Moskau und unter 1 Einwohner km im Nordosten und im russischen Fernen Osten Im Schnitt betragt sie 8 3 Einwohner km Da in vielen Fallen ein betrachtlicher Bevolkerungsanteil im jeweiligen Gebietshauptort lebt liegt die Bevolkerungsdichte im landlichen Raum auch in den relativ dicht besiedelten zentralrussischen Verwaltungsgebieten selten hoher als 40 bis 50 Einwohner km Demografische Entwicklung BevolkerungsentwicklungEntwicklung der Geburten und Sterberate in RusslandBevolkerungsstruktur 2024 Der Geburtensturz ab 1990 und der hohe Frauenuberschuss dunkelrot sind deutlich zu erkennen Russlands Bevolkerungszahl sank von 147 0 Millionen bei der Volkszahlung im Januar 1989 bis 2007 auf 142 2 Mio Danach verlangsamte sich der Bevolkerungsruckgang so dass die Einwohnerzahl 2010 bei 141 9 Mio lag Durch die Ergebnisse der Volkszahlung 2010 wurde die Bevolkerungszahl korrigiert Die Fertilitatsrate sank zwischen 1988 und 1999 von zwei auf 1 16 Geburten pro Frau Gleichzeitig verdoppelte sich bei den Mannern die Sterblichkeitsrate von 9 4 1970 auf 18 7 pro 1 000 Einwohner 2005 Die Durchschnittslebenserwartung der Manner sank von 63 9 Jahren 1986 auf 57 5 Jahre 1994 Bis 2004 stieg sie auf 58 9 Jahre an 2011 lag sie bei 64 3 Jahren 2014 bei 70 36 Jahren Die hohere mannliche Sterberate fuhrt zu einem Frauenuberschuss 2010 gab es in Russland 10 7 Millionen mehr Frauen als Manner Hauptursache Ungesunde Lebensweise durch Alkohol Rauchen sowie Verkehrsunfalle Suizid und Mord Als haufigste Todesursache gelten mit 56 7 diverse Herzkrankheiten sehr haufig sind auch Krebserkrankungen Die Zahlen von Todesfallen infolge Drogenkonsums Tuberkulose und HIV sind seit dem Ende der Sowjetunion merklich gestiegen 2015 war von einer jahrlichen Zunahme von 10 bei den HIV Ansteckungen die Rede vor allem durch Drogenkonsum Der Leiter der Foderalen Zentrale fur die Pravention und Kontrolle von AIDS Wadim Pokrowski sprach Mitte 2015 von funfzehn Regionen Russlands mit einer generalisierten Epidemie mit mehr als 1 angesteckter Bevolkerung ahnlich wie in Sudafrika Laut Angaben zu Beginn der Welt Aids Konferenz 2018 nahmen die Neuinfektionen in Osteuropa und Zentralasien als einziger Weltregion zwischen 2010 und 2016 zu zu 80 betreffe dies Russland wo die Anzahl der Neuinfektionen 2017 laut UNAIDS doppelt so hoch lag wie 2005 Im Jahr 2019 zahlte die Verbraucherschutzbehorde knapp uber eine Million Infizierte und zirka 80 tagliche Neuansteckungen so Wadim Pokrowski Die russische Regierung hat mehrere nationale Programme eingeleitet die helfen sollen die Geburtenrate zu steigern Seit 2007 erhielten Eltern ab ihrem zweiten neugeborenen Kind eine einmalige staatliche Beihilfe Mutterschaftskapital in Hohe von fast 10 000 Euro 2012 So hatten sich die Geburtenzahlen in Russland von 1 48 Mio 2006 auf 1 9 Mio 2012 erhoht 2018 erhielten Familien vergunstigte Hypotheken und Zuschusse teils schon ab dem ersten Kind fur 3 Jahre wurden 9 Milliarden Dollar budgetiert Im Februar 2019 erklarte Prasident Wladimir Putin sich nicht mit der sinkenden Geburtenrate abzufinden und kundigte weitere Erleichterungen fur Familien mit Kindern an Russland hat eine der hochsten Abtreibungsraten in Europa Pjotr Tolstoi der stellvertretende Vorsitzende der Duma nannte eine Zahl von fast 1 5 Millionen Abtreibungen pro Jahr bei laut Statistik nur noch 1 3 Millionen Geburten 2022 Das Gesundheitsministerium nennt hingegen die Zahl von 400 000 Abtreibungen bei sinkender Tendenz Das liberale Abtreibungsrecht soll nach Vorstellungen aus Kirche und Politik drastisch verscharft werden Der Anteil der Stadtbevolkerung blieb konstant bei 73 Zur Auswanderung neigten besonders hoher Gebildete teilweise wegen der herrschenden Rechtsunsicherheit Auch infolge der demografiepolitischen Anstrengungen der Regierung verlangsamte sich dieser Trend zeitweise Nach der Annexion der Krim durch die Russische Foderation 2014 verliessen wahrend des folgenden Wirtschaftseinbruchs wieder deutlich mehr Hochqualifizierte das Land Im Fruhjahr 2018 beklagte der Chef der Russischen Akademie der Wissenschaften eine Zahl von 44 000 Auswanderern welche der russischen Forschung fehlten Von 2003 bis 2006 war Russland das zweitgrosste Einwanderungsland der Welt 2017 waren 8 1 der Bevolkerung Migranten Herkunftsregionen sind hierbei vor allem die armeren sudlichen ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens und des Kaukasus aber in zunehmender Zahl auch Afrika und Sudostasien Die Mehrheit der Einwanderer stellen bisher jedoch die Nachkommen von Russen die im Kaiserreich und der Sowjetzeit in anderen Teilrepubliken angesiedelt wurden und meist mit ihren Familien gemeinsam nach Russland zuruckkehrten Der Zustrom dampfte sich nach der Annexion der Krim durch die Wirtschaftsflaute aber auch durch Protektionismus und Nationalismus im ersten Halbjahr 2017 glich die Immigration die Sterblichkeit nicht mehr aus Die Regierung spricht bewusst die etwa 30 Millionen Russen ausserhalb des Territoriums der russischen Foderation an und fordert sie zur Ruckkehr auf Prasident Putin legte 2006 ein Ruckkehrprogramm auf und bis 2018 remigrierten etwa 800 000 Personen Covid 19 fuhrte zu einem starken Ruckgang der Zahlen die 2021 wieder leicht stiegen Im Jahr 2024 wurden ausserdem die Sprachanforderungen fur Ruckkehrer gesenkt Die russische Propaganda uberzeichnete den Zustrom von Ruckkehrern als dieser sich in Wahrheit zwischen 2021 und 2023 halbierte Innerhalb der russlandischen Gesamtbevolkerung haben v a moslemische Volker wie Tschetschenen und Inguschen hohe Geburtenraten andere moslemische Gruppen wie Tscherkessen Tataren oder Baschkiren aber nicht Es wird erwartet dass im Jahre 2050 ein Drittel bis die Halfte der Bevolkerung aus Moslems bestehen wird Die Bevolkerung Russlands wird ahnlich wie in anderen Landern Europas in den nachsten Jahrzehnten voraussichtlich weiter abnehmen die ILO erwartet bis 2050 einen Ruckgang auf 130 Millionen Einwohner Unter Annahme einer Nettozuwanderung von jahrlich 300 000 Personen ware der Ruckgang nur schwach ausgepragt Bis 2012 stabilisierte sich die Lage etwas die Einwohnerzahl stieg leicht an und lag bei etwa 143 5 Millionen Fur die Zeit ab 2015 war aufgrund der geburtenschwachen Jahrgange der 1990er Jahre eine Verschlechterung der demografischen Situation erwartet worden Dieses leichte Bevolkerungswachstum schwenkte im weiteren Verlauf der 2010er Jahre wieder zu einer negativen demografischen Entwicklung um 2020 umfasste der Ruckgang der russischen Bevolkerung laut Rosstat erstmals seit 2005 wieder mehr als 500 000 Menschen in einem Jahr 2021 rechneten die russischen Behorden mit einem Bevolkerungsruckgang von 1 2 Millionen Menschen bis 2024 Geburten und Sterbezahlen in Russland Jahr Lebend geburten Todes falle Differenz1999 1 214 689 2 144 316 929 6272000 1 266 800 2 225 332 958 5322001 1 311 604 2 254 856 943 2522002 1 396 967 2 332 272 935 3052003 1 477 301 2 365 826 888 5252004 1 502 477 2 295 402 792 9252005 1 457 376 2 303 935 846 5792006 1 479 637 2 166 703 687 0662007 1 610 122 2 080 445 470 3232008 1 713 947 2 075 954 362 0072009 1 761 687 2 010 543 248 8562010 1 788 948 2 028 516 239 5682011 1 796 629 1 925 720 129 0912012 1 902 084 1 906 335 4 2512013 1 895 800 1 871 809 24 0002014 1 942 683 1 912 347 30 3362015 1 940 579 1 908 541 32 0382016 1 888 729 1 891 015 2 2862017 1 690 307 1 826 125 135 8002018 1 604 344 1 828 910 224 5662019 1 481 074 1 798 307 317 2332020 1 436 541 2 138 586 702 045Quelle Rosstat Die Invasion der Ukraine verschlechterte die Situation weiter Nach Kriegsbeginn schrumpfte die Bevolkerung um mindestens 524 000 Personen zwischen Januar und April 2023 wurden 3 1 weniger Kinder geboren als im Vorjahreszeitraum was einen Negativrekord darstellt Die Zahl zuwandernder Auslandsrussen sank mit 45 100 Ruckkehrern auf die niedrigste Zahl in einem Jahrzehnt Stadte Moskau die Hauptstadt Russlands und grosste Stadt Europas Schon ab 800 war die Kiewer Rus von vielen stadteahnlichen Siedlungen gekennzeichnet weshalb die skandinavischen Warager das Gebiet Gardarike Reich der Stadte nannten Zu den altesten erhaltenen Stadten in diesem Bereich zahlen Nowgorod Smolensk Pskow Rostow Murom und Beloosero die alle noch im ersten Jahrtausend nach Christus gegrundet wurden Im 11 und 12 Jahrhundert wurden weitere Stadte im Zentrum Russlands von slawischen Siedlern gegrundet In dieser Zeit entstanden Moskau Jaroslawl Twer Wladimir Wologda Kirow Tula Kursk Kostroma Rjasan und etwas spater Nischni Nowgorod Aufgrund der Landesgrosse war eine Vielzahl grosser Stadte als Stutzpunkte notwendig Mit der Eroberung Kasans und Astrachans zur Mitte des 16 Jahrhunderts grundeten russische Kolonisten weitere Stadte im Osten Sudosten und Suden Zahlreiche Stadte wurden zunachst als Grenzfestungen gegrundet Im Suden waren dies Stutzpunkte der Verhaulinie gegen die Krimtataren wie Orjol 1566 und das heutige Woronesch 1586 Weiter ostlich an der Wolga entstanden in dieser Zeit weitere Stadte wie Samara 1586 Zarizyn 1589 und Saratow 1590 In Sibirien entstanden nach dessen Eroberung zahlreiche Kosakenforts sogenannte Ostrogs Aus ihnen wuchsen spater Stadte wie Tobolsk Irkutsk Bratsk Tomsk und Jakutsk heran Stadte im Ural und Altai Gebirge wie Perm 1723 Jekaterinburg 1723 oder Barnaul 1730 entstanden in der Epoche Peters des Grossen im Zusammenhang mit den dort vorhandenen Erzen und kostbaren Mineralen Mit dem Niedergang der Krimtataren und dem weiteren Vorstossen Russlands in den Kaukasus entstanden im 18 Jahrhundert neue Festungen und Stadte 1784 wurden Stawropol und Wladikawkas gegrundet 1793 Krasnodar 1805 Nowotscherkassk 1818 Grosny 1844 Port Petrowsk Trotz der Grundungen behielten grosse Teilraume ihren landlichen Charakter Der Bauer gehorte einem Mir Bauerngemeinde an Stadte stellten ausserhalb der Agglomerationen isolierte Erscheinungen dar und bildeten ein nur weitmaschiges Netz Bis 1712 fungierte Moskau als Hauptstadt und wurde dann nach dem Willen Peters I vom 1703 neugegrundeten Sankt Petersburg abgelost um 1918 wieder offiziell den Status der Hauptstadt anzunehmen Im 19 Jahrhundert war sogar haufig von den beiden Hauptstadten die Rede Die Industrialisierung Ende des 19 Jahrhunderts brachte in allen Landesteilen einen bedeutenden Impuls fur die nachfolgende Urbanisierung Sie fuhrte zur Entstehung zahlreicher neuer Stadte und zum raschen Wachstum alter Stadte Viele russische Stadte entstanden als Folge einer administrativen Umstrukturierung mehrerer benachbarter Dorfsiedlungen zu einer Stadtsiedlung Neugrundungen von Stadten und Stadterhebungen sind bis heute ein Charakteristikum der russischen Urbanisierung Mehr als die Halfte aller russischen Stadte sind erst in den letzten 90 Jahren besonders in den 1960er Jahren gegrundet worden Deshalb gibt es unter den 160 russischen Grossstadten in denen die Halfte der russischen Bevolkerung lebt viele neue Stadte etwa ein Viertel Die russischen Grossstadte sind in erster Linie Industrie und Verwaltungszentren besitzen aber auch andere hochrangige Funktionen Beispiele neuer Grossstadte sind Magnitogorsk Nowokusnezk oder Bratsk zu den gewachsenen zahlen unter anderem Samara und Tambow Zu Zeiten der Sowjetunion wurde die stadtische Entwicklung zentral geplant und gesteuert Es herrschte der Typus der Sozialistischen Stadt vor Dazu zahlt beispielsweise die Herausbildung neuer Stadttypen etwa der Hauptstadte kleiner nationaler Republiken u a Tscheboksary Naltschik oder der Wissenschaftsstadte z B Dubna Die in der Sowjetzeit betriebene massive Verstadterungspolitik fuhrte dazu dass heute 73 der Bevolkerung in stadtischen Siedlungen leben Aus den politischen und wirtschaftlichen Umbruchen im Russland der 1990er Jahre gingen die Stadte als eigenstandige und selbstverantwortliche kommunale Einheiten hervor Dazu erhielten sie lokale und regionale Steuerungsinstanzen Mit den neuen Staatsgrenzen brachen aber auch stark arbeitsteilig organisierte spezialisierte Produktions und Distributionsablaufe zusammen Viele Stadte waren plotzlich von den bisherigen Netzwerken abgeschnitten Ehemals zentral gelegene Stadte stellten plotzlich Grenzstadte dar und waren geopolitisch peripher gelegen Dadurch veranderten sich grundlegend die funktionale Struktur und die wirtschaftliche Entwicklungsbasis der russischen Stadte und fuhrte zu Verschiebungen im Stadtesystem Russlands mit Auf und Absteigern Zu den Gewinnern der Transformation gehoren bisher vor allem die Metropolen allen voran Moskau Weil Kapital zur Gewinnung und zum Transport von Rohstoffen unter extremen Bedingungen fehlte gerieten viele Bergbaustadte des Nordens in eine Uberlebenskrise Die zehn grossten Stadte Russlands ehemalige Namen aus sowjetischer Zeit in Klammern Moskau Zentralrussland 12 23 Mio Einwohner Sankt Petersburg Leningrad Nordwestrussland 5 28 Mio Einwohner Nowosibirsk Sibirien 1 60 Mio Einwohner Jekaterinburg Swerdlowsk Ural 1 46 Mio Einwohner Nischni Nowgorod Gorki Wolga 1 26 Mio Einwohner Kasan Wolga 1 23 Mio Einwohner Tscheljabinsk Ural 1 20 Mio Einwohner Omsk Sibirien 1 18 Mio Einwohner Samara Kuibyschew Wolga 1 17 Mio Einwohner Rostow am Don Sudrussland 1 13 Mio Einwohner Siehe auch Liste der Stadte in Russland Das Zentrum von Sankt Petersburg Die Innenstadt von Jekaterinburg Stadtzentrum und das Goldene Horn Solotoi Rog die Hafenbucht von Wladiwostok an der Pazifikkuste Russische Kinder in Nordrussland 1909Volker Hauptartikel Liste der Volker in Russland und Sprachen Russlands Russen in Sankt Petersburg Streng genommen wurde Rossijskaja Federazija wortlich ubersetzt Russlandische Foderation von Rossija Russland und nicht Russische Foderation heissen Man hat bewusst nicht Russkaja Federazija Russische Foderation als Staatsbezeichnung gewahlt um auch die nichtrussischen Nationalitaten mit einzubeziehen Ist von dem russischen Volk oder der russischsprachigen Kultur die Rede spricht man daher im Russischen von russkij russisch fur den russischen Staat hingegen verwendet man das Adjektiv rossijskij russlandisch Trotzdem wird im Deutschen in beiden Fallen zumeist das Adjektiv russisch verwendet Der Gebrauch des Wortes russlandisch beschrankt sich weitgehend auf Fachpublikationen Auch die amtliche Ubersetzung der Verfassung Russlands verwendet diese Variante Die Russische Foderation begreift sich auch heute noch als Vielvolkerstaat Die grosste Gruppe sind die Russen die mit 79 8 die Mehrheit der Bevolkerung stellen doch leben nahezu 100 weitere Volker auf dem Gebiet des Landes Trotz der Heterogenitat ist die russische Bevolkerung in allen stadtischen und industriell gepragten Raumen landesweit dominant und die Titularnationen bilden auch in ihren eigenen Territorien haufig die Minderheit So zahlen nur 23 Volker bzw Titularnationen mehr als 400 000 Personen Der Grad der ethnischen Identifikation variiert Grossere Minderheiten sind die Tataren 4 0 die Ukrainer 2 2 die Armenier 1 9 die Tschuwaschen 1 5 die Baschkiren 1 4 die Deutschen 0 8 und andere Zu den kleineren Minderheiten zahlen beispielsweise die Mescheten und verschiedene Minderheiten judischen Glaubens Die nichtrussischen Minderheiten sprechen uberwiegend Sprachen aus dem Kreis der Turksprachen kaukasische Sprachen uralische Sprachen samojedische Sprachen altaische oder palaosibirische Sprachen Fur verschiedene nichtrussische Volker wurden Republiken mit nomineller Autonomie errichtet Wahrend manche Minderheiten wie etwa Armenier Koreaner und Deutsche auf die verschiedensten Regionen Russlands verteilt sind gibt es auch im europaischen Russland mehrere indigene Volker Gross ist die Zahl der Nationalitaten im Kaukasusgebiet das erst im letzten Drittel des 18 Jahrhunderts zu Russland kam Siehe auch Indigene Volker des russischen Nordens Die zahlenmassig bedeutendsten indigenen Minderheiten Russlands Name Nationalitat 1 Sprache Sprachfamilie Religion Bevolkerungsanteil in der eigenen Republik Historischer BezugRuss Foderation Foderationskreis Eigene RepublikWolga Tataren 5 6 Mio 4 Mio Wolga 2 Mio Tatarisch Turksprache Islam Tatarstan 52 9 Nachfahren der Kiptschaken Wolgabulgaren Tataren und MongolenBaschkiren 1 7 Mio 1 4 Mio Wolga 1 2 Mio Baschkirisch Turksprache Islam Baschkortostan 30 zusammen mit Tataren 54 eng verwandt mit WolgabulgarenTschuwaschen 1 6 Mio 1 4 Mio Wolga 890 000 Tschuwaschisch Turksprache Russisch Orthodox Tschuwaschien 67 7 Nachkommen der Wolgabulgaren und anderer GruppenTschetschenen 1 4 Mio 1 3 Mio Sud 1 0 Mio Tschetschenisch nordostkaukasisch Islam Tschetschenien 93 Mordwinen 977 000 788 000 Wolga 410 000 Mordwinisch finnougrisch Russisch Orthodox Mordwinien 36 2 Awaren 814 000 785 000 Sud 758 000 Awarisch nordostkaukasisch Islam Dagestan 29 44 Osseten 515 000 477 000 Sud 446 000 Ossetisch iranisch Russisch Orthodox Islam Nordossetien Alanien 62 70 Alanen dazu etwa 70 000 in Sudossetien ausserhalb RusslandsTscherkessen 700 000 einschl Kabardinern und Adyge 61 000 58 000 Sud 50 000 Kabardinisch nordwestkaukasisch Islam Karatschai Tscherkessien 11 zusammen mit Karatschaiern 50 1864 zur Mehrheit ins Osmanische Reich vertrieben heute 1 5 Mio in der Turkei 512 000 512 000 Sud 499 000 Kabardinisch Islam Kabardino Balkarien 48 bis 55 zusammen mit Balkaren 67 128 000 126 000 Sud 108 000 Adygeisch Islam Adygeja 24 Mari 604 000 512 000 Wolga 312 000 Mari finnougrisch Russisch Orthodox Mari El 43 Udmurten 637 000 273 000 Wolga 461 000 Udmurtisch finnougrisch Russisch Orthodox Udmurtien 37 Burjaten 445 000 423 000 Sibirien 273 000 Burjatisch mongolisch Buddhismus Burjatien 28 Jakuten 443 000 441 000 Sibirien 432 000 Jakutisch Turksprache Russisch Orthodox Jakutien 46 Komi Syrjanen 309 000 281 000 Nordwest 269 000 Komi finnougrisch Russisch Orthodox Republik Komi 35 Komi Permjaken 125 000 107 000 Wolga 80 000 Russisch Orthodox Kreis der Komi PermjakenDarginer 510 000 489 000 Sud 425 526 Darginisch nordostkaukasisch Islam Dagestan 16 52 Inguschen 413 000 392 000 Sud 360 000 Inguschisch nordostkaukasisch Islam Inguschetien 79 Lesgier 412 698 360 000 Sud 337 000 Lesgisch nordostkaukasisch Islam Dagestan 13 07 dazu etwa 300 000 ausserhalb Russlands in AserbaidschanKumyken 422 000 399 000 Sud 366 000 Kumykisch Turksprache Islam Dagestan 14 20 Kalmucken 176 000 167 000 Sud 156 000 Kalmuckisch mongolisch Buddhismus Kalmuckien 53 nahe den Oiraten Mongolei und China verwandtAnmerkung 1 Die unter Nationalitat genannten Zahlen stehen fur die Identifikation also wie viele Burger Russlands und seiner autonomen Gliederungen sich bei der Volkszahlung von 2002 zu der jeweiligen Nationalitat bekannt haben In der amtlichen Statistik sind bei den Mordwinen und Osseten jeweils zwei bei den Komi eine Splittergruppe getrennt aufgefuhrt die aber mehrheitlich in derselben Teilrepublik wohnen Sprachen Russisch ist die einzige uberall geltende Amtssprache parallel dazu wird in den einzelnen autonomen Republiken jedoch haufig die jeweilige Volkssprache als zweite Amtssprache verwendet In einigen Republiken existieren auch drei oder mehr offizielle Sprachen in Dagestan wo mehr als 30 einheimische Volksgruppen leben gibt es 14 offizielle Sprachen Die Verwendung der regionalen Sprachen wird im Unterricht in den Massenmedien und in der Kulturpolitik gefordert Die Regierungen und Parlamente der Republiken betrachten dies als unabdingbare Voraussetzung um ein Aussterben von Volksgruppen zu verhindern Allerdings nimmt die Beherrschung der indigenen Muttersprache unter vielen nicht russischen Volksgruppen ab Russisch wird ebenso wie fast alle regionalen Amtssprachen in Russland im kyrillischen Alphabet geschrieben Es besteht die Richtlinie dass alle jeweiligen Sprachen kyrillisch zu schreiben sind Ausnahmen bilden das Jiddische in der Judischen Autonomen Oblast welches dort aber bereits seit Jahrzehnten kaum noch gesprochen wird sowie das Karelische Finnische und Wepsische in Karelien die dort jedoch nur einen untergeordneten offiziellen Status besitzen In Tatarstan wurde Tatarisch als einzige Ausnahme von 2001 bis 2004 gegen den Widerstand der in Tatarstan ansassigen russischsprachigen Bevolkerung ausschliesslich in lateinischer Schrift geschrieben Diese Praxis verbot das russische Verfassungsgericht im November 2004 mit der Begrundung dass fur die Einigkeit Russlands eine einheitliche Schrift notwendig sei Religionen Nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem damit verbundenen Verschwinden der atheistischen Staatsideologie des Marxismus Leninismus fand eine Ruckbesinnung auf religiose Werte statt Die in Russland am weitesten verbreiteten Religionen sind das Christentum vor allem der russisch orthodoxe Glaube sowie der Islam Islam in Russland Vertreten sind daruber hinaus zahlreiche andere Konfessionen wie der romisch katholische Glauben der Protestantismus das Judentum der Buddhismus sowie traditionelle Glaubensrichtungen einiger Volksgruppen Etwa ein Drittel der Bevolkerung bezeichnet sich als Atheisten oder Konfessionslose Orthodoxe 40 75 Religionslose und Atheisten 25 35 Agnostiker 20 25 Muslime 7 15 Andere Christen 2 Buddhisten 0 7 Juden 0 35 Wahrend unmittelbar nach dem Ende der Sowjetunion weitgehende religiose Liberalitat herrschte und auslandischen und finanzkraftigen Religionsgemeinschaften erfolgreiche Missionstatigkeit erleichterte privilegiert das Religionsgesetz von 1997 die sog traditionellen Religionen der orthodoxen Kirche des Islams des Buddhismus und des Judentums Seit 2016 bestehen Einschrankungen der Missionstatigkeit die initial auf den Islam gerichtet waren aber auch Freikirchen und neue religiose Bewegungen betreffen 2012 waren bereits Regelungen zum Schutz religioser Gefuhle geschaffen worden die in der Praxis im Sinne der Russisch Orthodoxen Kirche angewandt werden Was die Zugehorigkeit zu einzelnen Religionsgruppen angeht gibt es keine zuverlassigen Zahlen da die Mitglieder von Kirchen und Gemeinden in Russland nicht registriert werden und keine Kirchensteuer erhoben wird Umfragen weichen oft erheblich voneinander ab So hat die Stiftung fur offentliche Meinung FOM 2012 nur noch 41 Prozent Orthodoxe festgestellt gegenuber 13 Prozent Atheisten und nur 6 5 Prozent Muslimen Weitere 25 Prozent aber bezeichneten sich als Agnostiker bzw gaben an an eine hohere gottahnliche Macht zu glauben Das Gesamtrussische Zentrum fur Meinungsforschung VCIOM ging hingegen 2010 von 75 Prozent Orthodoxen und nur 8 Prozent Atheisten aus seine Zahlen werden auch von der Russischen Botschaft in Deutschland zitiert Abweichend von den genannten Umfragen wird der Anteil der Orthodoxen meist zwischen 51 und 72 angegeben die der anderen Christen mit zusammen kaum 2 die der Buddhisten mit knapp 1 und die der Juden mit etwa 0 35 Der Fischer Weltalmanach und der Religious Freedom Report des US Aussenministeriums geben 14 Muslime an Das CIA World Factbook ging 2006 von folgenden groben Schatzungen fur praktizierende Glaubige aus also von solchen die ihren Glauben aktiv ausuben 15 bis 20 Russisch Orthodoxe 10 bis 15 Muslime 2 andere christliche Konfessionen Der Interreligiose Rat Russlands russ Meschreligiosny sowet Rossii Mezhreligioznyj sovet Rossii MSR vereint fuhrende Vertreter der vier bedeutendsten Konfessionen des Landes der Russisch Orthodoxen Kirche des Islam des Judentums und des Buddhismus Er steht unter Fuhrung des Patriarchen der russisch orthodoxen Kirche Kyrill und nimmt beratend auf interessierende Gesetzgebungsprozesse und Entscheidungen Einfluss Der Rat fur die Zusammenarbeit mit religiosen Vereinigungen unter dem Prasidenten der Russischen Foderation ist in der russischen Prasidialkanzlei angesiedelt und dient der Koordinierung des Prasidenten mit den Religionen 2020 wurde in Artikel 67 der russischen Verfassung ein religioser Bezug eingebaut Der russische Staat bewahre seine tausendjahrige Geschichte und Einheit und das Andenken der Vorfahren die uns Ideale und den Glauben an Gott ubermittelt haben sowie die Kontinuitat in der Entwicklung des russischen Staates Russisch Orthodoxe Kirche Hauptartikel Russisch Orthodoxe Kirche In den oft prachtig ausge statteten orthodoxen Kirchen hier die Verklarungskathedrale in Toljatti finden meist taglich Gottesdienste statt Die orthodoxe Liturgie ist das Gegenstuck zur romisch katholischen Heiligen Messe Der russisch orthodoxe Glaube reicht bis ins fruhe Mittelalter zuruck Die engen Kontakte zu dieser Glaubensrichtung resultierten aus dem hauptsachlich auf Konstantinopel ausgerichteten Handel und den damit engen Kontakten mit Byzanz Die Furstin Olga von Kiew 893 924 liess sich als erste Herrscherin aus der rurikidischen Dynastie taufen konnte den christlichen Glauben im Reich aber nicht durchsetzen Nach der Belagerung von Konstantinopel 860 kamen ab 911 verstarkt orthodoxe Missionare ins Land angeblich sollen bereits Warager und Russen die am Angriff von 860 teilgenommen hatten getauft zuruckgekehrt sein Unter Olgas Enkel Wladimir dem Heiligen begann 988 989 die Christianisierung der Rus wobei die Kiewer Bevolkerung in Massentaufen bekehrt wurde Nach Wladimirs Tod 1015 wurden die bisher heidnischen Volker noch jahrzehntelang weiter christianisiert Byzanz betrieb zu dieser Zeit seine Kirchenpolitik im bewussten Gegensatz zu Rom und vermittelte den Ostslawen bei ihrer Bekehrung antiromische Tendenzen Die Kirche Kiews wurde als Teilkirche des Patriarchates von Konstantinopel zunachst von Exarchen verwaltet was keine Auswirkungen auf die politische Selbstandigkeit der Kiewer Grossfursten hatte Die Orthodoxe Kirche und ihre Werte bilden bis heute eine tragende gesellschaftliche Saule des russischen Reiches Nach der Vernichtung der Kiewer Rus im Mongolensturm und unter der nachfolgenden Goldenen Horde ubersiedelte der Kiewer Metropolit im 14 Jahrhundert zunachst nach Wladimir dann 1328 nach Moskau Im 15 Jahrhundert loste sich die Russisch Orthodoxe Kirche endgultig vom griechisch orthodoxen Patriarchat in Konstantinopel nachdem sich dieses infolge des politischen Niedergangs von Byzanz zu Zugestandnissen an den Papst bereit erklart hatte Die Konzeption von Moskau als Drittem Rom das als einziges den wahren christlichen Glauben aufrechterhalte war geboren 1589 wurde ein eigenes Patriarchat gegrundet Peter I hob dieses auf und setzte 1721 stattdessen an die Spitze der Kirche den Heiligsten regierenden Synod der 1918 in Sowjetrussland abgeschafft wurde Im Russland vor 1917 durften Anhanger der Russisch Orthodoxen Kirche nicht zu einer anderen Konfession auch wenn sie christlich war ubertreten und durften keine Nichtchristen heiraten Dieser Kirche war es als einziger Religion erlaubt zu missionieren Kinder aus gemischten Ehen mit Nicht Orthodoxen galten als orthodox Erst mit der Revolution von 1905 wurden die Gesetze gelockert Nach der Herrschaftsubernahme der Kommunisten wurden hauptsachlich Mitglieder dieser Kirche unterdruckt da sie als Symbol der Autokratie galt Zwischen 1918 und 1939 wurden ca 40 000 orthodoxe Geistliche hingerichtet Die 77 800 Gemeinden von 1917 wurden bis 1941 auf etwa 3100 reduziert 1927 unterwarf sich die Kirche dem kommunistischen Staat und erklarte ihre Loyalitat 1943 errichtete Stalin das Moskauer Patriarchat neu die Kirche wurde unter umfassende Geheimdienstkontrolle gestellt Die Auswahl ihrer hoheren Priester wurde vorgegeben auch ihr Name russisch orthodoxe Kirche wurde vom NKWD bestimmt ihr vormaliger Name aus der Zeit vor 1917 orthodoxe katholische griechisch russische Kirche nicht mehr verwendet Wahrend der kommunistischen Herrschaft wurden zahlreiche Priester Mitarbeiter des KGB auch ihr heutiger Patriarch Kyrill gehorte zu diesen 1988 wurde ein Heiliger Synod der Russisch Orthodoxen Kirche wiedererrichtet Die Russisch Orthodoxe Kirche erlebt eine staatlich geforderte Wiederbelebung insbesondere in landlichen Gebieten Viele Kloster wurden gegrundet oder wiedererrichtet Die Kirche zahlt gegenwartig etwa 100 Millionen Mitglieder von denen jedoch nur 5 bis 10 regelmassige Gottesdienstbesucher sind Religionsunterricht an Schulen wurde 2006 wieder eingefuhrt Die Russisch Orthodoxe Kirche sieht sich als Vertreter der Interessen des Volkes ohne im Gegensatz zur Regierung zu stehen Der Staat selbst hingegen sieht die Kirche als Garant fur den Zusammenhalt der Gesellschaft Nach Einschatzung des Theologen Thomas Bremer vertraute 2008 die Mehrheit der Bevolkerung der Kirche und sieht in ihr eine Institution die Werte vermittelt und den inneren Zusammenhalt in der Gesellschaft starkt 2022 sah er eine grosse Staatsnahe der Kirche die sich in historische Muster einfuge Zwischen Staat und Kirche werde traditionell nicht wirklich getrennt die Gemeinschaft werde gegenuber Individuen und Partikularidentitaten stets bevorzugt Der Westen werde als bedrohlich individualistisch und dekadent wahrgenommen traditionelle Werte wie Nation oder Familie oder die Ehe zwischen Mann und Frau wurden nach Meinung der Kirche in Russland hingegen nach dem Ende der Sowjetunion wieder bejaht und geschutzt Die Russisch Orthodoxe Kirche liefere damit Putin eine Herrschaftsbegrundung eine religiose Basis fur die politische Abgrenzung die Russland gegen den Westen vorgenommen hat Die Russisch Orthodoxe Kirche ist nach Einschatzung von Andreas Heinemann Gruder heute 2023 Teil der putinistischen Herrschaftsstruktur Patriarch Kyrill habe mit Wladimir Putin eine pragende Vergangenheit im sowjetischen KGB gemeinsam Das Konzept der Russki Mir werde von der Kirche militant vertreten der Krieg gegen die Ukraine nicht allein gerechtfertigt sondern zum Gottesdienst verklart Die symbiotische Nahe zwischen der Russisch Orthodoxen Kirche und dem Regime unter Putin weist Parallelen zu klerikalfaschistischen Stromungen der 1920er und 1930er Jahre auf Der Glaube werde dabei eher deklamiert als tatsachlich gelebt Eine Kreuzprozession der Altglaubigen Gemeinde in der Oblast Moskau Im Verlauf der Geschichte haben sich Abspaltungen vom orthodoxen Glauben vollzogen Die alteste Abspaltung sind die Altorthodoxen oder Altglaubigen Weitere aus der Orthodoxie hervorgegangene Glaubensrichtungen sind die Molokanen Aus ihnen gingen wiederum die Duchoborzen hervor Beide Religionsgemeinschaften lehnen Reichtum ab versuchen ein Leben in Bescheidenheit zu fuhren und suchen nach einer wahrhaft biblischen Gemeinschaft Von einigen Leibeigenen wurde die Gemeinschaft der Subbotniki gegrundet Diese berufen sich in erster Linie auf das Alte Testament Viele dieser Sekten oder Gruppierungen waren im Zarenreich willkurlichen Verfolgungen ausgesetzt Andere christliche Konfessionen In Russland gibt es neben der russisch orthodoxen Ausrichtung weitere christliche Konfessionen Die Romisch katholische Kirche in Russland war durch die byzantinischen Einflusse unbeliebt So dauerte es bis 1705 bis Peter I erstmals den Bau einer romisch katholischen Kirche erlaubte Die Katholiken waren sehr strengen staatlichen Kontrollen unterstellt Kummerten sich die Bolschewiki in erster Linie nach der Oktoberrevolution um die Kontrolle der orthodoxen Kirche wurden die Katholiken spater wieder starker beobachtet Bis 1930 waren alle Strukturen der Kirche aufgelost Nach 1945 gab es im russischen Teil der Sowjetunion nur 20 Gemeinden denen es untersagt war Verbindungen untereinander aufzubauen Heute existieren ungefahr 200 katholische Gemeinden mit etwa 400 000 800 000 Mitgliedern in Russland Die Kathedrale der Unbefleckten Empfangnis Moskau wurde restauriert und wieder ihrer Bestimmung zugefuhrt Seit 2010 gibt es wieder einen Apostolischen Nuntius in Moskau Die Ukrainische griechisch katholische Kirche wurde in der russisch besetzten Oblast Saporischschja gemeinsam mit den Kolumbusrittern und der Caritas verboten Angehorige der Kirche hatten Waffen in Kirchengebauden aufbewahrt und an anti russischen Protesten teilgenommen die katholische franzosische Zeitung La Croix berichtet dass in Melitopol die Priester deportiert wurden Die evangelische Kirche in Russland war fruher fast nur unter den Russlanddeutschen und in ihren Kolonien verbreitet Erst nach der Revolution von 1905 wurden auch fur Russen und Ukrainer andere Konfessionen legalisiert Jedoch gab es auch durch die russlanddeutschen Adventisten und Baptisten erfolgreiche Missionierungsversuche unter der einheimischen Bevolkerung vor der Lockerung der Religionsgesetze Der Protestantismus erlebte in den 1920er Jahren trotz des Atheismus der Regierung der Sowjetunion eine Blutezeit insbesondere die Baptisten Siebenten Tags Adventisten und die Pfingstler Jedoch wurden die Baptisten Evangeliums Christen und die Pfingstler zu zentralistischen Ordnungen gezwungen um sie besser kontrollieren zu konnen Mit den Siebenten Tags Adventisten und den Mennoniten geschah dasselbe im Jahr 1963 In der Zeit des Stalinismus wurden viele evangelische Christen aller Stromungen hingerichtet und verfolgt Die Missionstatigkeit von Freikirchen wird mittlerweile bewusst behindert Im russisch besetzten Luhansk und Donezk werden nach Berichten der evangelikalen Zeitung Christianity Today evangelikale Gemeinschaften heute behindert unterdruckt als extremistisch bewertet und ihre Gebaude teilweise beschlagnahmt eine christliche Bibliothek wurde bewusst zerstort Wie den meisten Konfessionen war es auch der Neuapostolischen Kirche NAK unmoglich vor dem Fall der Berliner Mauer 1989 und des Eisernen Vorhangs in Russland zu missionieren Seitdem wachst die Zahl der neuapostolischen Christen in Russland stetig Wahrend es um die Jahrtausendwende 23 500 waren zahlt die Neuapostolische Kirche heute beinahe 40 000 Glaubige Auch ist sie seit Beginn der 1990er Jahre staatlich anerkannt Mit Stand vom April 2017 gab es etwa 170 000 aktive Zeugen Jehovas in Russland In der Sowjetunion wurden insbesondere vom Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bis 1965 viele Zeugen Jehovas inhaftiert und nach Sibirien deportiert siehe Operation Nord Seit einigen Jahren fuhrte der russische Staat insgesamt sieben Verbotsklagen gegen die Zeugen Jehovas Der Europaische Gerichtshof fur Menschenrechte verurteilte Russland mehrfach zu Schadenersatzzahlungen wegen seines Vorgehens gegen die Religionsgruppe Am 20 April 2017 wurde die Gemeinschaft von Russlands oberstem Gericht als extremistische Organisation eingestuft und verboten Der Besitz aller Regionalverbande wurde beschlagnahmt Vorgeworfen wurde den Zeugen die Verbreitung von Schriften in der andere Religionen abgewertet wurden und die zur Verweigerung staatsburgerlicher Pflichten wie dem Wehrdienst und der Beteiligung an Wahlen aufriefen Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte die Gerichtsentscheidung Der Inlandsgeheimdienst FSB fuhrte Razzien und Verhaftungen durch um eine Weiterbetatigung zu verhindern zeitweilig verhaftete Zeugen Jehovas berichteten von Misshandlungen wie Schlagen und Elektroschocks Siehe auch Liste christlicher Gemeinschaften in Russland Islam Verbreitung des Islam in Russland Die Anzahl der Muslime wird auf etwa 17 bis 20 Millionen Menschen geschatzt davon 90 Sunniten Sie entstammen unterschiedlichen Volkern darunter 20 kleinere alleine in Dagestan aber auch Tartaren Tschetschenen und Arbeitsmigranten verschiedener Nationalitat aus Zentralasien Der Islam in Russland ist im Nordkaukasus schon seit dem 7 Jahrhundert verbreitet und damit auf dem heutigen russischen Staatsgebiet alter als die erste russische Staatsgrundung und die Christianisierung des Landes Im Jahr 922 traten auch die Wolgabulgaren zum Islam uber und gaben ihn im 13 Jahrhundert an die Tataren weiter Die einheimischen Volker des Kaukasus und die Turkvolker sind zumeist sunnitische Glaubige Bereits Ende des 19 Jahrhunderts waren im Russischen Reich 11 1 der Gesamtbevolkerung muslimischer Herkunft Im heutigen Russland ist der Anteil der Muslime mit rund 14 etwa ebenso gross wie einst in der Sowjetunion Von 1990 bis 1994 bestand in Russland die Islamische Partei der Wiedergeburt Daneben gibt es auch eine Islamische Partei der Wiedergeburt Tadschikistans sowie zahlreiche weitere Organisationen und Abspaltungen Zentren des Islam in Russland sind heute neben Kasan und Moskau auch Ufa und Dagestan Die zunehmende Bedeutung des Islam im Kaukasus gehe gemass Recherchen der Nowaja gaseta im Jahr 2018 einher mit dem Vertrauensverlust in den Staat Uber den Russischen Muftirat und die Zentrale Geistliche Verwaltung der Muslime Russlands versucht der Staat den Islam zu institutionalisieren und zu kontrollieren Verfolgung und Unterdruckung die im Gefolge des Kampfes terroristischer salafistischer und wahabitischer Gruppen gegen den Staat von den Behorden als Mittel gewahlt wurden haben sich in Regionen mit grosseren islamischen Anteilen an der Bevolkerung nicht bewahrt sondern fuhrten eher zu einer islamistischen Radikalisierung Darum wahlte der Staat zunehmend das Mittel regionaler Machtbeteiligung religiose Organisationen siehe Muftiate werden regional in und von ihren Republiken organisiert und privilegiert und etwa fur Bautatigkeiten finanziell gefordert sind gesetzlich aber verpflichtet die Namen ihrer Mitglieder zu melden Sie mussen sich in ihren Herkunftsrepubliken registrieren lassen es ist ihnen verboten sich uber die ihnen zugewiesene geographische Beschrankung hinaus auszudehnen gesetzlich werden sie gegenuber kleinen Gemeinden bevorzugt Auslandische Unterstutzung wird administrativ verboten oder erschwert der Staat betrachtet die Finanzen der Organisationen sehr genau Um Einflusse aus Saudi Arabien und der Turkei zu kontrollieren bedarf Missionstatigkeit einer Genehmigung und ist auf registriertes Personal beschrankt Einzelne muslimische Texte wie die des turkischen Sufi Meisters Sefik Can sind verboten Moscheen die sich der Einbeziehung widersetzen und durch Spenden selbst finanzieren werden sukzessive geschlossen oder von den Dachorganisationen ubernommen denen auch die Ausbildungseinrichtungen wie die Russische Islamische Universitat in Ufa unterstellt sind Freitagspredigten werden vorgegeben Insgesamt funktionieren diese Strategien in den Wolga Republiken besser als im Nordkaukasus wo der russische Staat in den 1990er und 2000er Jahren islamistisch und mit Gewalt herausgefordert wurde Fur den Erhalt Tschetscheniens als Teil Russlands fuhrte Moskau dort seit 1994 zwei Kriege verstandigte sich mit einer Gruppe des Widerstandes und setzte diese als loyale Fuhrung ein Das jetzige Oberhaupt der Kaukasusrepublik Ramsan Kadyrow regiert Tschetschenien mit eiserner Hand wofur er betrachtliche Zahlungen aus Moskau erhalt mit denen er islamische Strukturen in und ausserhalb der Republik finanziert Unter ihm wurden Regelungen der Scharia durchgesetzt unter Abweichung von russischen Gesetzen gibt es beispielsweise Mehrehen und sittenpolizeiahnliche Kontrolle Sein Islam greift so einerseits stark in das Leben der Bewohner Tschetscheniens ein andererseits orientiert er sich am sufistischen d h traditionellen Islam der Region und bekampft Salafismus und Wahabismus Wobei allerdings salafistische Einflusse und Verbindungen zur Golfregion in die von Kadyrov entwickelte Ideologie und Politik eingeflossen sind so dass bereits von einer Art Staatssalafismus gesprochen wurde Kadyrow griff traditionelle Vorstellungen von Klan und Familienbanden auf ebenso wie tschetschenischen Nationalismus den er mit dem russischen verknupfte und verband dies mit einer puritanischen Vorstellung des Islam die aus der Golfregion stammte Im Gefolge der starken politischen Betonung traditioneller Werte durch den russischen Staat werden orthodoxe Kirche und organisierter Islam einander bewusst angenahert die Sicherheitsbehorden arbeiten mit den Muftiaten eng zusammen Judentum Die Geschichte der Juden in Russland lasst sich seit dem 4 Jahrhundert nachweisen als Juden aus Armenien und von der Krim sich auch in Tmutarakan niederliessen Im spaten 8 oder fruhen 9 Jahrhundert konvertierte ein Grossteil der Chasaren zum Judentum Nach der Vernichtung des Chasaren Reiches durch Swjatoslaw I 969 beschrankte sich das Judentum im Wesentlichen auf Kiew die Krim und den Kaukasus Im Grossfurstentum Moskau wurden Juden 1471 das erste Mal erwahnt Bis zur Zeit Iwans des Schrecklichen 1533 1584 wurden Juden bis auf einige gegen sie gerichtete Gesetze toleriert Ab 1721 wurden sie aus dem Russischen Kaiserreich ausgewiesen bis dies durch die Eingliederung der ostlichen Teile Polens 1793 und 1795 unmoglich wurde Die Juden mussten ab 1791 innerhalb des Ansiedlungsrayons leben das sich auf dem heutigen Gebiet der Ukraine Belarus und des Baltikums befand Grosse Choral Synagoge in Sankt Petersburg Im 19 Jahrhundert unterstutzten fuhrende Beamte wie Konstantin Pobedonoszew antisemitische Stromungen in der Bevolkerung So kam es im sudlichen Russland 1881 zu vielen Pogromen nachdem den Juden falschlich der Anschlag auf Alexander II unterstellt worden war Die Maigesetze von 1882 vertrieben die Juden selbst im Ansiedlungsrayon aus den landlichen Gebieten mit Quoten begrenzte man die Anzahl der Juden die zu hoherer Bildung zugelassen wurden auf 3 10 Zwischen 1880 und 1920 flohen mehr als zwei Millionen Juden aus Russland besonders nach Amerika 1903 brachen neue Pogrome aus die sich in der Russischen Revolution nochmals verstarkten und zu zwischen 70 000 und 250 000 Opfern in der judischen Zivilbevolkerung fuhrten Wahrend des Stalinismus wurde in Russisch Fernost die Judische Autonome Oblast mit dem Hauptort Birobidschan gegrundet wo sich nur wenige Juden ansiedelten Im Vergleich zu den Jahrzehnten davor gibt es heute nur noch wenige Juden da viele von ihnen nach Deutschland oder nach Amerika die meisten aber nach Israel ausgewandert sind Heute gibt es in Russland 87 Synagogen die meisten davon in Sankt Petersburg und in Moskau darunter die Moskauer Gedenksynagoge Die Juden im europaischen Russland sind meist Aschkenasim ostlich davon leben daneben auch einige Bergjuden und Bucharische Juden die zu den Mizrachim gezahlt werden Zwei Rabbiner werden als Oberrabbiner Russlands anerkannt Der Oberrabbiner von Moskau Pinchas Goldschmidt verliess Russland 2022 nach Beginn der Invasion der Ukraine unter Protest nach seinen Angaben wird auf die Gemeindevorsteher Druck ausgeubt den Krieg zu unterstutzen Zahlreiche Juden haben das Land mittlerweile verlassen Buddhismus Buddhismus in Russland In Russland ist auch die tibetische Form des Buddhismus verbreitet wobei er sich ursprunglich auf die asiatischen Volker Kalmucken Tuwiner beschrankte Ebenso wie Geistliche und Anhanger praktisch aller anderen Religionen wurden in der Sowjetunion wahrend der kommunistischen Herrschaft auch buddhistische Monche verfolgt und unterdruckt Kalmuckien ist die einzige Republik mit buddhistischer Mehrheit Seit der politischen Wende in Russland und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion verzeichnen die buddhistischen Gemeinschaften hingegen wieder Mitgliederzuwachs unter den Angehorigen der traditionell buddhistischen Volker aber auch seitens der Russen und anderen Nationalitaten Schamanismus Der Schamanismus ist unter der indigenen Bevolkerung in Sibirien wieder weit verbreitet insbesondere bei den kleinen Volkern des russischen Nordens Zwar sind heute die meisten Bewohner Sibiriens Christen dennoch sehen sie es nicht als Widerspruch die Rituale ihrer Vorfahren zu praktizieren Gesellschaft und Mentalitat Die Sowjetunion war ein imperial geeinter Nationalitatenstaat d h Nationalitat war dabei ein politisches Instrument zur Konsolidierung der Sowjetmacht und auch im heutigen Russland treffen sich viele unterschiedliche Mentalitaten Die Verschmelzung dieser Volker und Konfessionen sowie Einflusse westlicher wie ostlicher Pragungen schufen aber auch markante Eigenarten die sich im Stereotyp der russischen Seele manifestieren Dieser Begriff pragt bis heute das Russlandbild im westlichen Ausland diente der Begriff Russophilen und Kritikern der westlichen Lebensweise als Projektion zu der als gefuhlskalt empfundenen eigenen Zivilisation Die russische Seele wird als ein Hang zu extremen Gegensatzen beschrieben der sich aus der geschichtlichen Entwicklung der russischen Volkskultur ergeben hat Diese Extreme aussern sich z B in dem Streben nach dem absolut Aussersten verbunden mit der Bereitschaft zu einer plotzlichen Richtungsanderung dazu kommen eine ausgepragte Schicksalsergebenheit ein Hang zur Geduld Neigung zum Aberglauben Leidensfahigkeit oder auch eine sehr starke Heimatverbundenheit Die bereits erwahnte Alles oder nichts Mentalitat kennt keinen Kompromiss und keine goldene Mitte Bekannt ist auch die Offenheit von Gefuhlsausserungen positiven wie negativen denen im Vergleich mit rationalen Erwagungen haufig mehr Gewicht zugemessen wird was westliche Auslander oft irritiert Wichtig ist zudem weiterhin ein starkes Solidaritats und Gemeinschaftsgefuhl Verstehen kann man Russland nicht und auch nicht messen mit Verstand Es hat sein eigenes Gesicht Nur glauben kann man an das Land Bekannt gewordenes Bonmot von 1866 von Fjodor Iwanowitsch Tjuttschew das den Nationalcharakter des russischen Volkes beschreibt Die russische Gesellschaft ist traditionell kollektivistisch gepragt die Zugehorigkeit zu einer Gruppe sehr wichtig Dieses Wertesystem beruht ursprunglich auf der Lebensweise der bauerlichen Dorfgemeinschaft dem Mir Da auch Grund und Boden lange Zeit Gemeingut waren definiert man sich in Russland seit jeher uber die Gemeinschaft und achtet auf die Stimmigkeit von eigenem Verhalten und eigener Meinungsausserung mit denen des Kollektivs Die Kollektivorientierung zeigt sich bisweilen auch heute noch im Berufsalltag Das Kollegium wird als Gemeinschaft erlebt und es erscheint sehr wichtig diese Gruppenorientierung zu starken Vetternwirtschaft Nepotismus bei der Stellen oder Auftragsvergabe ist dabei eine Nebenwirkung Die Familie ist fur viele Russen eine wichtige Bezugsgruppe besonders auf dem Land lebt man in jeder Beziehung eng zusammen Dort wohnen oft mehrere Generationen in einer Wohnung oder in einem Haus Die Familie unterstutzt sich finanziell und hilft einander bei der Kinderbetreuung und Seniorenpflege hausliche Gewalt ist weitverbreitet Tatsachlich fanden 2012 nach einer damaligen Untersuchung des Innenministeriums bis zu 40 der schweren Gewalttaten innerhalb von Familien statt und in jeder vierten Familie kam Gewalt vor 2 000 Russinnen wurden von ihren Partnern oder engen Familienmitgliedern getotet Dies bezieht sich lediglich auf Falle die zu einem Strafverfahren fuhrten von einer Dunkelziffer ist auszugehen Offiziell wird ein Ruckgang der Zahlen behauptet dieser lasst sich jedoch durch eine Entkriminalisierung hauslicher Gewalt durch ein entsprechendes Gesetz von 2017 erklaren diese gilt seither als Ordnungswidrigkeit nur schwere Falle werden weiterhin als Straftaten gesehen Orthodoxe Kirche und die Kremlpartei Einiges Russland unterstutzten die Gesetzesanderung fur die Kirche ist die korperliche Bestrafung von Kindern der Vollzug eines gottgegebenen Elternrechtes Staatlicherseits wird angesichts der demographischen Krise das Ideal traditioneller Familienwerte betont jede Frau soll drei Kinder haben tatsachlich sind Familien mit nur einem Kind ublich Russland hat hohe Selbstmordraten 2016 waren es mit 44 673 weltweit die dritthochsten nach Guyana und Lesotho Manner brachten sich siebenmal haufiger um als Frauen Erschreckend sind die hohen Fallzahlen bei Kindern und Jugendlichen Seit der Auflosung der Sowjetunion orientierten sich nun aber insbesondere gebildete Bevolkerungsschichten in den Grossstadten die von der neu gewonnenen Reisefreiheit profitieren konnten an Prinzipien des Individualismus was ein massives innergesellschaftliches Spannungsverhaltnis zur Folge hatte und zu einem zentralen Thema im zeitgenossischen Literatur und Filmschaffen geworden war Bildungsnahe ehrgeizige und kritische Menschen suchten nach dem markanten Bruch mit der westlichen Welt im Jahr 2014 vermehrt Lebensmoglichkeiten im Ausland die Duma diskutierte 2015 gar ein Verbot von Fremdsprachenunterricht weil dieser die Abwanderung fordere Im Jahr 2019 erhob das Lewada Zentrum eine reprasentative Umfrage in der 53 der Befragten in der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren angaben ins Ausland ziehen zu wollen Nur etwa 20 der russischen Bevolkerung besitzen einen Reisepass und waren mindestens einmal im Ausland Im Jahr 2014 waren 43 aller Managerposten in Russland weiblich besetzt prozentual mehr als in jedem anderen Land der Welt Im Jahr 2024 verabschiedete die Duma ein Gesetz dass die mediale Verbreitung der Vorzuge eines kinderlosen Lebens verbietet Von dem Verbot ausgenommen wurde die orthodoxe Kirche Gesundheitswesen Entwicklung der LebenserwartungEinwohner nach Rosstat Kennzahl 2000 2010 Veran derungGeburten in Tausend 1267 1790 41 3 Sterbefalle in Tausend 2225 2031 0 8 7 Naturliche Bevolkerungsabnahme in Tausend 0 959 0 241 74 9 Sauglingssterblichkeit in Tausend 0 19 3 0 13 4 30 6 Lebenserwartung in Jahren 0 65 3 0 69 0 0 5 7 Selbsttotungen in Tausend 0 56 9 0 33 3 41 5 Alkoholvergiftungen in Tausend 0 37 2 0 14 4 61 3 Abtreibungen pro 100 Geburten 168 8 0 66 3 60 8 Artikel 41 der Verfassung Russlands garantiert allen Burgern das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung Dieser seit Sowjetzeiten bestehende Grundsatz ist zum Teil die Ursache dafur dass Russland im internationalen Vergleich eine vergleichsweise hohe Anzahl Arzte und Krankenhauser pro Kopf der Bevolkerung aufweist Dennoch ist der gesundheitliche Zustand der russischen Bevolkerung schlecht Gerade beim wirtschaftlichen Niedergang der 1990er Jahre in Russland wurde das Gesundheitswesen stark getroffen Infolge ausserst niedriger Entlohnungen der Arzte und Krankenpfleger wurde die medizinische Versorgung der breiten Offentlichkeit massiv verschlechtert So ist inzwischen jede dritte Klinik der 7000 Krankenhauser im Land dringend renovierungsbedurftig Schrittweise werden in letzter Zeit die Gehalter fur das medizinische Personal angehoben sowie staatliche Mittel in die Einrichtung neuer und Modernisierung bestehender Kliniken investiert Zwischen 1999 und 2003 betrugen die Gesamtausgaben fur den Gesundheitssektor in Russland im Verhaltnis zum BIP durchschnittlich 5 70 In Russland ist der Gesundheitssektor dezentral organisiert Das Gesundheitsministerium ist auf foderaler Ebene fur den gesamten Sektor zustandig Konkrete medizinische Leistungen inklusive die Bereitstellung von Krankenhausern obliegen aber den Foderationssubjekten und Gemeinden die rund zwei Drittel der gesamten Budgetausgaben bestreiten Das russische Gesundheitssystem wird durch einen Mix aus Budgetmitteln und Mitteln aus der Sozialversicherung finanziert Auf die Verschlechterung der Beziehungen zum Westen folgten ab 2015 Zulassungsbeschrankungen fur medizinische Gerate aus dem Ausland Statistische Kennzahlen im Bereich Gesundheit und Soziales Lebenserwartung 2010 69 0 JahreLebenserwartung Manner 2010 63 0 JahreLebenserwartung Frauen 2010 74 9 JahreSauglingssterblichkeit 2010 7 5 von 1000Kindersterblichkeit 2004 2 1 Muttersterblichkeit 2005 28 100 000 Geb Arzte 4 9 1000 Einw Krankenhausbetten 10 7 1000 Einw Zugang zu sauberem Trinkwasser gemass WHO Kriterien 88 Land 100 Stadt Geburtenrate 2010 12 6 1000 Einw Sterblichkeit 2010 14 3 1000 Einw Suizide pro 100 000 Einwohner 23 5Bevolkerungswachstum 2009 0 008 Fruchtbarkeit 2009 1 54 Kinder FrauHIV Infektionsrate 2005 0 78 HIV AIDS Infizierte 2015 986 657Offentliche Ausgaben fur Gesundheit 1997 4 6 des BIPOffentliche Ausgaben fur Altersversorgung 1996 5 7 des BIPOffentliche Ausgaben fur Bildung und Erziehung k A Schulpflicht 7 18 JahreAnalphabetenquote 2002 0 6 Armutsquote 13 0 Kinderunterernahrung 3 Quelle Rosstat WHO Siehe auch Liste der russischen Foderationssubjekte nach Lebenserwartung Armut Nach dem Zerfall der UdSSR stieg die Armut bis 1999 auf uber 40 Bevolkerungsanteil und sank danach spurbar 2002 betrug der Anteil 19 6 und reduzierte sich bis 2011 auf 12 8 der Bevolkerung oder 18 Millionen Russen Offiziell lag dabei das Existenzminimum bei 170 Euro fur einen Menschen im arbeitsfahigen Alter bei Kindern liegt der Wert unwesentlich niedriger bei Rentnern betragt er 125 Euro Der Lebensstandard verbesserte sich regional sehr unterschiedlich Wahrend besonders in Moskau und St Petersburg einige Viertel in neuem Glanz zu erstrahlen begannen war in manchen Regionen die Armut nach wie vor gross In Tschetschenien und Dagestan lebten mehr als die Halfte der Menschen in Armut weitere arme Regionen sind Inguschetien Tuwa und Kabardino Balkarien Mari El Kalmuckien Burjatien und Altai und Mordwinien 2011 betrug der Durchschnittslohn 576 pro Monat Die grossen Einkommensdifferenzen konnten ab 2005 verringert werden insbesondere die mittlere Einkommensschicht nahm prozentual erheblich zu Die Renten lagen 2010 das erste Mal seit vielen Jahren uber dem Existenzminimum und sollten gemass Prognosen bis 2014 auf 268 Euro steigen 2012 zahlte etwa die Halfte der Bevolkerung zu der einkommensschwachen Schicht die zentrale soziale Bedurfnisse wie Wohnraum oder zusatzliche Ausbildung nicht finanzieren kann Tatsachlich betrug im Jahr 2014 die durchschnittliche Rente 10 000 Rubel was 160 Euro entsprach Renten und Gehalter mussten eingefroren werden Seit 2014 wurden Gelder der zweiten kapitalgedeckten Saule der Altersvorsorge zur Deckung des Finanzbedarfs herangezogen Die armeren Bevolkerungsschichten litten bis 2009 unter zweistellig steigenden Verbraucherpreisen die sich bis 2012 wieder verringerten Von 2014 bis 2019 verringerte sich das Realeinkommen Die Verringerung der Armut zahlte im Fruhjahr 2019 zu einem der Funfjahresziele des Prasidenten Putin Fast 19 Millionen Russen galten als arm das entsprach 12 9 der Bevolkerung Zur Bekampfung der Armut wurde im Herbst 2021 eine neue Berechnungsgrundlage eingefuhrt womit die Zahl der Armen schlagartig um 2 8 Millionen sank Durch die neue Berechnung liegt das Existenzminimum in den meisten Regionen uber der Armutsgrenze Zwar wurden Anfang 2022 die Sozialleistungen um die Inflation von 8 erhoht jedoch lagen die Preissteigerungen bei Lebensmitteln weit hoher Per Prasidialdekret befahl Putin 2024 eine Armutsquote von unter 7 Prozent Rosstat zahlte 2024 13 3 Millionen Arme Laut The Insider lag die wahre Quote aber uber 10 Prozent Die Arbeitslosenquote hatte mit der Uberwindung der Finanzkrise 2008 zu sinken begonnen In Wachstumsregionen wie Moskau Kaluga und St Petersburg tendierte die Erwerbslosigkeit gegen Null Die Arbeitslosigkeit betrug nach Berechnung nach Standards der Internationalen Arbeitsorganisation 2005 7 1 2010 7 6 und 2011 6 6 Bis 2014 sank sie auf 5 2 und begann wieder zu steigen Das Arbeitslosengeld betrug zwischen 60 und 70 Euro im Monat Die Arbeitslosigkeit ist aber aufgrund einer Besonderheit des russischen Arbeitsrechts ein problematischer Indikator fur die Konjunkturlage Betriebsbedingte Kundigungen sind in Russland zumeist unzulassig stattdessen durfen Arbeitgeber einseitig Arbeitsentgelte reduzieren Daher verbleiben russische Arbeitnehmer auch bei Auftragsmangel lieber in ihrem Betrieb und nehmen hohe Lohneinbussen in Kauf anstatt die mit 20 bis 110 Euro im Jahr 2019 eher symbolische Arbeitslosenunterstutzung in Anspruch zu nehmen Die Gebiete mit den hochsten Arbeitslosenzahlen in Russland waren um 2021 Dagestan Inguschetien und Nordossetien In besonders armen Regionen gelten die russischen Streitkrafte als einzige Moglichkeit fur junge Manner der Armut zu entkommen und jemals eine Familie versorgen zu konnen Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen zahlt die Russische Foderation zu den Staaten mit sehr hoher menschlicher Entwicklung Der Gini Koeffizient lag 2016 bei 37 7 Umweltschutz Hauptartikel Russische Massnahmen in der Klimapolitik Bikin Nationalpark in der Russischen Region Primorje Zur Zeit der Sowjetunion wurde die russische Natur schwer belastet von Fabrikabfallen vermullt chemisch und radioaktiv verunreinigt Auch heute gibt es ernsthafte Umweltprobleme in Russland aber auch ein wachsendes Umweltbewusstsein in der Bevolkerung Das Recht des Burgers auf gesunde Umwelt und auf verlassliche Informationen uber ihren Zustand ist im Artikel 42 der russischen Verfassung verankert Allerdings hat der Umweltschutz in der russischen Politik eine vergleichsweise niedrige Prioritat was von internationalen Umweltorganisationen wie WWF oder Greenpeace immer wieder kritisiert wird So wurden in der Vergangenheit oft gangige Umweltstandards bei der Erschliessung neuer Erdol oder Erdgasvorkommen nur unzureichend eingehalten Ein bekanntes Beispiel der jungsten Zeit ist die Erschliessung der Fordergebiete Sachalin II bei der in hoherem Masse gegen Umweltauflagen verstossen worden sein soll Hinzu kommt eine verbreitete Korruption innerhalb staatlicher Umweltbehorden die mehrfache Verstosse gegen Umweltauflagen beim Bau von Hausern oder massenhaften illegalen Holzeinschlag ermoglicht Auch eine Vielzahl von Altlasten aus den Sowjetzeiten darunter marode Fabriken die die heutigen Umweltstandards nicht einhalten konnen belasten die Umwelt in Teilen des Landes erheblich Einige Stadte mit solchen Fabriken wie Norilsk oder Dserschinsk gelten als okologisches Notstandsgebiet Je starker die Lebensqualitat stieg umso wichtiger und dringlicher wurden Umweltfragen in Russlands Offentlichkeit und Politik diskutiert Seit 2004 wurden vereinzelte Bemuhungen der russischen Staatsmacht zum Vorantreiben des Umwelt und Klimaschutzes sichtbar So wurde in Russland die Ratifizierung des Kyoto Abkommens am 5 November 2004 mit der Zustimmung des Prasidenten zum Beschluss der Staatsduma abgeschlossen Am 30 Januar 2008 ausserte sich der designierte Prasident Dmitri Medwedew fur eine schnelle Entwicklung des einheimischen Marktes fur Innovationstechnik im Umweltschutz Inzwischen gibt es Plane der Regierung die Energieeffizienz in Russland zu steigern um den erheblichen Verlust an Warmeenergie fur den Wohnungssektor zu begrenzen Geschichte Hauptartikel Geschichte Russlands und Geschichte der Sowjetunion Kiewer Rus um die Wende vom 1 zum 2 JahrtausendRussland erreichte im 19 Jahrhundert seine grosste territoriale Ausdehnung Russlands Geschichte erlebte seit ihrem Beginn im 9 Jahrhundert vielfaltige Bruche So ist die russische Geschichte eine Eigenentwicklung die sich von der Entwicklung seiner Nachbarn in Europa deutlich unterscheidet Ursachlich dafur ist ein standiges In und Gegeneinanderspiel typisch russischer Merkmale aus sozialen Begebenheiten und geographischen Einflussen die seine Geschichte auf weiten Strecken begleiteten So gab die erdraumliche Lage Russland eine Bruckenstellung zwischen Europa und Asien die je nach Kraftelage die Aggression fremder Machte grossere Einfalle u a 1240 1242 1609 1709 1812 1917 1941 oder die eigene Expansion begunstigte Dazu trug das Fehlen naturlicher Grenzen bei was Russland im Wechselspiel mit der Erfahrung fremder Einfalle dazu veranlasste die Grenzen so weit auszudehnen bis naturliche Grenzen einen wirksamen Schutz bilden konnten vgl Russische Kolonisation Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst Dieses starke aus historischen Einfallen resultierende Sicherheitsbedurfnis Russlands setzt sich bis heute fort Die Spannung zwischen wirtschaftlichen Notwendigkeiten und der Bewaltigung bzw Nichtbewaltigung durch die jeweils herrschenden Gruppen gehort ebenso zu den Konstanten der russischen Geschichte Beispielhaft zu nennen sind die Nichtbewaltigung der sozialen Unruhen im Zuge des Industriezeitalters mit ihren Hohepunkten in der Revolution 1905 der Februar und der Oktoberrevolution 1917 oder die postkommunistische Systemtransformation der 1990er Jahre Die aus der byzantinischen Orthodoxie ubernommenen Denkweisen fuhrten zu Spannungen mit modernistischen Tendenzen und begrundeten das markante Spannungsverhaltnis zwischen Beharrung und Fortschritt das sich z B bei der Kirchenspaltung 1666 1667 oder den Petrinischen Reformen 1700 1720 deutlich zeigte Aufgrund der fehlenden romischen Rechtstradition fehlte lange Zeit ein Widerstandsrecht gegen herrscherliche Ubergriffe so dass die Beziehung zwischen Staatsgewalt und der wirtschaftlichen und politischen Freiheit des Einzelnen belastet blieb Dies zeigte sich besonders im 19 Jahrhundert als liberale Ideen in Russland vermehrt Anhanger fanden und sich in mehreren Attentaten gegen den russischen Selbstherrscher ausserten z B Dekabristenaufstand Die bis zum Ende der Sowjetunion ausgepragte Verbindung von genossenschaftlichen mit herrschaftlichen Elementen liegt ursprunglich in der orthodoxen Kirche begrundet wo die Gemeinschaft der Glaubigen eine viel grossere Rolle spielte als das Gott gegenuber verantwortliche Individuum An diese Vorstellungen des Kollektivs knupften im 19 und 20 Jahrhundert Marxisten und Sozialisten an und setzte diese in der Sowjetunion fort Der Ausgleich zwischen zentralistischer und dezentraler Herrschaft war in der Geschichte Russlands ein konstantes Problem Insbesondere in Ubergangszeiten z B zwischen 1240 und 1480 nach 1917 und nach 1994 nahmen separatistische Stromungen an den Randern des Landes zu Dmitri Donskoi und der in der Schlacht auf dem Schnepfenfeld besiegte Emir der Goldenen Horde Mamai Szene des Nationaldenkmals Tausend Jahre Russland 1862 Kiewer Rus Die fruheste Geschichte des europaischen Russlands zur Geschichte des asiatischen Teils siehe Geschichte Sibiriens ist im Norden gepragt von finno ugrischen Volkern und Balten im Suden von den indogermanischen Steppenvolkern des Kurganvolks der Kimmerer Skythen Sarmaten und Alanen spater kamen hier noch Griechen Goten Hunnen und Awaren hinzu In die Mitte zwischen Dnepr und Bug kamen die slawischen Volker die sich ab dem 6 Jahrhundert auch nach Norden und Osten auszudehnen begannen Ab dem 8 Jahrhundert befuhren skandinavische Wikinger die osteuropaischen Flusse und vermischten sich spater mit der slawischen Mehrheitsbevolkerung Diese auch Warager oder Rus genannten Kriegerkaufleute waren massgeblich an der Grundung des ersten ostslawischen Reiches der locker organisierten Kiewer Rus mit Zentrum in Kiew und wichtigen Orten wie Nowgorod beteiligt ihre Fursten beriefen sich auf eine Abkunft von Rjurik Im sudlichen Steppengebiet und an der Wolga waren hingegen Herrschaften der aus Asien eingestromten Turkvolker der Chasaren und Wolgabulgaren entstanden mit denen die Rus Handel trieben aber auch Kriege fuhrten Intensive Kontakte mit dem Byzantinischen Reich fuhrten schliesslich 988 unter dem Kiewer Fursten Wladimir I der eine byzantinische Prinzessin heiratete zur orthodoxen Christianisierung der Kiewer Rus und der Einrichtung der Metropolie Kiew Der alte Name fur das Gebiet der von Ostslawen bewohnten Teils des europaischen Russlands Belarus und der Ukraine war Rus auf Griechisch Rossia Auf diese Form geht der heutige Landesname Rossija fur Russland zuruck Wiewohl die Geschichte und Kultur der Rus in der Literatur haufig als altrussisch bezeichnet werden lasst sich kein vorrangiger oder gar exklusiver Anspruch der heutigen Russen auf ihr Erbe ableiten Die Bevolkerung war mehrheitlich ostslawisch zum Reich gehorten aber auch finnische baltische und turksprachige Gruppen Ein Nationalstaat war die mittelalterliche Rus nicht Die ostslawische Bevolkerung hat sich vermutlich sprachlich nach Stammen differenziert aber noch nicht nach den drei heutigen Gruppen der Russen Ukrainer oder Belarussen greifbar als Schriftsprache ist nur das Kirchenslawische Heute ist das alte Zentrum Kiew ukrainisch die einst wichtige Stadt Nowgorod jedoch russisch und das mittlerweile zu Russland gehorende Smolensk war lange belarussisch Die Kiewer Rus gehort insofern zur Geschichte oder Vorgeschichte aller drei Volker auch wenn insbesondere Ukrainer und Russen sich gegenseitig Anspruche absprechen Mongolensturm Grossfurstentum Litauen und der Aufstieg des Grossfurstentums Moskau Das Senioratsprinzip zur Regelung der Erbfolge der Rurikiden forderte die Zersplitterung der Kiewer Rus im 12 Jahrhundert und erleichterte die Unterwerfung der zerstrittenen Furstentumer im Mongolensturm Die mongolische Invasion der Rus begann 1223 mit der Schlacht an der Kalka die Ubergangsphase bis zur Mitte des 14 Jahrhunderts wird als dunkles Zeitalter bezeichnet Die russische Nationalhistoriographie spricht vom Tatarenjoch dieser Zeit Die mongolische Fremdherrschaft fuhrte demnach fur zwei Jahrhunderte zu einem Abbruch der Beziehungen zum Westen und forderte die Abkapselung des orthodoxen Russlands Die Furstentumer der Rus lagen mit unterschiedlicher Intensitat im Machtbereich der Goldenen Horde konnten jedoch eine gewisse innere Autonomie bewahren Das Grossfurstentum Litauen setzte sich anfangs in den nichtbesetzten oder schwacher kontrollierten Gebieten durch und ubernahm oder unterwarf Gebiete der alten Rus darunter 1362 auch Kiew Seine Fursten sahen sich explizit als Herrscher uber die Rus und konnten mehr als die Halfte ihres Gebietes ubernehmen Sie blieben jedoch lange heidnisch selbst als die Mehrheit ihrer Untertanen ostslawisch und orthodox waren und sie deren Kultur etwa die Schriftsprache Kirchenslawisch fur ihre Kanzleien teilweise ubernahmen und ihre Angehorigen bei Einheirat in ostslawische Herrschaften zum orthodoxen Glauben ubertraten Die heidnischen Litauer versuchten sogar einen eigenen Metropolitansitz fur ihren Herrschaftsbereich zu gewinnen Sie errangen Siege uber den Deutschen Orden die mongolische Goldene Horde Schlacht am Blauen Wasser 1362 und das Grossfurstentum Moskau Unter den zersplitterten und verfeindeten Furstentumern im Bereich der Goldenen Horde erwies sich das kleine und anfangs unbedeutende Moskau dessen Gebiet zu Zeiten der Rus Teil von Wladimir Susdal gewesen war langfristig als das durchsetzungsstarkste Iwan I gelang es ab 1325 durch gute Kontakte zur Goldenen Horde einen Vorrang vor anderen Furstentumern zu erlangen und zwar dadurch dass er den Mongolen bei der schwierigen Tributerhebung half Es gelang ihm die Zahlungen stellvertretend fur die Mongolen einzutreiben die nun primar mit ihm verhandeln konnten und es nicht mehr mit den einzelnen Herrschaften mussten wo es Aufstande gegen ihre Steuereintreiber gegeben hatte Dies schutzte sein eigenes Territorium vor mongolischen Ubergriffen und erlaubte ihm seinen Wohlstand betrachtlich zu steigern so dass er den Beinamen Kalita Geldbeutel erhielt Seine Politik schuf die Basis fur den Aufstieg Moskaus Sein Sohn Simeon hatte gleichfalls gute Beziehungen mit Sarai der Hauptstadt der Horde und dem dortigen Herrscher Usbek Khan der Simeons Anspruch auf den begehrten Grossfurstentitel von Wladimir gegenuber den berechtigteren Anspruchen des Furstentums Twer bestatigte Dort war jedoch 1327 ein Aufstand gegen die Horde ausgebrochen der von Mongolen und Iwan Kalita gemeinsam unterdruckt worden war Kalita schaffte es auch den Metropolitensitz nach Moskau zu verlegen Auf dem Hohepunkt mongolischer Macht agierte Moskau als enger Verbundeter der Horde schwachte mit ihrer Hilfe seine Rivalen und profitierte vom Zuzug von Fluchtlingen ins sichere Moskau Allerdings wurde Moskau langfristig selbst zum Herausforderer der Horde Sein Furst Dmitri Donskoi der verschiedene Furstentumer einen konnte errang im Jahre 1380 gegen die Goldene Horde einen Sieg in der Schlacht auf dem Schnepfenfeld der die mongolische Herrschaft schwachte aber nicht brach Dieser Sieg steigerte das Prestige Moskaus das mittlerweile zum Fuhrer des Widerstandes gegen eine geschwachte Horde geworden war Der Moskauer Grossfurst Iwan der Grosse 1440 1505 beendete fast 100 Jahre spater in der Schlacht von Alexin 1472 und dem Stehen an der Ugra die Mongolenherrschaft und wurde de facto zum Begrunder eines zentralisierten russischen Staates indem er Schritt fur Schritt die umliegenden Lander der alten Rus einsammelte russisch sobiranie zemel sobiranije semel darunter die Republik Nowgorod Sein Titel Herrscher der ganzen Rus druckte auch den Anspruch auf den vom Grossfurstentum Litauen im 14 Jahrhundert beherrschten westlichen Teil der Rus aus Dies fuhrte zu langanhaltenden Kriegen im 16 und 17 Jahrhundert mit Polen und Litauen vgl Russisch Litauische Kriege Unter Iwan dem Grossen wurde die russische Gesetzgebung reformiert und der Grossteil des heutigen Moskauer Kremls erbaut Sein Enkel Iwan IV wegen seiner drastischen Methoden im Westen als der Schreckliche bekannt begrundete 1547 das Zarentum Russland Unter seiner Herrschaft begann nach der Einnahme der Tatarenhauptstadt Kasan auch die Eroberung Sibiriens die russische Kosaken erstmals im 17 Jahrhundert bis an den Pazifik brachte Der Monch Filofei von Pskow nannte Moskau das Dritte Rom womit ein Anspruch des Zarentums auf das Erbe Konstantinopels und eine Sonderstellung Russlands erhoben wurde Offnung Russlands unter Peter dem Grossen und Aufstieg zur europaischen und asiatischen Grossmacht Hauptartikel Russisches Kaiserreich Die Herrschaft der Rurikiden endete in der sogenannten Zeit der Wirren in Adelskonflikten und Burgerkrieg den kurzen Herrschaften Boris Godunows und Wassili Schuiskis den falschen Demetriussen Pseudodimitri I und Pseudodimitri II und der zeitweiligen Eroberung Moskaus durch polnisch litauische Truppen die versuchten Wladyslaw IV Wasa den Zarenthron zu sichern 1612 brach unter der Fuhrung des Kaufmanns Kusma Minin und des Fursten Dmitri Poscharski mit Unterstutzung durch den Metropoliten Filaret ein erfolgreicher Volksaufstand gegen die polnische und katholische Herrschaft aus Mit Zar Michael I begann die Herrschaft der Romanows die fast bis Ende des Ersten Weltkrieges andauern sollte Zar Peter I der Grosse Begrunder des erneuerten Russischen Kaiserreichs An der Wende zum 18 Jahrhundert offnete Zar Peter der Grosse das in den alten Strukturen erstarrte Zarentum Russland westeuropaischen Einflussen und forderte Wissenschaft und Kultur 1703 grundet er die Stadt Sankt Petersburg die seit 1712 als neue Hauptstadt das Symbol fur den russischen Fortschritt werden sollte Mit dem Sieg gegen Schweden im uber 20 Jahre wahrenden Grossen Nordischen Krieg erlangte Russland nach mehr als 150 Jahren der Auseinandersetzung mit Schweden die Vormachtstellung im Ostseeraum vgl Nordische Kriege Russland ubernahm die Position Schwedens als nordische Grossmacht in Europa Zur Unterstreichung des neuen Status im diplomatischen Ranggefuge Europas liess Zar Peter das Russische Zarentum in Russisches Kaiserreich umbenennen und anderte den Monarchentitel offiziell von Zar in Kaiser russisch Imperator Imperator Auch fuhrte er im Russischen Adel Rangtitel nach europaischem Vorbild ein Den Nordischen Krieg nutzte Peter ferner die bis dato eher lockere Kontrolle uber die Ukraine zu verfestigen Militarisch zeigten sich die ukrainischen Kosaken die auf seiner Seite gegen den schwedischen Konig Karl XII kampften den moderneren schwedischen Truppen unterlegen dies untergrub die autonome Stellung des verbundeten Hetmanats Dessen von den Versammlungen der Kosaken ausgehende politische Strukturen waren dazu mit den zentralistischen Planen Peters nicht vereinbar Der Hetman der Kosaken Iwan Mazepa war erst mit dem jungen Zaren befreundet und kampfte auf seiner Seite als Peter ihn aber nicht gegen den polnischen Konig Stanislaus I Leszczynski unterstutzte lief er zu den Schweden uber Sein politisches Scheitern band die Ukraine starker an das Zarentum Peter legte verstarkt russische Garnisonen ins Land und errichtete das Kleinrussische Kollegium das anders als die Vorgangerkanzlei nicht mehr in Moskau sondern im Hetmanat residierte und nicht mehr dem Aussenministerium sondern der inneren Verwaltung unterstellt war das Hetmanat also als Teil Russlands betrachtete Unter Peters Tochter Elisabeth wurde das Kollegium zwar zeitweilig wieder zugunsten der Selbstverwaltung des Hetmanats abgeschafft unter Katharina der Grossen wurde das Hetmanat aber umso starker der Herrschaft Moskaus unterworfen Katharina fuhrte Peters Expansionspolitik weiter Unter ihrer Regierung wurde das Krimkhanat Neurussland erobert Durch die Beteiligung an den drei Teilungen Polens wurde die Westgrenze Russlands weit in Richtung Mitteleuropa vorgeschoben 1812 fielen Napoleons Truppen in Russland ein und eroberten Moskau der Zar verweigerte jedoch die von Napoleon erwarteten Verhandlungen Der Brand von Moskau nahm den Franzosen die Quartiere und zwang sie sich im beginnenden Winter zuruckzuziehen der Ruckmarsch in eisigen Temperaturen gilt wegen seiner furchterlichen Verluste als eine der schlimmsten militarischen Katastrophen der Geschichte und schwachte das bis dato militarisch in Europa dominante Frankreich Dies gab den Auftakt zu den Befreiungskriegen bei denen russische Truppen mit ihren Verbundeten Preussen Osterreich Vereinigtes Konigreich u a Napoleon endgultig besiegen und zur Abdankung zwingen konnten Alexander I zog als Befreier Europas in Paris ein Nach dem Wiener Kongress 1814 15 erlangte Russland eine dominierende Rolle auf dem europaischen Festland die bis zum Krimkrieg 1853 1856 andauerte 1825 scheiterten Rufe nach Reformen und einer Abkehr von der autokratischen Regierungsweise im Dekabristenaufstand Parallel dazu ging die Expansion Russlands in den Kaukasus weiter und fuhrte zur blutigen Unterwerfung der dortigen meist muslimischen und sich erbittert wehrenden Bergvolker Im Verlauf der langwierigen Eroberungen wurde nicht mehr alleine Unterwerfung sondern von der herrschenden Elite eine Russifizierung der Bevolkerung angestrebt denn gegen Ende des 19 Jahrhunderts waren nur die Halfte der Bewohner des Imperiums ethnische Russen zwei Drittel Slawen Auf jenem beanspruchten Gebiet jedoch das 75 des gesamten Staatsgebietes ausmachte lebten 70 nichtrussische Ethnien vornehmlich Moslems des Kaukasus und Zentralasiens und stellten die Mehrheit Ihr Widerstand gegen das Vordringen der russischen Truppen wurde gebrochen dies hatte oft genozidalen Charakter Aufgrund der festgefahrenen gesellschaftlichen Strukturen wie der Autokratie und der Leibeigenschaft konnte das agrarisch gepragte Reich mit den sich rasant entwickelnden Industriestaaten immer weniger Schritt halten Der 1856 verlorene Krimkrieg gegen die mit dem osmanischen Reich verbundeten Westmachte Frankreich und Grossbritannien legte die inneren Schwachen des Reiches offen und gab Anstoss zur Phase der sogenannten Grossen Reformen mit denen Anschluss an die entwickelten Staaten im Westen gesucht wurde Diese beschleunigten Russlands wirtschaftliche Entwicklung doch das Land wurde immer wieder von inneren Unruhen destabilisiert da die politischen Veranderungen nicht weitreichend genug waren und grosse Teile der Bevolkerung ausgeklammert wurden Den Westlern die eine Ubernahme westeuropaischer Lebensformen und politischer Institutionen propagierten standen immer auch die nationalromantisch gepragten Russophilen oder Slawophilen gegenuber die einen eigenen spezifisch russischen Weg in die Moderne forderten und die pauschale Ubernahme westlicher Werte ganz oder zum grossen Teil ablehnten Weiterhin dehnte das Reich sich aus seine Armeen ruckten in Zentralasien ein und begannen die dortigen Volker zu unterwerfen 1858 wurde China mit dem Vertrag von Aigun gezwungen grosse Teile seines mandschurischen Territoriums abzutreten Keine zwei Jahre spater brach Russland den Vertrag und erhielt 1860 auf Grundlage der Pekinger Konvention die gesamte Aussere Mandschurei zugesprochen Wladiwostok wurde als Grossstadt am Pazifik gegrundet zum nahegelegenen Kaiserreich Japan entstand eine Konfliktkonstellation 1862 drangen russische Truppen im chinesischen Xinjiang ein 1865 gelang die Eroberung Taschkents 1867 wurde das Generalgouvernement Turkestan gegrundet Die Niederwerfung der Tscherkessen zog sich uber ein Jahrhundert hin und endete in den 1860er Jahren in einem Volkermord und ihrer beinahe vollstandigen Vernichtung in ihrem Siedlungsgebiet Uberlebende flohen ins Osmanische Reich 1876 verbot Alexander II im Emser Erlass den offentlichen Gebrauch der ukrainischen Sprache Imperiale Interessen in Osteuropa die sich insbesondere gegen Osterreich Ungarn richteten wurden panslawistisch begrundet Alexander II starb 1882 bei einem Attentat der Untergrundorganisation Narodnaja Wolja die versuchte politische und soziale Anliegen mittels terroristischer Anschlage zu befordern Unter Alexander III betrieb das Zarenreich eine rigorose Russifizierungspolitik die 1891 gegrundete Geheimpolizei Ochrana sollte Oppositionsbestrebungen und revolutionare Umtriebe aufklaren und bekampfen In den grossen Stadten entstand um die Jahrhundertwende ein Industrieproletariat aber sehr rasch auch eine burgerliche Mittelschicht Diese forderte ihren Anteil an der Verfugung uber die Staatseinnahmen und die Mitverantwortung fur die offentlichen Angelegenheiten Die Angehorigen der Mittelschicht besassen aber kein gemeinsames politisches Bewusstsein Sie verstanden unter politischer Freiheit kein moralisches Ziel sondern meinten damit die Freiheit der materiellen Entfaltung und gerechte Besteuerung So liess sich die Mittelschicht auch nicht auf Dauer von den utopischen Entwurfen der Intelligenzija leiten Eine Anpassung der Verfassungswirklichkeit des Staates der die Mittelschicht naher eingebunden hatte fand aber nicht statt Stattdessen flammte der Terror wieder auf Die Niederlage im Russisch Japanischen Krieg fuhrte letztlich zur Russischen Revolution von 1905 Der russische Kaiser Nikolaus II war jedoch nicht bereit grundlegende Reformen einzuleiten und liess ein weitgehend funktionsloses Parlament die Duma das er notgedrungen genehmigt hatte nur kurze Zeit spater wieder auflosen 1898 war die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands gegrundet worden die 1903 in die Fraktionen der Menschewiki und der Bolschewiki zerfiel Die Bolschewiki unter Wladimir Uljanow genannt Lenin setzten auf eine sozialistische Revolution die von einer Kaderorganisation geschulter Berufsrevolutionare gefuhrt werden sollte Russische Revolution und Weg zur Sowjetunion Hauptartikel Russische Sozialistische Foderative Sowjetrepublik und Sowjetunion Boris Kustodijew Der Bolschewik 1920 Trotzki Lenin und Kamenew Als im Jahre 1914 die Julikrise in der Russland als erster Staat Mobilisierungsmassnahmen ergriff zum Ersten Weltkrieg fuhrte erfasste Russland als Mitglied der Entente eine patriotische Welle eine Stimmung die anfanglich alle Kriegsparteien bestimmte einschliesslich des Deutschen Kaiserreichs und dessen Verbundeten Mittelmachte Die anfanglichen Erfolge vor allem gegen Osterreich Ungarn und das Osmanische Reich wurden bald abgelost von einem Stellungskrieg und schweren Niederlagen vor allem gegen deutsche Truppen Die innere Stabilitat Russlands nahm ab 1916 brach in Zentralasien ein Aufstand gegen russische Kolonisten und das Zarenreich aus welches angesichts der Verluste an der Front begonnen hatte zentralasiatische Manner fur Hilfsdienste hinter der Front zwangszurekrutieren etwa 200 000 Kirgisen und Kasachen kamen bei seiner gewaltsamen Niederschlagung ums Leben 1917 gab die Moral der russischen Soldaten nach Die Unzufriedenheit der Bevolkerung und die trostlose Versorgungslage fuhrten in der Hauptstadt Petrograd zu Demonstrationen und Streiks und zur Solidarisierung kriegsmuder Soldaten die Feuerbefehle auf die Bevolkerung verweigerten Durch Druck der Duma und aus der Armeefuhrung wurde Kaiser Nikolaus II zur Abdankung gezwungen sein Bruder der Grossfurst Michail der ihm nach Wunsch des Zaren eigentlich folgen sollte erklarte gleichfalls seinen Verzicht Damit endete die jahrhundertealte Herrschaft der Romanows In Folge kam im Februar 1917 eine provisorische Regierung unter Beteiligung der Menschewiki und von Sozialrevolutionaren an die Macht die als Doppelregierung mit Arbeiter und Soldatensowjets amtierte Im April 1917 kehrte der Fuhrer der Bolschewiki Wladimir Iljitsch Lenin mit Unterstutzung der kaiserlichen Regierung in Deutschland aus dem Exil zuruck Ein Aufstandsversuch seiner radikalen Bolschewiki im Juli 1917 gegen die Regierung scheiterte vorerst noch Alexander Kerenski wurde Premierminister Da die provisorische Regierung unter ihm zur Enttauschung weiter Teile der Bevolkerung den Krieg nicht beendete sondern vergeblich versuchte mit der Kerenski Offensive die Mittelmachte zuruckzudrangen und notige innenpolitische Reformen nicht in Angriff nahm gewannen die Bolschewiki an Zulauf und sturzten im Oktober 1917 die Regierung Anders als Kerenski war Lenin bereit den Preis fur den Frieden zu zahlen Im Vertrag von Brest Litowsk gab er 1918 den Deutschen weitgehend nach und verzichtete faktisch auf Polen das Baltikum die Ukraine und Finnland im Kaukasus und Vorderasien wurden Territorien an die Turken abgetreten Mit dem Dekret uber Grund und Boden das die Grundherren zugunsten der Bauern enteignete verdeutlichten die Bolschewiki ihre Bereitschaft zu radikaler Umgestaltung Nach der Februarrevolution 1917 erlangten die Frauen in Russland das aktive und passive Wahlrecht Sie waren sowohl an den Wahlen zu den Sowjets als auch zu den Stadtdumas zugelassen Im Mai 1917 wurde ein Gesetz beschlossen das russischen Staatsburgerinnen und Staatsburgern uber 20 das Recht verschaffte die Konstituierende Versammlung zu wahlen Nach der Oktoberrevolution wurde das aktive und passive Frauenwahlrecht in der Verfassung der Russischen Sowjetrepublik vom 10 Juli 1918 festgeschrieben Nicht russische Volker machten nach der Oktoberrevolution mehr als die Halfte der Bevolkerung des Landes aus Mit dem Recht der Selbstbestimmung Erklarung der Rechte der Volker Russlands hofften die Bolschewiki die Unterstutzung dieser Volker zu gewinnen Aus dem der Oktoberrevolution folgenden Burgerkrieg zwischen den sozialistischen Roten und den gegenrevolutionaren Weissen gingen die Bolschewiki als Sieger hervor Die Zerstrittenheit und die Unfahigkeit ihrer weissen Gegner den ethnischen Minderheiten und den eine Ruckkehr der Gutsherren furchtenden Bauern glaubwurdige Angebote zu machen trug dazu bei Der Burgerkrieg war von ausserordentlicher Harte und zahlreichen Opfern unter der Zivilbevolkerung gepragt die unter dem roten und dem weissen Terror ebenso wie unter Kriegshandlungen und Hunger litten die Bolschewiki hatten in ihm den Vorteil rucksichtsloser Gewaltbereitschaft den sie auch gegen ihre Gegner unter der Linken ausspielten Mit der Geheimpolizei Tscheka und der Roten Armee schufen sie tragende Institutionen der spateren UdSSR Die drei baltischen Staaten Estland Lettland und Litauen wie auch Finnland sicherten dagegen durch Abwehr der Roten Armee bzw durch langere Burgerkriege ihre Unabhangigkeit von Russland Im Laufe des Burgerkriegs sowie des darauf folgenden Polnisch Sowjetischen Krieges verlor Sowjetrussland 1920 Teile Belarus und der Ukraine Kresy an Polen 1921 wurde die russische Sowjetrepublik als Russische Sozialistische Foderative Sowjetrepublik RSFSR ausgerufen die den wichtigsten Teil der spateren Sowjetunion darstellte Wirtschaftlich versuchten die Bolschewiki das Land wahrend und nach Ende des Burgerkrieges durch die Politik des sogenannten Kriegskommunismus unter Enteignungen Aufhebung von Marktmechanismen und per Beschlagnahme und gesteuerter Verteilung von Nahrungsmitteln und anderen Gutern in eine Planwirtschaft zu verwandeln mit schlimmen Folgen fur die Versorgungslage der Bevolkerung Sowjetunion Am 30 Dezember 1922 wurde aus dem bisher bestehenden Sowjetrussland die Sowjetunion gegrundet Wirtschaftlich gelang es durch die verhaltnismassig offene und zu Marktmechanismen zuruckkehrende Neue Okonomische Politik die Lage zu stabilisieren Die kurzzeitige Unabhangigkeit der Ukraine wurde beendet und diese als Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik ein Teilstaat der UdSSR Lenins Tod am 21 Januar 1924 fuhrte zu einem erbitterten Nachfolgekampf in dem sich der Generalsekretar der kommunistischen Partei Josef Stalin gegen Leo Trotzki durchsetzte Stalin setzte in Abkehr von der bisherigen Wirtschaftspolitik erneut auf eine Zentralisierung der Wirtschaft die mit einer Zwangskollektivierung der Landwirtschaft einherging Seit 1928 wurde die staatliche Wirtschaft Funfjahresplanen unterworfen und die Industrialisierung der Sowjetunion vorangetrieben Die Zwangskollektivierung in der Sowjetunion wurde von der Kampagne der Entkulakisierung begleitet Die Geheimpolizei Tscheka wurde erst in die GPU und 1934 in den NKWD uberfuhrt der unter Nikolai Jeschow den Grossen Terror organisierte der sich auch gegen die kommunistische Partei selbst richtete Der Stalinismus zeichnete sich durch Personenkult und gezielten Terror aus der stalinistischen Umgestaltung der Gesellschaft fielen Millionen Menschen zum Opfer sowohl durch direkte Verfolgung mit Ermordung oder Deportierung in Lager wie auch durch in der Folge auftretende Hungersnote Ethnien denen misstraut wurde wurden gesondert deportiert Im Holodomor starben Millionen Ukrainer Im August 1939 schloss die Sowjetunion einen Nichtangriffspakt mit dem NS Staat wobei in einem geheimen Zusatz auch eine einvernehmliche Aufteilung Osteuropas aufgenommen wurde Dies ermoglichte Hitler Anfang September 1939 den geplanten Angriffskrieg gegen Polen der mit einem sowjetischen Angriff gegen Ostpolen Mitte September abgestimmt war und zur Teilung des Landes zwischen NS Deutschland und der UdSSR fuhrte Im Winterkrieg uberfiel die Sowjetunion Finnland und gewann kleinere Teile des Landes konnte Finnland aber nicht erobern 1940 wurden Litauen Lettland und Estland gewaltsam besetzt und der Sowjetunion angeschlossen Ausgebombte Leningrader Frauen verlassen ihre Hauser Dezember 1942 Nach dem deutschen Uberfall auf die Sowjetunion am 22 Juni 1941 der zum Deutsch Sowjetischen Krieg fuhrte in der Sowjetunion Grosser Vaterlandischer Krieg genannt trat das Land der Anti Hitler Koalition bei Allein wahrend der Leningrader Blockade verhungerten uber eine Million Menschen in Leningrad Insgesamt starben in diesem Krieg geschatzt 27 Millionen Sowjetburger aus unterschiedlichen Ethnien und Gliedstaaten der UdSSR davon 14 Millionen Zivilisten Die Rote Armee konnte aber im Kriegsverlauf unterstutzt durch umfangreiche Lieferungen kriegswichtiger Guter nach dem Leih und Pachtgesetz der USA sich modernisieren die todliche Krise der Anfangszeit in der die Wehrmacht bis kurz vor Moskau und in den Kaukasus vorgeruckt war uberwinden und den deutschen Truppen nun selber schwere Niederlagen zufugen Sie siegte im Mai 1945 in der abschliessenden Schlacht um Berlin Nach dem Krieg sicherte sich die Sowjetunion grossen Einfluss in benachbarten und Landern Polen Tschechoslowakei Ungarn Rumanien Bulgarien Albanien und in der DDR die das politische System der UdSSR ubernehmen mussten In Landern des Warschauer Paktes blieben Hunderttausende sowjetischer Soldaten stationiert Aufstande in Osteuropa gegen die sowjetisch kommunistische Herrschaft Ungarnaufstand Aufstand vom 17 Juni 1953 wurden militarisch niedergeschlagen dasselbe geschah mit der friedlichen Reformbewegung des Prager Fruhlings die aus der kommunistischen Partei der Tschechoslowakei hervorgegangen war Gemass der Breschnew Doktrin wurde den Ostblock Staaten nur eine eingeschrankte Souveranitat zugestanden 1948 war es der Sowjetunion gelungen ihre erste Kernwaffe zu zunden von nun an standen sich die USA und die UdSSR atomar bewaffnet gegenuber Gegenseitige Vernichtungsfahigkeit liess die Vermeidung eines offenen Krieges beiden Supermachten angeraten erscheinen der daraus resultierende Kalte Krieg dominierte bis 1989 die Weltpolitik Der letzte sowjetische Prasident Michail Gorbatschow leitete ab 1987 mit der Perestroika einen Umbau des politischen und wirtschaftlichen Systems in der Sowjetunion ein und forderte mit der Politik der Glasnost die Transparenz und Offenheit der Staatsfuhrung gegenuber der Bevolkerung Dies ermutigte Protestbewegungen in Staaten des Warschauer Paktes die bislang Undenkbares wie den Fall der Mauer 1989 erreichten ohne dass Gorbatschow militarisch eingriff Ihr Erfolg ermutigte Unionsrepubliken fur sich mehr oder sogar die vollstandige Unabhangigkeit anzustreben Gorbatschow gelang es einen neuen Unionsvertrag auszuhandeln der den Unionsrepubliken mehr Freiheit zugestand und so zu einer Foderalisierung und dem Erhalt der Union fuhren sollte Sechs Republiken die mittlerweile die vollstandige Unabhangigkeit anstrebten nahmen mit ihren Institutionen an dem abgehaltenen Referendum nicht teil sowjetische Institutionen dort fuhrten die Abstimmung dennoch behelfsmassig und mit nicht reprasentativen Ergebnissen die sich fur den Vertrag aussprachen durch In den restlichen neun Republiken stimmten uberall deutliche Mehrheiten fur den Vertrag Nach dem misslungenen Augustputsch in Moskau 1991 durch konservative Kommunisten jedoch der sich gegen den Unionsvertrag und seine Neuerungen richtete und der am Widerstand des Prasidenten des russischen Teilstaates Boris Jelzin und seiner Unterstutzer scheiterte nahmen die Zerfallsprozesse des Gesamtstaates weiter zu Am 1 Dezember 1991 sprach sich in einem Referendum eine uberwaltigende Mehrheit der Ukrainer fur die vollstandige Unabhangigkeit aus nachdem im Referendum zuvor noch eine Mehrheit fur den neuen Unionsvertrag zustande gekommen war Jelzin und Vertreter der anderen Sowjetrepubliken beschlossen die Auflosung der UdSSR zum 31 Dezember 1991 Russische Foderation seit 1992 Die Russische Foderation ubt seit 1992 als grosste ehemalige Sowjetrepublik Russische SFSR die volkerrechtlichen Rechte und Pflichten der UdSSR aus In den ersten Jahren ergaben sich innenpolitische Konflikte uber den einzuschlagenden Kurs In der russischen Verfassungskrise 1993 loste Jelzin per Dekret den ersten frei gewahlten Obersten Sowjet Russlands auf der sich u a seinen Bemuhungen widersetzt hatte eine neue Verfassung zu verabschieden und Wirtschaftsreformen durchzusetzen und unter Ruslan Chasbulatow und Alexander Ruzkoi insgesamt auf Konfrontation zu ihm gegangen war Eine vom Parlament nach einem gescheiterten Amtsenthebungsverfahren Jelzins initiierte Volksbefragung hatte sich fur den von den Staatsmedien unterstutzten Prasidenten ausgesprochen Das Parlament wurde von Kraften der alten Eliten dominiert Liberale hatten sich abseits der Zentren des Landes noch nicht ausreichend fur die Parlamentswahl organisieren konnen Bewaffnete Anhanger des Parlamentes hatten das Burgermeisteramt Moskaus und den Fernsehsender Ostankino gesturmt und dabei mehrere Polizisten getotet Jelzin ordnete am vierten Oktober eine gewaltsame Sturmung des Parlamentsgebaudes Weisses Haus an in dem sich eine Anzahl Parlamentarier und weitere Anhanger verbarrikadiert hatten Uber 100 Menschen kamen ums Leben Im Dezember billigte die russische Bevolkerung per Volksabstimmung die neue Verfassung der Russischen Foderation Zweikammersystem Prasidialverwaltung Boris Jelzin und Bill Clinton 1995 Unter Jelzin wurden in Russland Teile der Wirtschaft privatisiert und Reformen versucht Dabei gelangten wertvolle Unternehmen Banken und Rohstoffvorkommen u a Mineralol bei Versteigerungen weit unter ihrem Wert in den Besitz von Oligarchen wie beispielsweise Sergey Grishin und Roman Abramowitsch die gute Beziehungen zu Herrschenden hatten bzw diesen Schmiergelder und Schutzgelder zahlten Durch lukrative Geschafte mit dem Staat konnten die Oligarchen ihren Profit zum Nachteil des Volkes noch steigern Die Oligarchen wurden politisch einflussreiche Akteure denen die Absicherung ihrer Positionen wichtiger war als demokratische Prinzipien und Prozeduren 1991 92 gab es eine Rubelkrise Das Bruttoinlandprodukt BIP lag 1993 um 12 unter dem von 1992 und um 29 unter dem von 1991 Die Industrieproduktion war 1993 um 31 3 die Konsumguterproduktion um 24 8 und die Nahrungsmittelproduktion um 27 3 niedriger als 1991 Im Oktober 1993 waren 2400 Produktionsbetriebe vorubergehend stillgelegt im Februar 1994 4280 Wegen Nichtzahlung von Lohnen und Gehaltern kam es zu gesamtwirtschaftlich folgenschweren Streiks z B in den Kohlerevieren Die Inflation war jahrelang hoch und grosse Teile der Bevolkerung verarmten 1998 rutschte das Land in die Zahlungsunfahigkeit Russlandkrise Insbesondere in der Ubergangszeit nahmen aufgrund des Erstarkens regionaler Autonomien nach dem Ende der stark zentralistischen Sowjetzeit zentrifugale Stromungen an den Randern des Landes zu So sah sich seit Mitte der 1990er Jahre die russische Regierung mit Unabhangigkeitsbewegungen und Machtkampfen in zahlreichen Teilrepubliken konfrontiert besonders im Ersten Tschetschenienkrieg 1994 96 bei dem zehntausende Menschen starben Entwicklung der Kriminalitatsrate seit 1960 Die chaotischen Jahre unter Jelzin verunsicherten viele Menschen Die Geburtenrate war niedrig Kriminalitat Alkoholismus etc waren verbreitet In der Endphase von Jelzins Herrschaft bestand die russische Aussenpolitik fast nur noch aus leeren Drohungen und Reaktionen Dies betraf z B die NATO Osterweiterung und den Kosovokrieg Auch einige markante Ereignisse wie der Untergang der Kursk im August 2000 der tagelange Brand des Moskauer Fernsehturms Ostankino und das Ende der Mir im Marz 2001 forderten bei vielen Russen das Gefuhl Russland sei von der Rolle einer Supermacht auf die eines Schwellenlands zuruckgefallen Bei der Suche nach einem Nachfolger entschied Jelzin sich fur den weitgehend unbekannten Wladimir Putin der vor der Wende als KGB Offizier in der DDR gearbeitet hatte und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks enger Mitarbeiter des Burgermeisters von St Petersburg Anatoli Sobtschak gewesen war bevor er in die Kreml Verwaltung eintrat Jelzin machte ihn zum Direktor des Inlandsgeheimdienstes FSB und Anfang August 1999 zum Ministerprasidenten Russlands Sprengstoffanschlage auf Wohnhauser in Russland die von der Regierung islamistischen Terroristen aus Tschetschenien zugeschrieben wurden liessen den Tschetschenienkonflikt wieder aufleben Von Fruhherbst 1999 bis Anfang 2000 brachten russische Truppen den Grossteil Tschetscheniens wieder unter ihre Kontrolle vgl Zweiter Tschetschenienkrieg Jelzin trat im Dezember 1999 als Prasident zuruck Putin ubernahm als Ministerprasident erst geschaftsfuhrend seine Amtsgeschafte und wurde in der Prasidentschaftswahl 2000 sein Nachfolger als Prasident Wladimir Putin wahrend seiner Rede auf der 43 Munchner Konferenz fur Sicherheitspolitik 2007 Er klagte dass die USA angeblich nach einer monopolaren Welt strebten Hohe Rohstoffpreise Ol Gas Stahl eine Steuerreform und Kapitalruckfluss forderten die wirtschaftliche Erholung nach dem Amtsantritt Wladimir Putins Nach der Geiselnahme von Beslan im September 2004 leitete Putin einen grundlegenden Umbau des Staatswesens ein der Macht und Kontrolle in noch starkerem Mass als bisher in den Handen des Prasidenten konzentrierte Fur Putin ging es spater darum mit Hilfe einer Machtvertikale der Exekutive auf allen staatlichen Ebenen die Alleinherrschaft des Kreml zu sichern Die Machtvertikale wird von westlichen Beobachtern wie z B Margareta Mommsen 2012 als in jeder Hinsicht unvereinbar mit Vorstellungen einer eigenstandigen Rolle des Parlaments von wechselnden parlamentarischen Mehrheiten sowie vom freien Wettbewerb politischer Parteien gesehen Selbst die hochsten politischen Amtstrager verfugten uber kein klares Verfassungsverstandnis mit diesem Ansatz konne weder eine Verfassungslegitimitat noch eine Verfassungskultur entstehen Unterdessen wird der praktizierte Autoritarismus als ein notwendiges Provisorium gerechtfertigt So beruft sich Putin gerne auf eine Herrschaft per Handsteuerung Damit gab er sich uberzeugt dass der politische Prozess weiterhin der personlichen Lenkung und der ad hoc Arrangements anstatt der Verfassung folgen musse 2008 kam es zum Kaukasuskrieg gegen Georgien in dessen Folge die volkerrechtlich zu Georgien gehorenden Gebiete Abchasien und Sudossetien von Russland als unabhangige Staaten anerkannt wurden Russland unterhalt dauerhaft Truppen in beiden Gebieten Schuler bei einer promilitarischen Flaggenparade im Marz 2012 Nach den Falschungen der Parlamentswahlen 2011 kam es zu Grossdemonstrationen mit Hunderttausenden von Teilnehmern Darauf und auf die Proteste bei der Prasidentenwahl reagierte die Staatsmacht mit noch mehr Repression es wurde bereits verhaftet wer sich mit einer anderen protestierenden Person traf jede andere Protestform als ein Einzelprotest wurde verboten Geldstrafen fur Teilnahmen an nicht genehmigten Demonstrationen wurden um ein bis zu 150 faches erhoht Anmeldungen von Demonstrationen zur Bewilligung waren willkurlichen Regeln unterworfen Auch wurde ein Gesetz uber auslandische Agenten in Russland eingefuhrt Ab 2013 begann die Stagnation der Wirtschaft Im Jahr 2015 wurde Oppositionsfuhrer Boris Nemzow ermordet In der Gesellschaft kam es Ende der 2010er sowie zu Beginn der 2020er Jahre zu mehreren Demonstrationswellen 2018 demonstrierten die Menschen wochenlang gegen die Erhohung des Rentenalters 2019 kam es neben einer bewilligten Grossdemonstration trotz Demonstrationsverboten zu wochenlangen Protesten gegen den Ausschluss von Kandidaten bei den Kommunalwahlen Diese Proteste waren moralisch nicht politisch so Leonid Gosman daher vereinten sie Menschen verschiedener politischer Ansichten gegen die Arroganz und Unzulanglichkeit der Behorden mit ihren Lugen und ihrer Verachtung der Menschen Weitere Proteste gab es in Chabarowsk 2020 nach der Festnahme des Gouverneurs Sergei Furgal Das Jahr 2021 war gepragt von einer Zunahme der repressiven Kontrolle uber die Gesellschaft die sich sowohl gegen potentielle Konkurrenten Putins wie Nawalny als auch freie Medien Meinungsausserungen im Internet und die Universitaten richtete Im Januar 2021 protestierten Zehntausende gegen die Festnahme des Oppositionellen Alexei Nawalny der im Februar 2024 als politischer Haftling in einem Straflager unter ungeklarten Umstanden zu Tode kam Krieg in der Ostukraine ab 2014 und Uberfall auf die Ukraine 2022 Hauptartikel Russisch Ukrainischer Krieg und Russischer Uberfall auf die Ukraine seit 2022 Am 20 Februar 2014 kam es in einem nur halb verdeckten Militareinsatz prorussischer Kampfer zu Angriffen auf die durch einen Freundschaftsvertrag mit Russland und einen Grenzvertrag verbundene Ukraine Deren vertraglich garantierte Souveranitat wurde vor allem durch die volkerrechtswidrige russische Annexion der Halbinsel Krim verletzt Am 21 Marz 2014 wurde der Foderationskreis Krim gegrundet Der von Russland 2014 angestossene Hybridkrieg in der ostlichen Ukraine wahrte nach einer internationalen Eindammung uber mehrere Jahre Am 24 Februar 2022 folgte der russische Uberfall auf die gesamte Ukraine der zum grossten Krieg in Europa nach 1945 wurde Kurz nach Invasionsbeginn unter fortgesetzten russischen Angriffen zustande gekommene russisch ukrainische Friedensverhandlungen scheiterten Mit dem Krieg begann eine tiefergehende Unterdruckung der Informations Meinungs und Medienfreiheit in Russland ohne dass sich die russische Bevolkerung zum Widerstand erhob Mehrere reprasentative Umfragen des Lewada Zentrums unter der russischen Bevolkerung zeigten eine mehrheitliche Befurwortung des russischen Militareinsatzes Mit Beginn des Krieges der per Gesetz nicht als Krieg bezeichnet werden darf sondern vor dem Hintergrund von Propaganda der Russischen Foderation militarische Spezialoperation genannt wird setzte eine Auswanderung ein die sich mit der Mobilmachung in Russland auf mehrere hunderttausend Menschen erhohte Beobachter bewerten diese als die grosste Auswanderungsbewegung seit der Oktoberrevolution mehr als 1 der arbeitenden Bevolkerung seien von ihr umfasst Unter den Emigranten sind insbesondere junge und gut ausgebildete Angehorige technischer Berufe etwa aus dem IT Bereich Im Zuge des Krieges weitete die russische Staatsfuhrung die Anzahl der in Russland unerwunschten auslandischen Organisationen als auch die Anzahl der in Russland als auslandische Agenten gefuhrten Personen aus Im Zuge des Kriegs erfolgte seitens der EU und vielen anderen Landern Wirtschaftssanktionen gegen Russland und russische Personen Russland umging diese teilweise erfolgreich Wegen des russischen Uberfalls auf die Ukraine liess Deutschland die von Russland nach Deutschland verlaufende zusatzliche Erdgasexportpipeline Nord Stream 2 nicht fur den Betrieb zu Russland stoppte die Lieferungen durch Nord Stream 1 ab Juni 2022 mit der Begrundung von Wartungsarbeiten noch im selben Jahr rissen Sprengungen Locher in drei der vier Ostsee Pipelines Mit dem zeitlich befristeten Getreideexportabkommen schloss Russland in Kriegszeiten eine Vereinbarung uber den Guterverkehr mit der Ukraine wodurch insbesondere ukrainisches Getreide uber das Schwarze Meer verschifft werden konnte Am 23 November 2022 erklarte das Europaische Parlament Russland als staatlichen Unterstutzer des Terrorismus Der IStGH in Den Haag der von Russland nicht anerkannt wird erliess im Jahr 2023 einen Haftbefehl gegen den russischen Staatsprasidenten Wladimir Putin wegen des Vorwurfs der Verbrechen gegen die Menschlichkeit bzw wegen Kriegsverbrechen im Russisch Ukrainischen Krieg Bis ins Fruhjahr 2024 fielen bzw wurden schwer verletzt nach unterschiedlichen Schatzungen zwischen 50 000 und mehreren hunderttausend russische Soldaten und Soldner dem russisch ukrainischen Krieg zum Opfer Im Juni 2023 fuhrte Jewgeni Prigoschin mit seiner Soldnerorganisation Gruppe Wagner einen Aufstand in Russland an beendete ihn jedoch auf Vermittlung des belarussischen Diktators Aljaksandr Lukaschenka vorzeitig sodass es zu keinem Umsturz kam Laut Prigoschin war der Aufstand gegen die russische Armeefuhrung um Verteidigungsminister Sergei Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow gerichtet und wegen einer Unzufriedenheit uber die russische Kriegsfuhrung in der Ukraine gestartet worden Wenige Monate spater starb Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz Sein Ableben reihte sich in eine Serie von Todesfallen russischer Unternehmer Politiker und Staatsbediensteter ein die nicht restlos aufgeklart oder deren Umstande zweifelhaft sind Im September 2023 wurde an allen staatlichen Schulen praktischer Militarunterricht den es bereits in der Sowjetunion gegeben hatte eingefuhrt Zum selben Zweck war im Jahr 2016 die dem russischen Verteidigungsministerium unterstehende Jugendarmee Junarmija gegrundet worden die innerhalb weniger Jahre auf uber eine Million Mitglieder anwuchs Mit der Kursk Offensive 2024 fand erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg ein grosserer Einbruch feindlicher Truppen nach Russland statt bzw wurde seitdem erstmals wieder russisches Staatsgebiet durch eine fremde Armee besetzt Im November 2024 gab der deutsche Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius bekannt dass nach seinen Informationen das auf Kriegswirtschaft umgestellte Russland in drei Monaten so viele Waffen und Munition produziere wie alle Mitgliedstaaten der Europaischen Union zusammengenommen in einem Jahr Fur das Jahr 2025 sind umgerechnet mehr als 127 Milliarden Euro fur das russische Militar vorgesehen knapp ein Drittel des russischen Budgets und mehr als sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts PolitikPolitisches System und Willensbildung Hauptartikel Politisches System Russlands Schaubild fur das politische System Russlands nach der Verfassung mit den Anderungen von 2020In Russland hat der Prasident die zentrale Stellung Der amtierende Prasident Wladimir Putin links mit dem ungarischen Ministerprasidenten Viktor Orban 1 Februar 2022 Prasident und Regierung Russland ist nach der Verfassung vom 12 Dezember 1993 ein demokratischer foderativer Rechtsstaat mit republikanischer Regierungsform und einem semiprasidentiellen Regierungssystem So ist das Staatsoberhaupt der Prasident Russlands der vom Volk fur jeweils sechs Jahre direkt gewahlt wird Laut offizieller Selbstdarstellung gehort er keiner der drei Staatsgewalten an er sichert vielmehr deren Funktionieren und Zusammenwirken De facto ist der Prasident die zentrale Figur des russischen Staates seine Position ist Stand 2023 faktisch autokratisch und er kann uber samtliche Machtmittel des Staates verfugen Per Dekret kann er jeden Sachverhalt mit unmittelbarer Rechtswirkung regeln Der Prasident bestimmt die Hauptrichtungen der Aussenpolitik und kann internationale Vertrage unterzeichnen Er ist der Oberste Befehlshaber der Streitkrafte Russlands ernennt und entlasst das Oberkommando der Streitkrafte Er unterschreibt die von Duma und Foderationsrat verabschiedeten Gesetze gegen die er ein Veto einlegen kann das theoretisch mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen in beiden Hausern des Parlamentes uberstimmt werden kann Die exekutive Gewalt liegt bei der Regierung der Russischen Foderation deren Schlusselministerien und behorden jedoch direkt dem Prasidenten und nicht dem Ministerprasidenten oder dem Parlament unterstellt sind Direkt dem Prasidenten unterstellt sind u a die Nationalgarde das Innenministerium das Katastrophenschutzministerium das Aussenministerium das Verteidigungsministerium das Justizministerium der Auslandsgeheimdienst SWR der Inlandsgeheimdienst FSB der Foderale Schutzdienst FSO der Foderale Dienst fur Finanzaufsicht Rosfinmonitoring sowie die Russische Prasidialverwaltung Ferner untersteht die wichtigste foderale Ermittlungsbehorde das sogenannte Untersuchungskomitee Sledstwennyj komitet das Bundesbehorden uberpruft und Falle von Machtmissbrauch und Korruption aufklart dem Prasidenten direkt Die Regierung ist keine politische Parlamentsregierung mit eigenem Ruckhalt sondern ein Technokratenkabinett das hauptsachlich fur Wirtschafts und Finanzfragen und fur Verwaltungsaufgaben zustandig ist Das Kabinett tagt wochentlich offentlich Der Prasident hat das Recht des Kabinettsvorsitzes das er aber nicht immer wahrnimmt Der Ministerprasident von Russland auch als Premierminister bezeichnet wird vom Prasidenten vorgeschlagen und muss von der Duma bestatigt werden Legislative Duma und Foderationsrat Die Legislative wird durch die Foderationsversammlung ausgeubt die aus den zwei Kammern Duma und Foderationsrat besteht Die Staatsduma ist das Unterhaus und besteht aus 450 Abgeordneten die fur funf Jahre nach Parteilisten gewahlt werden Die Regierung ist nicht an die Legislaturperiode des Parlaments sondern an die Amtszeit des Prasidenten gebunden denn bei einem neu gewahlten Prasidenten legt die Regierung ihre Vollmachten nieder Die Staatsduma kann der Regierung mit der Mehrheit aller Abgeordneten das Misstrauen aussprechen oder die Vertrauensfrage der Regierung abschlagig bescheiden Die Regierung hat die Budgethoheit und bestimmt uber eine einheitliche Finanz Kredit und Geldpolitik Die weiteren Politikfelder sind Kultur Wissenschafts Bildungs Gesundheits soziale Sicherheits und Okologiepolitik Das bedeutet insgesamt dass die Machtverteilung und Regierungszusammensetzung nicht die politischen Krafteverhaltnisse der Staatsduma widerspiegeln muss Sowohl die Kandidatur des Regierungschefs Ministerprasidenten der Foderation als auch die Ernennung bedarf nach einer Verfassungsanderung von 2020 der Zustimmung der Staatsduma dasselbe gilt fur die vom Ministerprasidenten vorgeschlagenen Vizeministerprasidenten und Minister Der russische Prasident ist verpflichtet die Berufenen zu ernennen eine Ablehnung ist nicht moglich jedoch wird er weiterhin das Recht haben im Falle eines Vertrauensverlustes oder einer nicht ordnungsgemassen Pflichterfullung den Ministerprasidenten sowie seine Stellvertreter und Minister zu entlassen sowie die Duma aufzulosen Um im Parlament Einzug zu halten muss eine Partei bei der Wahl mindestens 7 der Stimmen erhalten Die Hauptaufgabe der Staatsduma ist die Verabschiedung von Gesetzen In der Praxis Stand 2022 hat nach Einschatzung der Bertelsmann Stiftung das Parlament keine Kontrolle uber die Exekutive Der Foderationsrat ist das Oberhaus und der Vertreter der Foderationssubjekte Jedes Subjekt entsendet zwei Vertreter einen der regionalen Exekutive einen der regionalen parlamentarischen Vertretung Ihre Amtszeit ist an die Legislaturperiode ihrer Region geknupft Der Foderationsrat kann von der Duma kommende Gesetze zur Unterschrift an den Prasidenten weiterleiten oder abweisen diese Abweisung wiederum kann die Duma mit einer Zwei Drittel Mehrheit uberstimmen Alle von der Staatsduma verabschiedeten Gesetze mussen dem Foderationsrat vorgelegt werden dem es frei steht sie innerhalb von zwei Wochen zu behandeln oder nicht was als Zustimmung gilt Ein Veto des Prasidenten kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln in jeder Parlamentskammer aufgehoben werden In der Verfassungswirklichkeit fungiert der Foderationsrat aufgrund der Einflussnahme des Kremls auf die Wahlen in den Regionen und die entsprechende Auswahl regionalen Personals eher als Vertreter der Zentrale in den Regionen als umgekehrt Sicherheitsrat der Russischen Foderation Der Sicherheitsrat der Russischen Foderation russisch Sovet Bezopasnosti Rossijskoj Federacii Sowet Besopasnosti Rossijskoi Federazii englisch Security Council of the Russian Federation SCRF ist ein Gremium hochrangiger Politiker zur gemeinsamen Entscheidungsfindung in Sachen Aussen Sicherheits und Verteidigungspolitik Organisiert als Teil der prasidentiellen Kreml Administration besitzt er faktisch eine gewisse Autonomie Er besteht aus 13 standigen Mitgliedern qua Amtsnahe z B Verteidigungsminister und Aussenminister und 18 vom Prasidenten ernannten Mitgliedern ohne Stimmberechtigung und trifft sich etwa 35 mal im Jahr Die standigen Mitglieder allerdings treffen sich wochentlich unter Vorsitz des Prasidenten Der Rat verfugt uber ein eigenes und stark mit Personal versehenes Sekretariat das Abstimmungsprozesse zwischen den Akteuren koordiniert und Einblick in deren Planungsprozesse und Operationen hat Mitarbeiter des Sekretariats werden ofters auf hohe Posten in der Verwaltung befordert Eine besondere und einflussreiche Rolle spielt der langjahrige Sekretar des Rates Nikolai Patruschew Wichtige Personen bleiben uber Jahre Mitglieder im Rat selbst wenn ihre Positionen in Verwaltung und Politik sich zwischenzeitlich andern 1992 gegrundet wurde der Rat zeitweise mit dem fruheren Politburo verglichen und als ein innerer Zirkel beschrieben allerdings wird heute davon ausgegangen dass die wichtigen Entscheidungen nicht im Rat selbst sondern in noch kleinerem Rahmen vorbereitet werden Uber Zugehorigkeit zum Rat entscheidet letztlich immer der Prasident der Rat ist ein Ort wo Elitenakteure insbesondere die Silowiki die Politik abstimmen und etwaige Konflikte losen Sicherheitsrelevante Gesetze werden im Rat vorformuliert und in den Gesetzgebungsprozess als Vorschlage eingebracht die in der Verwaltung und der Duma beachtet werden nachdem sie von ausgewahlten Abgeordneten parlamentarisch eingebracht wurden Rat und Sekretariat haben eine wirksame Rolle als Agenda Setter und Koordinierungsstelle inne So wird die Nationale Sicherheitsstrategie im Rat als Konsens erarbeitet Der Rat diskutiert allerdings nicht nur sicherheitsrelevante Themen sondern letztlich alles was fur den Staat wichtig erscheint auch bei Themen die den Bereich innerer und ausserer Sicherheit verlassen beeinflusst er zumindest die ideologische Ausrichtung Der Entschluss zur Invasion der Ukraine 2022 wurde nicht im Rat getroffen sondern von einer kleinen Gruppe von Vertrauten Putins darunter prominente Mitglieder des Sicherheitsrates wie Sekretar Patruschew der Verteidigungsminister Schoigu der Generalstabschef Gerassimow der FSB Direktor Bortnikow und der Kommandeur der russischen Nationalgarde Solotow Bei einer offentlichen Sitzung vor Invasionsbeginn in der es offiziell um die Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk ging in Wirklichkeit aber um den Krieg waren nicht alle Mitglieder des Rates uber die Plane vorab informiert worden Obwohl eine Fraktion fur die Fortsetzung der Verhandlungen mit den USA und der Nato pladierte liess Putin keinen Widerspruch zu Laut Fabian Burkhardt sei der Zweck der Sitzung gewesen die Nichteingeweihten in die Kriegsvorbereitung zu verwickeln und mitschuldig zu machen um sie zu binden Der Vorgang habe belegt dass der Rat Putin nicht eingrenzen konne sondern die Herrschaft in Russland sich radikalisiere und nicht von Institutionen sondern von Putin als Person ausgehe Es sei verdeutlicht worden wie hochpersonalisiert das autoritare Regime in Russland ist Politische Parteien und Wahlen Hauptartikel Liste der politischen Parteien in Russland Seit dem Verzicht der KPdSU auf ihre verfassungsmassige Fuhrungsrolle 1990 vollzog sich ein Wandel von einem diktatorischen Einparteienstaat zu einem Mehrparteiensystem Es bildeten sich Hunderte von politischen Gruppierungen Splittergruppen Bewegungen und Parteien die ein breites politisches Spektrum von Monarchisten bis hin zu Kommunisten abdecken Die russischen Parteien sind eher schwach und verfugten selten uber eine stabile Identitat Fraglich erscheint ob eine wirkliche Demokratisierung je stattfand denn ein Wechsel der Eliten erfolgte nicht Die fruheren Mitglieder und Funktionare der KPDSU die Nomenklatura besetzten weiterhin die Schlusselpositionen Wettstreit der Parteien wurde vom Kreml allenfalls zeitweise akzeptiert Seit der Parlamentswahl in Russland 1995 unterstutzt die Regierung jeweils eine neue eigene Hausmacht Diese administrativen von oben gegrundeten Parteien der Macht partii vlasti partii wlasti sind lose Ad hoc Bundnisse die sich auf Burokraten stutzen die dem Prasidenten loyal ergeben sind Seit der Jahrtausendwende funktionierten einige wenige Parteien als gesellschaftliche Netzwerke die spezifische Wahlergruppen mobilisieren konnten Von 2008 bis 2011 bestanden in Russland nur sieben Parteien ein Ergebnis gesetzlicher Regelungen die fur Parteien eine hohe Mindestmitgliederzahl und Niederlassungen in zwei Dritteln der Regionen faktisch landesweit anordneten Im Zuge der Demonstrationen zur Parlamentswahl im Dezember 2011 wurde ein neues Parteiengesetz verabschiedet das die Zulassung neuer Parteien ab einer Mitgliederzahl von 500 Personen erlaubt bisher 40 000 Nach einer Entscheidung des EGMR zugunsten der regierungskritischen Partei der Volksfreiheit stieg die Zahl der russischen Parteien bis Jahresende 2012 auf 48 an Gegenwartig wird die Politik Russlands von einer einzigen Partei Einiges Russland Edinaya Rossiya Jedinaja Rossija dominiert Einiges Russland entstand 2001 aus den Parteien Einheit Edinstvo Jedinstwo und Vaterland ganz Russland Otechestvo Vsya Rossiya Otetschestwo wsja Rossija die sich wiederum zum Teil aus der untergegangenen Partei Unser Haus Russland Nash dom Rossiya Nasch dom Rossija rekrutierten der Partei von Putins Vorganger Boris Jelzin Einiges Russland wurde gezielt und mit Aufwand von Regierungsseite als dominante Partei Russlands aufgebaut mit uber zwei Millionen Mitgliedern stellt sie eine solide Massenbasis Die Popularitat Putins und flachendeckend vorhandene klientelistische Netzwerke lokaler Fuhrungspersonen mit hoher Organisationskraft ermoglichten wiederholte Wahlsiege Die Partei dient dazu die das System stutzenden Eliten zu integrieren und Politiker in neue Amter einzufuhren Putin selbst ist Einiges Russland nicht beigetreten was nach Einschatzung Stefan Meisters seine Abneigung gegen Parteien aufzeigt Diese dienen in erster Linie dazu Unterstutzung zu mobilisieren und das existierende System zu legitimieren Parteien in Russland sind entweder konstruiert manipuliert oder befriedet Jugendorganisation der Partei ist die sogenannte Molodaja Gwardija die als Massenorganisation konzipierten und mit der Partei informell verbundenen Naschi wurden 2013 aufgelost Neben dieser grossen Partei existieren weitere und Splitterparteien Zum Parteienkartell des Kreml a four party cartel wird neben Einiges Russland die Kommunistische Partei der Russischen Foderation die Liberal Demokratische Partei Russlands und die sozialdemokratische Partei Gerechtes Russland gerechnet Daneben gibt es noch ausserhalb der Duma die Partei Jabloko die Patrioten Russlands und Rechte Sache Parteien wie Gerechtes Russland und Rechte Sache wurden ganz bewusst vom Kreml als Spoilerparteien aufgebaut um das Elektorat konkurrierender Parteien der Opposition mit verwandten Themen anzusprechen und um diese so zu schwachen Das Kartell der systemtreuen Parteien ermoglicht dem Kreml eine Kontrolle der Duma im Kartell der systemischen Opposition gibt es laut der Politikwissenschaftlerin Petra Stykow nur geringe programmatische Unterschiede und keinen wirklichen ideologischen Wettbewerb um Inhalte sondern nur den Wettbewerb von Gruppen die die Macht haben wollen was man nicht mit einer Demokratie verwechseln durfe Daruber hinaus dient das Parlament Elitengruppen als Entscheidungsort fur Fragen und Konflikte die der Kreml als nicht so bedeutsam betrachtet dass er selbst die Entscheidung vorgeben musste sowie der Einbeziehung von moglichen Oppositionellen durch Abgeordnetenprivilegien und der Moglichkeit dass Putin initiierte Vorhaben die als in der Bevolkerung zu unpopular erkannt werden durch sein Veto noch stoppen und sich in der Offentlichkeit entsprechend inszenieren kann Wahlen sind nicht frei sondern von Manipulationen Wahlfalschungen und dem Ausschluss oder der strafrechtlichen Verfolgung missliebiger Kandidaten gepragt wahrend regierungsnahe Kandidaten und Parteien staatlich und medial stark unterstutzt werden Dennoch ware es falsch anzunehmen dass Putin uber keinen Ruckhalt in der Bevolkerung verfugt Wahlbetrug war nicht ausschlaggebend fur seine Wahlsiege Manipulierte Wahlen dienen auch nicht primar der Sicherstellung ungefahrdeter Wahlsiege sondern der Loyalitatsdemonstration der Klientel des Regimes der Entmutigung von Oppositionswahlern und unzufriedenen Teilen der Elite und damit insgesamt der Konsolidierung des Systems Um in Legitimitat ubersetzt werden zu konnen muss Unterstutzung aus der Bevolkerung aufzeigbar erhalten bleiben Da aussichtsreiche Oppositionskandidaten gar nicht auf den Wahllisten gefuhrt sondern aussortiert wurden griff die Opposition um Alexei Nawalny 2018 nachdem er als Prasidentschaftskandidat nicht zugelassen worden war auf das Konzept des Smart Voting zuruck Stimmen konzertiert und taktisch an die jeweils aussichtsreichste Partei bzw solche Kandidaten zu geben insofern diese Partei nicht Einiges Russland ist und die Kandidaten von ihr nicht gestutzt werden Ziel des Konzeptes war u a eine Mobilisierung apathischer Bevolkerungsteile Das fuhrte in einigen regionalen Wahlen dazu dass Einiges Russland spurbar weniger Stimmen als erwartet erhielt in Tomsk wo Nawalny die Korruption der ortlichen Eliten enthullt hatte verlor die Partei sogar die Mehrheit Das taktische Wahlen half besonders den Kommunisten regionale Abgeordnete dieser eigentlich kremltreuen Partei fanden daran Gefallen und positionierten sich wie von Nawalny erhofft starker gegen den Kreml 2021 reagierte der Staat auf das Konzept mit mehr Repression Suchmaschinen wurde es verboten zu Smart Voting Seiten zu fuhren Nawalnys Organisation wurde als extremistisch bewertet und die russische Fuhrung setzte verstarkt auf Wahlfalschungen Nichtregierungsorganisationen Bis zum Amtsantritt des neuen Prasidenten Wladimir Putin hatten sich die russischen NGOs weitgehend frei von staatlichen Einflussen entwickeln konnen Wahrscheinlich war ihr Einfluss auf den Staat grosser als umgekehrt Das sollte sich schnell andern Putin ging sofort daran die bis dahin zwar nicht autonom agierenden aber von unterschiedlichen Machtzentren kontrollierten Bereiche der russischen politischen Offentlichkeit systematisch der Regierung zu unterwerfen Er nannte das die Machtvertikale starken und eine Diktatur des Rechts aufbauen Hinter diesem Vorgehen steckt die Uberzeugung dass der russische Staat in den 1990er Jahren kurz vor dem Zerfall gestanden habe und dass das ursachlich mit der Schwache der Zentralmacht zusammengehangen habe Der erste Versuch die NGOs einzubinden war die Initiative zu einer grossen Burgerversammlung 2001 im Kreml Bei dieser Versammlung wurden ausgewahlte Themen diskutiert Allerdings wurden aus Regierungssicht nicht konstruktive NGOs die sich nicht einfach unterordnen wollten ausgeschlossen Dies sollte eine Art Burgfrieden zwischen NGOs und der russischen Regierung darstellen Jedoch wurde Anfang 2002 trotz Protesten und Verhandlungen die steuerliche Gleichsetzung von kommerziellen und nichtkommerziellen Unternehmen verabschiedet Endgultig brach der Frieden als Michail Chodorkowski verhaftet wurde Dieser hatte mit seiner Stiftung Offenes Russland begonnen in grossem Masse Projekte von NGOs zu finanzieren und war somit die letzte Hoffnung auf langfristige und nachhaltige Finanzierung von NGOs im Inland gewesen Der zweite Bruch war die Rosenrevolution in Georgien die als Misserfolg der russischen Politik gewertet wurde und in der Wahrnehmung der russischen Regierung ein Werk der vom Westen finanzierten NGOs war Dies wurde auch beim Machtwechsel in der Ukraine vermutet Putin druckte das am 26 Mai 2004 in seiner alljahrlichen Ansprache vor beiden Parlamentskammern so aus Es gibt Tausende konstruktiv arbeitende zivilgesellschaftliche Vereinigungen in unserem Land Aber langst nicht alle orientieren sich daran die wirklichen Interessen der Menschen zu verteidigen Fur einen Teil dieser Organisationen ist es zu vorrangigen Aufgabe geworden Finanzierung von einflussreichen auslandischen Stiftungen zu bekommen fur andere zweifelhafte Gruppen und kommerzielle Interessen zu bedienen Gleichzeitig interessieren sie die dringendsten Probleme des Landes und seiner Burger nicht Letztlich blieb das Verhaltnis zwischen Regierung und NGOs ambivalent in Putins erster Amtszeit was aus der Tatsache resultiert dass marktwirtschaftliche Systeme ein gewisses Mass an Freiheit erfordern Das Taktieren der Regierung mit den NGOs ist Ausdruck dessen dass man ein Ubergreifen dieser Freiheit ins Politisch Gesellschaftliche verhindern mochte Die zweite Amtszeit war in Bezug auf die NGOs in erster Linie gepragt durch das NGO Gesetz mit dem der russischen Regierung weitreichende Kontroll und Sanktionsinstrumente in die Hand gegeben wurde Die Rosregistracija uberwacht nun die Tatigkeiten der NGOs Sich dagegen zu beschweren ist in einer hoch korrupten Gesellschaft wie der russischen in der Beschwerde und Berufungsinstanzen insbesondere gegen staatliches Handeln etwa Gerichte nur sehr eingeschrankt funktionieren mit hohem administrativen Aufwand verbunden Die Registrierungsbehorden setzen verstarkt auf Bestimmungen des Arbeitsrechts Steuerrechts Arbeitsschutzes oder Brandschutzes um staatliches Vorgehen gegen die NGOs zumindest teilweise zu kaschieren Am 23 Mai 2015 unterschrieb Prasident Putin ein Gesetz dank dem es russischen Behorden ohne Vorwarnung moglich ist internationale NGOs auf eine schwarze Liste zu setzen Hohe Strafen drohen jedermann der mit solchen unerwunschten Organisationen in Kontakt tritt Das Gesetz schrankt die Arbeit der Medien und der Zivilgesellschaft ein Als ein Fall der Anwendung dieses Gesetzes wurde der Entzug des Abgeordnetenmandates des Jabloko Politikers Lew Schlosberg bekannt der 2014 von den Beisetzungen wohl in der Ukraine gefallener russischer Soldaten berichtet hatte Im April 2022 wurde deutschen Stiftungen wie auch der Deutschen Forschungsgemeinschaft die zuvor von einer Art besonderem Verhaltnis zwischen Deutschland und Russland profitiert hatten die Registrierung entzogen Ebenso betraf dies Amnesty International und Human Rights Watch sowie die Carnegie Stiftung Charakterisierung des Systems Unvollstandige Demokratisierung unter Jelzin Als die Sowjetunion sich zum Ende 1991 aufloste und Boris Jelzin Prasident Russlands wurde entstand trotz entsprechender Bemuhungen keine stabile Demokratie Die 1990er Jahre waren gepragt von Freiheiten aber einem schwachen Staat von freien und regelmassigen Wahlen aber auch von korrupten Eliten ohne gestalterischen Gesamtwillen und ohne Akzeptanz demokratischer Institutionen von enttauschten Burgern und einem starken Pluralismus der aber politisch nicht effektiv war Zentrifugale Tendenzen wurden begleitet von einer unvollkommenen Steuererhebung staatliche Angestellte wurden nur unregelmassig bezahlt die Sicherheitsinstitutionen des Landes befanden sich in teilweiser Auflosung wahrend zugleich demokratische Institutionen eingefuhrt wurden aber das System nur in einem Dualismus demokratischer und autokratischer Prinzipien funktionierte Ins Zentrum ruckte die Prasidialadministration die auch von der Schwachung anderer Teile der Exekutive profitierte Russland in diesen Jahren konsolidierte sich demokratisch nicht sondern wurde zu einer im besten Fall defekten Demokratie De facto stellte das politische System Russlands eine Mischung aus instabilen demokratischen Institutionen und autoritaren Praktiken dar Entdemokratisierung unter Putin Unter Jelzins Nachfolger Wladimir Putin 2000 2008 Prasident und erneut seit 2012 lasst sich seit der Jahrtausendwende eine deutliche Ent Demokratisierung dieses Systems und eine Zentralisierung der politischen Macht beim Prasidenten und seiner Verwaltung beobachten Geschriebene Verfassung und politische Realitat Verfassungswirklichkeit fallen auseinander das Parlament spielt nur eine schwache Rolle Es gelang Putin allerdings durch wirtschaftliches Wachstum und politische Stabilitat breite Zustimmung und damit Legitimitat zu generieren die wirtschaftlichen Fortschritte beruhten allerdings fast vollstandig auf Rohstoffexporten was uber den exportgestutzten hohen Rubelkurs zu Lasten der produzierenden Industrie ging vgl Hollandische Krankheit Das Aufhalten des staatlichen Zerfalls und die okonomischen Erfolge mundeten nicht in einer echten Liberalisierung wahrend staatlicher Terror in Tschetschenien Druck auf unabhangige Medien und rechtsstaatliche Mangel bereits 2004 dazu fuhrten dass eine skeptische Bewertung Russland als burokratischen Autoritarismus auffasste Unter Putin wurde die Macht des Staatsoberhaupts durch die Schaffung einer Machtvertikalen ausgebaut Der Prasident Russlands schlug ab 2005 bis Mai 2012 die Gouverneure vor die Regionalparlamente konnten diese nur noch bestatigen Diese von Russland souverane Demokratie genannte Variante beschnitt politische Rechte der Regionen die unter Prasident Jelzin ein politisches Gegengewicht aufgebaut hatten Die Gouverneure wiederum ernannten seit 2002 anstelle der regionalen Parlamente die Vertreter fur den Foderationsrat und auch lokale Vertreter wie Burgermeister Kritische Beobachter sprachen nach der Entmachtung der Regionen auch von einer Surrogatsfoderation anstelle einer richtigen Foderation Russland liess sich 2010 noch als hybrides System beschreiben das Elemente der Autokratie mit Elementen der Demokratie verband Wahrend bereits Prasident Boris Jelzin aufgrund autoritarer Handlungsweisen nicht wirklich als Demokrat verstanden werden konnte liess er dennoch verhaltnismassig offene Wahlkampfe und regionale Machtzentren mit eigenen Wahlkampfen zu Unter Putin wurden die Gouverneure durch das genannte Ernennungssystem enger an die zentrale Ebene gebunden und als Akteure mit eigener Basis ausgeschaltet so dass in Russland alleine Putin uber das rechtliche und organisatorische Potential verfugte Wahlen in politische Macht umzumunzen Nach Protesten wegen der Parlamentswahlen im Dezember 2011 wurde das Gesetz geandert Die Gouverneure werden seit Oktober 2012 wieder gewahlt Jedoch wurde anstelle des vorherigen Systems ein gemischtes Verfahren installiert das eine Nominierung von Kandidaten durch eine bestimmte Prozentzahl an Abgeordneten der Regionalparlamente und eine Konsultation des Prasidenten vorsieht Die entsprechenden Wahlen wurden manipuliert Im Ergebnis entstand nach Ansicht der Politikwissenschaftlerin Margareta Mommsen ein autoritares System mit der Besonderheit formlich fortbestehender demokratischer Einrichtungen Diese gaukeln demokratische Verhaltnisse lediglich vor Nicht zufallig sprechen kritische Beobachter von einer simulierten Demokratie So enden polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen dort bzw werden erst gar nicht begonnen wo sie einflussreiche Politiker beruhren Seit den Protesten 2012 und der Aneignung der Krim 2014 setzt Putin weniger auf das funktionale Eigengewicht von Institutionen als darauf die Institutionen zu kontrollieren Personliche Gefolgsleute oft mit Vorerfahrungen in der machtigen Prasidialadministration werden in wichtigen Zweigen der Verwaltung auf Posten mit Steuerungsfahigkeit gesetzt das System funktioniert verstarkt als ein Loyalitats und Gefolgschaftsgeflecht welches durch quasi feudale Strukturen und intransparente Entscheidungsprozesse gekennzeichnet ist Als eigene Machtfaktoren geschwacht wurden durch die Besetzung mit engen Gefolgsleuten die Gouverneure aber auch der Inlandsgeheimdienst FSB Auch die technokratischen Ministerien mussen sich ihren sachlichen Uberzeugungen widersprechende Interventionen gefallen lassen etwa auf dem Feld der Wirtschaft Die Schaffung einer Putin direkt unterstellten Nationalgarde minderte dazu das Gewicht des regularen Militars Indiz fur eine zunehmende Personalisierung des Systems Die Schaffung pratorischer militarischer Institutionen wie der Nationalgarde sind klassische Manover wie aus dem Lehrbuch personalistischer Diktaturen anderer Epochen Autokratisierung Entwicklung zur Diktatur Im Demokratieindex der britischen Zeitschrift The Economist belegte 2020 Russland unter den 167 untersuchten Staaten den 124 Rang und wurde als autoritares Regime eingestuft Im Jahr 2007 war es noch als hybrides System eingestuft worden Etwas weniger negativ ist die Einstufung im Transformationsindex der Bertelsmann Stiftung wo Russland 2017 bezogen auf Demokratie auf Platz 84 von 137 Landern zwischen Mali und Bangladesch liegt 2022 verscharfte der Economist seine Einschatzung Russland zeige nun viele Merkmale einer Diktatur und liege nur noch auf Rang 146 seines Indexes Freedom House betrachtet Russland 2023 als personalisierte Diktatur in einer Abwartsspirale mit erwartbar weiterer Reduzierung an Freiheitsrechten one of the most notorious personalist dictatorships in the world Das V Dem Institut zahlte 2022 Russland zu den autokratischsten Landern der Welt Der Osteuropahistoriker Benno Ennker bewertet Russland nicht alleine als Diktatur sondern als zunehmend totalitare Fuhrerdiktatur Die Politikwissenschaftlerin Sabine Fischer sieht fur Russland gleichfalls totalitare Tendenzen der Krieg gegen die Ukraine habe es von der harten Autokratie in die Diktatur katapultiert Die Parlamentarische Versammlung des Europarates erklarte im Oktober 2023 in einer einstimmigen Resolution dass Russland de facto eine Diktatur sei Uber die Ruckentwicklung Russlands zur Autokratie Road to Autocracy und ihre Grunde wird in der Politikwissenschaft diskutiert ebenso wie uber seinen Grad der Diktatur scholars argue over the degree of dictatorship that has taken hold jedoch werde Russland von niemandem noch als Demokratie gesehen Faschismusdiskussion Im Fruhjahr 2022 nach Beginn der Invasion der Ukraine vermehrte sich der bestehende Diskurs ob Russland unter Putin faschistisch zu nennen sei Alexander J Motyl hatte schon 2009 geschrieben dass sich Russland seit dem Machtantritt Wladimir Putins in Richtung Faschismus bewege Das System sei allerdings erst mal faschistoid und noch nicht konsolidiert Leonid Luks widersprach ihm damals mit dem Argument Putin sei stabilitatsorientiert und nicht revolutionar ein Vergleich mit dem Nationalsozialismus sei ebenso falsch wie einer mit dem italienischen Faschismus der immerhin eine revolutionare Neugestaltung Italiens angestrebt habe Es fehle bei Putin an der fur faschistische Systeme so typischen Verherrlichung von Krieg und Gewalt Echte russische Faschisten wie der Publizist Alexandr Dugin der einen imperialen und endgultigen Krieg gegen den Westen vorschlage hatten in Russland bislang nur begrenzten wenn auch wachsenden Einfluss Die Darstellung der russischen Regierungsform als faschistisch laufe Gefahr das Risiko eines Raumgewinns des echten russischen Faschismus um Publizisten wie Dugin zu unterschatzen Die 2009 noch offene Entwicklung des Systems verlief bis 2022 derart dass Motyl Russland heute einen faschistischen Staat nennt schrieb 2015 von nationalem russischem Exzeptionalismus vgl Exzeptionalismus und Intoleranz auch gegenuber Demokratie die russische Gesellschaft kultiviere Gruppen von Grundvoraussetzungen gemass Wilfred Bion Die zusatzliche projektive Identifikation einer sich postimperial gedemutigt fuhlenden Nation verglich er mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus in Osterreich Individualitat werde abgelehnt vorherrschend sei eine Ablehnung der Differenzierung von Personlichkeiten dies fuhre zu noch mehr Intoleranz gegenuber Abweichungen von einem einzigen Denk und Verhaltensmuster Bereits im Jahr 2014 wies Timothy Snyder darauf hin dass die Ideologie Putins faschistische Wurzeln habe im Bezug auf den von Putin oft zitierten Iwan Iljin den Philosophen des russischen Faschismus russisch christlicher Auspragung Iljin erklarte den Faschismus einer auserwahlten Nation als einzige mogliche Erlosung aus einer seit der Schopfung andauernden Schande 2022 schrieb Snyder der Glaube dass Politik mit der Wahl des richtigen Feindes beginne und die Rede von heilender Gewalt sei zweifellos faschistisch Die maximale Selbstbezogenheit und der groteske Widerspruch von Putins Kriegs Rechtfertigungen bestatigten nur den offen vorliegenden russischen Faschismus Der Historiker Michael Khodarkovsky urteilte im Journal of East Asian Affairs kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine dass dieser Krieg klargemacht habe dass Putins Regime nicht eine reine Autokratie sei sondern es sich um Faschismus handele wie er aus dem 20 Jahrhundert bekannt sei Als Merkmale nennt er imperialistische Nostalgie Restauration und Expansionismus und einen seine Mannlichkeit und Entschlossenheit herausstellenden Fuhrer Auch der russische Politologe Wladislaw Leonidowitsch Inosemzew halt Putin fur einen faschistischen Herrscher Russland erfulle nun im Jahre 2022 mustergultig den Katalog dessen was Faschismus ausmacht Man konne Putin nur verstehen wenn man davon ausginge dass er weder Politiker noch Militar ist sondern ein Geheimdienstler dem Loyalitat Vertrauen und Netzwerke wichtiger sind als Institutionen Beim KGB galt wie in der organisierten Kriminalitat zu der Putin in seiner Leningrader Zeit enge Verbindung gehabt habe ein Kult von Macht und personlicher Loyalitat Die Kluft zwischen Putins Russland und dem demokratischen Westen sei um das Jahr 2006 entstanden als er feststellte dass es in der atlantischen Welt keine Staatsoberhaupter gab mit denen er von starkem Mann zu starkem Mann reden konnte der Westen aber andererseits Russland Werte und Verfahren aufzwingen wollte welche die Macht Putins selbst hatten vernichten konnen Der Politikwissenschaftler Stefan Meister nannte das Regime um Putin zunehmend faschistisch und ging davon aus dass Angst die russische Gesellschaft vermehrt pragen werde Faschismus sei ein aufgeladenes Wort befand hingegen Robert Gellately Man konne naturlich Putin in die eine oder andere Definition von Faschismus hineinzwangen Er wurde ihn nicht als Faschisten sehen sondern als jemand der in einer Zeit voller Gewalt sozialisiert wurde Gulag Geheimpolizei Repression stets sei sowjetische Gewalt extrem brutal gewesen Irgendwann wurden die Russen die Lugen erkennen und der Polizeistaat werde ihr Alibi fur ihr Nichtwissen sein Ulrich Schmid sagt der Gedanke des Faschismus liege zwar nahe aber das jetzige russische System einfach als faschistisch zu bezeichnen ebnet wohl mehr ein als dass wir Konturen erkennen konnen Die Politikwissenschaftlerin Marlene Laruelle kommt in ihrer Analyse des politischen Systems ebenfalls zu dem Ergebnis dass man es nicht faschistisch nennen konne denn die Macht stutze sich nicht auf die Mobilisierung der Massen sondern profitiere im Gegenteil vielmehr von der Atomisierung der Gesellschaft Die beiden vergleichenden Faschismusforscher Roger Griffin und Stanley Payne 2022 lehnen auch im Kontext des russischen Uberfalls auf die Ukraine 2022 eine Einordnung Putins als Faschisten ab da seine Ideologie nicht revolutionar sondern reaktionar ausgerichtet sei Zwar halt Payne fest dass Putins Regime das seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nachstliegende Analogon zum Faschismus in einem grossen Land darstellen wurde Dem Vergleich mit Mussolini und Hitler halt Payne dennoch entgegen dass Putin als Apparatschik aufgewachsen und somit ein Produkt des russischen Staates sei der keine dynamische und charismatische Bewegung im faschistischen Stil aufgebaut habe Payne konstatiert Putins politisches System sei eher eine Wiederbelebung des Glaubensbekenntnisses von Zar Nikolaus I im 19 Jahrhundert der Orthodoxie Autokratie und Nationalitat betonte als eines das den revolutionaren modernisierenden Regimen von Hitler und Mussolini ahnelt Griffin halt an einer Betrachtungsweise des Putin Regimes als illiberale Demokratie fest und sieht Russland stattdessen ideologisch in einer Reihe mit Narendra Modis Indien Man konne jedoch auch einen Vergleich zum ultranationalistischen Regime Japans wahrend des Zweiten Weltkrieges ziehen das ebenfalls einige Elemente des Faschismus ubernahm ohne aber selbst zu einem authentisch faschistischen Regime zu werden Anders als beim revolutionaren Ultranationalismus der Faschisten wurden diese Staatsfuhrer nicht versuchen das bisherige System zu zerstoren sondern es stattdessen aushohlen und in ihrem Sinne benutzen Ulrich Herbert lehnt eine Charakterisierung des Systems Putins als faschistisch gleichfalls ab dazu fehle es an einer tragenden Massenbewegung Vergleiche mit Hitler seien disproportional es sei falsch jede brutale Rechtsdiktatur als faschistisch zu bewerten Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie halt Russland fur einen neuen Typ eines totalitaren Systems es seien ein stalinoider Kern und eine faschistoide Aussenhulle zu erkennen Putin beziehe sich sowohl auf Stalin als Eroberer wie auf altere Traditionen des russischen Imperialismus das Konzept der Russki Mir habe er von faschistischen Quellen ubernommen Habe seine Herrschaft bislang auf der Passivitat der Gesellschaft beruht musse er sie nun propagandistisch und militarisch mobilisieren und ihre Zustimmung erpressen um den Krieg zu gewinnen Das fuhre durch Radikalisierung und Intensivierung der Repression zu Familienahnlichkeiten mit Faschismus und Stalinismus ohne dass das neue System mit den Vorgangern identisch ware weil gewichtige Unterschiede verblieben Es handele sich dennoch um eine Art Rekombination von Stalinismus und Faschismus wobei beider Intensitat noch nicht erreicht werde Es lediglich eine Autokratie oder ein illiberales System zu nennen sei aber eine Verharmlosung Die britischen Politikwissenschaftler Nicholas Michelsen Pablo De Orellana und Filippo Costa Buranelli ordnen Russland unter Putin in eine reaktionare Internationale der Neuen Rechten ein zu der sie neben anderen auch Donald Trump in den USA Jair Bolsonaro in Brasilien Xi Jinping in China und Marine Le Pen in Frankreich rechnen Diese wurden sich miteinander solidarisieren wobei sie aber eher pluralistische Werte betonen wurden Dies unterscheide sie von der Solidaritat faschistischer Regime in den 1930er und 1940er Jahren Foderale Gliederung Hauptartikel Foderale Gliederung Russlands Foderationskreis Flache km Einw gesamt Einw je km Farbliche DarstellungFernost 6 215 900 6 692 865 1 1Nordwestrussland 1 677 900 13 974 466 8 3Sibirien 5 114 800 20 062 938 3 9Sudrussland mit Krim 442 920 15 689 400 35 4Nordkaukasus 170 439 9 108 737 53 4Ural 1 788 900 12 373 926 6 9Wolga 1 038 000 31 154 744 30 0Zentralrussland 650 700 38 000 651 58 4Russland gesamt 17 074 636 147 056 131 8 6 Im November 2018 wechselten die Republik Burjatien und die Region Transbaikalien vom Foderationskreis Sibirien zum Foderationskreis Ferner Osten Dies ist in den obenstehenden Zahlen noch nicht berucksichtigt Ebenen und Einteilung Republik Stadt RegionGebiet Autonomer Kreis Autonome Oblast Der russische Foderalismus ist gepragt durch eine Kombination von ethnofoderalen Republiken und territorial foderalen Gebieten Bereits unter Prasident Boris Jelzin gab es Versuche den asymmetrischen Vertragsfoderalismus der Gliedstaaten zeitweise die Moglichkeit gab ihre Macht mit der Zentrale in Moskau auszuhandeln einzuschranken unter Wladimir Putin erfolgte eine Ruckkehr zur Zentralisierung und Kontrolle Die Einteilung des Landes wurde im Wesentlichen aus der Sowjetzeit ubernommen sieht man von der Statusanhebung der meisten Autonomen Gebiete zu Republiken und der Aufteilung der vormaligen Tschetscheno Inguschetischen ASSR in zwei Republiken ab Russland gliedert sich nach Artikel 65 der russischen Verfassung in 83 Foderationssubjekte Dazu zahlen 21 Republiken neun Regionen Krai 46 Gebiete Oblast zwei Stadte foderalen Ranges Moskau Sankt Petersburg ein Autonomes Gebiet und vier Autonome Kreise Dass ukrainische Gebiete annektiert wurden und als dem Territorium Russlands zugehorig beansprucht werden wird international abgelehnt Die Republiken wurden nach den jeweils dominierenden nichtrussischen Volksgruppen definiert wenngleich ihre Grenzen nicht immer mit den ethnischen ubereinstimmen wahrend die Gebiete in den ubrigen mehrheitlich von Russen bewohnten Teilen des Landes nach rein administrativen Gesichtspunkten gebildet wurden Territorien in denen kleinere nichtrussische Minderheiten leben erhalten den niedrigeren Rang eines Autonomen Gebietes beziehungsweise Autonomen Kreises Obwohl alle Foderationssubjekte formal gleichgestellt sind sind nur die Republiken berechtigt eine eigene Verfassung zu erlassen Sie konnen zudem internationale Vertrage unterzeichnen solange sich diese an die russische Verfassung halten Besonderheiten der Republiken bestehen zudem in der traditionellen Namensgebung der Anzahl der Abgeordneten in Regionalparlamenten und spezifischen Gesetzgebungskompetenzen Bezogen auf Bevolkerung Flache und relativen Wohlstand unterscheiden sich die Foderationssubjekte mitunter erheblich Gemeinsam haben sie dass ihre Steuerhoheit nur minimal existiert und ihre Kompetenzen stark zugunsten der Zentrale beschnitten sind Geteilte Zustandigkeiten von Foderation und unterer Ebene werden faktisch von Moskau wahrgenommen Im Jahr 2000 schuf Prasident Putin per Dekret sieben Foderationskreise die jeweils mehrere Foderationssubjekte zu einer grosseren Einheit zusammenfassen Ziel dieser Reform war die Starkung der vertikalen Machtverteilung und eine Verscharfung der Kontrolle uber die regionalen Machthaber Im Jahr 2010 wurde zudem der Foderationskreis Nordkaukasus durch Ausgliederung aus dem Foderationskreis Sudrussland als achter Foderationskreis geschaffen Nach der volkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland bildete die Krim ab dem 21 Marz 2014 einen eigenen neunten Foderationskreis der per 28 Juli 2016 aufgelost und dem Foderationskreis Sudrussland angeschlossen wurde Neben den genannten zwei hierarchischen foderalen Ebenen 1 Foderationskreis 2 Foderationssubjekt gibt es noch eine dritte eigenstandige Verwaltungsebene die der kommunalen Selbstverwaltung Rajon Deren administrative Leiter werden von der Bevolkerung direkt gewahlt Die Regionen sind gegenuber den kommunalen Selbstverwaltungsorganen administrativ hoherstehend und weisungsberechtigt Die Oblaste und Kraje sind im Unterschied zu den Republiken keine Gliedstaaten Sie verfugen nur uber Statuten anstelle von Verfassungen An der Spitze der Foderationssubjekte steht ein Oberhaupt Foderationssubjekte werden von dem Leiter der Administration gefuhrt der im Sprachgebrauch allgemein als Gouverneur wiedergegeben wird Die gesetzgebenden Korperschaften in den Republiken sind sowohl Einkammer als auch Zweikammersysteme In den Gebieten besteht die parlamentarische Vertretung nur aus einer Kammer Sonderfall Tschetschenien Das Foderationssubjekt Tschetschenien spielt innerhalb des foderalen Systems Russlands eine Sonderrolle de facto ist es ein Staat im Staat der der russischen Justiz und foderalen Polizeikraften weitgehend entzogen ist Religionsfreiheit wird im Rahmen einer sunnitisch islamistischen Herrschaftsideologie nicht langer gewahrt Alleine der seidene Faden personlicher Loyalitat zwischen Kadyrow und Putin bindet die Republik noch an Russland Ramsan Kadyrow verfugt uber eigene Truppen deren Loyalitat zu Putin er offentlich demonstriert deren Existenz aber selbst auch eine Warnung darstellt Auswahl und Kontrolle der Gouverneure Wahrend sich in den ersten Jahren der Russischen Foderation unter Boris Jelzin ein Foderalismus mit regionalen Zentren herausbildete erfolgte unter Putin ein zentralisierender Prozess sukzessiver Entmachtung der foderalen Institutionen zugunsten der Prasidialadministration sowie der Personalisierung der politischen Macht Zwischen 2005 und 2012 wurden die Gouverneure und Republikoberhaupter nicht mehr von der Bevolkerung gewahlt sondern vom Prasidenten ernannt Seit 2012 werden die Kandidaten vom regionalen Parlament nominiert danach folgt eine Konsultation der Kandidaten mit dem Prasidenten Anschliessend findet eine regionale Wahl statt in welcher die Kandidaten mindestens 50 der Stimmen erhalten mussen um gewahlt zu werden Der Prasident kann die Gouverneure mit der Begrundung eines Vertrauensverlustes entlassen Nach Ansicht Julian Wallers wurde die erneut eingefuhrte Moglichkeit der Gouverneurswahl aber durch noch starkere Wahlmanipulation in den Regionen wieder ausgehohlt Fur die Entlassung mussen seit 2020 keine weiteren Begrundungen mehr gegeben werden die Kontrolle des Kreml uber die Gouverneure und Regionen wurde damit weiter ausgebaut so dass die Frage gestellt wurde ob Russland uberhaupt noch als foderaler oder nicht bereits als unitarischer Staat erscheint Die Verwendung des Titels Prasident fur ein Oberhaupt eines Foderationssubjektes wurde explizit untersagt bezogen war dies auf die Republik Tatarstan die sich vormals Sonderrechte herausgehandelt hatte Bei der Auswahl der Gouverneure achtet der Kreml darauf dass sie zu ihren Regionen moglichst geringe Bindungen aufweisen Zwischen 2012 und 2021 fanden 121 Wahlen von Gouverneuren statt in denen lediglich vier Kandidaten die nicht in der Gunst Putins standen ihre Wahlen gewinnen konnten Nur einer von ihnen blieb letztlich Gouverneur ein anderer wechselte in die Duma ein weiterer trat unter Druck zuruck ihm wurde eine erneute Kandidatur verboten wahrend Sergei Furgal Oberhaupt der Region Chabarowsk unter dem Vorwurf zweier Morde die er in seiner Zeit als Geschaftsmann in Auftrag gegeben haben soll verhaftet wurde Seine Verhaftung Entlassung und das Gerichtsverfahren in Moskau fuhrten in seiner Region zu Massenprotesten von Anhangern die den Grund fur die Verhaftung darin sahen dass Furgal seine Kandidatur gegen den Willen und gegen den Kandidaten des Kreml aufrechterhalten hatte und in einer Protestwahl tatsachlich gewahlt worden war Menschenrechte Kriminalitat Korruption und Justiz Menschenrechte Hauptartikel Menschenrechte in Russland Demonstration in Moskau am 13 Januar 2013 Laut einem im September 2023 vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vorgestellten Bericht werden Menschenrechte in Russland systematisch und in eklatanter Weise verletzt Als Beispiel fuhrte die UN Sonderberichterstatterin zu Russland die Festnahme und Anklage von 20 000 Anti Kriegs Demonstranten die gegen den russischen Militareinsatz in der Ukraine protestiert hatten an Sie erklarte dass die Zivilgesellschaft von russischen Behorden mundtot gemacht wurde Es gebe keine unabhangigen Medien mehr zivilgesellschaftliche Organisationen wurden geschlossen Von internationalen Burgerrechtsorganisationen und dem Auswartigen Amt der Bundesrepublik Deutschland werden die Einschrankungen der Pressefreiheit seit dem Jahr 2001 kritisiert Die staatliche Einflussnahme im Bereich des Fernsehens ist komplett alle landesweit sendenden TV Stationen sind entweder direkt in staatlichem Besitz oder unter staatlicher Kontrolle Im Radiobereich ist die Situation ahnlich Drei von insgesamt sechs Voten beim Treffen des Menschenrechtsrates des Prasidenten im Oktober 2017 hatten den durch die staatlichen Medien und deren Propaganda geschurten Hass in der Gesellschaft beklagt Wiederholt kommt es zu Anschlagen auf Oppositionelle oder Brandanschlagen auf deren Eigentum Besondere Aufmerksamkeit erregten die Sprengstoffanschlage auf Wohnhauser 1999 hinter denen man staatliche Tater vermutet Auch kursierten Listen mit Adressangaben von Oppositionellen im Internet Polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen enden hingegen dort bzw werden erst gar nicht begonnen wo sie einflussreiche Politiker beruhren Seit 2015 drohen auch jeder Einzelperson die sich mit einem improvisierten oder gar leeren Protestplakat auf die Strasse stellt bis zu funf Jahre Haft In Russland sassen im Jahr 2013 geschatzte 600 000 Menschen in strenger Lagerhaft darunter nicht nur nach Meinung der Menschenrechtsorganisation Memorial auch etliche politische Gefangene Etwa 140 000 Gefangene waren im Fruhjahr 2019 wegen Drogenmissbrauchs in Haft aufgrund des Paragraphen 228 2 dessen Missbrauchsmoglichkeiten schon langer bekannt waren und der durch den Skandal um den Journalisten Iwan Golunow international bekannt wurde Im August 2020 war die Zahl der inhaftierten Straflinge Verdachtigen und Angeklagten in russischen Straf und Untersuchungshaftanstalten laut dem Bundesgefangnisdienst FSIN auf weniger als 500 000 gesunken Den Angaben der FSIN zufolge wurde das auf den Einsatz alternativer nicht inhaftierender Strafen sowie eine Liberalisierung des Strafvollzugssystems zuruckgefuhrt Im Dezember 2015 unterschrieb Putin ein Gesetz wonach das russische Verfassungsgericht auf Antrag der Regierung Urteile internationaler Gerichte ausser Kraft setzen kann was in erster Linie Urteile des Europaischen Gerichtshofs fur Menschenrechte EGMR betreffen sollte Auch fur den Kulturbereich wurde eine nicht greifbare Zensur beschrieben Homosexualitat in Russland ist weitgehend tabuisiert Die gesetzlichen Regelungen beinhalten unter anderem ein Verbot der Homo Ehe und von homosexueller Propaganda etwa der Regenbogenflagge oder auch nur positive Ausserungen was von Kritikern als Verstoss gegen die Europaische Menschenrechtskonvention das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung die Versammlungsfreiheit und Meinungsausserungsfreiheit gewertet wird Unter dem Vorwand der Extremismusbekampfung wurden die Freiheiten religioser Minderheiten stark eingeschrankt 2016 wurde es Angehorigen nicht registrierter Religionsgemeinschaften verboten mit anderen uber ihre religiose Uberzeugung zu sprechen Im Marz 2017 beantragte das russische Justizministerium ein Verbot der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas und all ihrer Aktivitaten das im April 2017 umgesetzt wurde Auf der Krim hat sich die Menschenrechtslage seit der Besetzung durch Russland erheblich verschlechtert Laut einem Bericht des UNHCHR kommt es immer wieder zu willkurlichen Verhaftungen und Folter auch eine aussergerichtliche Hinrichtung ist dokumentiert Am brisantesten ist die Menschenrechtslage seit Jahren im Kaukasus namentlich in Tschetschenien Die Uberprufung von Burgerrechten z B bei Verstossen gegen die Europaische Menschenrechtskonvention findet nach dem Gesetz vor dem Obersten Gerichtshof Russlands statt Korruption Hauptartikel Korruption in Russland